Berlin (A 1411)

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Flagge
Berlin (A 1411)
Berlin-Klasse
2021 die Kaiser-Wilhelm-Brücke passierend
2021 die Kaiser-Wilhelm-Brücke passierend
Übersicht
Typ Versorgungsschiff
Bauwerft

Flensburger Schiffbau-Gesellschaft

Stapellauf 30. April 1999
Namensgeber Land Berlin
Indienststellung 11. April 2001
Heimathafen Wilhelmshaven
Technische Daten
Technische Daten siehe: EGV 702
Besatzung

220

Rufzeichen / Kennung

DRKA / A 1411

Unterstellung

Trossgeschwader

Ehrungen

Fahnenband des Landes Berlin (2021)

Die Berlin ist ein Einsatzgruppenversorger der Deutschen Marine vom Typ EGV 702, auch Berlin-Klasse. Sie ist das Typschiff dieser Klasse und das neunte Kriegsschiff dieses Namens.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Berlin wurde auf der Werft der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft gebaut, am 30. April 1999 von Monika Diepgen, der Ehefrau des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen, getauft und am 11. April 2001 in Dienst gestellt.

Im September 2016 ging die Berlin in eine eineinhalbjährige Grundüberholung in die Norderwerft in Hamburg.[1]

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einsatzgruppenversorger (EGV) wie die Berlin versorgen Schiffe mit Betriebsstoffen, Verbrauchsgütern, Proviant und Munition und sind so ausgerüstet, dass sie diese Güter während der Fahrt von Schiff zu Schiff übergeben können.[2] Zwei Hubschrauber dienen dem Transport von Personen und Material. Dadurch kann die Durchhaltefähigkeit von Verbänden erheblich verlängert werden, d. h. die Hafenliegezeiten zum Aufnehmen von Versorgungsgütern wird verkürzt.

Versorgungseinrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Ladegeschirr der Berlin können Versorgungsgüter während der Fahrt und im Hafen unabhängig umgeschlagen werden. Die Beladungskapazität beträgt:

  • 84 Containerstellplätze
  • Transportkapazität:
    • 7600 t Schiffsdiesel,
    • 490 t Flugkraftstoff,
    • 126 t Schmieröl,
    • 71 t Frischwasser,
    • 100 t Verbrauchsgüter,
    • 1075 t Festgüter
    • 230 t Proviant

Die EGV können außerdem die Entsorgung von Abwasser und Müll der versorgten Einheiten übernehmen.

Betankung auf See[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ladungsübergabe auf See erfolgt in der Regel nicht. Hingegen ist die Betankung von Schiffen aus dem Verband Routine. Erste Erprobung des Verfahrens erfolgte 1975 mit dem Zerstörer Mölders. Die geeignete Vorrichtung und das entsprechende Geschirr sind heute erfolgreich im Einsatz.

Zusätzliche sanitätsdienstliche Komponente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außerdem führt die Berlin ein in einem Containersystem untergebrachtes Lazarett, das Marineeinsatzrettungszentrum 2 (kurz MERZ), mit, das etwa die Behandlungskapazität von 45 Patienten sowie zusätzlich neun Isolierpatienten hat, wobei im Hubschrauber-Hangar des EGV weitere Kapazität für bis zu 100 Leichtverletzte zur Verfügung gestellt werden kann. Verletzte Soldaten werden meist mit eigenen oder fremden Hubschraubern an Bord gebracht, dort behandelt und nach Möglichkeit in die Heimatländer geflogen. Das Containersystem besteht aus OP- und Intensivräumen, einem klinischen und einem mikrobiologischen Labor sowie Sterilisatoren und Werkstätten für die Unterstützungsgruppe.

