Land-Reitgras

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Land-Reitgras

Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos)

Systematik
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Reitgräser (Calamagrostis)
Art: Land-Reitgras
Wissenschaftlicher Name
Calamagrostis epigejos
(L.) Roth

Das Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos (L.) Roth), auch als Sand-Reitgras, Sandrohr, Landrohr, Landschilf oder Waldschilf genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Reitgräser (Calamagrostis) in der Familie der Süßgräser (Poaceae).

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Land-Reitgras auf der Lichtung eines Kiefernforstes
Illustration
Stängel mit Blattscheide und Blatthäutchen
Teil eines Blütenstand
Ährchen mit Hüllspelzen (Glu), Deckspelze (Lem) mit in der Mitte entspringender Granne, Haaren am Grund und Vorspelze (Pal)

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land-Reitgras ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen zwischen 80 und 150 (bis 200) Zentimeter erreicht.[1] Es bildet lange, unterirdisch kriechende Ausläufer. Die kräftigen Halme sind in der oberen Hälfte rau. Sie sind aufrecht, unverzweigt und tragen 2 bis 3 kahle Knoten.[1] Die blau- bis graugrünen Blattspreiten werden bis zu 70 Zentimeter lang und 4 bis 10 Millimeter breit und sind oberseits sehr rau mit einem scharfen Rand. Die kräftigen Blatthäutchen (Ligulae) sind an den Erneuerungssprossen 3 bis 4 Millimeter und an den Halmen 4 bis 8 (bis 12) Millimeter lang.[1]

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht von Juni bis August.[1] Später im Jahr, nach der eigentlichen Blütezeit, sind die Blütenstände immer noch gut zu sehen. Die rispigen Blütenstände sind schmal und stehen aufrecht. Die Rispe ist 15 bis 30 Zentimeter lang und 2 bis 6 Zentimeter breit.[1] Die dicken Seitenäste werden bis zu 10 cm lang, sind aufrecht und ebenfalls rau und gehen in Büscheln zu 3 bis 5 von der rauen Hauptachse ab.[1] Die Ährchen werden zwischen 5 und 7 mm lang und sind einblütig.[1] Die Hüllspelzen sind linealisch geformt und grannenartig spitz. Sie sind im oberen Teil zu einer Röhre eingerollt und meist sichelförmig nach außen gebogen.[1] Die Deckspelze ist dreinervig und 2,5 bis 3,5 Millimeter lang. Die Granne über der Mitte der Deckspelze ist rückenständig und überragt diese um mehr als ein Drittel. Die Achse am Grund des Blütchens (Kallus) ist ringsum dicht mit 4 bis 5,5 Millimeter langen Haaren besetzt, die das Blütchen weit überragen.[1] Die Vorspelze ist zweinervig und 1,5 bis 2,5 Millimeter lang.[1] Die Staubbeutel sind 1,5 bis 2 Millimeter lang.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 28, 42 oder 56.[2]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land-Reitgras ist mäßig anspruchsvoll und überdauert den Winter als teils wintergrüner Geophyt und Hemikryptophyt. Als Wurzelkriechpionier kann es in Kahlschlägen die Waldverjüngung hemmende Herden ausbilden. Die Vegetative Vermehrung erfolgt sehr zahlreich durch die sehr langen, dünnen, unterirdischen Rhizome. Das Land-Reitgras ist ein Rhizom-Geophyt, der bis 2 m tief wurzelt.[2] Die Wurzeln sind sehr stärkereich; die Stärkekörner sind zusammengesetzt.

Blütenbiologisch handelt es sich um den „Langstaubfädigen-Typ“. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind.

Es liegen sogenannte „Spelzfrüchte“ vor. Die Ausbreitungseinheit (Diasporen) sind die von den Spelzen umhüllten Karyopsen, die sich als Schirmchenflieger, Wasser- und Kletthafter ausbreiten. Die Fruchtreife erfolgt von August bis Oktober.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land-Reitgras kommt in den gemäßigten Zonen Eurasiens und in Afrika vor.[3] Es kommt in ganz Deutschland vom Tiefland bis in mittlere Gebirgslagen vor (in Österreich meist in Höhenlagen von bis zu 1140 Meter). In den Allgäuer Alpen steigt es in Vorarlberg an der Kirche von Schröcken bis zu 1270 Metern Meereshöhe auf.[4] In Graubünden erreicht es bei Davos-Platz 1620 Meter und im Kanton Wallis bei Saas-Fee etwa 1900 Meter.[1]

Es ist an trockenen bis mäßig frischen, häufig in der Tiefe wasserzügigen oder wasserstauenden, humosen oder auch rohen, meist tiefgründigen, vorzugsweise sandig-kiesigen Lehmböden zu finden. Vor allem in lichten Laub- und Nadelwäldern, auf Waldschlägen, an Weg- und Feldrändern, auf Küsten- und Binnendünen sowie an feuchten Flussufern kommt die Art häufig vor. Im Osten Nordamerikas tritt die Art als Neophyt auf. Es gedeiht optimal in Gesellschaften der Ordnung Atropetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Molinion, Salicion albae oder der Klassen Artemisietea oder Agropyretea vor.[2]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3w (mäßig feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental), Salztoleranz = 1 (tolerant).[5]

Der Gewöhnliche Strandhafer (Ammophila arenaria (L.) Link) bildet durch Kreuzung mit dem Land-Reitgras einen Gattungsbastard, den Baltischen Strandhafer (Calammophila baltica (Flüggé ex Schrad.) Brand, Syn.: Ammocalamagrostis baltica (Flüggé ex Schrad.) P. Fourn.).

Taxonomie und Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land-Reitgras wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus 1, S. 81 als Arundo epigejos erstbeschrieben. Die Art wurde durch Albrecht Wilhelm Roth 1788 als Calamagrostis epigejos (L.) Roth in Tentamen florae germanicae Band 1, S. 34 in die Gattung Calamagrostis gestellt.[6] Synonyme sind Agrostis epigejos (L.) Raspail und Deyeuxia epigejos (L.) Mabb.[6]

Man kann mehrere Unterarten unterscheiden, darunter:

  • Calamagrostis epigejos subsp. capensis (Stapf) Tzvelev (Syn.: Calamagrostis epigejos var. capensis Stapf): Sie kommt in Südafrika, Kenia, Tansania und Uganda vor.[1]

Trivialnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für das Land-Reitgras bestehen bzw. bestanden, zum Teil auch nur regional, auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Hügelrohr, Reid und Siegrühr (Siebenbürgen im Rauthal).[7]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land-Reitgras ist als Streugras und zur Dünenbepflanzung verwendbar.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Seite 361–363. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1989. ISBN 3-489-52020-3.
  2. a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 254.
  3. Calamagrostis epigejos. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 3. November 2016..
  4. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 162.
  5. Calamagrostis epigejos (L.) Roth In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 14. Juli 2023.
  6. a b Datenblatt Calamagrostis epigejos bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  7. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 71, online.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien