Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa

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Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), englisch Communion of Protestant Churches in Europe (CPCE), französisch Communion d’Eglises protestantes en Europe (CEPE), ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die fast alle lutherischen, reformierten und methodistischen Kirchen Europas einschließt.

Die Mitgliedskirchen haben 1973 im Tagungshaus Leuenberg bei Basel mit der Leuenberger Konkordie Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft erklärt und sich zur gemeinsamen Verwirklichung von Zeugnis und Dienst verpflichtet. Der Name der Kirchengemeinschaft lautete daher zunächst Leuenberger Kirchengemeinschaft. Auf ihrer Tagung Ende Oktober/Anfang November 2003 nahm die Gemeinschaft ihren gegenwärtigen Namen an.

Grundlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa, kurz Leuenberger Konkordie, als Gründungsdokument der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa entstand nach zwischenkirchlichen Lehrgesprächen 1973 im Schweizer Tagungshaus Leuenberg in Hölstein bei Basel. Sie formulierte das gemeinsame Verständnis des Evangeliums einschließlich der gemeinsamen Auffassung von Taufe und Abendmahl und erklärte die gegenseitigen Verwerfungen der Reformation als heute nicht mehr zutreffend. Die Unterzeichnerkirchen erkennen die Ordinationen gegenseitig an, erklären Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und verpflichten sich zur Verwirklichung der Kirchengemeinschaft in Zeugnis und Dienst.

Die methodistischen Kirchen Europas traten 1997 auf der Grundlage einer Gemeinsamen Erklärung zur Kirchengemeinschaft bei.[1]

Weitere Zusammenarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In fortlaufenden Lehrgesprächen werden theologische und Glaubensfragen behandelt und reformatorische Positionen zu geistlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen formuliert. Die Ergebnisse dieser Lehrgespräche werden in der Buchreihe Leuenberger Texte veröffentlicht und können von der Homepage der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa heruntergeladen werden.

Ebenso pflegt die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa ökumenische Kontakte zum Ökumenischen Rat der Kirchen, zur Konferenz Europäischer Kirchen, zum Lutherischen Weltbund, zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, zur Anglikanischen Kirchengemeinschaft und zur Europäischen Baptistischen Föderation.

Seit 2001 versucht die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, die Positionen ihrer Mitgliedskirchen zu gesellschaftspolitischen Fragen zu bündeln und in den Dialog mit den europäischen Institutionen einzubringen. Diese Arbeit geschieht in enger Kooperation mit der Konferenz Europäischer Kirchen.

Sitz der GEKE ist seit 2007 das Kirchenamt der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich in Wien. Geschäftsführender Präsident ist seit 2020 John Bradbury, der Generalsekretär der United Reformed Church; die Theologieprofessorin Miriam Rose aus Jena und der polnische Pfarrer Marcin Brzóska amtieren als Ko-Präsidenten.[2] Generalsekretär ist seit dem Herbst 2018 Mario Fischer als erster hauptamtlicher Generalsekretär.

Neben der Buchreihe Leuenberger Texte gab die GEKE von 2007 bis 2017 dreimal im Jahr als Mitgliederzeitschrift den GEKE focus heraus.

Nicht beigetretene Kirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche und weitere altlutherische Kirchen sind der Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa nicht beigetreten, da in ihrer Wahrnehmung die lutherische Lehre vom Heiligen Abendmahl aufgegeben wurde.[3] Auch die meisten evangelischen Freikirchen wie die Adventisten, Baptisten und die in der Reformationszeit entstandenen Mennoniten, die die Glaubenstaufe praktizieren, sind nicht beteiligt. Zwischen 2002 und 2004 fanden jedoch mehrere offizielle Konsultationen zwischen der Europäischen Baptistischen Föderation und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa statt. 2010 wurde eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Entsprechende Konsultationen mit Mennoniten oder Adventisten fanden nicht statt.

Mitgliedskirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Derzeit gehören 95 Kirchen aus praktisch allen Ländern Europas zur Gemeinschaft, darunter:

Eine vollständige Liste ist unter Liste der GEKE-Mitgliedskirchen zu finden.

Die folgenden Kirchen beteiligen sich an der Arbeit der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, ohne die Leuenberger Konkordie unterzeichnet zu haben

Vollversammlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1976: Sigtuna (Schweden): „Zeugnis und Dienst reformatorischer Kirchen im Europa der Gegenwart“
  • 1981: Driebergen (Niederlande): „Konkordie und Kirchengemeinschaft reformatorischer Kirchen im Europa der Gegenwart“
  • 1987: Straßburg (Frankreich): „Konkordie und Ökumene“
  • 1994: Wien (Österreich): „Wachsende Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst – Reformatorische Kirchen in Europa“
  • 2001: Belfast (Vereinigtes Königreich): „Versöhnte Verschiedenheit – Der Auftrag der evangelischen Kirchen in Europa“
  • 2006: Budapest (Ungarn): „Gemeinschaft gestalten – Evangelisches Profil in Europa“
  • 2012: Florenz (Italien): „Frei für die Zukunft – evangelische Kirchen in Europa“
  • 2018: Basel (Schweiz): „Befreit – verbunden – engagiert“

Leitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Arbeit wurde anfangs von einem „Koordinierungsausschuss für die Leuenberger Lehrgespräche“ organisiert, der in der Regel einen lutherischen und einen reformierten Vorsitzenden hatte. Er wurde 1994 zum Exekutivausschuss und 2006 zum Rat umgebildet. Seit 1994 wählen Exekutivausschuss bzw. Rat aus ihrer Mitte ein mehrköpfiges Präsidium, das die Gemeinschaft nach außen vertritt; einer der Präsidenten fungiert als Geschäftsführender Präsident.

