Franz Welser-Möst

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Franz Welser-Möst, 2020

Franz Welser-Möst (eigentl. Franz Leopold Maria Möst; * 16. August 1960 in Linz) ist ein österreichischer Dirigent.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Welser-Möst wurde als viertes Kind des Arztes Franz Möst und seiner Frau, der Politikerin Maria Elisabeth (Marilies) Möst, geb. Wetzelsberger, in Linz in Oberösterreich geboren.[1] Die Familie war sehr musikalisch. Er besuchte den 1. Jahrgang des Musikgymnasium Linz. Dort wurde Balduin Sulzer auf sein Talent aufmerksam und zu seinem wichtigsten Lehrer und Förderer. Möst studierte Komposition und Geige. Verletzungen durch einen schweren Autounfall 1978 beendeten jedoch seine Pläne, eine Karriere als Geiger anzustreben. Er widmete sich fortan ganz dem Dirigieren und studierte 1980 bis 1984 in München. Von 1982 bis 1985 war er zugleich Leiter des Österreichischen Jugendorchesters. Auf den Vorschlag seines Mentors Andreas von Bennigsen (1941–2000) nahm Möst im Jahr 1984 oder 1985 den Künstlernamen Welser-Möst an, als Hommage an die Stadt Wels, in der er aufgewachsen war.[2][3] Im Jahre 1986 wurde er von Bennigsen adoptiert; 1992 trennte er sich von Bennigsen und heiratete dessen ehemalige Ehefrau Angelika.[4]

Franz Welser-Möst und das Cleveland Orchestra, 2008

Erste Verpflichtungen als Dirigent eines professionellen Orchesters führten ihn zum Stadtorchester Winterthur und nach Lausanne in die Schweiz sowie nach Norrköping in Schweden. 1986 erregte er bei einem Konzert mit dem London Philharmonic Orchestra internationales Aufsehen und leitete dieses Orchester dann von 1990 bis 1996, allerdings unter entschiedener Opposition der lokalen Presse und mit unerfreulichem Ende. In England bekam er auch den Spitznamen „Frankly Worse than Most“. Von 1995 bis 2002 war er Musikdirektor des Opernhauses Zürich, wo er von September 2005 bis Sommer 2008 auch als Generalmusikdirektor (GMD) verpflichtet war. Seit 2002 ist er Chefdirigent des Cleveland Orchestra. Sein Vertrag läuft dort bis 2027.[5]

Darüber hinaus gastierte Welser-Möst an der Wiener Staatsoper, der Deutschen Oper Berlin (wo deren Intendant Götz Friedrich ihn als GMD verpflichten wollte), beim Glyndebourne Festival und 2004 erstmals bei den Salzburger Festspielen, wo er 2008 am Pult des Cleveland Orchestra mit Antonín Dvořáks Rusalka einen durchschlagenden Erfolg feierte. Zuvor hatten die Wiener Philharmoniker gegen die Einladung eines amerikanischen Orchesters für eine Oper aus dem altösterreichischen Raum Protest eingelegt.

Am 6. Juni 2007 wurde er von der österreichischen Kulturministerin Claudia Schmied zum Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper ab 2010 bestellt. Er sollte das Haus gemeinsam mit dem Franzosen Dominique Meyer als Direktor leiten. Welser-Möst dirigierte im Herbst 2010 die erste Premiere der neuen Ära, sie galt Paul Hindemiths Oper Cardillac. Außerdem übernahm er drei weitere Premieren in dieser Spielzeit: Figaro und Don Giovanni von Mozart sowie Káťa Kabanová als Beginn eines auf mehrere Jahre angelegten Janáček-Zyklus. Im März 2010 war Welser-Möst wesentlich am Zustandekommen des Orchesterkollektivvertrags der Wiener Staatsoper beteiligt: In der Nacht vor der Spielplanpressekonferenz erwirkte er bei der Republik mit einer Rücktrittsdrohung die seit Jahren versprochene Erhöhung der Orchesterbezüge.

