Artillerieprüfungskommission

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Siegelmarken der APK: Depot-Verwaltung und Ersatz-Bataillon

Die Artillerieprüfungskommission, auch Königlich-Preußische Artillerie-Prüfungskommission, war eine 1809 eingerichtete Militärbehörde der Preußischen Armee in Berlin. Die gleiche Behörde hieß in Österreich Artilleriekomitee.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem im Jahre 1808 die Artillerie der Preußischen Armee unter ihrem neuen Chef, dem Prinzen August von Preußen (1779–1843), neu organisiert worden war, erfolgte am 17. März 1809 (Stiftungstag) durch Friedrich Wilhelm III. mit Kabinettsorder die Bildung einer besonderen Kommission für Artillerieangelegenheiten. Deren erster Leiter wurde Prinz August von Preußen.[1] Im gleichen Jahre übernahm Johann Christian von Pontanus die Leitung. Gerhard von Scharnhorst sollte ebenfalls für die Kommission tätig werden, doch lehnte dieser das Amt wegen Arbeitsüberlastung ab.[2] Mit dem 29. Februar 1816 wurde aus der Kommission per Allerhöchster Cabinetts-Ordre die Artillerieprüfungskommission.

Die Artillerieprüfungskommission bestand aus einem Präses und Offizieren der Artillerie von Heer und Marine. Sie war für die Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Artilleriematerial zuständig. Auch das Auswerten ausländischer Entwicklungen gehörte dazu. Seit April 1883 gliederte sich die Kommission in zwei Abteilungen: Abteilung I (Feldartillerie) und Abteilung II (Fußartillerie). Die Abteilungschefs hatten den Rang und die Gebührnisse eines Regimentskommandeurs. Zur Kommission gehörte eine Versuchs-Abteilung, seit 1867 eine Versuchs-Kompanie, eine Depotverwaltung, eine Mustersammlung sowie ein Ersatz-Bataillon.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Kommission Ende Oktober 1919 aufgelöst. Anschließend richtete man die Inspektion für Waffen der Reichswehr ein, deren Leitung Karl Becker übertragen wurde. Mitte der 1920er Jahre entstand daraus die „Inspektion für Waffen und Gerät“ des Heereswaffenamtes (HWA).

Schießplätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jungfernheide/Tegel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1824 befand sich neben einem Exerzierplatz auch ein Schießplatz in der damaligen Jungfernheide.[3] 1828 verlegte man den Reinickendorfer Artillerie-Schießplatz hierher. Die Beschussversuche fanden bis etwa 1875 auf dem nun als Schießplatz Tegel bezeichneten Gelände statt (hier befindet sich heute der Flughafen Tegel), in Nähe der Spandauer Gewehr- und Munitionsfabriken. Die Reichweiten-Steigerung der Geschütze, Geheimhaltungsgründe und das mittlerweile zu dicht besiedelte Gebiet machte die Einrichtung eines neuen Schießplatzes in Kummersdorf erforderlich.

Jüterbog[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1886 begannen auf dem Truppenübungsplatz Jüterbog Schießversuche auf ein nach preußischem und französischem Vorbild errichtetes Festungsziel.[4]

Kummersdorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab etwa 1875 wurde der Schießbetrieb auf dem Schießplatz Kummersdorf durchgeführt. Hier entstand nach dem Ersten Weltkrieg die Heeresversuchsanstalt Kummersdorf. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung des Geländes durch die Rote Armee endete hier der Schießbetrieb.

