Ernst von Wildenbruch

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Ernst von Wildenbruch, 1906
Ernst von Wildenbruch ca. 1885
Ismael Gentz: Ernst von Wildenbruch auf dem Totenbett

Ernst Adam von Wildenbruch (* 3. Februar 1845 in Beirut, Osmanisches Reich; † 15. Januar 1909 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und Diplomat.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst von Wildenbruch war der Sohn des preußischen Generalkonsuls in Beirut und späteren preußischen Generalleutnants Louis von Wildenbruch (1803–1874), der ein illegitimer Spross des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen aus einer seit 1800 andauernden Liaison mit Henriette Fromme (* 12. Februar 1783 in Berlin; † 1828 in Königsberg) war. Die Kinder dieser Liaison, Sohn Louis und Tochter Blanka, wurden am 3. März 1810 durch König Friedrich Wilhelm III. unter dem Namen von Wildenbruch in den preußischen Adelsstand erhoben. Louis von Wildenbruch wuchs als Pflegesohn seines Onkels, des Fürsten Anton Radziwiłł (1775–1832) und dessen Gemahlin, Prinzessin Luise von Preußen (1770–1836), die eine Schwester des 1806 vor Saalfeld gefallenen Prinzen Louis Ferdinand war, auf. Im Radziwiłłschen Haus lernte Louis von Wildenbruch die Hofdame seiner Pflegemutter, Ernestine von Langen, kennen, die er am 9. August 1837 heiratete. Aus dieser Ehe gingen Ernst und fünf weitere Geschwister hervor:

  • Luise Rahel (* 28. April 1838 in Berlin; † 20. Dezember 1918 in Klein-Öls) ⚭ Paul Graf Yorck von Wartenburg
  • Margarete (* 2. Juni 1839 in Berlin; † 1. Juli 1839 ebenda)
  • Berta (* 5. Juli 1841 in Berlin; † 29. Juli 1843 in Syrien)
  • Emin (1842–1893), preußischer Oberst à la suite des Generalstabs
  • Ludwig (1846–1930), preußischer Generalleutnant
Maria Karoline von Wildenbruch, geb. Freiin von Weber, 1875
Werbeplakat für den Roman Das schwarze Holz, gestaltet von Edmund Edel

Ernst von Wildenbruch heiratete am 12. April 1885 in Berlin Maria Karoline Freiin von Weber (* 23. Februar 1847 in Chemnitz; † 1. Juli 1920 in Weimar), eine Enkelin des Komponisten Carl Maria von Weber und Tochter des Eisenbahnpioniers Max Maria von Weber. Die Ehe blieb kinderlos.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Aufenthalten in Athen und Konstantinopel ließ sich die Familie 1857 in Berlin nieder, wo Ernst von Wildenbruch das Französische Gymnasium besuchte. 1859 trat er in das Kadettenkorps ein, das er 1863 mit dem Offizierspatent beendete. Von 1863 bis 1865 diente er als Leutnant im 1. Garde-Regiment zu Fuß der Preußischen Armee in Potsdam. Dann quittierte er den aktiven Militärdienst und holte in den folgenden zwei Jahren am Gymnasium von Burg bei Magdeburg sein Abitur nach, um anschließend in Berlin von 1867 bis 1870 Rechtswissenschaften zu studieren. 1866 und 1870/71 nahm er als Reserveoffizier an den Kriegen gegen Österreich und Frankreich teil. Von 1871 an war er Referendar am Appellationsgericht in Frankfurt (Oder) und legte 1876 sein zweites Staatsexamen ab. 1877 wurde er zunächst für wenige Monate Richter am Amtsgericht Eberswalde und am Stadtgericht von Berlin. Dann erhielt er eine Anstellung in der juristischen Abteilung des Auswärtigen Amtes und wurde 1897 zum Geheimen Legationsrat befördert. 1897 unterstützte er die von Magnus Hirschfeld initiierte Petition an den Reichstag zur Abschaffung des Paragraphen 175 aus dem Strafgesetzbuch.[2]

Im Jahr 1907 zog er nach Weimar in eine vom Architekten Paul Schultze-Naumburg entworfene Villa ('Haus Ithaka'), nachdem er bereits seit 1892 regelmäßig mehrere Monate im Jahr in Weimar verbracht hatte.

Nach Ernst von Wildenbruchs Tod am 15. Januar 1909 sandte der Deutsche Kaiser an die Witwe folgende Depesche:

„Die Meldung von dem Hinscheiden Ihres Gatten hat mich mit schmerzlicher Teilnahme erfüllt; ich spreche Ihnen mein herzlichstes Beileid aus. Mit dem deutschen Volk beklage ich den Verlust des trefflichen Mannes und gottbegnadeten Dichters, dessen Lebenswerk der Mit- und Nachwelt unvergängliche Schätze geschaffen und geschenkt hat.“

Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Denkmal Ernst von Wildenbruch zur Ehre. Sockelinschrift: „Ich kämpfe nicht um anzugreifen sondern um zu verteidigen“.

