Antarktischer Eisschild

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Antarktischer Eisschild
Antarktischer Eisschild (Satellitenfotografie „Blue Marble“) Angaben ohne Schelfeis, nach [1]
Antarktischer Eisschild (Satellitenfotografie „Blue Marble“)
Angaben ohne Schelfeis, nach [1]

Antarktischer Eisschild (Satellitenfotografie „Blue Marble“)
Angaben ohne Schelfeis, nach [1]

Lage Antarktika
Typ Eisschild
Fläche 12.300.000 km²
Eisdicke ⌀ 2126 m; max. 4897 m
(im Astrolabe-Subglazialbecken)
Eisvolumen 26.500.000 km³
Koordinaten 90° SKoordinaten: 90° S
Antarktischer Eisschild (Antarktis)
Antarktischer Eisschild (Antarktis)
Antarktika ohne Eisschild. 45 % des Eis tragenden Untergrundes befindet sich unter dem Meeresspiegel.

Der antarktische Eisschild (auch antarktisches Inlandeis) ist eine der beiden polaren Eiskappen. Er ist die größte Eismasse der Erde und bedeckt den antarktischen Kontinent (Antarktika) nahezu vollständig. Im antarktischen Inlandeis und dem von diesem gespeisten Schelfeis sind fast 90 Prozent des Eises und 70 Prozent des Süßwassers der Erde gebunden.[2] Die Fläche des Eisschildes beträgt 12,3 Millionen Quadratkilometer (zuzüglich 1,63 Mio. km2 Schelfeis), das Volumen 26,5 Millionen Kubikkilometer (zuzüglich 0,4 Mio. km3 Schelfeis).[1]

Bei vollständigem Abschmelzen ergäbe dies theoretisch einen Meeresspiegelanstieg um etwa 58 Meter. Im Zeitraum 1979 bis 2017 nahm der Masseverlust der antarktischen Gletscher um etwa das Sechsfache zu. Betrug der Eisverlust 1979 bis 1990 noch ca. 40 Kubikkilometer pro Jahr, waren es im Zeitraum 2009 bis 2017 bereits 252 Kubikkilometer jährlich.[3] Der Westantarktische Eisschild hatte sich während des letzten Interglazials (Eem-Warmzeit) vor 126.000 bis 115.000 Jahren als instabil erwiesen und trug durch seinen Schmelzwassereintrag in signifikantem Umfang zum Anstieg des damaligen Meeresspiegels bei.[4][5][6]

Das Eis in der Westantarktis ist überwiegend Schelfeis (Ross-Schelfeis, Filchner-Rønne-Schelfeis u. a.) oder lastet auf Fels, der unter dem Meeresspiegel liegt (im Bentley-Subglazialgraben bis zu 2870 m tief); man spricht daher auch von einem marinen Eisschild. Dieses Eis kann durch einen wärmeren Ozean relativ schnell schmelzen, trüge aber bei vollständigem Abschmelzen wegen der geringen Auflast nur 3,4 m zum potenziellen Anstieg des Meeresspiegels bei. In der Ostantarktis ist der Anteil des unter dem Meeresspiegel aufliegenden Eises nach neueren Erkenntnissen ebenfalls beträchtlich, entsprechend 19,2 m Meeresspiegelanstieg.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bildung des Antarktischen Eisschilds setzte vor ca. 45 Millionen Jahren ein[7] und beschleunigte sich stark mit Beginn des Känozoisches Eiszeitalters vor ca. 34 Millionen Jahren mit rapidem Abfall der atmosphärischen CO2-Konzentration.[8]

Eisentstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2011 wurde entdeckt, dass der Eisschild an der Hochebene Dome A nicht ausschließlich von oben durch Schneefall wächst, sondern zusätzlich auch von unten. So kann Wasser sich an Hindernissen, wie beispielsweise dem Gamburzew-Gebirge, stauen und mit der Zeit anfrieren oder an Talwänden nach oben gepresst und, weil es dann unter geringerem Druck steht, zu Eis werden. Im untersuchten Gebiet war so durchschnittlich bis zu einem Viertel der Eismasse entstanden. Auf Radar­aufnahmen einer Expedition im Polarsommer 2008–2009 zeigte sich ein 1100 Meter mächtiger Eispilz, der die darüber liegende tausende Meter mächtige Eisschicht nach oben presst.[9][10]