Präsident[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dienstgrad Name Datum[5]
Generalmajor Joachim Friedrich Wilhelm von Oppen 27. Februar 1813 bis 19. Oktober 1815
Generalmajor Johann Heinrich Otto von Schmidt 28. Februar 1816 bis 24. März 1825
Generalleutnant Johann Carl Ludwig Braun 01. Dezember 1828 bis 24. Juli 1832
Generalmajor/Generalleutnant Heinrich von Diest 25. Juli 1832 bis 8. November 1847
Generalmajor Ludwig von Jenichen 18. Dezember 1847 bis 19. März 1849
Generalleutnant Karl Adolf von Strotha 29. September 1850 bis 17. Februar 1854
Generalmajor/Generalleutnant August Encke 27. Juni 1854 bis 26. Juni 1860
Generalleutnant Leopold von Puttkamer 10. Juli 1860 bis 18. November 1863
Generalleutnant/General der Infanterie Eduard von Kunowski 04. Februar 1864 bis 27. Februar 1865
Generalmajor Rudolf Sylvius Neumann 28. Februar 1865 bis 21. März 1868
Oberst Karl Theodor von Rieff 12. Juni 1868 bis 17. Juni 1870
Oberstleutnant Adolf Siemens 18. Juli 1870 bis Juni 1871 (in Vertretung)
Oberst August Wilhelm Willerding 04. Dezember 1871 bis 11. November 1872
Generalmajor Hermann von Kameke 12. November 1872 bis 8. Juni 1874
Oberst Karl von Ribbentrop 09. Juni 1874 bis 1. November 1880
Oberst/Generalmajor Rudolf Roerdansz 02. November 1875 bis 22. Oktober 1880
Oberst/Generalmajor/Generalleutnant Reinhold Sallbach 23. Oktober 1880 bis 16. Dezember 1889
Generalmajor/Generalleutnant Hermann von Müller 17. Dezember 1889 bis 11. April 1890
Generalmajor Carl Schwarz 12. April 1890 bis 26. Januar 1892
Generalleutnant Ernst Kuhlmann 27. Januar 1892 bis 31. März 1895
Bay. Generalmajor/Generalleutnant Reinhold Fuchs von Bimbach und Dornheim 01. April 1895 bis 27. Juli 1902
Generalmajor/Generalleutnant Karl Kehrer 18. August 1903 bis 3. April 1910
Generalmajor/Generalleutnant Ludwig Sieger 04. April 1910 bis 1. August 1914
General der Artillerie z. D. Anton von Kersting 02. August 1914 bis 5. Oktober 1916 (Vertreter)
Generalmajor Hans Willibald von Schweinitz und Krain 09. Oktober 1916 bis 23. September 1917
Generalmajor Louis Mertens 29. September 1917 bis 1918
Generalmajor Hugo Berlin 1918 bis 2. Januar 1919 (Vertreter)
Generalleutnant Ludwig Sieger 03. bis 29. Januar 1919
Generalmajor Max Jung 30. Januar bis 10. Oktober 1919

Bekannte Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Otto Schulz: Denkmal für die Gefallenen der Artillerie-Prüfungskommission 1914–1918

In alphabetischer Reihenfolge

  • Max Bauer (1869–1929), Oberst und Abteilungschef bei der Obersten Heeresleitung, Militärschriftsteller, Orden Pour le Mérite mit Eichenlaub, Mitglied 1899–1902[6]
  • Max Born (1882–1970), Physiker und Nobelpreisträger, forschte in der Kommission an Schallmessverfahren zur Ortung feindlicher Geschütze[7]
  • Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen (1827–1892), preußischer General der Artillerie, Militärschriftsteller, ab 1868 Mitglied
  • Walter Jellinek (1885–1955), ab 1917 Mitglied[8]
  • Leo Löwenstein (1879–1956), deutscher Physiker und Chemiker, zuletzt Hauptmann, Erfinder der Schallmessung, legte 1913 der Kommission ein Verfahren zur „Auffindung des Ortes von schallerzeugenden Gegenständen“ vor. Die Kommission führte Tests zur Vervollkommnung des Verfahrens auf dem Truppenschießplatz Kummersdorf durch[9]
  • Johann Emanuel Ludwig (1758–1823), ab 1810 Mitglied[10]
  • Ludger Mintrop (1880–1956), für die Kommission auf dem Gebiet der Schallmesstechnik tätig[11]
  • Joseph von Radowitz (1797–1853), preußischer General und Staatsmann, 1814 erster Lehrer der Mathematik und der Kriegswissenschaften an der Kadettenanstalt zu Kassel, ab 1823 militärischer Lehrer des preußischen Prinzen Albrecht, ab 1828 Mitglied der obersten Militärstudienbehörde, Lehrer an der Kriegsschule und Mitglied der Kommission, ab 1830 Chef des Generalstabs der Artillerie[12]
  • Julius Schuster, gilt als der erste hauptamtlich beschäftigte Wissenschaftshistoriker in Deutschland, ab 1915 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter[13]
  • Wilhelm Schwinning (1874–1955), deutscher Metallurg und Mitglied seit 1909
  • Daniel Friedrich Gottlob Teichert (1796–1853), Major der Artillerie, Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, später Oberstleutnant im preußischen Kriegsministerium
  • Richard Wille (1841–1911), Generalmajor, Militärschriftsteller, seit 1865 im Kriegsministerium und bei der Kommission, Direktor der Artilleriewerkstatt in Spandau sowie Vorsteher des Artilleriekonstruktionsbüros in Spandau[14]

Verwaltungsgebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwaltungsgebäude der APK um 1909

Zwischen 1893 und 1895 ließ das Militär-Bauamt Berlin VII unter der Leitung des Geheimen Oberbaurates Bernhardt und des Architekten Wieczorek[15] ein neues Verwaltungsgebäude in der damaligen Kaiserallee – heute Bundesallee – errichten.[16] Die Kommission nutzte das Gebäude bis 1918.

