IFA L60

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IFA
L60 mit Niederdruckreifen und geändertem Steigbügel
L60 mit Niederdruckreifen und geändertem Steigbügel
L60 mit Niederdruckreifen und geändertem Steigbügel
L60
Hersteller: VEB Automobilwerke Ludwigsfelde
Verkaufsbezeichnung: IFA L60
Produktionszeitraum: 1987–08.1990
Vorgängermodell: IFA W50
Nachfolgemodell: IFA 1318 (Prototyp)
Technische Daten
Bauformen: Frontlenker
Motoren: 6 VD 13,5/12 SRF
(Diesel, 9160 cm³)
Leistung: 132 kW
Länge: 6640 mm
Breite: 2500 mm
Höhe: 2830 mm
Radstand: 3200–3860 mm
Wendekreis: 14,8 m
Nutzlast: 6,2 t
zul. Gesamtgewicht: 12,3 t

Der IFA L60 (Abkürzung für „Ludwigsfelde 60 Dezitonnen“) ist ein Lkw des Industrieverbandes Fahrzeugbau der DDR. Insgesamt 20.289 Fahrzeuge wurden von 1987 bis 1990 gebaut. Die serienmäßigen Lkw kamen aus dem VEB Automobilwerke Ludwigsfelde, Sonderfahrzeuge auch aus anderen Betrieben.

Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahresproduktion IFA L60
1987
  
1734
1988
  
6604
1989
  
8081
1990
  
3870

Der IFA L60 war bei seiner Einführung 1987 eine „vorläufige Ergänzung“ des IFA W50. Mittel- und längerfristig war vorgesehen, den W50 schrittweise durch den L60 abzulösen. Dazu kam es nicht mehr, da die Produktion kurz nach der Wende im August 1990 nach gut drei Jahren Bauzeit eingestellt wurde. Im Gegensatz zum W50 ist der L60 heute in Deutschland kaum noch verbreitet. Gründe dafür sind – neben der geringeren Stückzahl – die komplizierter aufgebaute Technik und die schwierigere Ersatzteilbeschaffung.

Bei der Konzeption des L60 als Nachfolger des W50 wurde im Wesentlichen Wert auf ECE-Regelungen, Trends im Nutzfahrzeugbau, Anforderungen des Marktes und auf geringen Kraftstoffverbrauch und Wirtschaftlichkeit gelegt. Insoweit ist der L60, trotz seiner äußeren Ähnlichkeit mit dem W50, in vielen Punkten eine Neuentwicklung. Die größten Schwachpunkte des W50 – geringe Nutzlast und Motorleistung – wurden beim L60 verbessert. So stieg die Leistung des L60 im Vergleich zu den 92 kW des Motors 4 VD 14,5/12-1 SRW im W50 um rund 43 % auf 132 kW durch den Einsatz eines neuentwickelten Sechszylinder-Baukastenmotors. Bei der je nach Modell um gut eine Tonne gesteigerten Nutzlast verbesserte sich das Leistungsgewicht auf 183,82 kg/kW bei einem Gliederzug mit IFA L60 und 12-t-Anhänger. Der Kraftstoffverbrauch liegt im Bereich von 24–26 l/100 km und damit über dem des W50, bezogen auf die transportierte Nutzlast ist er jedoch bei den Allradmodellen um 15 % niedriger. Die vier möglichen Höchstgeschwindigkeiten sind mit 72, 82, 92 und 105 km/h breit gefächert und erlauben vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Modelle mit Allradantrieb sind für eine Steigfähigkeit von bis zu 60 % (unbeladen) konzipiert, hinterradgetriebene Modelle für eine von 35 %. Als Gliederzug sind mindestens 18 % Steigfähigkeit für alle Modelle vorgesehen.

Modelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der IFA L60 wurde in mehreren Varianten gebaut. Die Produktion begann 1987 mit den Allradmodellen und 3200 mm Radstand, die Modelle mit Hinterradantrieb wurden 1988 eingeführt. Ebenfalls 1988 eingeführt wurde der lange Radstand von 3860 mm und der Rahmen mit verkürztem Überhang sowie die Niederdruckbereifung. Der Schwerpunkt lag bei der Produktion des IFA L60 in erster Linie auf den Allradmodellen. Anfang 1987 waren folgende Modelle in Produktion bzw. für 1988 geplant:

  • 4 × 4
  • IFA L60 mit Stahlpritschenaufbau (ab 1987)
  • IFA L60 mit Werkstattkofferaufbau (ab 1987)
  • IFA L60 mit Stahlkofferaufbau (ab 1987)
  • IFA L60 mit Wassertankaufbau (ab 1987)
  • IFA L60 mit Kraftstofftankaufbau (ab 1987)
  • IFA L60 mit Dreiseitenkipperaufbau (ab 1988)
  • 4 × 2
  • IFA L60 mit Pritschenaufbau (ab 1988)

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prototyp des Dreiachsers

Fahrwerk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der IFA L60 ist ein zweiachsiger Nutzkraftwagen mit Hinterradantrieb oder permanentem Allradantrieb. Er hat einen Leiterrahmen mit U-förmigen Längsträgern, eingeschraubten und eingenieteten Querträgern, 3200 mm Radstand und einer Tragfähigkeit von rund 7700 kg. Am letzten Querträger ist die Anhängerkupplung angebracht. Der Rahmen ist verwindungsweich konzipiert, um die Geländetauglichkeit des Wagens zu erhöhen, dessen Starrachsen an Blattfedern aufgehängt sind. Die Blattfedern der Vorderachse haben eine Federstützweite von 1570 mm, sie sind in einem Gehänge gelagert. Die Federn der Hinterachse haben ein Gleitende. Beide Achsen sind mit doppeltwirkenden Stoßdämpfern versehen. Der L60 hat mit zehn Radbolzen befestigte Scheibenräder der Größe 7-20, auf die Reifen der Dimension 9,00-20/14 PR aufgezogen sind. Alternativ ist die Niederdruckbereifung 18-20. Die Lenkung arbeitet mit hydraulischer Unterstützung, die aufzubringende Lenkkraft beträgt 80 N.

Vom dreiachsigen Modell wurden zwei Prototypen gebaut, bei denen die zweite Hinterachse nicht angetrieben (6 × 4) ist. Sie gleicht der angetriebenen Hinterachse.

Kraftübertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom Motor wird das Drehmoment über eine Einscheibentrockenkupplung mit 380 mm Durchmesser (Typ TF 380) übertragen. Die Kupplungsbetätigung wird mit einem hydraulischen Übertragungszylinder und einem Pneumatikzylinder unterstützt, die aufzuwendende Pedalkraft beträgt 120 N.

Das Getriebe vom VEB Getriebewerk Brandenburg ist ein sperrsynchronisiertes Achtganggetriebe mit zusätzlichem muffengeschalteten Kriechgang und Rückwärtsgang. Es ist im Wesentlichen vom IFA W50 übernommen, hat jedoch andere Übersetzungen und zusätzlich ein angeflanschtes Verteilergetriebe. Das Verteilergetriebe hat eine zweistufige Planetenenschaltgruppe und ein Planetengetriebe für die Drehmomentverteilung im Verhältnis 2 : 1, sodass 66,7 % des Drehmomentes an die Hinterachse und 33,3 % an die Vorderachse übertragen werden. Der Drehmomentlängsausgleich für den permanenten Allradantrieb (Mittendifferenzialgetriebe) kann gesperrt werden. Die Schalthebelkulisse ist eine Doppel-H-Schaltkulisse mit links davon befindlicher Kriech- und Rückwärtsgangkulisse. Zwischen der ersten und zweiten Schaltgruppe wird pneumatisch umgeschaltet. Konstruktionsbedingt wies dieses Getriebe insbesondere durch Bedienungsfehler häufig Schäden auf und war Ursache für viele Werkstattaufenthalte.

