Erdmandel

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Erdmandel

Erdmandel (Cyperus esculentus) mit einem verdickten braunen unterirdischen Ausläufer

Systematik
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Sauergrasgewächse (Cyperaceae)
Unterfamilie: Cyperoideae
Gattung: Zypergräser (Cyperus)
Art: Erdmandel
Wissenschaftlicher Name
Cyperus esculentus
L.

Die Erdmandel (Cyperus esculentus), auch als Tigernuss bekannt, ist eine Pflanzenart der Gattung Zypergräser (Cyperus) in der Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Sie ist in den Tropen und Subtropen bis nach Nordamerika beheimatet.[1] Als historischer deutschsprachiger Trivialname ist auch die Bezeichnung Erdnuss belegt.[2] Sie ist jedoch nicht zu verwechseln mit der tatsächlichen Erdnuss, die einer völlig anderen Pflanzenfamilie angehört.

Erscheinungsbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erdmandel ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 60 cm (selten bis 100 cm) erreicht. Sie bildet lange, unterirdische Ausläufer (Stolonen) mit knolligen Verdickungen, die Durchmesser von bis zu 15 mm besitzen. Die aufrechten Stängel sind dreikantig und haben einen weißen Streifen. Die hellgrünen, V-förmigen, parallelnervigen, einfachen Laubblätter sind 5 bis 10 mm breit.

Der Blütenstand enthält zahlreiche lange, laubblattähnliche Hochblätter und bis zu 10 cm lange Ähren. Diese weisen am Rücken gerundete, gelblich-braune Spelzen mit deutlichen Nerven auf. Die Blüten sind weiß. Die Blütezeit reicht von Juli bis September.

Chromosomenzahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 108, 208 oder ca. 96.[3]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Getrocknete Erdmandeln auf dem Markt von Banfora, Burkina Faso
Erdmandel (Cyperus esculentus), Blütenstand

Die braunen, runden, erbsengroßen, stark ölhaltigen Knollen (es sind die Verdickungen der Stolonen) sind essbar und werden in Südeuropa und Westafrika gehandelt. Sie sind in Frankreich als Amandes de terre bekannt, in Spanien als Chufa ['tʃufa]. Der Geschmack der Knollen erinnert an Haselnüsse oder Mandeln.

Im Valencianischen Land wird die Erdmandel im Landkreis Huerta Norte angebaut. Dort wird aus den Erdmandeln das Getränk Horchata de Chufa (Erdmandelmilch) hergestellt. Erdmandelflocken werden bei Darmträgheit oder auch als Reduktionskost genutzt, da das Hungergefühl durch die Ballaststoffe unterdrückt wird.[4]

In der Region Valencia wird die Erdmandel in den Monaten März und April ab einer minimalen Bodentemperatur von 12 °C auf lehmig-sandige Böden gepflanzt. Das Riedgrasgewächs benötigt ein mildes Mittelmeerklima zwischen 13 und 25 °C und reichlich Bewässerung. Die Knollen werden von Oktober bis Dezember geerntet und in speziellen Kammern getrocknet.

Cyperus esculentus ist ein Hyperakkumulator von Schwermetallen – besonders von Cadmium und Blei – und wird deshalb bei der Phytosanierung belasteter Böden eingesetzt. Solche Böden sind etwa Schutthalden aus dem Zink- und Kupferbergbau (Thailand) und durch das Abwasser von Gerber- und Färbereien belastete Flussufer und Sickergebiete (Indien, Bangladesch).

Zudem ist die Tigernuss ein beliebter Köder beim Karpfenangeln.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wurzeln der Erdmandel wurden in Ägypten in Gräbern der 12. Dynastie gefunden[6]. Die Erdmandel war mindestens seit der Römerzeit in Norditalien bekannt. Verkohlte Reste fanden sich in drei Friedhöfen der frühen Kaiserzeit in der Lombardei: Como, Arsago Seprio S. Ambrogio und Angera[7].

Erdmandeln wurden von den Arabern und Berbern im 8. Jahrhundert nach Spanien eingeführt.

Inhaltsstoffe der Erdmandel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erdmandeln bestehen zu mehr als 25 % aus Fett, aus etwa 30 % Stärke und zu etwa 7 % aus Eiweiß. Sie enthalten ungesättigte Fettsäuren wie Linolsäure, Vitamin B7 und Rutin sowie weitere Mineralstoffe.

Verbreitungsgebiet und Vermehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erdmandel stammt vermutlich aus dem Mittelmeergebiet oder Westasien[8]. Sie gedeiht auf kalkarmen, schwach sauren, basenreichen, mäßig frischen bis frischen Lehmböden vor allem in Hackfrucht-, seltener auch in Halmfrucht-, gern auch in Maisäckern. Sie wächst in Mitteleuropa in Maisäckern in den Pflanzengesellschaften des Unterverbands Digitario-Setarienion, aber auch im Aphano-Matricarietum und Chenopodio-Oxalidetum fontanae.[9]

Die vegetative Vermehrung dürfte vor allem über Rhizom-Bruchstücke erfolgen.