Zu Neujahr 2011 dirigierte Welser-Möst zum ersten Mal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.[6]

Im Januar 2012 teilte Ministerin Claudia Schmied mit, dass sowohl der Vertrag von Welser-Möst (bis 2018) als auch jener von Meyer (bis 2020) verlängert worden sei.[7] Am 5. September 2014 erklärte Welser-Möst seinen sofortigen Rücktritt als GMD der Wiener Staatsoper: die „seit längerer Zeit bestehenden Auffassungsunterschiede in künstlerischen Belangen waren auch in mehreren Gesprächen nicht aufzulösen“. Gemeint war die Kooperation mit dem Direktor des Hauses, Meyer.[8]

Die Wiener Philharmoniker übertrugen ihm auch die Leitung der Neujahrskonzerte 2013 und 2023.

Bei den Salzburger Festspielen leitete er 2015 Fidelio und den Rosenkavalier, 2016 Die Liebe der Danae und 2017 Aribert Reimanns Lear. Am Teatro alla Scala übernahm Franz Welser-Möst 2016 das Dirigat von Le nozze di Figaro.

In der Saison 2017/18 dirigierte er u. a. die Staatskapelle Dresden, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und das Königliche Concertgebouw-Orchester. Bei den Salzburger Festspielen 2018 übernahm er die Musikalische Leitung im Musikdrama Salome von Richard Strauss aus dem Jahre 1905.[9]

Zum 60. Geburtstag erschien am 3. August 2020 sein autobiografisches Buch Als ich die Stille fand: Ein Plädoyer gegen den Lärm der Welt.

Franz Welser-Möst lebt am Attersee.[10]