Zerfall des Amundsen-Sektors[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mai 2014 kamen zwei Forscherteams zu der Prognose, dass der Amundsen-Sektor des westantarktischen Eisschildes in den nächsten 200 bis 1000 Jahren kollabieren könnte, was mehr als einen Meter zum Meeresspiegelanstieg beitragen würde. Für mehrere der in die Amundsen-See fließenden Gletscher zeigten Radar-Beobachtungen der Tidenhübe durch die Satelliten ERS-1 und -2 einen Rückzug der sogenannten grounding lines, ab der das Eis schwimmt. Insbesondere beschleunigte sich der Rückzug der Grundlinie des 100 km breiten Thwaites-Gletschers,[11] dessen Verhalten die zweite Forschergruppe im Computer simulierte.[12] Eine dritte Gruppe veröffentlichte im gleichen Monat eine Analyse historischer Episoden schnellen Fließens von Gletschern und Eisschilden, aus der sich ein übereinstimmender Zeithorizont für den Kollaps des Thwaites-Gletschers ergab, für den schmaleren Pine-Island-Gletscher mit seinen ausgeprägten Seitentälern jedoch eine Stabilisierung nach vorübergehender Beschleunigung.[13]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Peter T. Fretwell et al.: Bedmap2: improved ice bed, surface and thickness datasets for Antarctica. The Cryosphere 7, 2013, doi:10.5194/tc-7-375-2013 (freier Volltext).
  2. HowStuffWorks: The World's Water.
  3. Eric Rignot et al.: Four decades of Antarctic Ice Sheet mass balance from 1979–2017. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 2019, doi:10.1073/pnas.1812883116.
  4. R. E. Kopp, A. Dutton, A. E. Carlson: Centennial to millennial-scale sea-level change during the Holocene and Last Interglacial periods. In: Past Global Changes Magazine. 25. Jahrgang, Nr. 3, 2017, S. 148–149, doi:10.22498/pages.25.3.148 (englisch, igbp-scor.pages.unibe.ch (Memento des Originals vom 24. Januar 2021 im Internet Archive) [abgerufen am 12. Januar 2021]).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/igbp-scor.pages.unibe.ch
  5. Zwei Grad Ozean-Erwärmung waren in der Erdvergangenheit bereits genug, um die Antarktis zu destabilisieren — PIK Research Portal. Abgerufen am 16. Februar 2020.
  6. Chris S. M. Turney, Christopher J. Fogwill, Nicholas R. Golledge, Nicholas P. McKay, Erik van Sebille, Richard T. Jones, David Etheridge, Mauro Rubino, David P. Thornton, Siwan M. Davies, Christopher Bronk Ramsey, Zoë A. Thomas, Michael I. Bird, Niels C. Munksgaard, Mika Kohno, John Woodward, Kate Winter, Laura S. Weyrich, Camilla M. Rootes, Helen Millman, Paul G. Albert, Andres Rivera, Tas van Ommen, Mark Curran, Andrew Moy, Stefan Rahmstorf, Kenji Kawamura, Claus-Dieter Hillenbrand, Michael E. Weber, Christina J. Manning, Jennifer Young, Alan Cooper: Early Last Interglacial ocean warming drove substantial ice mass loss from Antarctica. In: PNAS. Februar 2020, doi:10.1073/pnas.1902469117 (englisch).
  7. Sedimentological evidence for the formation of an East Antarctic ice sheet in Eocene/Oligocene time (Memento des Originals vom 16. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cat.inist.fr Palaeogeography, palaeoclimatology, & palaeoecology ISSN 0031-0182, 1992, vol. 93, no1-2, pp. 85–112 (3 p.)
  8. Mark Pagani, Matthew Huber, Zhonghui Liu, Steven M. Bohaty, Jorijntje Henderiks, Willem Sijp, Srinath Krishnan, Robert M. DeConton: The Role of Carbon Dioxide During the Onset of Antarctic Glaciation. In: Science. 334. Jahrgang, Nr. 6060, Dezember 2011, S. 1261–1264, doi:10.1126/science.1203909 (englisch, yale.edu [PDF]).
  9. Antarktisgletscher wachsen auch von unten Spektrum.de, 4. März 2011
  10. Antarctic ice sheet built from bottom BBC, 3. März 2011
  11. Eric Rignot et al.: Widespread, rapid grounding line retreat of Pine Island, Thwaites, Smith, and Kohler glaciers, West Antarctica, from 1992 to 2011. Geophysical Research Letters 41, 2014, doi:10.1002/2014GL060140 (freier Volltext).
  12. Ian Joughin et al.: Marine Ice Sheet Collapse Potentially Underway for the Thwaites Glacier Basin, West Antarctica. Science, 2014, doi:10.1126/science.1249055.
  13. Johan Kleman, Patrick J. Applegate: Durations and propagation patterns of ice sheet instability events. Quaternary Science Reviews 92, 2014, doi:10.1016/j.quascirev.2013.07.030 (freier Volltext).