Graphit

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Graphit
Sehr reiner Graphit aus dem ehemaligen Ceylon, heute Sri Lanka
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Gr[1]

Andere Namen

Grafit[2][3]

Chemische Formel C
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Elemente – Halbmetalle (Metalloide) und Nichtmetalle
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

I/B.02a
I/B.02-010

1.CB.05a
01.03.06.02
Ähnliche Minerale Molybdänit (Molybdänglanz)
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m
Raumgruppe P63/mmc (Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194[4]
Gitterparameter a = 2,46 Å; c = 6,71 Å[4]
Häufige Kristallflächen {001}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2
Dichte (g/cm3) 2,1 bis 2,3, beim idealen Einkristall 2,26[5]
Spaltbarkeit vollkommen, Schichtabstand 3,35 Å beim idealen Einkristall[5]
Bruch; Tenazität uneben, biegsam
Farbe grau bis schwarz
Strichfarbe grauschwarz
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz, matt
Magnetismus diamagnetisch
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,93 bis 2,07 (rot)
Optischer Charakter einachsig negativ
Pleochroismus stark rot
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten unlöslich in nicht-oxidierenden Säuren
Besondere Merkmale hohe Anisotropie (z. B. Härte, Leitfähigkeit)

Graphit ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Elemente“. Er ist eine der natürlichen Erscheinungsformen des chemischen Elements Kohlenstoff in Reinform und kristallisiert äußerlich gesehen im hexagonalen Kristallsystem (Genaueres siehe unter Kristallstruktur).

Graphit bildet undurchsichtige, graue bis schwarze Kristalle in sechseckiger, tafeliger, schuppiger oder stängeliger Form, die auf den Kristallflächen Metallglanz aufweisen. Massige oder körnige Aggregate sind dagegen matt. Seine Mohshärte beträgt zwischen 1 und 2, seine Dichte etwa 2,1 bis 2,3 g/cm³, und er hat eine grauschwarze Strichfarbe.

Etymologie und Geschichte

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Der Name Graphit leitet sich aus dem altgriechischen γράφειν (graphein) ab, was schreiben bedeutet.[6] Er spielt damit auf die Tatsache an, dass Graphit auf Papier oder anderen rauen Oberflächen durch Abreibung der einzelnen Blättchen leicht eine graue Ablagerung hinterlässt, die im Bleistift ihre Anwendung findet. Abraham Gottlob Werner[7] prägte 1789 den Namen, der sich dann international in der mineralogischen Fachwelt durchsetzte und auch von der International Mineralogical Association (IMA) übernommen wurde.[8]

Im Duden wird nach neuer deutscher Rechtschreibung die Schreibweise Grafit als empfohlene Schreibweise angegeben.[9] Gemäß der Empfehlung vom Rat für deutsche Rechtschreibung sind die Schreibweisen Graphit und Grafit allerdings gleichwertig.[3] Fachlich korrekt für den Mineralnamen ist jedoch nach wie vor die Schreibweise Graphit.[8][10]

Die Verwendung von Graphit kann in Europa auf eine lange Tradition seit der prähistorischen Zeit zurückblicken. Die ersten Hinweise einer Verwendung kennt man aus dem Mesolithikum Norditaliens. Rohgraphitstücke wurden als Färbemittel benutzt und den Toten in die Gräber mitgegeben. Für das Neolithikum finden sich in Böhmen zahlreiche Belege von Graphitton- und graphitierter Keramik. In Bayern fällt in der Frühbronzezeit vor allem die Straubinger Kultur durch starken Graphitgebrauch auf.

In der späten Eisenzeit in Mitteleuropa (Latènezeit) wurde Graphit gerne verwendet, um Gefäße, vor allem Kochtöpfe, feuerfester zu machen. Es fand während dieser Zeit ein großflächiger Handel statt, der die gesamte Verbreitung der Latène-Kultur umfasste. Hier waren besonders die Vorkommen bei Passau und Český Krumlov (ehemals Krummau) bedeutsam. Nach dem Zusammenbruch der keltischen Kultur in Mitteleuropa im Zuge der römischen Eroberung und der germanischen Expansion dauert es etwa 800 Jahre bis ins frühe Mittelalter, bis im slawischen Ostmitteleuropa wieder im größeren Stil Graphit verwendet wurde. In Asien (vor allem dem schon frühzeitig schriftkundigen China) hat Graphit als Schreibmaterial erstaunlicherweise keine Rolle gespielt.

Im 16. Jahrhundert entdeckten die Engländer ein großes Vorkommen an reinem Graphit, welches sie jedoch für eine Form des Bleiminerals Bleiglanz hielten und Plumbago nannten. Erst Carl Wilhelm Scheele gelang 1779 der Nachweis, dass es sich bei Graphit um reinen Kohlenstoff handelt. Trotz Scheeles Nachweis hält sich der Begriff „Bleistift“ bis heute (früher auch Reißblei oder Wasserblei genannt). Da sich Graphit nicht nur als gutes Schreibmaterial, sondern auch als perfektes Material für Gussformen von Kanonenkugeln herausstellte, hatte er auch eine gewisse militärische Bedeutung. So wurde deshalb z. B. während der napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts die Ausfuhr von Bleistiften von Großbritannien nach Frankreich verboten.[11]

Im 20. Jahrhundert hat Graphit in der Kernphysik einige Bedeutung erlangt, da es ein hervorragender Neutronenmoderator ist. Im Rahmen sowohl des Manhattan Projects als auch des deutschen Uranvereins wurde die Frage diskutiert, ob ein Natururanreaktor mit Graphit Kritikalität erreichen kann. Im Dezember 1942 gelang es in den USA einem Team um Enrico Fermi im Chicago Pile 1, eine sich selbst aufrecht erhaltende Kettenreaktion in einem graphitmoderierten Natururanreaktor zu erzeugen.[12] Später wurde das für die Atombomben im Trinity-Test und für „Fat Man“ benötigte Plutonium in weiteren graphitmoderierten Kernreaktoren hergestellt.[13] Da entsprechend hochreines Graphit zur Erzeugung von Plutonium genutzt werden kann, steht es inzwischen unter entsprechenden Ausfuhrkontrollen, ähnlich wie dies für schweres Wasser der Fall ist.

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Graphit zur Mineralklasse der „Elemente“ und dort zur Abteilung der „Halbmetalle und Nichtmetalle“, wo er als einziges Mitglied die Gruppe I/B.02a bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. I/B.02-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Halbmetalle und Nichtmetalle“, wo Graphit zusammen mit Chaoit, Diamant, Fullerit (Mineralstatus bisher zweifelhaft), Lonsdaleit und Moissanit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[10]

Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Graphit in die Abteilung der „Halbmetalle (Metalloide) und Nichtmetalle“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den Hauptelementen der eingruppierten Minerale, so dass Graphit entsprechend in der Unterabteilung „Kohlenstoff-Silicium-Familie“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 1.CB.05a bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Graphit ebenfalls in die Klasse und dort in die gleichnamige Abteilung der „Elemente“ ein. Hier ist er zusammen mit Diamant, Lonsdaleit, Chaoit und Fullerit in der Gruppe der „Kohlenstoffpolymorphe“ mit der System-Nr. 01.03.06 innerhalb der Unterabteilung „Elemente: Halbmetalle und Nichtmetalle“ zu finden.

Kristallstruktur

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Graphit kommt in zwei polytypen Kristallstrukturen vor, die als Graphit-2H und als Graphit-3R bezeichnet werden.

Graphit-2H ist dabei in hexagonaler Symmetrie in der Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 orientiert mit den Gitterparametern a = 2,46 Å und c = 6,71 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bei Graphit-3R ist die Schichtung dagegen trigonal orientiert mit den Gitterparametern a = 2,46 Å und c = 10,06 Å sowie 6 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Die kristallinen, ebenen Schichten verlaufen parallel und liegen als sogenannte „Basalebenen“ oder „Graphen-Schichten“. Eine Schicht besteht aus kovalent verknüpften Sechsecken, deren Kohlenstoff-Atome sp2-hybridisiert sind. Innerhalb dieser Ebenen beträgt die Bindungsenergie zwischen den Kohlenstoff-Atomen 4,3 Elektronenvolt, zwischen den Ebenen dagegen lediglich 0,07 Elektronenvolt. Aus dieser extremen Richtungsabhängigkeit der Bindungskräfte resultiert eine deutliche Anisotropie der mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften des Graphits:

  • leichte Spaltbarkeit des reinen Graphits entlang der Basalebenen, deutlich höhere Festigkeit entlang der Kristallschichten;
  • thermische und elektrische Isolation orthogonal zu den Basalebenen gegenüber einer fast metallischen Leitfähigkeit entlang der Ebenen.

