Buddhismus in Europa

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In Europa findet der Buddhismus seit dem Zweiten Weltkrieg auch wegen seiner spirituellen Praxis in Form der Meditation immer mehr Anhänger. Gleichzeitig steigt das Interesse an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Buddhismus, der Buddhismuskunde.

Historische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 17. Jahrhundert kam es durch die aus Asien zuwandernden Torguten bzw. Kalmücken zur Ansiedlung von Buddhisten im Osten Europas an der unteren Wolga. Im übrigen Europa wurden – im Unterschied zu Amerika, wo die ersten größeren buddhistischen Gemeinden von Einwanderern aus Ostasien gegründet wurden – buddhistische Gemeinden zunächst von Europäern gegründet.[1]

Im deutschen Sprachraum begann ein erstes Interesse am Buddhismus während der Romantik.[2] Arthur Schopenhauer gilt als der Pionier einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Lehren des Buddha.[3]

Großbritannien, Frankreich, Portugal, die Niederlande und Russland waren durch ihre imperialen Bestrebungen in den buddhistischen Kulturraum eingedrungen. Daher wirkten in diesen Ländern zahlreiche Pioniere des europäischen Buddhismus. Die ersten buddhistischen Bücher für ein breiteres Publikum, jenseits der akademischen, indologischen Kreise erschienen gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ab den 1880ern konvertierten einzelne Europäer zum Buddhismus.[3]

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten sich in diesen Ländern und in Deutschland die ersten buddhistischen Organisationen und Vereine. Einzelne europäische Männer und später auch Frauen traten in buddhistische Orden ein, um Mönch oder Nonne zu werden.[4] Andere widmeten sich der Übersetzung buddhistischer Schriften in die Landessprache, damit diese größeren Kreisen von Buddhismusinteressierten zugänglich wurden.

Buddhistische Gelehrte aus Asien, Mönche und Lehrer kamen vereinzelt nach Europa, um vor kleinen Kreisen Interessierter ihre Vorträge zu halten.[5] Abgesehen von den Kalmücken (auch in der Emigration in Teilen Russlands sowie im Raum Belgrad) gab es bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die meisten buddhistischen Aktivitäten in Europa in Deutschland, gefolgt von Großbritannien.[6]

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Intensivierung dieser Trends, die sich schon zu Beginn des Jahrhunderts angedeutet hatten. Neben der durch die Ereignisse des Weltkriegs ausgelösten Suche nach alternativen Sinnstiftern müssen die Ausweitung internationaler Kontakte, insbesondere durch Kommunikation, Handel und Tourismus, und die durch kriegerische Ereignisse in Asien ausgelösten Flüchtlingsströme – vor allem nach Frankreich – als fördernde Faktoren für die Ausbreitung des Buddhismus in Europa gesehen werden. Während in den 1960ern Meditation und Zen-Buddhismus populär wurden, fand in den 1970ern der Lamaismus Anhänger auch in Europa.[7]

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts genießen buddhistische Organisationen in einigen Ländern Europas gleiche oder annähernd gleiche Anerkennung wie das traditionelle Christentum; in anderen Ländern wird die Forderung nach gesetzlicher Anerkennung und gesellschaftlicher Gleichstellung zunehmend nachdrücklicher erhoben.

Buddhismus heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kalmückien ist die einzige mehrheitlich buddhistische Region in Europa. Ansonsten ist der Buddhismus heute insbesondere in den größeren Städten Mittel- und Westeuropas vertreten, im geringeren Maße auch in Südeuropa. Deutlich schwächer ist der Buddhismus in den Bereichen der christlich-orthodox geprägten Kulturen Ost- und Südosteuropas. Im deutschen Sprachraum finden sich buddhistische Gruppen und Zentren nicht nur in den größeren Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz.

Die 1975 begründete Europäische Buddhistische Union setzt sich zum Ziel, die buddhistischen Organisationen in Europa miteinander zu vernetzen und einen Diskurs über die nachhaltige Inkulturation des Buddhismus in Europa in Gang zu bringen.