Am 8. September 2023 wurde auf seiner Website der Grund für die Absage von Konzerten und Dirigaten etwa bei den Salzburger Festspielen bekanntgegeben: Welser-Möst hat sich einen „krebsartigen Tumor“ entfernen lassen müssen. Die Folgenbehandlungen werden sich über einen Zeitraum von 12–16 Monaten erstrecken, Ärzte prognostizieren die Chance auf völlige Gesundung als „sehr gut“. Für eine erste Behandlungsphase muss Möst alle Engagements von Ende Oktober bis Jahresende 2023 absagen.[11] Im Januar 2024 erklärte Franz Welser-Möst, dass er seinen bis 2027 laufenden Vertrag beim Cleveland Orchestra nicht verlängern werde.[12]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das alte Casino Dommayer (1889) – heute steht an dieser Stelle das Parkhotel Schönbrunn.
  • Welser-Mösts Urgroßmutter Aloisia Wild war eine geborene Dommayer aus jener Familie, die das Casino Dommayer in der Wiener Hietzinger Hauptstraße 10–14, das Vorgängerlokal des heutigen Café Dommayer, betrieb. Im Dommayer fanden viele Uraufführungen der Werke der Komponisten Johann Strauss Vater, Joseph Lanner und Johann Strauss Sohn statt.[13]
  • Aloisia Dommayers Mutter (Welser-Mösts Ururgroßmutter) war Katharina Scherzer, die Tochter des Wirtes und Betreibers des damals sehr bekannten Tanzlokals Zum Sperl[13] in der Wiener Leopoldstadt. (Dem Lokal widmete Johann Strauß Vater den Sperls Festwalzer, die Sperl-Polka und den Sperl-Galopp.[14] Von Joseph Lanner stammt der „LandlerWillkommen zum Sperl.[15])
  • Welser-Mösts Großmutter väterlicherseits war aus der Familie Wild, die am Neuen Markt in der Wiener Inneren Stadt den berühmt gewordenen Delikatessenhandel Gebrüder Wild betrieb.[13]
  • Der Autounfall, durch den Welser-Möst gezwungen wurde, auf eine Karriere als Geiger zu verzichten, ereignete sich am 19. November 1978 gegen 15 Uhr und damit auf die Stunde genau 150 Jahre nach dem Tod Franz Schuberts. Mit diesem Umstand erklärt Welser-Möst seine Vorliebe für Schubert.[16]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Franz Welser-Möst – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Franz Welser-Möst: Als ich die Stille fand: Ein Plädoyer gegen den Lärm der Welt, Wien 2020.
  2. „Was glauben Sie?“ – Der Dirigent Franz Welser-Möst. ORF Religion, 25. Februar 2006, abgerufen am 31. Juli 2022.
  3. Der Auslandsösterreicher des Jahres 2001 – Franz Welser-Möst. (pdf; 308 kB) In: Rotweissrot. Januar 2003, S. 23, archiviert vom Original am 10. November 2005; abgerufen am 16. Dezember 2019.
  4. Norman Lebrecht: He might be smiling now… – Franz Welser-Möst Returns to Conduct the Proms. In: La Scena Musicale. 16. August 2000, abgerufen am 27. Juli 2012 (englisch).
  5. The Cleveland Orchestra and Music Director Franz Welser-Möst extend acclaimed partnership to 2027. In: clevelandorchestra.com. 21. September 2019, abgerufen am 5. Januar 2023 (englisch).
  6. Michael Wruss: Kulturszene: „Wir atmen die gleiche Luft und sprechen die gleiche Sprache“. In: Oberösterreichische Nachrichten. 31. Dezember 2010, abgerufen am 5. Januar 2023.
    Neujahrskonzert mit stehenden Ovationen. In: orf.at. 1. Januar 2011, abgerufen am 5. Januar 2023.
  7. Herzenssachen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. Januar 2012, S. 32.
  8. Welser-Möst verlässt Staatsoper. In: ORF.at. 1. April 2014, abgerufen am 5. Januar 2023.
  9. Biografie Franz Welser-Möst. In: salzburgerfestspiele.at. Juli 2022, abgerufen am 5. Januar 2023.
  10. Judith Hoffmann: Franz Welser-Möst und die Strauß-Dynastie. (mp3-Audio; 27,6 MB; 24:07 Minuten) In: Ö1-Sendung „Intermezzo“. 1. Januar 2023, abgerufen am 5. Januar 2023 (Interview mit Franz Welser-Möst; bei Minute 21:19).
  11. Krebsbehandlung: Welser-Möst muss Dirigate absagen orf.at, 8. September 2023, abgerufen am 9. September 2023.
  12. Franz Welser-Möst macht(e) Karriere bei Cleveland Orchestra. In: klassik.com. 12. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024.
  13. a b c Ludwig Heinrich: Der Walzerkönig und die Uroma: Welser-Möst im OÖN-Interview. In: Oberösterreichische Nachrichten. 28. Dezember 2010. Abgerufen am 1. Jänner 2011.
  14. Siehe Zum Sperl, Abschnitt „Sonstiges“.
  15. Josef Lanner: „Willkommen zum Sperl“. Eintrag auf Klassika. Die deutschsprachigen Klassikseiten. Abgerufen am 2. Jänner 2011.
  16. Ö1 Klassik-Treffpunkt, ORF-Radio, vom 27. Juni 2015, ca. bei Minute 77.
  17. Grammy-Nominierungen
  18. Porträt in Klassik.com (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive)
  19. Aussendung des ORF Wien.at abgerufen am 5. September 2014.
  20. Pro-Arte-Europapreis an Franz Welser-Möst. In: derStandard.at. 12. Juli 2017, abgerufen am 13. Juli 2017.
  21. US-Kulturmedaille für Waltz, Eröd, Welser-Möst und Rabl-Stadler. Abgerufen am 20. Juni 2019.
  22. Die Mostdipf-Preisträger 2020. In: Oberösterreichische Nachrichten. 20. Juni 2020, abgerufen am 20. Juni 2020.
  23. Peter Grubmüller: Franz Welser-Möst: "Ich bin ein goldener Handwerker". In: Oberösterreichische Nachrichten. 20. Juni 2020, abgerufen am 20. Juni 2020.
  24. Welser-Möst mit Festspielnadel geehrt orf.at, 17. August 2020, abgerufen am 17. August 2020.
  25. Österreichischer Musiktheaterpreis: Trophäenregen für Salzburger Festspiele. In: ORF.at. 2. August 2021, abgerufen am 2. August 2021.
  26. "Courage und Ermutigung in der Pandemie": Salzburger Festspiele räumten bei Musiktheaterpreis ab. In: Kleine Zeitung. 2. August 2021, abgerufen am 2. August 2021.