Zu Wildenbruchs Œuvre zählen zahlreiche Balladen, Dramen, Romane und Erzählungen. Er ist ein Hauptvertreter des großen gründerzeitlichen Historiendramas der 1880er Jahre und der nationalistischen Bismarcklyrik der Zeit um 1900.

Sein Nachlass befindet sich im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar und im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, seine Bibliothek steht als Sonderbestand in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin. Er liegt begraben auf dem Historischen Friedhof in Weimar. Das Grabmal in Form eines dorischen Tempels gestaltete Paul Schultze-Naumburg, die Ausführung besorgte 1909 der Bildhauer Gustav Sachse in Weimar. Die darin befindliche Bronzeplatte mit Sämann schuf der Bildhauer Georg Kolbe (1877–1947).

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs schuf der Bildhauer Richard Engelmann in Weimar ein monumentales Denkmal, welches in der DDR zeitweise entfernt war und heute wieder für die Besucher in unmittelbarer Nähe des Friedhofs sichtbar ist. Es befindet sich auf dem Poseckschen Garten.

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke (in Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lieder und Gesänge. Stilke & Weyden, Berlin 1877. VIII, 242 S. (Digitalisat)
  • Tiefe Wasser. Fünf Erzählungen. Freund & Jeckel, Berlin 1898. (Digitalisat) (9. Tsd. 1916) Inhalt: Waldgesicht, Die Alten und die Jungen, Der Liebestrank, Die Waidfrau, Das Orakel
  • Unter der Geissel. (Erzählung) (1901)
  • Vionville. Ein Heldenlied in 3 Gesängen. Stilke, Berlin 1873. (Digitalisat)
  • Sedan. Waldmann, Frankfurt a. O. 1875. (Digitalisat)
  • Der Meister von Tanagra. Eine Künstlergeschichte aus Alt-Hellas. Freund & Jeckel, Berlin 1880. (Digitalisat) 11. Auflage, neue Ausgabe. Mit Bildern von Franz Stassen. Grote, Berlin 1913. 185 S.
  • Harold. Trauerspiel in fünf Akten. Freund & Jeckel, Berlin 1882. (Digitalisat der 3. Aufl. 1883)
  • Christoph Marlow. Trauerspiel in vier Akten. Freund & Jeckel, Berlin 1884. ([Digitalisat])
  • Die Quitzows. Schauspiel in vier Akten. Freund & Jeckel, Berlin 1888. Digitalisierung [12. Auflage, 1890]: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2020. URN urn:nbn:de:kobv:109-1-15423396
  • Das edle Blut. Erzählung. Freund & Jeckel, Berlin 1893. (Digitalisat der 18. Aufl. 1893) In deutscher Einheitskurzschrift. F. Schulze, Berlin 1926. 80 S.
  • Der Astronom. Erzählung. Freund & Jeckel, Berlin 1887. (Digitalisat)
  • Heinrich und Heinrichs Geschlecht. Tragödie in zwei Abenden. Freund & Jeckel, Berlin 1895. (Digitalisat)
  • Das deutsche Drama. Seine Entwicklung und sein gegenwärtiger Stand. Verlag für Literatur, Kunst und Musik, Leipzig 1899. (Digitalisat.)
  • Blätter vom Lebensbaum. Vorwort von Berthold Litzmann. Grote, Berlin 1910. IX, 484 S.
  • Junge Seelen. Drei Erzählungen. Mit Zeichnungen von Hans Baluschek. Grote, Berlin 1916. 121 S.
  • Kindertränen. Zwei Erzählungen. Buchschmuck von Heinrich Vogeler-Worpswede. Grote, Berlin 1905. 121 S.
    • Kindertränen. Zwei Erzählungen. Mit einer Anmerkung von Heinrich Brinker. Mit Zeichnungen von Hans Baluschek. Neue Ausgabe. Grote, Berlin 1916. 121 S.
  • Gesammelte Werke. Hrsg. v. Berthold Litzmann. 16 Bde. Berlin: Grote 1911–1924
  • Ausgewählte Werke. Einleitung von Hanns Martin Elster. 4 Bände. Grote, Berlin 1919
  • Die Waidfrau. 1. – 5. Tsd. Verlag des Volksbildungsvereins, Wiesbaden 1927. 102 S. (Wiesbadener Volksbücher, Nr. 207)
  • Junge Seelen. Erzählungen. Mit sechs farbigen Bildern von Steffie Schäfer. Grote, Berlin 1934; Inhalt: Der Letzte, Das edle Blut, Das Orakel, Archambauld, Neid