Die Leitfähigkeit innerhalb einer Ebene wird durch die Delokalisation der π-Elektronen ermöglicht.

Die bekannten Schmiermitteleigenschaften von Graphit sind jedoch nicht nur strukturbedingt, denn sie treten nur in Gegenwart von Feuchtigkeitsspuren auf.[15]

Weisen die Ebenen keine feste Korrelation zueinander auf, spricht man von turbostratischem Kohlenstoff.

Die durchstrahlungs-elektronenmikroskopische (TEM-)Aufnahme zeigt Basalebenenstapel in Graphit. Die Überlagerung verkippter Stapel erzeugt Moiré-Streifen; die Basalebenenabstände von 3,35 Å (0,335 nm) werden hier nicht aufgelöst.[16]

Im sogenannten Glaskohlenstoff liegen die Ebenen dagegen nicht planparallel wie die Seiten eines Buches, sondern wie geknülltes Papier. Dieser Kohlenstoff ist hart und isotrop wie Glas, daher sein Name. Durch besondere Behandlung (Streckung von Kunststofffasern und anschließendes Graphitieren) gelingt es, die Ebenen in Faserrichtung zu orientieren. Das Ergebnis sind hochfeste Kohlenstofffasern.

Fullerene und Nanoröhren besitzen nur eine Basalebene, die im ersten Fall zu einer Kugel, im zweiten Fall zu Röhren gekrümmt sind. Auch hier sind die Übergänge zum Graphit fließend. Weitere Schichten können sich zwiebelartig anlagern und rußartiges Pulver bilden.

Chemische Eigenschaften

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  • Bei etwa 600 °C und Anwesenheit von Sauerstoff entzündet sich Graphit.[17]
  • Bei einer Temperatur von über 2500 °C (in einer sauerstofffreien Umgebung) wird Graphit plastisch verformbar.[18]
  • Bei einer Temperatur von 3750 °C (in einer sauerstofffreien Umgebung) sublimiert Graphit.[18]

Graphit ist beständig gegen nichtoxidierende Säuren und ist diamagnetisch. Auffällig ist das stark anisotrope Verhalten von Graphit, insbesondere hinsichtlich Härte und elektrischer Leitfähigkeit.

Magnetische Suszeptibilität

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Graphit hat eine negative magnetische Suszeptibilität und ist daher diamagnetisch. Der Betrag der Suszeptibilität und damit das Ausmaß an Diamagnetismus von Graphit hängt von der Qualität des Graphits und seiner Orientierung im Magnetfeld ab.

Bei Ausrichtung senkrecht zu den Atomlagen liegt sie bei = −450 · 10−6 [19] für pyrolytischen Graphit bis zu = −595 · 10−6 [20] für hoch-orientierte Formen. Bei Ausrichtung parallel zu den Atomlagen liegt die Suszeptibilität bei = −85 · 10−6 [19] für pyrolytischen Graphit. Bei polykristallinem Graphit (z. B. Ruß, Glaskohlenstoff) ist die Suszeptibilität isotrop und die Werte mitteln sich über die verschieden ausgerichteten Einkristalle. Für Ruß ergibt sich z. B. eine Suszeptibilität von = −204 · 10−6 .[20]

Graphit ist damit bei senkrechter Ausrichtung das am stärksten diamagnetische Element. Es ist aber immer noch rund 2000 Mal schwächer als ideale Diamagneten – wie z. B. Supraleiter – mit einer magnetischen Suszeptibilität von = −1. Je nach Form ist Graphit auch in polykristalliner Form noch stärker diamagnetisch als das nächststärkste diamagnetische Element Bismut.

Modifikationen und Varietäten

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Vom Element Kohlenstoff sind vier Modifikation bekannt, die als natürliche Bildungen (ohne menschlichen Einfluss) nachgewiesen werden konnten und daher als eigenständige Mineralart anerkannt sind. Neben dem in den zwei polytypen Schichtstrukturen Graphit-2H (hexagonal) und Graphit-3R (trigonal) vorkommenden Graphit sind dies noch

  • Diamant, in kubischer Symmetrie
  • Chaoit, in hexagonaler Symmetrie, jedoch mit vom Graphit-2H abweichender Raumgruppe und anderen Gitterparametern
  • Lonsdaleit, mit ebenfalls hexagonaler Symmetrie und gleicher Raumgruppe wie Graphit-2H, jedoch mit anderen Gitterparametern.