Nachdem sich laut Bund „[a]ufgrund der bisherigen Einsatzerfahrungen […] die Containerbauweise nicht bewährt“ habe, soll nach dem Schwesterschiff Frankfurt am Main auch die Berlin ein neues integriertes MERZ (iMERZ) in einem permanenten Deckshaus erhalten. Die Vorlage für den Auftrag im Wert von 42 Mio. Euro wurde im März 2023 durch den Haushaltsausschuss des Bundestags bewilligt.[3]

Bewaffnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Selbstverteidigung sind die EGV der Marine mit vier Marineleichtgeschützen MLG 27 und vier schweren Maschinengewehren bewaffnet.[4] Außerdem werden Fliegerfäuste und bei Bedarf auch zwei Sea King MK41[A 1] mitgeführt. Die Bordhubschrauber dienen vorrangig Rettungseinsätzen, können aber auch Versorgungsgüter vom Schiff transportieren und sind zu ihrem eigenen Schutz mit einem Maschinengewehr M3M und Täuschsystemen ausgestattet. Das Flugdeck erlaubt auch den Einsatz größerer Hubschrauber.

Einsätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2002: Operation Enduring Freedom am Horn von Afrika
  • April–Juli 2003: Ausbildungsverband (DESEX) der Deutschen Marine
  • 2004: Teilnahme am Manöver BALTOPS 2004 in der Ostsee[5]
  • 2004–2005: Operation Enduring Freedom am Horn von Afrika
  • 2005: Humanitäre Hilfe für die Erdbeben- und Flutopfer in Indonesien[5]
  • 26. Juli–3. September 2007: Unterstützung der Seeüberwachung durch UNIFIL vor dem Libanon
  • Januar–Juni 2008: Einsatz- und Ausbildungsverband (EAV) der Deutschen Marine
  • Januar–Juli 2009: Einsatz – SNMG2/Atalanta
  • Februar 2011: Einsatz vor Libyen[6]
  • Februar–Juni 2012: Operation Atalanta am Horn von Afrika[7][8] Während eines Einsatzes in der Operation Atalanta zur Pirateriebekämpfung am Horn von Afrika 2012 wurde die Berlin über ihre Unterstützungsaufgaben hinaus direkt gegen Piraten eingesetzt. Dabei gelang es, die indische Dhau Ashma mit 25 Besatzungsmitgliedern aus der Hand von Piraten zu befreien.[8]
  • Juni–Oktober 2014: Operation Atalanta am Horn von Afrika[9]
  • Mai–Juni 2015: Beteiligung mit Fregatte Hessen an der Rettung von 3419[10] schiffbrüchigen Migranten im Mittelmeer[11][12]
  • Oktober 2015–Januar 2016: als Teil des deutschen Kontingents der EU NAVFOR Med – Operation Sophia[13] im Mittelmeer Seenotrettung von 217 Menschen am 5. Dezember 2015, 115 am 7. Dezember 2015,[14] 121 an Heiligabend 2015,[15] und 245 Menschen am 22. Januar 2016[16], Sicherungsunterstützung an Bord durch eine finnische Spezialeinheit[17]
  • Mai 2016: Eintägiger Einsatz bei der internationalen Such- und Rettungsübung Dynamic Mercy.[18]
  • Juni 2016: Teilnahme am Manöver BALTOPS 2016 in der Ostsee[19]
  • April bis September 2020 Teilnahme an der Standing NATO Maritime Group 2 (SNMG 2) in der Ägäis. Hierbei hat die Besatzung unter Kommando von Fregattenkapitän Stefan Klatt einen neuen Rekord aufgestellt: die längste Zeit an Bord ohne Landgang in der Geschichte der Deutschen Marine. Um im Zuge der COVID-19-Pandemie eine Infektion der Besatzung zu vermeiden, wurden fünfeinhalb Monate in Isolation von der Außenwelt, ohne Landgang, verbracht. Insgesamt legten Schiff und Besatzung in dieser Zeit über 36.000 Seemeilen zurück.[20] Dabei wurde die Berlin zeitweise mit einer Einrichtung zur Corona-Testung ausgestattet, die von Spezialisten des Schifffahrtmedizinischen Instituts der Marine betrieben wurde.[21]
  • März bis Juli 2021: Teilnahme der Berlin, unter dem Kommando von Fregattenkapitän Stefan Klatt, am Einsatz European Union Naval Forces Mediterranean IRINI im Mittelmeer. Diese dient zur Durchsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen gegen Libyen. Das beinhaltet das Entdecken, Anhalten und Durchsuchen des Waffenschmuggels nach Libyen, sowie verdächtigter Schiffe im Einsatzgebiet. Weitere Aufgaben der Mission sind das Überwachen und Sammeln von Informationen über illegale Exporte von Erdöl, Rohöl und raffinierten Erdölprodukten aus Libyen. Erstmals werden bei diesem Einsatz zwei Hubschrauber vom Typ Sea Lynx mit einer Bordeinsatzgruppe aus 18 Soldatinnen und Soldaten vom Marinefliegergeschwader 5 in Nordholz auf einem EGV eingeschifft.[22][23] Auch ein litauisches Boardingteam verstärkte die deutsche Besatzung[23].
  • Ab Februar 2022: Teilnahme an der Standing NATO Maritime Group 1 (SNMG 1)[24][25]

