Johann-Sebastian-Bach-Kirche (Arnstadt)

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Bachkirche in Arnstadt
Innenraum der Bachkirche

Die Johann-Sebastian-Bach-Kirche ist eine evangelische Kirche der Stadt Arnstadt in Thüringen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die „Neue Kirche“ wurde 1676–1683 auf den Fundamentresten der 1581 abgebrannten St.-Bonifatius-Kirche als barocker Saalbau mit umlaufender, dreigeschossiger Empore errichtet.

Von 1703 bis 1707 hatte Johann Sebastian Bach hier seine erste Organistenstelle inne, gefolgt von seinem Cousin Johann Ernst Bach bis 1728.

1935 wurde die „Neue Kirche“ zum 250. Geburtstag des berühmten Musikers in „Johann-Sebastian-Bach-Kirche“ umbenannt.

Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Emporen, mit Wender-Orgel (oben) und Steinmeyer-Orgel auf den unteren beiden Emporen

Die Bachkirche verfügt über zwei bedeutende Orgeln: die Wender-Orgel von 1703 und die Steinmeyer-Orgel von 1913. Auf Initiative von KMD Gottfried Preller, 1981–2013 Organist an der Bachkirche, wurden beide Instrumente 1997 bis Ende 1999 durch die Orgelbauwerkstatt Otto Hoffmann aus Ostheim/Rhön unter Leitung von Orgelbaumeister Horst und Günter Hoffmann restauriert (Steinmeyer-Orgel) beziehungsweise rekonstruiert (Wender-Orgel) und am 16. Januar 2000 anlässlich der Eröffnung des Bach-Jahres neu geweiht. In der Wender-Orgel sind noch 320 originale Pfeifen von insgesamt 1252 = 25,6 % wiederverwendet.[1] Beide Orgeln sind ein „Zeugnis von alter und neuer Orgelbaumeisterschaft, von großem Einsatz für ihren Fortbestand und für die reiche Orgeltradition Mitteldeutschlands.“[2]

Wender-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1699 bis 1703 baute Johann Friedrich Wender auf der dritten Empore eine Orgel mit zwei Manualen und 21 Registern. Im Juni 1703 hat der 18-jährige Johann Sebastian Bach die Orgel geprüft und abgenommen. Er hat solch einen Eindruck hinterlassen, dass er gleich als Organist verpflichtet wurde. Nach dem Vertrag von 1699 verfügte das Instrument über folgende Disposition (in Klammern ist jeweils die Zahl der original erhaltenen Pfeifen angegeben):

I Brustpositiv CD–c3
1. Stillgedacktes 8′ 0 (44)
2. Principal 4′ (1)
3. Spitzflöte 4′
4. Nachthorn 4′ (27)
5. Quinta 3′ (1)
6. Sesquialtera II 0 (2)
7. Mixtur III 1′ (18)
II Hauptwerk CD–c3
8. Principal 8′ (1)
9. Viola di Gamba 8′ (42)
10. Quinta dena 8′ (26)
11. Grobgedacktes 8′ (46)
12. Gemshorn 8′ (39)
13. Offene Quinta 6′ (1)
14. Octava 4′ (46)
15. Mixtur IV 2′ (18)
16. Cymbel II 0 1′ 0 (8)
17. Trompete 8′
Cymbelstern (C-Dur)
Cymbelstern (G-Dur)
Pedalwerk CD–c1d1
18. Sub Baß 16′
19. Principal Baß 08′
20. Posaunen Baß 0 16′
21. Cornet Baß 02′
  • Koppeln: I/II (Schiebekoppel), II/P
  • Spielhilfen: Tremulant (ganze Orgel)
  • Stimmung: Tonhöhe 465 Hz, wohltemperiert

Die Windversorgung erfolgt über 4 Keilbälge mit Trethebeln, die in einem sog. „Balghaus“ über der Orgel untergebracht sind. Obwohl die Bedeutung dieser Orgel als Denkmal nie in Vergessenheit geriet, blieb sie nicht von diversen Umbauten verschont.[3]

Von der Orgel wurde 2004 eine Replik in der Kirche in Pontaumur, Auvergne aufgestellt, die auch für das Bachfestival der Region Auvergne-Rhône-Alpes genutzt wird.

Steinmeyer-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1913 baute Orgelbau Steinmeyer aus Oettingen auf der zweiten Empore ein neues Werk (Opus 1185) mit 55 Registern auf drei Manualwerken und Pedal. Das Instrument hatte pneumatische Spiel- und Registertrakturen. Sechs Register der Wender-Orgel wurden damals beibehalten und ihre Mensuren im Bass erweitert. 1938 wurde die Orgel von der zweiten auf die erste Empore versetzt. Die Prospektfront der Wender-Orgel blieb weitgehend erhalten.

In den Jahren 1998/1999 wurde das Instrument in der Orgelbauwerkstatt Hoffmann in Ostheim grundlegend restauriert und zwischenzeitliche Veränderungen weitgehend auf den Stand von 1913 zurückgeführt. Das gesamte Pfeifenwerk wurde überarbeitet; die Wender-Register, die in die Bach-Orgel zurückgeführt wurden, wurden rekonstruiert. Sämtliche Zungenstimmen (mit Ausnahme der Posaune 16') wurden erneuert. Außerdem wurden die Windladen gründlich überarbeitet, die Belederungen der Taschenventile und der Registerbälge erneuert, alle Relais überarbeitet, der Magazinbalg neu beledert und die Windkanäle mit Stoßfängern ausgestattet. Das Schwellwerk wurde mit einem Tremulanten ausgestattet.

Der Einbau der neuen 3. Empore für die Wender-Orgel erforderte eine Neuaufstellung des Werkes zwischen der 1. und 3. Westempore. Die Unterseite der 3. Empore wurde mit Schallreflexionsplatten verkleidet, um eine optimale Klangabstrahlung in den Raum zu erreichen. Die Prospektfront übernahm die Emporengliederung und wurde mit stoffbespannten Gitterfüllungen ausgestattet. Der elektrische Spieltisch fand seinen Platz direkt hinter der Emporenbrüstung. Bedingt durch die geänderte bauliche Situation auf der Empore musste bis zur 1. Relaisstation der Werke eine elektrische Verbindung gebaut werden. Die Spieltraktur von den Relais zu den Windladen blieb pneumatisch. Das Pfeifenwerk wurde gleichstufig bei 440 Hz gestimmt. Die romantische Klangpalette reicht vom zartesten Pianissimo bis zum raumfüllenden Forte.

I Hauptwerk C–a3
01. Bordun 16′
02. Principal 08′
03. Viola di Gamba 0 08′
04. Gemshorn 08′
05. Schweizerflöte 08′
06. Bordun 08′
07. Rohrflöte 08′
08. Hohlflöte 08′
09. Quintflöte 0513
10. Oktave 04′
11. Fugara 04′
12. Rohrflöte 04′
13. Quinte 0223
14. Oktave 02′
15. Cornett V 08′
16. Mixtur V 02′
17. Cymbel III 01′
18. Trompete 08′
II Manual C–a3
19. Quintatön 16′
20. Principal 08′
21. Spitzflöte 08′
22. Quintatön 08′
23. Viola d’amour 08′
24. Gedackt 08′
25. Flauto traverso 08′
26. Oktave 04′
27. Spitzflöte 04′
28. Viola 04′
29. Rauschquinte II 0 0223
30. Mixtur V 02′
31. Klarinette 08′
III Schwellwerk C–a3
32. Lieblich Gedackt 16′
33. Geigenprincipal 08′
34. Lieblich Gedackt 08′
35. Flauto piano 08′
36. Hessiana 08′
37. Salicional 08′
38. Vox coelestis 08′
39. Geigenprincipal 04′
40. Nachthorn 04′
41. Flauto dolce 04′
42. Geigenprincipal 02′
43. Sesquialter II 0223
44. Progressivharmon. III–VI 0 02′
45. Oboe 08′
Tremulant
Pedal C–f1
46. Principal 16′
47. Violon 16′
48. Subbaß 16′
49. Quintbaß 1023
50. Principal 08′
51. Violoncello 0 08′
52. Gedackt 08′
53. Oktave 04′
54. Posaune 16′
55. Trompete 08′

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christoph Wolff, Markus Zepf: Die Orgeln J. S. Bachs – Ein Handbuch. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2008, ISBN 978-3-374-02407-0.
  • Horst Hoffmann: Zwei Bach-Orgeln. Freiburger Musik Forum, Juni 1999, ISSN 1433-6464.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johann-Sebastian-Bach-Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nähere Informationen zu den Orgeln der Bachkirche
  2. Felix Friedrich, Eberhard Kneipel: Orgeln in Thüringen – ein Reiseführer. Kamprad, Altenburg 2010, ISBN 978-3-930550-67-8.
  3. J. Georg Zahn: Das Joh. Sebastian Bach-Denkmal. In: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 2, Leipzig, 1882, S. 117–118 und S. 129–130

Koordinaten: 50° 50′ 3,1″ N, 10° 56′ 46,1″ O