Bildung und Fundorte

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Graphit im Calcit aus Pargas, Finnland

Natürlicher Graphit entsteht durch eine Kombination aus Diagenese und Metamorphose (Kontakt- und Regionalmetamorphose) und durchläuft dabei die Prozesse der Inkohlung. Bedingungen dafür sind organischer Kohlenstoff und hohe Temperaturen und Drücke über Zeiträume von Jahrmillionen.[21]

Das Ausgangsmaterial des Graphits sind kohlenstoffhaltige Sedimente (z. B. Pflanzen- oder Faulschlammasse), deren Kohlenstoffgehalt durch Inkohlung auf bis zu 90 % angereichert wird. Die Anreicherungsprozesse können unter relativ niedrigen Drücken und Temperaturen ablaufen (Diagenese). Für die endgültige Entstehung von Graphit bedarf es aber hoher Temperaturen und Drücke, um den amorphen Kohlenstoff in kristallinen Kohlenstoff umzuwandeln. Solche Bedingungen können ausschließlich durch metamorphe oder magmatische Prozesse erreicht werden und müssen anoxisch ablaufen, da Kohlenstoff bei erhöhten Temperaturen ansonsten Verbindungen mit Sauerstoff eingeht und als Kohlenstoffmonoxid oder Kohlenstoffdioxid entweicht.[21]

Graphit kommt daher bevorzugt in metamorphen Gesteinen vor, die in plattentektonischen Kollisionsgebieten während der Gebirgsbildung aus sedimentären Ausgangsgesteinen entstanden sind.[21] Durch Regionalmetamorphose gebildete Graphitvorkommen befinden sich linsen- oder nestartig abgetrennt im Umgebungsgestein, durch Kontaktmetamorphose gebildetes Graphit kann auch in Pegmatiten sowie in Kalk- und Sandsteinen vorkommen.[22] Weiterhin kann Graphit Bestandteil von Meteoriten sein.

Nach der Entstehung wird Graphit in drei Arten eingeteilt:

  • Der Flockengraphit (flake graphite) ist die häufigste Graphitvariante, er besteht aus Plättchen und kommt in metamorphen Gesteinen, wie z. B. Marmor, Gneis oder Schiefern vor.
  • Der amorphe Graphit (amorphous graphite) ist ein sehr feinkörniger Graphit, der in Kohleflözen, Tonsteinen und Schiefern vorkommt.
  • Der Ganggraphit (vein graphite) ist der seltenste Graphit, er bildet sich in Pegmatigängen und Spalten, in denen bei bereits relativ niedrigen Temperaturen von etwa 500–600 °C verschiedene Minerale kristallisieren. Seine Entstehung ist noch umstritten, jedoch gilt die Lösung von kohlenwasserstoffhaltigem Material in wässrigen Fluiden mit anschließender Auskristallisation für am wahrscheinlichsten.[21]

Es existieren zahlreiche Graphitfundorte weltweit.[23] Von wirtschaftlicher Bedeutung sind aber vor allem die Volksrepublik China, Korea, Madagaskar, Simbabwe, Brasilien und Indien sowohl im Tagebau als auch unter Tage. Im Jahr 2021 wurden rund 1,17 Millionen Tonnen gefördert.[24]

In Europa gibt es zurzeit nur noch wenige aktive Graphitbergwerke. In der Ukraine, in Norwegen und in Tschechien wird makrokristalliner Graphit in unterschiedlicher Qualität unter Tage abgebaut. Beim makrokristallinen Graphit sind die einzelnen Graphitkristallitpakete (Flocken) gut erhalten und sichtbar. In Österreich wurden dagegen mikrokristalline Graphite gewonnen, deren Kristalle nicht so deutlich ausgeprägt sind.

