Homosexualität in Bulgarien

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Bulgarien

Homosexualität wurde 1968 in Bulgarien legalisiert.[1] Mit der Aufnahme der Verhandlungen zur EU-Erweiterung erhielt sie einen gewissen Schutz vor Diskriminierung. Diese Änderungen stellen eine Angleichung an die rechtliche Situation in der Europäischen Union dar.

Gesetzliche Situation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Homosexualität wurde 1968 legalisiert. 2002 wurde das Schutzalter für beide Geschlechter auf 15 Jahre vereinheitlicht,[2][3] 2006 auf 14 Jahre gesenkt.[4]

Seit 2003 besteht ein Antidiskriminierungsgesetz, das eine Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Eigentum, Gesundheitswesen und Zugang zu Waren sowie Dienstleistungen verbietet.[5] Das Gesetz erging als Umsetzung der Antidiskriminierungsvorschriften der Europäischen Union.[2] Homosexuelle Menschen können im Militär dienen.

In Bulgarien ist weder eine gleichgeschlechtliche Ehe noch eine eingetragene Partnerschaft gesetzlich zugelassen.[2]

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab 2023 einem homosexuellen Paar Recht, das geklagt hatte, weil die im Ausland geschlossene Ehe nicht anerkennt wurde und es keine Möglichkeit zur Eintragung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gibt.[6]

Gesellschaftliche Situation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In keinem anderen EU-Staat sind die Vorbehalte gegenüber LGBT so groß wie in Bulgarien. Dies geht u. a. aus der EU-Diskriminierungsstudie 2023 hervor. So würden es 77 % der Befragten nicht für gut heißen, wenn ihr Kind in einer homosexuellen Beziehung wäre. Lediglich 18 % würde dies nicht oder kaum stören. Darüber hinaus lehnen 70 % der Bulgaren eine Gleichstellung von Homosexuellen in Bezug auf Heirat und Adoption ab. Nur 21 % wurden dies befürworten.[7]

Die hohe Ablehnung von Homosexualität äußert sich auch immer wieder in Gewalt. 2021 wurde ein LGBTQ-Zentrum in Sofia von Rechtsradikalen überfallen, unter ihnen auch der Präsidentschaftskandidat Bojan Rasate.[8]

Eine kleine LGBT-Gemeinschaft findet sich vorrangig in den großen Städten, vor allem jedoch in der Hauptstadt Sofia sowie in Warna. Die wichtigste LGBT-Organisation in Bulgarien ist BGO Gemini, die 1992 gegründet wurde[9] und seitdem Aufklärungs- und Integrationsarbeit leistet. Sie war 2003 an der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs beteiligt, der für die Umsetzung der EU-Gleichstellungsrichtlinie in Beschäftigung und Beruf (2000/78) sorgte.[3]

In Sofia fand 2008 zum ersten Mal eine LGBT-Demonstration bzw. die Gay-Pride-Parade statt, bei der es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen seitens nationalistischer und rechtsradikaler Gegendemonstranten kam.[10][11] Schon im Vorfeld gab es Druck durch die Kirche, Vertreter der rechten Szene und Fußballfans.[12] Im Gegensatz dazu verliefen die Aktionen in den Jahren zuvor jedoch immer friedlich.[12][13] Der bulgarische Premierminister Sergei Stanischew äußerte sich zu der Demonstration missbilligend, weil er der Meinung war, „solche Orientierungen“ sollten nicht öffentlich gezeigt werden.[14][15]

Während der Gay-Pride-Paraden in den Jahren 2009[16], 2010 und 2011 wurden keine Beanstandungen gemeldet. Die bisher größte Pride-Veranstaltung fand im Juni 2021 statt. Vorausgegangen waren mehrere Angriffe auf LGBT-Veranstaltungen in Plowdiw, Burgas und Sofia.[17]

  • Pavel G. Vesnakov: Pride, Kurzfilm, 2013
Commons: Homosexualität in Bulgarien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Vergebliche Einschüchterung. Abgerufen am 27. Juni 2021.
  2. a b c ILGA Europe: Legal situation regarding LGBT in Bulgaria (Memento des Originals vom 17. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ilga-europe.org
  3. a b Gemini: History of the Bulgarian Gay Organization GEMINI@1@2Vorlage:Toter Link/www.bgogemini.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  4. Keine Angabe: Bulgarian Criminal Code. In: Web Archive. Wayback Maschine, 25. März 2012, abgerufen am 30. November 2023 (englisch).
  5. ILGA Europe: Accessing Health: The Context and the Challenges for LGBT People in Central and Eastern Europe (Memento des Originals vom 19. Juli 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ilga-europe.org, 2006 (PDF-Dokument)
  6. Barbara Oertel: LGBTQ+-Rechte in Bulgarien: Zwei Lesben bekommen recht. In: Die Tageszeitung: taz. 6. September 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 17. Februar 2024]).
  7. Eurobarometer. Abgerufen am 17. Februar 2024.
  8. Barbara Oertel: Angriff auf LGBTQ-Menschen in Bulgarien: Totale Verwüstung. In: Die Tageszeitung: taz. 2. November 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 17. Februar 2024]).
  9. BGOGemini (Memento des Originals vom 11. Juni 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bgogemini.org
  10. n-tv: Für Toleranz in Bulgarien – Homosexuelle kämpfen (Memento des Originals vom 12. August 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.n-tv.de, 8. August 2008
  11. ILGA Europe: 150 Take Part in Bulgaria's First Gay Pride Parade in Sofia (Memento des Originals vom 25. November 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ilga-europe.org, 3. Juli 2008
  12. a b www.mediapool.bg: Националисти поискаха инкриминиране на публичния хомосексуализъм, 25. Juni 2008 (bulgarisch)
  13. www.mediapool.bg: Българската гей организация организира Мирен поход за равноправие на 17 май, 17. Mai 2005 (bulgarisch)
  14. Reuters: About 60 arrested at Bulgaria's first gay parade, 28. Juni 2008
  15. International Herald Tribune: Bulgarian extremists attack gay parade in capital, throwing rocks, gasoline bombs, 28. Juni 2008
  16. Keine Exzesse während des Gay Pride Parade in Sofia, www.dariknews.bg, vom 27. Juni 2009 (bulgarisch)
  17. Vergebliche Einschüchterung. Abgerufen am 27. Juni 2021.