Edmund Gosse

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Edmund Gosse (1886), Porträt John Singer Sargent

Sir Edmund William Gosse (* 21. September 1849 in London, England; † 16. Mai 1928 ebenda) war ein einflussreicher britischer Literaturhistoriker, Schriftsteller und Kritiker. Er wurde 1925 in den Ritterstand erhoben.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edmund Gosse war das einzige Kind des Naturforschers Philip Henry Gosse. Er wuchs in einem streng religiösen, zu den Plymouth Brethren gehörendem Haushalt auf. Nach dem frühen Tod seiner Mutter schickte sein Vater ihn im Alter von acht Jahren in ein Internat in der Nähe von Torquay (Grafschaft Devon). Dort entwickelte sich Gosses Interesse für Literatur. Im Alter von 18 Jahren löste er sich von dem Einfluss seines Vaters.

1865 erhielt Gosse eine Anstellung als Bibliotheksmitarbeiter in der British Museum Library. Diese Tätigkeit übte er bis 1875 aus. Zwischen 1872 und 1874 unternahm Gosse mehrere Reisen nach Dänemark und Norwegen, bei welchen er Frederik Paludan-Müller und Hans Christian Andersen kennenlernte. In der Folgezeit übersetzte er skandinavische Literatur ins Englische, darunter vor allem Werke von Henrik Ibsen. 1875 wurde Gosse Übersetzer beim Komitee der Regierungsabteilung Board of Trade; eine gut bezahlte Tätigkeit, die er 30 Jahre lang ausübte und die ihm Zeit für sein schriftstellerisches Wirken ermöglichte.

Von 1885 bis 1890 unterrichtete Gosse englische Literatur am Trinity College (Cambridge). 1884 unternahm er eine erfolgreiche Vortragsreise durch die USA und war als Redner sowie als Mitglied in verschiedenen Ausschüssen sehr populär. Zwischen 1904 und 1914 leitete Gosse als Chefbibliothekar die House of Lords Library. 1922 übernahm er die Vize-Präsidentschaft der weltweit größten unabhängigen Leihbibliothek, der London Library.

Er schrieb unter anderem regelmäßig für die Sunday Times. Zusammen mit William Archer und Bernard Shaw verfasste Gosse die wahrscheinlich meisten Literaturkritiken dieser Zeit im englischen Sprachraum. Er unterstützte junge Autoren, beispielsweise maßgeblich die beiden irischen Schriftsteller William Butler Yeats (1910) und James Joyce (1915), die nur mit seiner finanziellen Hilfe ihre Karriere fortsetzen konnten. Die Förderung junger britischer Schriftsteller setzte er ab 1918 als Jurymitglied im Komitee der Vergabe des Hawthornden-Preises fort.

Gosse gilt als eine der produktivsten und einflussreichsten Persönlichkeiten der englischen Literatur des späten viktorianischen und des edwardianischen Zeitalters. Er war in verschiedenen Genres tätig – als Dichter, Dramatiker, Übersetzer, Biograph, Essayist, Kritiker, Literaturhistoriker und Bibliophiler. Zu seinen heute noch bekanntesten Werken wird der autobiografische Roman Vater und Sohn (1907) gezählt. Darin beschreibt er seinen wachsenden Widerstand gegen die religiösen Erwartungen seines Vaters, der die neuen Evolutionstheorien seines wissenschaftlichen Kollegen Charles Darwin ablehnte, und die fundamentalistischen Widersprüche der viktorianischen Zeit.[1][2]

Des Weiteren war Edmund Gosse der literarische Redakteur der Encyclopædia Britannica (1911).[3] Mit 40.000 Einträgen ist diese 11. Ausgabe zwischenzeitlich im anglo-amerikanischen Raum gemeinfrei (Public Domain) und dient insbesondere vielen Artikeln der englischsprachigen Wikipedia als Grundlage sowie als oft zitierte Quelle.[4]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits als Teenager war Edmund Gosse mit Robert Louis Stevenson eng befreundet, der ab 1879 während seiner Aufenthalte in London immer im Haus der Familie Gosse wohnte. Darüber hinaus pflegte der homosexuelle[5] Gosse persönliche Freundschaften mit:

Im späteren Leben unterhielt er enge Kontakte zu Siegfried Sassoon, dem Neffen seines lebenslangen Freundes Hamo Thornycroft. Obwohl sich Gosse nach eigenem Bekunden zeit seines Lebens zu Männern hingezogen fühlte, war er seit 1875 mit Ellen Epps (1850–1929) verheiratet. 1907 erbte seine Frau ein beträchtliches Vermögen von ihrem Onkel James Epps, einem erfolgreichen Kakaoproduzenten. Seine 50-jährige Ehe, aus der drei gemeinsame Kinder hervorgingen, beschrieb Gosse ungeachtet seiner homosexuellen Neigung als glücklich.[7][8][9]

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arthur Christopher Benson: The Poetry of Edmund Gosse. In: Essays. William Heinemann, 1896, S. 292–309.
  • Ann Thwaite: Edmund Gosse. A Literary Landscape, 1849–1928. Oxford Paperbacks, 1985.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Edmund Gosse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sir Edmund Gosse Encyclopaedia Britannica, abgerufen am 28. Januar 2019
  2. Edmund Gosse Oxford Bibliographies, abgerufen am 28. Januar 2019
  3. Gillian Thomas: A Position to Command Respect. Women and the Eleventh Britannica. Scarecrow Press, 1992, S. 3.
  4. Denis Boyles: Everything Explained That Is Explainable. On the Creation of the Encyclopaedia Britannica's Celebrated Eleventh Edition, 1910-1911. Knopf, 2016, Prolog, S. x–xi.
  5. William B. Ober: Swinburne’s Masochism: Neuropathology and Psychopathology. In: William B. Ober: Boswell’s Clap and Other Essays. Medical Analyses of Literary Men’s Afflications. Southern Illinois University Press, 1979; Taschenbuchausgabe: Allison & Busby, London 1988, Neuauflage ebenda 1990, ISBN 0-7490-0011-2, S. 43–88, hier: S. 50.
  6. Vgl. auch Edmund Gosse: The Life of Algernon Charles Swinburne. The Macmillan Company, New York 1917.
  7. Ann Thwaite: Edmund Gosse. A Literary Landscape, 1849-1928. Oxford Paperbacks, 1985.
  8. Nicholas C. Edsal: Toward Stonewall. Homosexuality and Society in the Modern Western World. University of Virginia Press, 2003, S. 106.
  9. Robert Aldrich, Garry Wotherspoon: Who’s who in Gay and Lesbian History. From Antiquity to World War II. Psychology Press, 2002, S. 222.
  10. Gosse, Edmund William. In: John Archibald Venn (Hrsg.): Alumni Cantabrigienses. A Biographical List of All Known Students, Graduates and Holders of Office at the University of Cambridge, from the Earliest Times to 1900. Teil 2: From 1752 to 1900, Band 3: Gabb–Justamond. Cambridge University Press, Cambridge 1947, S. 98 (venn.lib.cam.ac.uk Textarchiv – Internet Archive).