Henry Oldenburg

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Henry Oldenburg, Ölporträt von Jan van Cleef (1668)

Henry Oldenburg (auch: Oldenbourg) (* um 1618 als Heinrich Oldenburg in Bremen; † 5. September 1677 in Charlton) war ein Diplomat und Naturphilosoph. Er war als langjähriger Sekretär der Royal Society in London eine zentrale Figur im Wissenschaftsbetrieb des 17. Jahrhunderts.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oldenburg war der Sohn von Heinrich Oldenburg, Lehrer am Bremer Gymnasium illustre und später Professor an der Universität Dorpat. Henry Oldenburg studierte Theologie, ging nach England und arbeitete als Lehrer in adligen Häusern. 1648 ging er auf Reisen durch Europa. 1652 kehrte er nach Bremen zurück und wurde im folgenden Jahr vom Senat nach England gesandt, um mit Oliver Cromwell über die Respektierung der Bremer Neutralität im Krieg zwischen England und Holland zu verhandeln. Cromwell sagte ihm seine Unterstützung der Unabhängigkeit Bremens von Schweden zu. Oldenburg machte sich mit den bedeutendsten englischen Philosophen und Naturwissenschaftlern bekannt, wie John Milton, Thomas Hobbes und vor allem Robert Boyle, der ihn zum Lehrer seines Neffen bestellte. Mit dem jungen Edelmann reiste Oldenburg durch Europa. Er besuchte die Treffen der Wissenschaftler, die Marin Mersenne begründet hatte, und war begeistert von den „unsichtbaren Colleges“, wünschte sich aber eine mehr naturwissenschaftliche und weniger philosophische Ausrichtung der Zusammenkünfte.

Zu Beginn der Restauration wurde am 28. November 1660 die Royal Society gegründet. Oldenburg gehörte zu den „Original Fellows“ und wurde im folgenden Jahr zum Sekretär der Gesellschaft ernannt, zeitweise übte er das Amt gemeinsam mit John Wilkins aus.

Er knüpfte ein ausgebreitetes Netzwerk wissenschaftlicher Kontakte durch ganz Europa und führte eine sehr umfangreiche Korrespondenz, die selbst in die überseeischen Kolonien in Amerika reichte.[1] Da er die barocken Floskeln und Komplimente des Brieflateins, die im 17. Jahrhundert für die Korrespondenz zwischen europäischen Gelehrten als unverzichtbar galten, sehr gut beherrschte, fiel es ihm leicht, neue Kontakte aufzutun. Für die Medizin in Deutschland wurde Oldenburgs Briefwechsel mit dem Herausgeber der Miscellanea Curiosa, Philipp Jacob Sachs von Lewenhaimb in Breslau von Bedeutung.[1] Außerdem war Oldenburg Herausgeber der Philosophical Transactions. Dies animierte etliche Gelehrte in Europa, Oldenburg zu schreiben in der Hoffnung, einen Brief in dieser berühmten Zeitschrift veröffentlicht zu finden.[1]

Vom 20. Juni bis 26. August 1667 wurde Oldenburg im Tower of London inhaftiert. Die Tat, die man ihm zu Last legte, begründete sich auf der Vermutung, dass seine umfangreiche Korrespondenz "politischer", denn wissenschaftlicher Natur war.[2] Der Umstand, dass er Publikationen unter dem PseudonymGrubendol“ verbreitete, verstärkte den Verdacht.

1663 heiratete Oldenburg Dorothy West, die bereits 1665 starb. Seit 1668 war Oldenburg in zweiter Ehe mit seinem Mündel Dora Katherina Dury (1654–1677), der Tochter des Gelehrten John Dury, verheiratet. Ihre Kinder hießen Sophia (* 1672) und Rupert (1675–1724).

Briefpartner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenfried Walther von Tschirnhaus in Dresden, Antoni van Leeuwenhoek in Delft, Baruch Spinoza und Jan Swammerdam in Amsterdam, Christiaan Huygens in Den Haag, Melchisédech Thévenot in Paris, Christopher Wren, Edmond Halley und Robert Boyle in Oxford, Johannes Hevelius in Danzig, Philipp Jakob Sachs von Lewenhaimb in Breslau.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • [Nachruf.] In: Thomas Birch: The history of the Royal society of London for improving of natural knowledge, from its first rise. In which the most considerable of those papers communicated to the society, which have hitherto not been published, are inserted in their proper order, as a supplement to the Philosophical transactions. Band 3, London 1757, S. 353–356 (online).
  • Henry Oldenburg: The Correspondence of Henry Oldenburg. Edited and translated by A. Rupert Hall and Marie Boas Hall. 13 Bände. University of Wisconsin Press u. a., Madison WI u. a. 1965–1986.
  • Marie Boas Hall: Henry Oldenburg. Shaping the Royal Society. Oxford University Press, New York NY u. a. 2002, ISBN 0-19-851053-5.
  • Marie Boas Hall: Oldenburg, Henry [Heinrich] (c. 1619–1677). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X (doi:10.1093/ref:odnb/20676 Lizenz erforderlich), Stand: 2004, abgerufen am 3. April 2024.
  • Douglas McKie: The arrest and imprisonment of Henry Oldenburg. In: Notes and Records of the Royal Society of London. Band 6, Nr. 1, 1948, S. 28–47 (doi:10.1098/rsnr.1948.0005, JSTOR:531255).
  • Thomas Elsmann: Im Schatten des Kaufmanns – Bremische Gelehrte 1600–1900. Bremen: Schünemann 2012, S. 80–99
  • R. K. Bluhm: Henry Oldenburg, F.R.S. (c. 1615–1677). In: Notes and Records of the Royal Society of London. Band 15, Nr. 1, 1960, S. 183–197 (doi:10.1098/rsnr.1960.0018, JSTOR:531038).
  • Iordan Avramov: Letters and questionnaires: the correspondence of Henry Oldenburg and the early Royal Society of London's Inquiries for Natural History. In: Paula Findlen (Hrsg.): Empires of knowledge – scientific networks in the early modern world. London-New York: Routledge 2019. ISBN 978-1-138-20712-7, S. 161–180.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Henry Oldenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Ralph Bröer: Grenzüberschreitender wissenschaftlicher Diskurs im Europa der Frühen Neuzeit. Der gelehrte Brief im 17. Jahrhundert. In: Wolfgang U. Eckart und Robert Jütte (Hrsg.): Das europäische Gesundheitssystem. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in historischer Perspektive. Franz Steiner Stuttgart 1994, ISBN 978-3-515-06485-9, S. 111 f.
  2. Eintrag zu Oldenburg; Henry (c 1619–1677); scientific correspondent im Archiv der Royal Society, London