Österreich nahm in den 1960er-Jahren den nach Südkorea zweiten Platz unter den graphitfördernden Ländern ein (Höchststand 1964 mit etwa 100.000 Tonnen Förderung). Der größte Bergbau befand sich in Kaisersberg bei Sankt Stefan ob Leoben in der Steiermark. Er wurde 1997 stillgelegt; seit Frühjahr 2008 wird im dortigen „Marie-Stollen“ wieder gearbeitet. Bis 1991 bestand in Sunk bei Trieben im Paltental (Steiermark) ein Bergbau, in dem Graphit mit einem sehr hohen Kohlenstoffanteil von zum Teil über 85 % gewonnen wurde. Weitere kleine Graphitbergbaue bestanden bis in die 1970er-Jahre am Semmering, im Liesingtal (Steiermark), im Dunkelsteiner Wald (Niederösterreich) sowie im Waldviertel, wo das seit 1831 in Abbau stehende Vorkommen in Mühldorf[25] am bedeutendsten war. Aktuell (2022) ist der Untertagebergbau in Sankt Stefan ob Leoben der einzige aktive Graphitbergbau in den Alpen[26], wobei die dort abgebaute Menge je nach Quelle mit 100 t[27] und einmal mit 500 t[28] für das Jahr 2020 angegeben wird.

In Deutschland war und ist der Graphit-Bergbau von Kropfmühl im Landkreis Passau bedeutsam. Am 21. Juni 2012 wurde das dortige Graphitbergwerk offiziell wiedereröffnet, denn der Abbau wurde, laut einer Pressemitteilung des Unternehmens, aufgrund der steigenden Nachfrage nach Graphit und der Preisentwicklung am Weltmarkt wieder rentabel.[29] Die in Deutschland abgebauten Mengen betrugen 2020 je nach Quelle 108 t[27] bis 300 t[28].

Die weltweit größte Graphitmine befand sich 2022 in Mosambik und soll 50 Jahre lang betrieben werden.[28] Weltweit verteilten sich die Fördermengen wie folgt:[24]

Land 2017 2018 2019 2020 2021
(in Tonnen)
Osterreich Österreich 150 150 100 100 100
Brasilien Brasilien 95.000 78.981 81.770 67.020 78.555
Deutschland Deutschland 422 222 207 108 181
China Volksrepublik Volksrepublik China 625.000 630.000 700.000 665.000 735.000
Indien Indien 33.649 39.030 34.674 35.386 57.264
Kanada Kanada 14.000 11.000 11.045 7.620 7.700
Kolumbien Kolumbien 0 135 0 0
Madagaskar Madagaskar 13.300 52.951 45.106 61.405 88.110
Mexiko Mexiko 10.310 4.130 2.342 2.033 1.778
Mosambik Mosambik 802 104.000 153.000 18.1591 77.116
Namibia Namibia 2.216 3.456 0 0 0
Korea Nord Nordkorea 50.000 45.000 45.000 45.000 30.000
Norwegen Norwegen 9.600 10.000 9.780 5.549 6.293
Russland Russland 19.500 11.900 17.500 12.900 17.300
Sri Lanka Sri Lanka 3.800 3.800 3.100 2.500 3.200
Korea Sud Südkorea 0 670 302 3.052 18.297
Turkei Türkei 4.000 16.752 9.990 15.205 28.336
Ukraine Ukraine 13.000 15.000 10.000 10.000 17.000
Vietnam Vietnam 0 1.500 3.500 3.700 1.200
Simbabwe Simbabwe 1.577 0 0 0 0
Gesamt 896.326 1.028.542 1.127.551 954.737 1.167.430
1 
Vorübergehende Minenschließungen wegen der COVID-19-Pandemie[30]

Synthetische Herstellung

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Durch Verkoken kohlenstoffhaltiger Materialien entstehen graphitierbare Kohlenstoffe. Ausgangssubstanzen sind zum Beispiel Braunkohle, Steinkohle, Erdöl und Peche, aber auch Kunststoffe. Bei der Graphitierung erfolgt durch Erhitzen unter Luftabschluss auf etwa 3000 °C eine Umwandlung vom amorphen Kohlenstoff zum polykristallinen Graphit.

Künstlich hergestellter Graphit ist auch als Acheson-Graphit bekannt. Bedeutende Hersteller sind unter anderem Showa Denko Carbon, SGL Carbon, Schunk Kohlenstofftechnik (Deutschland), Imerys (Schweiz), Tōkai Carbon (Japan), Morgan Advanced Materials (Großbritannien) und Tōyō Tanso (Japan).

Highly ordered pyrolytic graphite (HOPG) ist eine sehr reine Form von Graphit.

Auch bei Graphit spielt Recycling eine wichtige Rolle, recycelter Graphit von Gussformen, Ofenauskleidungen und Graphitelektroden wird vor allem für Bremsbeläge und thermische Isolierungen verwendet. Das Recyclingpotential ist noch ausbaufähig, wird derzeit aber auf Grund reichlich vorhandener weltweiter Graphitmengen nicht ausgeschöpft.[28]

Graphitelektroden

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2011 wurden 42 % aller synthetischen Graphite zu Elektroden verarbeitet. So werden für die Herstellung einer Tonne Elektrostahl im Durchschnitt 2–2,5 kg Graphit verbraucht.[31]

Graphit wurde und wird in hochgereinigter Form in manchen Kernreaktor-Typen als Moderator eingesetzt. In den deutschen, inzwischen stillgelegten „KugelhaufenreaktorenVersuchsreaktor Jülich und THTR-300 diente Graphit zugleich als Moderator und Brennelementmatrix. Die guten Moderationseigenschaften und die hohe Temperaturstabilität waren für den Einsatz in der Nukleartechnik ausschlaggebend.

Die Graphitbrände des britischen Windscale-Reaktors 1957 in Sellafield sowie des RBMK-Reaktors in Tschernobyl 1986 führten jedoch zu Bedenken wegen der Sicherheit von Graphit in Reaktoren. Als Probleme kommen die Reaktionsfähigkeit mit Wasserdampf (> 900 °C) unter Bildung brennbarer Gase und die Neigung zu energetischen Instabilitäten (siehe Wigner-Energie) hinzu.

2006 gab es weltweit 250.000 t bestrahlten Nukleargraphit (Deutschland ca. 1000 t), für den es wegen seines hohen Gehalts an C-14 (radioaktives Isotop mit einer Halbwertszeit von 5700 Jahren) noch keine ökonomisch akzeptable Endlagerstrategie gibt.[32] Die Diamantbatterie verspricht – gegebenenfalls nach isotopischer Anreicherung – Nukleargraphit eben gerade aufgrund der Radioaktivität von 14C zu nutzen.[33][34]

Weitere Verwendungsmöglichkeiten

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Graphitierte Kohlenstoffe: Streifen einer Graphitplatte; Faserbündel mit ca. 5000 Kohlenstoff-Fasern; zylindrische Elektrode; Graphit-Folie (1 Cent-Münze zum Größenvergleich).
Zwei Kohlebürsten eines Elektromotors – Sinterwerkstoff aus Graphit und häufig Kupfer

Graphit wird vielfältig genutzt als

  • Ernst H. Weinschenk: Der Graphit, seine wichtigsten Vorkommnisse und seine technische Verwerthung. Verl.-Anst. und Dr. A.-G., Hamburg 1898, urn:nbn:de:hbz:061:1-86250.
  • Eugen Ryschkewitsch: Graphit. Charakteristik, Erzeugung, Verarbeitung und Verwendung. S. Hirzel, Leipzig 1926.
  • Irene Kappel: Die Graphittonkeramik von Manching. F. Steiner, Wiesbaden 1969.
  • Wolfgang Delle et al.: Graphitische Werkstoffe für den Einsatz in Kernreaktoren. 2. polykristalliner Graphit und Brennelementmatrix. Thiemig, München 1983.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 15.
Commons: Graphit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Graphit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Graphit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung;
  • Graphite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy; (englisch).
  • David Barthelmy: Graphite Mineral Data. In: webmineral.com. (englisch).
  • Weltkarte mit Graphitbergwerken und Produzenten. In: mineral-exploration.de. Mineral & Exploration, 2012;.
  • Achim Breitruck, Harry E. Hoster, R. Jürgen Behm: Metal organic coordination networks of oligopyridines and Cu on graphite. In: uni-ulm.de. Archiviert vom Original am 11. Juni 2016; (Metallorganische 2D-Netzwerke auf einer Graphitoberfläche dargestellt mit einem Rastertunnelmikroskop).

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 9. März 2023]).
  2. canooNet.eu (Hrsg.: Informatique-MTF SA (IMTF)): Rechtschreibung von Grafit/Graphit (Schreibweise Grafit nach neuer Rechtschreibung als Nebenvariante erlaubt) (Memento vom 23. September 2019 im Internet Archive)
  3. a b Deutsche Rechtschreibung – Worterverzeichnis. In: grammis.ids-mannheim.de. Rat für deutsche Rechtschreibung, abgerufen am 9. August 2020.
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 51.
  5. a b Arnold Frederick Holleman, Nils Wiberg: Grundlagen und Hauptgruppenelemente. 103. Auflage. Band 1. De Gruyter, Berlin, Boston 2017, ISBN 978-3-11-026932-1, S. 997–998 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 232.
  7. A. G. Werner: Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C.A.S. Hoffmann. In: Alexander Wilhelm Köhler (Hrsg.): Bergmännisches Journal. Band 1. Crazische Buchhandlung, Freyberg 1789, S. 369–386 (rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 28. September 2018] Graphit S. 13).
  8. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2023. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2023, abgerufen am 25. Dezember 2023 (englisch).
  9. Grafit. In: duden.de. Duden, abgerufen am 17. September 2020.
  10. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Andre K. Geim, Philip Kim: Wunderstoff aus dem Bleistift. In: Spektrum der Wissenschaft. Band 8, 2008, S. 86–93 (spektrum.de [abgerufen am 28. September 2018]).
  12. University of Chicago – The first nuclear reactor, explained
  13. The Manhattan Project – X-10 GRAPHITE REACTOR
  14. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. Dezember 2023 (englisch).
  15. Bing K. Yen, Birgit E. Schwickert: Origin of low-friction behavior in graphite investigated by surface x-ray diffraction. (PDF 215 kB) In: slac.stanford.edu. Stanford Linear Accelerator Center, Mai 2004, abgerufen am 9. August 2020.
  16. Harry Marsh, Francisco Rodríguez-Reinoso: Science of Carbon Materials. 2000. Zitiert in: Christian Anton Rottmair: Einfluss der thermischen Prozessführung auf die Eigenschaften von Graphitformteilen, hergestellt durch Pulverspritzguss von Mesophasen-Kohlenstoff. 2007, S. 10–11, urn:nbn:de:bvb:29-opus-11781 (Dissertationsarbeit, Universität Erlangen-Nürnberg, 2007).
  17. Sicherheitsdatenblatt Graphit (PDF; 22 kB) (Memento vom 18. August 2017 im Internet Archive)
  18. a b Eintrag zu Graphit. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. April 2011.
  19. a b M. D. Simon, A. K. Geim: Diamagnetic levitation: Flying frogs and floating magnets. In: Journal of Applied Physics. Band 87, Nr. 9, 2000, S. 6200–6204, doi:10.1063/1.372654 (englisch, physics.ucla.edu [PDF; 479 kB; abgerufen am 28. September 2018]).
  20. a b Erich Wintermantel, Suk-Woo Ha: Medizintechnik: Life Science Engineering. Springer-Verlag, 13. Mai 2009, S. 1052 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  21. a b c d Anette Regelous, Frank Holzförster: Die drei Schätze im Passauer Land: Rohstoff Graphit. In: Regelous & Holzförster. GEO-Zentrum an der KTB, abgerufen am 9. Februar 2022.
  22. Graphit – Eigenschaften, Verwendung und Entstehung. In: Steine und Minerale. Abgerufen am 9. Februar 2022.
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  27. a b Christian Reichl, Michael Schatz: World Mining Data 2022. Band 37. Federal Ministry of Agriculture, Regions and Tourism, Wien 2022, ISBN 978-3-901074-52-3, S. 137–138 (englisch, world-mining-data.info [PDF; 4,0 MB; abgerufen am 8. Juni 2022]).
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  31. Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg (4.); Karl Heinz Büchel, Hans-Heinrich Moretto, Dietmar Werner (3.): Industrielle Anorganische Chemie. 4. Auflage. Wiley-VCH, 2013, ISBN 978-3-527-33019-5, S. 633 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  32. Johannes Fachinger, Werner von Lensa, Tatjana Podruhzina: Decontamination of nuclear graphite. In: Proceedings HTR2006: 3rd International Topical Meeting on High Temperature Reactor Technology. Band 238, Nr. 11, November 2008, S. 3086–3091, doi:10.1016/j.nucengdes.2008.02.010.
  33. Daniel Oberhaus: Are Radioactive Diamond Batteries a Cure for Nuclear Waste? In: wired.com. 31. August 2020, abgerufen am 9. März 2023.
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