Im Gegensatz zu den Rhizomen und Knollen der üblichen Wurzelunkräuter bleiben die Knollen der Erdmandel nach der Trocknung über Jahre austriebsfähig. Dies begünstigt eine Verbreitung über landwirtschaftliches Gerät. Eine weitere Verbreitung erfolgt über Feldmäuse, die sie als Wintervorrat in ihren Bau verschleppen. Die Knollen sind nicht frosthart, da sie jedoch in einer Tiefe von 10–30 cm liegen, sterben sie nur bei starkem Dauerfrost ab.

Die Erdmandel als Neophyt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erdmandeln zählen in vielen Regionen zu den aggressiven Neophyten, die indigene Pflanzenarten verdrängen. Die heute problematischen Vorkommen wurden hemerochor wahrscheinlich unbeabsichtigt gemeinsam mit Gladiolenzwiebeln verschleppt. Sie zählt damit zu den speirochor verschleppten Pflanzen.

Situation in einzelnen Ländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland hat sich die Erdmandel vereinzelt im Oberrheingebiet und im Alpenvorland eingebürgert. Ob in Deutschland überhaupt reife Samen gebildet werden, ist fraglich. Die Pflanze kann in Deutschland auch kalte Winter überstehen. Sie wurde erstmals 1976 im Kinzigtal beobachtet; vielleicht wurde sie durch Baumaschinen eingeschleppt, die zuvor in Oberitalien eingesetzt worden waren.

In der Schweiz wurde die Pflanze aufgrund ihres Ausbreitungspotenzials und der Schäden in den Bereichen Biodiversität, Gesundheit bzw. Ökonomie in die Schwarze Liste der invasiven Neophyten aufgenommen.[10][11]

In den Niederlanden haben sich seit 1970 problematische Massenvorkommen von Erdmandel als Ackerunkraut entwickelt. Seit 1984 werden sie gezielt bekämpft.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ingo Kowarik: Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart 2003, ISBN 3-8001-3924-3.
  • Bobby L. Folsom Jr. und Charles R. Lee: Zinc and cadmium uptake by the freshwater marsh plant Cyperus esculentus grown in contaminated sediments under reduced (flooded) and oxidized (upland) disposal conditions. In: Journal of Plant Nutrition Band 3, Issue 1–4, 1981, doi:10.1080/01904168109362832, S. 233–244.
  • Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 8: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklassen Commelinidae Teil 2, Arecidae, Liliidae Teil 2): Juncaceae bis Orchidaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-3359-8.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Cyperus esculentus. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 25. Oktober 2016..
  2. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 125 (online).
  3. Tropicos. [1]
  4. Jeanne Dericks-Tan & Gabriele Vollbrecht: Auf den Spuren der Wildfrüchte in Europa. Bedeutung und Verwertung von der Vergangenheit bis in die Gegenwart. Abadi-Verlag, Alzenau 2009, ISBN 978-3-00-021129-4, S. 281.
  5. Hartmuth Geck: Die 4 besten Karpfenköder Abgerufen am 15. Oktober 2019
  6. Follak, S.; Aldrian, U. Moser, D.; Essl, F., Reconstructing the invasion of Cyperus esculentus in Central Europe. Weed Research 55/3, 2015–2016, 290
  7. Giovanna Bosi, Elisabetta Castiglioni, Rossella Rinaldi, Marta Mazzanti, Marco Marchesini, Mauro Rottoli: Archaeobotanical evidence of food plants in Northern Italy during the Roman period. In: Vegetation History and Archaeobotany. Band 29, Nr. 6, November 2020, S. 681–697, doi:10.1007/s00334-020-00772-4.
  8. Follak, S.; Aldrian, U. Moser, D.; Essl, F., Reconstructing the invasion of Cyperus esculentus in Central Europe. Weed Research 55/3, 2015–2016, 290
  9. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 157.
  10. Bundesamt für Umwelt BAFU: Invasive gebietsfremde Arten. (admin.ch [abgerufen am 6. August 2019]).
  11. S. Buholzer, M. Nobis, N. Schoenenberger, S. Rometsch: Liste der gebietsfremden invasiven Pflanzen der Schweiz. Hrsg.: Infoflora. (infoflora.ch [abgerufen am 6. August 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Erdmandel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Verbreitungskarte für Deutschland oder die Schweiz

Bilder:

Cyperus esculentus. In: U. Brunken, M. Schmidt, S. Dressler, T. Janssen, A. Thiombiano, G. Zizka: West African plants – A Photo Guide. Forschungsinstitut Senckenberg, Frankfurt am Main 2008.