Buddhismus in Europa in Zahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Buddhismus in Europa
Region Gesamtbevölkerung Buddhisten % der Buddhisten in der Region Anmerkung
Belgien 10.666.866 30.000 (Schätzung 2012)[8] 0,3 % Antrag auf staatliche Anerkennung 2008[9]
Deutschland 82.438.000 270.000 (Schätzung 2012)[10] 0,3 % überwiegend Einwanderer aus asiatischen Ländern[11]
England und Wales 56.075.912 247.743 (Zählung 2011)[12] 0,4 %
Frankreich 60.650.000 280.000–770.000 (Schätzung 2010)[13][14][15] 0,5–1,2 % überwiegend chinesische und vietnamesische Immigranten
Island 305.309 1.240 (Zählung 2014)[16] 0,4 % 3 Organisationen: Buddhist Association of Iceland, Zen in Iceland, Soko Gakkai International
Italien 60.054.511 50.000 (Schätzung 2014)[17] <0,1 %
Niederlande 17.591.394 57.500 (Zählung 2014)[18] 0,00032 % überwiegend chinesische, thailändische und vietnamesische Immigranten
Norwegen 5.425.270 21.567 (Zählung 2021)[19] 0,4 % Zunahme 2017 bis 2021: 24,3 %
Österreich 8.220.000 10.402 (Zählung 2001)[20] 0,1 % davon 44 % Ausländer. 1983 staatlich anerkannt
Polen 38.626.349 10.771 (Zählung 2011)[21] <0,1 %
Russland einschl. Sibirien 142.008.838 <700.000–1.500.000 (Schätzung 2013; inkl. asiatischer Teile Russlands)[22][23] 0,5–1,1 % 1741 anerkannt. u. a. Burjaten, Kalmücken, Tuviner
Schweiz 7.415.100 21.000 (Zählung 2001)[24] 0,3 %

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oliver Freiberger/Christoph Kleine: Buddhismus: Handbuch und kritische Einführung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, S. 161 f.
  2. Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 7.
  3. a b Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 8.
  4. Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 8–9.
  5. Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 10–11
  6. Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 14–16
  7. Martin Baumann (2001): Global Buddhism: Developmental Periods, Regional Histories, and a New Analytical Perspective. (PDF; 1,0 MB) In: Journal of Global Buddhism. 2, S. 16–18
  8. US Department of State International Religious Freedom Report for 2012
  9. Union Bouddhique Belge (Memento des Originals vom 8. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.buddhism.be
  10. REMID, Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V. Marburg. (zitiert eine Schätzung der Deutschen Buddhistischen Union)
  11. Martin Baumann (2001): Buddhism in Europe (Memento vom 6. Juni 2013 im Internet Archive), Annotated Bibliography, (siehe Tabelle 1)
  12. 2011 Census, Key Statistics for Local Authorities in England and Wales
  13. World Christian Database 2010, zitiert in ARDA
  14. Pew Research Center (18. Dezember 2012). The Global Religious Landscape (Memento vom 9. März 2013 im Internet Archive). Religious groups 2010
  15. Union bouddhiste de France, zitiert in: International Religious Freedom Report 2010: France (Memento vom 14. April 2014 im Internet Archive), November 17, 2010
  16. Statistics Iceland
  17. Unione Buddhista Italiana
  18. Boeddhistisch Dagblad
  19. Statistics Norway
  20. Statistik Austria
  21. stat.gov.pl (PDF; 4,2 MB)
  22. World Christian Database 2010, zitiert in ARDA (0,4 % B.)
  23. Putin Promises 100 % Support for Buddhists (Memento vom 14. April 2013 im Internet Archive), RIA Novosti, 11. April 2013.
  24. Religionen in der Schweiz (Memento vom 24. Februar 2012 im Internet Archive)

Bibliographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]