Folgende Personen trugen bzw. tragen die Leitungsverantwortung:

Die Geschäftsführung wurde zunächst in der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rats der Kirchen erledigt; erster Sekretär war somit Lukas Vischer. 1978 wurde ein (lange Zeit nebenamtlich geführtes) Sekretariat eingerichtet. Als Sekretäre (ab 2006 als Generalsekretäre) amtierten:

Reformationsstädte Europas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anlässlich des 500. Jubiläums der Reformation hat die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa die Initiative Reformationsstädte Europas lanciert. Es ist ein Projekt, das das Zusammenspiel von Geschichte, Kunst, Kultur, Spiritualität und Tourismus fördert in den Städten Europas, die für die Geschichte der Reformation eine besondere Rolle spielten. Bislang haben sich 102 Städte in 17 Staaten dieser Initiative angeschlossen.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elisabeth Schieffer: Von Schauenburg nach Leuenberg. Entstehung und Bedeutung der Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien. Band 48). Verlag Bonifatius-Druckerei, Paderborn 1983, ISBN 3-87088-341-3 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 1982).
  • William G. Rusch, Daniel F. Martensen (Hrsg.): The Leuenberg Agreement and Lutheran Reformed Relationships. Evaluations by North American and European Theologians. Augsburg Publishing House, Minneapolis, MN 1989, ISBN 0-8066-2436-1.
  • Martin Friedrich: Von Marburg bis Leuenberg. Der lutherisch-reformierte Gegensatz und seine Überwindung. Spenner, Waltrop 1999, ISBN 3-933688-29-9.
  • Wilhelm Hüffmeier, Udo Hahn (Hrsg.): Evangelisch in Europa. 30 Jahre Leuenberger Kirchengemeinschaft = Being Protestant in Europe. Lembeck, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-87476-442-7 (dt., engl., franz.).
  • André Birmelé: Zur Ekklesiologie der Leuenberger Kirchengemeinschaft. In: Peter Walter, Klaus Krämer, George Augustin (Hrsg.): Kirche in ökumenischer Perspektive. Kardinal Walter Kasper zum 70. Geburtstag. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2003, ISBN 3-451-27435-3, S. 46–61.
  • Heinrich Leipold: Einheit auf dem Prüfstand. Zum Zielkonflikt im ökumenischen Dialog. Ein Plädoyer für das Leuenberger Modell der Kirchengemeinschaft. In: Friederike Schönemann, Thorsten Maaßen (Hrsg.): „Prüft alles, und das Gute behaltet!“[5] Zum Wechselspiel von Kirchen, Religionen und säkularer Welt. Festschrift für Hans-Martin Barth zum 65. Geburtstag. Lembeck, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-87476-466-4, S. 83–132.
  • Michael Weinrich u. a. (Hrsg.): Kirchen in Gemeinschaft – Kirchengemeinschaft? Impulse der Leuenberger Konkordie für die ökumenische Zukunft. Neukirchener, Neukirchen-Vluyn 2014, ISBN 978-3-7887-2887-8.
  • André Birmelé: La Concorde de Leuenberg. Cinquante ans de communion ecclésiale 1973-2023. Cerf, Paris / Èditions Olivétan, Lyon 2023, ISBN 978-2-204-15417-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Abgedruckt z. B. in Harding Meyer, Damaskinos Papandreou, Hans Jörg Urban, Lukas Vischer (Hrsg.): Dokumente wachsender Übereinstimmung. Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. Band 3: 1990–2001. Bonifatius, Paderborn/Leipzig 2003, ISBN 3-87476-440-0, S. 778–783.
  2. GEKE nimmt Rücktritt von Präsident Locher entgegen, John Bradbury übernimmt kommissarisch. Pressemeldung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. In: leuenberg.eu, 26. Juni 2020.
  3. Zum Sakrament des Altars. Professor Werner Klän über das lutherische Abendmahlsverständnis und die Unterschiede etwa zur reformierten Wahrnehmung. (Memento vom 1. April 2019 im Internet Archive) In: selk-deutschland.de, abgerufen am 8. September 2016 (Lutherische Abendmahlsauffassung im Gegenüber zum reformierten Abendmahlsverständnis und zur Leuenberger Konkordie).
  4. Website Reformationsstädte Europas. In: reformation-cities.eu. Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, (zuletzt) abgerufen am 28. Januar 2019.
  5. 1 Thess 5,23 LUT.