Kommandanten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr. Name von bis
1 Fregattenkapitän Peter Ehring[26] 11. Apr. 2001 Nov. 2001
2 Fregattenkapitän Ingo Ullrich Nov. 2001 2002
3 Fregattenkapitän Wolfgang Telschow 2003 2005
4 Fregattenkapitän Hans-Günther Struck[27] 2006 24. Sep. 2009
5 Fregattenkapitän Martin Waldmann[27] 24. Sep. 2009 22. Nov. 2012
6 Fregattenkapitän Marcel Rosenbohm[28] 22. Nov. 2012 31. März 2016
7 Fregattenkapitän Sven Hikele[29] 31. März 2016 19. Aug. 2019
8 Fregattenkapitän Stefan Klatt[30] 19. Aug. 2019 19. Sep. 2023
9 Fregattenkapitän Karsten Uwe Schlüter[31] 19. Sep. 2023

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 20. August 2021 verlieh der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, dem Patenschiff zum 20. Dienstjubiläum das Fahnenband. Es ist die höchste Auszeichnung, mit der eine Landesregierung einen militärischen Verband ehren kann.[32]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Berlin (A1411) – Sammlung von Bildern

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Hubschrauber gehören zum Marinefliegergeschwader 5 und werden nur bei Bedarf im Rahmen der Verfügbarkeit an Bord stationiert.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Werftlieger: Frischzellenkur für die „Berlin“ – Teil 1. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. April 2017; abgerufen am 2. Februar 2022.
  2. Ralph Emmerich: Einsatzgruppenversorger. In: Soldat und Technik. Nr. 7, 1992, S. 481–485.
  3. Florian Manthey, Amina Vieth: Bundestag genehmigt zehn neue Panzerhaubitzen 2000. In: bmvg.de. 29. März 2023, abgerufen am 30. März 2023.
  4. Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse. Abgerufen am 1. Februar 2022.
  5. a b Andrzej Nitka: Niemieckie zaopatrzeniowce typu Berlin. In: Morze, Statki i Okręty. Nr. 9, 2007, ISSN 1426-529X, S. 19, 23 (polnisch).
  6. Eskalation in Libyen. EU schließt Militäreinsatz nicht aus. In: Frankfurter Allgemeine. 24. Februar 2011, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  7. Größtes deutsches Marine-Schiff: „Berlin“ zum Anti-Piraten-Einsatz aufgebrochen. In: Spiegel online. 28. Januar 2012, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  8. a b „Berlin“ von Atalanta-Einsatz zurück. In: WZonline. Wilhelmshavener Zeitung, 14. Juni 2012, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  9. Operation Atalanta: „Berlin“ in Einsatz gestartet. In: Marine. Presse- und Informationszentrum Marine, 1. Juli 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Juli 2014; abgerufen am 2. Februar 2022.
  10. Die Rettungen der „Hessen“ und der „Berlin“ im Mittelmeer. Bundeswehr, 8. Juni 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Juli 2015; abgerufen am 2. Februar 2022.
  11. Warten auf den nächsten Notruf. Deutsche Marine im Seenotrettungseinsatz. Tagesschau.de, 13. Mai 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Mai 2015; abgerufen am 13. Mai 2015.
  12. Wilhelmshaven: Fregatten kommen nach Hause. In: NDR 1 Niedersachsen. 19. Juni 2015, abgerufen am 23. Juni 2015.
  13. Operation Sophia: „Berlin“ kommt, „Werra“ geht. Bundeswehr, 15. Oktober 2015, abgerufen am 10. Dezember 2015.
  14. Axel Lier: Truppenversorger „Berlin“ rettet Flüchtlinge: B.Z.-Reporter war an Bord. B.Z., 20. Januar 2016, abgerufen am 26. Januar 2016.
  15. Deutsche Marine rettet erneut mehr als hundert Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Artikel vom 24. Dezember 2015 im Portal focus.de, abgerufen am 25. Dezember 2015
  16. EUNAVFOR MED: Einsatzgruppenversorger „Berlin“ rettet 245 Menschen. Bundeswehr, 22. Januar 2016, abgerufen am 26. Januar 2016.
  17. Ralph Gladitz: Flucht nach Europa: Rettungseinsatz auf dem Mittelmeer. BR, 25. Januar 2016, abgerufen am 26. Januar 2016.
  18. Dynamic Mercy 2016 - SAR-Übung der NATO vor Helgoland. In: www.bundeswehr-journal.de. Abgerufen am 3. Juni 2020.
  19. Exercise Watch: BALTOPS – NATO & Friends demonstrieren Stärke in der Ostsee : Augen geradeaus. In: augengeradeaus.net. Abgerufen am 4. Juni 2016.
  20. Einsatzgruppenversorger "Berlin" kehrt mit besonderem Rekord aus der Ägäis zurück. In: www.presseportal.de. Presse- und Informationszentrum Marine, 14. September 2020, abgerufen am 23. September 2020.
  21. Matthias Faermann: Auf dem Weg zum iMERZ - Notfall-Krankenhäuser an Bord. In: Leinen los! Heft 6/2020, S. 15
  22. EU-Einsatz „Irini“: Einsatzgruppenversorger „Berlin“ verlegt ins Mittelmeer. In: www.presseportal.de. PIZ Deutsche Marine, 4. März 2021, abgerufen am 11. Mai 2021.
  23. a b Einsatzgruppenversorger „Berlin“ aus dem Einsatz zurück. In: bundeswehr.de. Presse- und Informationszentrum Marine, abgerufen am 2. Februar 2022.
  24. EGV „Berlin“: Corona stoppt den NATO-Einsatz. In: Bundeswehr-Journal. 1. Februar 2022, abgerufen am 6. Februar 2022 (siehe redaktioneller Nachbrenner).
  25. Die „Berlin“ läuft zur NATO-Verpflichtung aus. Bundeswehr, 2. Februar 2022, abgerufen am 6. Februar 2022.
  26. Diethart Goos: Schmuckstück der Marine in Dienst gestellt. In: www.welt.de. 12. April 2001, abgerufen am 24. Januar 2022.
  27. a b Kommandowechsel auf der „Berlin“ – Koblenzer übernimmt größtes Schiff der Marine. Deutsche Marine, abgerufen am 1. November 2016.
  28. Aktuelle Nachrichten, Bilder und Videos aus Wilhelmshaven und Friesland. In: www.wzonline.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. November 2016; abgerufen am 1. November 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wzonline.de
  29. In der Einsatzflottille 2 kein Unbekannter. In: www.marine.de. Abgerufen am 1. November 2016.
  30. Die „Berlin“ bekommt neuen Kommandanten. In: www.marine.de. Pressezentrum Deutsche Marine, 20. August 2019, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. August 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.marine.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  31. Mit der „Berlin“ viereinhalb Mal die Welt umrundet. In: NWZ Online. 19. September 2023, abgerufen am 20. September 2023.
  32. Regierender Bürgermeister Müller besucht die „Berlin“ und verleiht Fahnenband des Landes. 20. Dienstjubiläum des Patenschiffes, zweiter Besuch des Ministerpräsidenten an Bord. In: Pressemitteilungen 2021. Senatskanzlei Berlin, 20. August 2021, abgerufen am 26. August 2021.