Bühnenwerke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Philologen am Parnaß oder Die Vivisektoren. Ein Satyrspiel. Stilke & Weyden, Berlin 1869. 56 S.
  • Wildenbruch – Zyklus, 1. Abend: Der Menonit. Trauerspiel in vier Akten (1881).
  • Wildenbruch – Zyklus, 2. Abend: Die Karolinger. Trauerspiel in fünf Akten (1881).
  • Wildenbruch – Zyklus, 3. Abend: Die Quitzows. Vaterländisches Drama in vier Aufzügen. (1888 ?)
  • Wildenbruch – Zyklus, 5. Abend: Die Lieder des Euripides. Schauspiel in drei Akten, mit Musik von Ferdinand Hummel.
  • Wildenbruch – Zyklus, 6. Abend: Der deutsche König. Schauspiel in fünf Akten.
  • Die Haubenlerche. Schauspiel in vier Akten (1890). 2. Auflage Freund & Jeckel, Berlin 1891. 5. Auflage. Grote, Berlin 1910. 177 S.
  • Das Hexenlied. Ballade. (Musik: Max von Schillings, op. 15; 1902/03, für Sprecher und Orchester (oder Klavier), Text: Ernst v. Wolzogen). Geschr. und ill. von Johann Holtz. Reichsdr., Berlin 1911. 15 Blatt.
  • Die Rabensteinerin. Schauspiel in vier Akten (1907). (Sonder-Vorstellung zum Besten des Wildenbruch-Denkmal-Fonds, Schauspielhaus, Berlin am 29. Oktober 1911)
  • Väter und Söhne. Schauspiel in fünf Akten. Volksausgabe. Grote, Berlin 1912. 144 S.
  • Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen. Grote, Berlin 1913. 221 S.
  • Jung-Olaf. Ballade. (Musik: Max von Schillings, op. 28. Ballade für Sprecher und Orchester (oder Klavier), Text: Ernst von Wolzogen). 1914
  • Der Junge von Hennersdorf: Volksstück in zwei Akten. Verlag von Freund & Jeckel, Berlin 1895. Digitalisierung: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2020. (Digitalisat)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Blumenthal: Erinnerungen an Ernst von Wildenbruch. Verlag der Literarischen Gesellschaft. Frankfurt/Oder 1924.
  • Hanns Martin Elster: Ernst von Wildenbruch. Leben, Werk, Persönlichkeit. Grote. Berlin 1934.
  • Albert Fries: Beobachtungen zu Wildenbruchs Stil und Versbau. (Germanische Studien; 10). Kraus Reprint. Nendeln/Liechtenstein 1967 (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1920).
  • Torsten Leutert: Ernst von Wildenbruchs historische Dramen. (Europäische Hochschulschriften; 1/1902). Lang. Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-631-53116-8.
  • Berthold Litzmann: Ernst von Wildenbruch und der nationale Gedanke. (Deutsche Reden in schwerer Zeit; 12). Heymann. Berlin 1914.
  • Berthold Litzmann: Ernst von Wildenbruch. Grote. Berlin 1913–1916.
    • Band 1: 1845–1885. 1913.
    • Band 2: 1885–1909. 1916.
  • Anne-Marie Morisse: Die epische Kunst und Kunsttechnik Ernst von Wildenbruchs. Verlag Georgi. Bonn 1912.
  • Ulrich Moritz: Ernst von Wildenbruch. Stiftung Weimarer Klassik. Weimar 1995. ISBN 3-7443-0114-1.
  • Julius Röhr: Wildenbruch als Dramatiker. Kritische Untersuchungen. Duncker. Berlin 1908.
  • Feodora Schlosser: Ernst von Wildenbruch als Kinderpsychologe. Literarpsychologische Studie. Rhenania-Verlag. Bonn 1919.
  • Johannes E. Schmidt (Autor), Rüdiger R. Fock (Hrsg.): Die Französische Domschule und das Französische Gymnasium zu Berlin. Schülererinnerungen 1848–1861. Verlag Dr. Kovac. Hamburg 2008. ISBN 978-3-8300-3478-0.
  • Hans Rudolf Wahl: Die Religion des deutschen Nationalismus. Eine mentalitätsgeschichtliche Studie zur Literatur des Kaiserreichs: Felix Dahn, Ernst von Wildenbruch, Walter Flex. (Neue Bremer Beiträge; 12). Winter. Heidelberg 2002. ISBN 3-8253-1382-4.
  • Johannes Hürter (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. 5. T–Z, Nachträge. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 5: Bernd Isphording, Gerhard Keiper, Martin Kröger: Schöningh, Paderborn u. a. 2014, ISBN 978-3-506-71844-0, S. 282 f.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ernst von Wildenbruch – Sammlung von Bildern
Wikisource: Ernst von Wildenbruch – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stammtafeln zu Carl Maria von Weber (Memento des Originals vom 24. Dezember 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.webergesellschaft.de, abgerufen am 7. Januar 2017
  2. Sontheimer und: AUSSTELLUNGEN: Urninge und Uranier. In: Der Spiegel. Nr. 20, 1997 (online).
  3. Ernst Wildenbruch †. In: Prager Tagblatt, 17. Jänner 1909, S. 13 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb