Einführung in das Christentum

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Einführung in das Christentum ist ein Buch Joseph Ratzingers (des späteren Papstes Benedikt XVI.), entstanden aus einer Studium-generale-Lehrveranstaltung aus seiner Zeit als Lehrstuhlinhaber an der Eberhard Karls Universität Tübingen im Sommersemester 1967. Zusammenfassend wird aus den Formeln des apostolischen Glaubensbekenntnisses die Summe christlicher Theologie herausgestellt. Das Werk geht in die innere Mitte des Glaubens an Jesus Christus, beschreibt deren wesentliche Inhalte, Struktur, Entstehung und Bedeutung aus theologischer, philosophischer und historischer Sicht.

Das Buch legt die Grundlagen zu einer neuartigen theologischen Bibelexegese, die auf dem von Joseph Ratzinger mitverfassten Dokument Dei verbum des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) basiert und zwei ganz unterschiedliche Weisen von Hermeneutik, die Auslegung des Glaubens und die historisch-kritische Auslegung, miteinander verbindet.[1] Diese Bibelexegese wird in seinem 2007 und 2011 als Papst in zwei Bänden veröffentlichten Jesus-Buch,[2] deren einige Gedanken in Einführung in das Christentum wurzeln, voll entfaltet.

Vorwort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinem Vorwort stellt Ratzinger eine Betrachtung über die theologische Bewegung der letzten Jahrzehnte an. Er vergleicht die Gläubigkeit mancher Theologen, dass das Neue auch immer das Bessere sein muss, mit dem Kinder- und Hausmärchen vom Hans im Glück. Wie der arme Hans, der am Ende des Märchens anstatt des ursprünglichen Goldklumpens einen Schleifstein in den Händen hält, hat sich auch der arme Christ von einer Interpretation zur anderen Interpretation führen lassen, um am Ende eine vermeintliche Befreiung von allen überflüssigen Riten und Kult zu erhalten.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Buch ist in vier Hauptteile gegliedert:

  • Einführung
  • Gott
  • Jesus Christus
  • Der Geist und die Kirche

Die Absicht des Buches sei, „den Glauben an Gott neu zu verstehen, ohne ihn umständlich auszulegen oder ummünzen zu müssen, was oft in ein Gerede mündet, das nur mühsam eine völlige geistige Leere verdeckt.“[3]

Dazu charakterisiert der Autor den christlichen Glauben von verschiedenen Aspekten her:

„Christlicher Glaube ist demnach die nicht auf Wissen reduzierbare, dem Wissen inkommensurable Form des Standfassens des Menschen im Ganzen der Wirklichkeit, die Sinngebung, ohne die das Ganze des Menschen ortlos bliebe, die dem Rechnen und Handeln des Menschen vorausliegt und ohne die er letztlich auch nicht rechnen und handeln könnte, weil er es nur kann im Ort eines Sinnes, der ihn trägt.“[4]
„Der christliche Glaube ist mehr als Option für einen geistigen Grund der Welt, seine zentrale Formel lautet nicht »Ich glaube etwas«, sondern »Ich glaube an Dich«. Er ist Begegnung mit dem Menschen Jesus und erfährt in solchem Begegnen den Sinn der Welt als Person. […] Christlicher Glaube lebt davon, daß es nicht bloß objektiven Sinn gibt, sondern, daß dieser Sinn mich kennt und liebt […] So ist Glaube, Vertrauen und Lieben letztlich eins, und alle Inhalte, um die der Glaube kreist, sind nur Konkretisierungen der alles tragenden Wende, des »Ich glaube an Dich« – der Entdeckung Gottes im Antlitz des Menschen Jesus von Nazareth.“
„Christlicher Glaube ist nicht bloß Rückblick auf das Geschehene, Verankerung in einem zeitlich hinter uns liegenden Ursprung […] Er ist vor allen Dingen auch Blick nach vorn, Ausgriff der Hoffnung. […] Sie ist wahre Hoffnung eben dadurch, daß sie im Koordinatensystem aller drei Größen steht: der Vergangenheit, das heißt des schon geschehenen Durchbruchs – der Gegenwart des Ewigen, die die zertrennte Zeit als Einheit läßt – des Kommenden, in dem Gott und Welt einander berühren werden und so wahrhaft Gott in Welt, Welt in Gott als das Omega der Geschichte sein wird.“

In dem Buch kommt – wie auch in vielen weiteren Schriften Ratzingers – häufig der Philosoph Martin Heidegger zu Wort.[5]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Buch startete 1968 mit einer Auflage von 4500 Exemplaren, 1969 waren bereits 45.000 verkauft.[6] Es wurde in 23 Sprachen übersetzt.[7]

Der evangelische Theologe Helmut Gollwitzer schrieb in seinem Geleitwort zur Taschenbuchausgabe der Einführung in das Christentum: „Ratzingers Buch ist ein Dokument der stürmischen ökumenischen Niederlegung alter Barrieren. … Der Leser, wo er selbst auch stehen möge, bekommt verständlich gemacht, wie christlicher Glaube sich unter den geistigen Bedingungen unserer Zeit darstellt, was Glaube im biblischen Sinne ist.“[8]

Im Jahr 2023 veröffentlichte der katholische Theologe Manfred Lütz – nach Zustimmung durch den emeritierten Papst –[9] eine überarbeitete vereinfachte Fassung mit dem Titel Kurze Einführung in das Christentum für alle.[10]

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis. Kösel-Verlag, München 1968, ISBN 3-8289-4932-0.
  • Einführung in das Christentum. Bekenntnis – Taufe – Nachfolge (= Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften. Band 4). Herder, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-3-451-34141-0.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Kasper: Das Wesen des Christlichen. In: Theologische Revue. Band 65, 1969, S. 182–188.
  • Daniel Pacho: Glaube als Empfang von freier Wahrheit: J. Ratzinger. In: Derselbe: Die Begegnung von Glaube und Freiheit. Eine neuzeitliche Spurensuche (= Fuldaer Studien. Band 15). Freiburg im Breisgau 2012, ISBN 3-451-30551-8, S. 41–59.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Das Dilemma der beiden Wege – Christologie auf Historie zu transponieren oder zu reduzieren einerseits, der Historie ganz zu entfliehen und als überflüssig für den Glauben hinter sich zu lassen andererseits –, dieses Dilemma ließe sich präzis in die Alternative zusammenfassen, von der die moderne Theologie umgetrieben wird: Jesus oder Christus? […] Dennoch war das Hin und Her des modernen Geistes zwischen Jesus und Christus, dessen Hauptetappen in unserem Jahrhundert ich eben nachzuziehen versuchte, nicht einfach umsonst. Ich denke, daß es sogar recht eigentlich zu einer Wegweisung werden kann, dahin nämlich, daß es das eine (Jesus) ohne das andere (Christus) nicht gibt, daß man vielmehr notwendig immer wieder vom einen aufs andere verweisen wird, weil in Wahrheit Jesus nur als der Christus und der Christus nicht anders als in Jesus besteht.“ Zweiter Hauptteil – Jesus Christus, Erstes Kapitel, II.1. Das Dilemma der neuzeitlichen Theologie: Jesus oder Christus? (S. 156–157).
  2. Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Verlag Herder, siehe Wikipedia-Artikel über das Band I (2007) und Band II (2011).
  3. Vorwort (S. 10).
  4. Einführung − »Ich glaube – Amen«, Erstes Kapitel
  5. vgl. Andreas Puff-Trojan: Kirche als Ganzes. Bücher von Joseph Ratzinger, ORF, Kontext, 29. April 2005, online (Memento vom 9. Mai 2005 im Internet Archive)
  6. deutschlandfunk.de: Bestseller der Theologie. Abgerufen am 28. April 2022.
  7. Manfred Lütz kürzt Ratzingers "Einführung in das Christentum". katholisch.de, 19. April 2023, abgerufen am 16. Juni 2023.
  8. Einführung in das Christentum. dtv, München 1971, ISBN 3-423-04094-7, S. 1.
  9. Buchtipp: Ratzingers Einführung ins Christentum - für alle - Vatican News. 12. Juni 2023, abgerufen am 31. Oktober 2023.
  10. Manfred Lütz: Kurze Einführung in das Christentum für alle / Joseph Ratzinger; überarbeitet von Manfred Lütz. Kösel, München 2023, ISBN 978-3-466-37290-4, S. 255.