Die am Staatsstreich vom 20. Juli 1944 beteiligten Offiziere Erich Hoepner und Henning von Tresckow arbeiteten hier.

Nach dem Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg beschädigten Gebäudes erfolgte am 17. April 1950 die Wiedereröffnung als Bundeshaus Berlin. Bis 1990 befand sich hier der Sitz des Bevollmächtigten der Bundesregierung in Berlin sowie die Berliner Vertreter von Bundesministerien.

Bilder (2014)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hugo Denecke: Geschichte der Königlich Preußischen Artillerie-Prüfungskommission. (aus Anlass der Feier ihres hundertjährigen Bestehens), Berlin 1909.
  • Denkschrift Schießversuche. (= Mitteilungen der Artillerie-Prüfungs-Kommission. 13). Geheime Denkschrift über die Schießversuche gegen das Festungsziel auf dem Schießplatz Jüterbog in der Zeit vom 22. Oktober bis 10. Dezember 1886, am 20. September 1887 und am 13.–15. Dezember 1887. Mit 12 Tafeln und 12 Lichtdruckbildern. Reichsdruckerei, Berlin 1892.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Königlich-Preußische Artillerie-Prüfungskommission – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neuer Nekrolog der Deutschen. Band 5, 5. Jahrgang 1827, 2. Teil, Druck u. Verlag Bernh. Fr. Voigt, Ilmenau 1829, S. 619 f.
  2. Gerhard von Scharnhorst. Private u. dienstliche Schriften. Band 5: Leiter der Militärreorganisation: (Preußen 1808–1809). Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20066-4, S. 565.
  3. Amtsblatt. der Regierung in Potsdam, Januar 1837, S. 114.
  4. Henrik Schulze: Chronologie der Garnisonsgeschichte. (Memento vom 7. Juni 2013 im Internet Archive)
  5. Dermot Bradley (Hrsg.), Günter Wegner: Stellenbesetzung der Deutschen Heere 1815–1939. Band 1: Die Höheren Kommandostellen 1815–1939. Biblio Verlag, Osnabrück 1990, ISBN 3-7648-1780-1, S. 477 f.
  6. Buchbeschreibung mit Biografie: Der große Krieg in Feld und Heimat. Erinnerungen und Betrachtungen von Oberst Bauer
  7. Biografie
  8. Landesarchiv Baden-Württemberg: Biografie
  9. Günter Nagel: Erfinder, Industriemanager, jüdischer Offizier und Politiker. Das Lebenswerk des Dr. Leo Löwenstein. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. 68. Band (2017), S. 181–224 und Günter Nagel: Lauschangriff auf Artillerie. In: Märkische Oderzeitung. Brandenburger Blätter Nr. 226 vom 26. Oktober 2012, S. 10.
  10. Gerhard von Scharnhorst. Private u. dienstliche Schriften. Band 5: Leiter der Militärreorganisation: (Preußen 1808–1809). Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20066-4, S. 478.
  11. Professor Dr. Dr. h. c. Ludger Mintrop zum Gedenken. In: Seismos-Echo. Nr. 2 / 1956.
  12. Radowitz. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 13, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 544.
  13. Gerd Simon, Ulrich Schermaul: Biografie (Memento vom 10. Dezember 2009 im Internet Archive) (PDF)
  14. Wille, Richard. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 18, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 987.
  15. Statistische Nachweisungen über bemerkenswerte, in den Jahren 1890 bis 1899 vollendete Hochbauten der preußischen Garnison-Bauverwaltung. In: Beilage zur Zeitschrift für Bauwesen, Vol. LII (1902), urn:nbn:de:kobv:109-opus-90852. Rand-Nummer 39, S. 78–81.
  16. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: Denkmale in Berlin - Bundeshaus. (Memento vom 10. Januar 2014 im Internet Archive)

Koordinaten: 52° 29′ 53,1″ N, 13° 19′ 52,3″ O