Bis(2-ethylhexyl)adipat

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Strukturformel
Strukturformel von Diethylhexyladipat
Struktur ohne Stereochemie
Allgemeines
Name Bis(2-ethylhexyl)adipat (IUPAC)
Andere Namen
  • DEHA
  • Adipinsäurebis(2-ethylhexylester)
  • Adipinsäuredi-2-ethylhexylester
  • Hexandisäurebis(2-ethylhexylester)
  • Di(2-ethylhexyl)adipat
  • Dioctyladipat
  • DIETHYLHEXYL ADIPATE (INCI)[1]
Summenformel C22H42O4
Kurzbeschreibung

farblose, fast geruchlose Flüssigkeit[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 103-23-1
EG-Nummer 203-090-1
ECHA-InfoCard 100.002.810
PubChem 7641
ChemSpider 7358
Wikidata Q412835
Eigenschaften
Molare Masse 370,64 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[2]

Dichte

0,93 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

−68 °C[2]

Siedepunkt

214 °C (6,7 hPa)[2]

Dampfdruck

0,1 Pa (20 °C)[2]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (0,8 mg·l−1 bei 20 °C)[2]

Brechungsindex

1,4473[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Diethylhexyladipat (DEHA) ist eine organische chemische Verbindung aus der Gruppe der Ester, genauer der Adipinsäureester des 2-Ethylhexanol.[4] Teilweise wird Diethylhexyladipat fälschlicherweise auch DOA (Dioctyladipat) genannt.

Gewinnung und Darstellung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Industriell gewonnen wird DEHA durch Veresterung von Adipinsäure mit 2-Ethylhexanol bei erhöhten Temperaturen in Gegenwart von saueren Katalysatoren wie Schwefelsäure oder p-Toluolsulfonsäure.[4] Die Reinigung des Rohproduktes erfolgt durch die Abtrennung des Katalysators, die Neutralisierung und das Abdampfen weiterer Verunreinigungen.[4]

Eine weitere Möglichkeit Diethylhexyladipat herzustellen ist die Reaktion zwischen Adipinsäureanhydrid und 2-Ethylhexanol oder durch Umesterung von Dimethyladipat mit 2-Ethylhexanol in Gegenwart von Titan-n-butoxid.[4][5]

Diethylhexyladipat ist eine klare, farblose bis leicht gelbliche, fast geruchlose Flüssigkeit und gehört chemisch zur Gruppe der Adipinsäureester.[4][6] Es hat eine Viskosität von ~13 mPa·s bei 20 °C.

DEHA ist nahezu unlöslich in Wasser; die Löslichkeitsgrenzen werden unterschiedlich angegeben. Felder et al. (1986) gibt die Löslichkeit in deionisiertem Wasser mit 0,78 ± 0,16 mg/L an; dieser Wert wurde vielfach zitiert.[4][5][6] In organischen Lösungsmitteln, wie z. B. Tetrachlorethan, Ethanol, Toluol, Aceton, Diethylether oder Methylethylketon ist DEHA dagegen gut löslich.[4]

Diethylhexyladipat wird zur Herstellung von Weichmachern, kälteelastischem Weich-PVC, Kautschuk sowie kälte- und lichtbeständigen Nitrolacken verwendet.[2] Es dient als kältebeständiger Weichmacher in PVC-Folien für Lebensmittelverpackungen[7] oder wird in Verbindung mit anderen Weichmachern zur Verbesserung des Verhaltens bei niedrigen Temperaturen in Schläuchen, Kabeln, Folien etc. eingesetzt.[8]

Aufgrund seiner Löslichkeit in Ölen und Fetten migriert Diethylhexyladipat aus Lebensmittelverpackungen und ist so in vielen Lebensmitteln (z. B. Käse) zu finden. In Lebensmitteln ist als Höchstmenge ein Wert von 18 mg/kg erlaubt.[9]

DEHA ist gemäß der CLP‑Verordnung Nr. 1272/2008 nicht eingestuft und nicht kennzeichnungspflichtig.[10]

An Versuchstieren konnte nach Resorption von DEHA eine schnelle Verteilung im Organismus nachgewiesen werden. Je nach Art der Verabreichung wurden die höchsten Konzentrationen im Fettgewebe, der Leber oder der Niere nach maximal 12 Stunden gemessen. Die Elimination erfolgte weitestgehend innerhalb der ersten 24 Stunden mit dem Urin.[4]

Kinetischen Untersuchungen an Nagern zufolge wird DEHA im Verdauungstrakt hydrolytisch vor allem zum Monoester, 2-Ethylhexanol und Adipinsäure aufgespalten. Die Hydrolyseprodukte werden schnell und nahezu vollständig resorbiert. Die wichtigsten, im Harn von Ratten nach oraler Verabreichung, ausgeschiedenen Metaboliten sind Adipinsäure, 2-Ethyl-1,6-hexandisäure, 2-Ethyl-5-hydroxyhexansäure, 2-Ethylhexanglucuronid und 2-Ethylhexansäureglucuronid.[11]

Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass DEHA aus Kunststoffverpackungen in Lebensmittel migrieren kann. Diese Migration ist umso höher, je höher der Fettanteil der Lebensmittel ist. In Großbritannien ließ sich so zum Beispiel 1998 in allen in PVC-Folien verpackten Lebensmitteln DEHA nachweisen.[4]

Diethylhexyladipat und dessen Abbauprodukte können in vielen Gewässern, Böden und auch in der Luft nachgewiesen werden. 2007 beispielsweise konnten DEHA und die Abbauprodukte 2-Ethylhexanal (2-EH), 2-Ethylhexanol und 2-Ethylhexansäure im Klärschlamm einiger Klärwerke in Kanada nachgewiesen werden.[12]

Akute Toxizität

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DEHA besitzt ein sehr geringes Risikopotential und ist als gering akut toxisch bei oraler, dermaler und inhalativer Exposition anzusehen.[10]

Sensibilisierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DEHA ist nicht sensibilisierend.[10]

Tierstudien konnten bei Patch-Tests mit Kaninchen keine hautsensibilisierenden Eigenschaften feststellen.[13]

Risikobewertung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diethylhexyladipat zählt zu den chemischen Stoffen, die in großen Mengen hergestellt werden („High Production Volume Chemical“, HPVC) und für die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Datensammlung zu möglichen Gefahren („Screening Information Dataset“, SIDS) angefertigt wurde.[14]

Diethylhexyladipat wurde 2013 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Diethylhexyladipat waren die Besorgnisse bezüglich Verbraucherverwendung, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der CMR-Stoffe. Die Neubewertung fand ab 2020 statt und wurde von Finnland durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[15][16]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eintrag zu DIETHYLHEXYL ADIPATE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 14. Januar 2020.
  2. a b c d e f g h i j k Eintrag zu Bis(2-ethylhexyl)adipat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 17. November 2019. (JavaScript erforderlich)
  3. expertsforadditives.com: Technische Informationen Adimoll DO (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive)
  4. a b c d e f g h i Beratergremium für Umweltrelevante Altstoffe (BUA) der Gesellschaft Deutscher Chemiker: Di-(2-ethylhexyl)adipat. Stand: August 1996 Auflage. Hirzel Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1997, ISBN 3-7776-0759-2.
  5. a b Opresko, D.M.: Draft Report. Diethylhexyl Adipate — 103-23-1. In: United States Environmental Protection Agency, Office of Toxic Substances (Hrsg.): Chemical Hazard Information Profile. Washington DC 1984.
  6. a b World Health Organization: Di(2-ethylhexyl)adipate in Drinking-water. In: WHO Guidelines for Drinking-water Quality. 2004, S. 14 (who.int [PDF]).
  7. greenpeace.at: Diethylhexyladipat – DEHA: Weichmacher in PVC-Folien für die Lebensmittelverpackung (Memento vom 5. Januar 2016 im Internet Archive), 1999.
  8. BASF: Technisches Merkblatt Plastomoll DOA (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive)
  9. food-monitor.de: Weichmacher: Deckel zu, Affe tot (Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive), 2. Januar 2006, abgerufen am 4. Januar 2014.
  10. a b c Registrierungsdossier zu Bis(2-ethylhexyl) adipate (Abschnitt Toxicological Summary) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 17. November 2019.
  11. M. C. Cornu, Y. Keith, C. R. Elcombe, J. C. Lhuguenot: In Vivo and In Vitro Metabolism of Di-(2-ethylhexyl) Adipate a Peroxisome Proliferator, in the Rat. In: The Target Organ and the Toxic Process. Band 12. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1988, ISBN 978-3-540-18512-3, S. 265–268, doi:10.1007/978-3-642-73113-6_43.
  12. J. A. Nicell, D. G. Cooper, S. Barnabé, I. Beauchesne: Plasticizers and related toxic degradation products in wastewater sludges. In: Water Science and Technology. Band 57, Nr. 3, 1. Februar 2008, S. 367–374, doi:10.2166/wst.2008.001.
  13. MALLETTE FS, VON HAAM E.: Studies on the toxicity and skin effects of compounds used in the rubber and plastics industries. II. Plasticizers. Nr. 6(3). AMA Arch Ind Hyg Occup Med., September 1952, S. 231–6, PMID 14952047.
  14. OECD: Screening Information Dataset (SIDS) Initial Assessment Report (SIAR) für Bis(2-ethylhexyl) adipate, abgerufen am 3. Oktober 2014.
  15. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  16. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Bis(2-ethylhexyl) adipate, abgerufen am 6. März 2022.