Die Achsen sind neu entwickelte Planetengetriebeachsen mit Gehäusen aus Kugelgraphitguss. Diese Bauart erlaubt die Konstruktion des Achsdifferenzialgetriebes ohne Hypoidantrieb, was die Baugröße der Differenzialgetriebeglocke verringert und damit die Bodenfreiheit erhöht. Das Sonnenrad des Planetengetriebes ist selbstzentrierend, die fünf Planetenräder sind nadelgelagert, um sie herum befindet sich das Hohlrad. Von den Differenzialgetrieben wird das Drehmoment bei der Hinterachse über Achswellen auf die Planetengetriebe übertragen, bei der Vorderachse über Doppelgelenkwellen. Die Differenziale an Vorder- und Hinterachse sind pneumatisch sperrbar. Insgesamt wurden für den IFA L60 vier verschiedene Planetengetriebeübersetzungen angeboten, mit denen die Höchstgeschwindigkeitsbereiche von 72, 82, 92 und 105 km/h abgedeckt werden. Für die Allradmodelle waren nur die Übersetzungen mit 82 und 92 km/h Höchstgeschwindigkeit verfügbar.

Motor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Motor ist der IFA 6 VD 13,5/12 SRF, ein freisaugender Reihensechszylinder-Viertakt-Dieselmotor mit Direkteinspritzung und Flüssigkeitskühlung. Während die Motoren des IFA W50 (Typ 4 VD 14,5/12-1 SRW) nach dem vom MAN-Konzern lizenzierten Verbrennungsverfahren mit Mittenkugelbrennraum arbeiten, sind die Brennräume beim 6 VD 13,5/12 SRF hyperboloidförmig. Der Hubraum des Motors beträgt 9160 cm³, die Nennleistung ist mit 132 kW bei 2300 min−1 angegeben. Bei 1400 min−1 wird das Minimum des spezifischen Kraftstoffverbrauchs von 212 g/kWh erreicht. Für die Druckumlaufschmierung wird Mehrbereichsöl SAE 15 W 40 verwendet, das in der DDR unter der Handelsbezeichnung MD 1544 bekannt war;[1] ein saisonbedingter Ölwechsel ist nicht nötig. Der Motor ist bei Temperaturen bis hinab zu −15 °C kaltstartfähig. Die Zylinderköpfe sind Einzelzylinderköpfe, die Lufteinlasskanäle wurden auf Luftdrall, die Auslasskanäle auf Luftdurchsatz hin optimiert. Die Kolben sind aus Kugelgraphitguss hergestellt. Dieses Material zeichnet sich durch geringe Wärmeleitfähigkeit und geringe Ausdehnung aus. Der Luftfilter des Motors ist ein Trockenluftfilter.

Bremsanlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bremsanlage ist eine pneumatisch angesteuerte und hydraulisch betätigte Zweikreisbremsanlage (Bremsservo) mit getrennten Kreisen für Vorder- und Hinterachse sowie Anhängerbremsanschluss. Sie hat eine Vollverzögerung von 6–7 m/s2 und eine Streckfunktion für die Bremsung eines Gliederzuges. Die maximale Bremspedalbetätigungskraft ist mit 0,55 kN angegeben. Die Bremsen sind Simplexbremsen mit asbestfreien Bremsbelägen und sich selbst nachstellenden Bremsbacken. Die Bremse des Anhängers wird pneumatisch über eine Zweileitungsanlage mit getrennter Brems- und Vorratsleitung angesteuert. Die für das Bremsen benötigte Druckluft gelangt vom Kompressor über den Druckregler zu zwei Vorratsbehältern mit einem Volumen von je 20 dm3. Der Druck beträgt 1,2 MPa. Den Druckluftbehältern nachgeschaltet ist ein Dreikreisschutzventil, das den Druck auf 0,75 MPa reduziert. Diesem Ventil nachgeschaltet sind Mehrkreisschutzventile, von denen die Luft zu den Verstärkerzylindern der Bremskreisläufe gelangt; von den Verstärkerzylindern wird die Kraft auf die Einkreishauptzylinder und von dort weiter auf die Radbremszylinder übertragen. Die Handbremse ist eine pneumatisch angesteuerte Federspeicherbremse mit zwei Federspeicherzylindern, die auf die Hinterräder wirkt. Bei Betätigung der Handbremse wird auch die Anhängerbremse mitangezogen.

Fahrerhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Fahrerhaus des L60 ist eine Weiterentwicklung des W50-Fahrerhauses. Anders als das Fahrerhaus des W50 ist es jedoch um 50° hydraulisch nach vorn kippbar, um die Wartung von Motor und Getriebe zu vereinfachen. Wie auch das W50-Fahrerhaus gibt es das L60-Fahrerhaus als Zwei- und Viertürer. Die an der Bodengruppe angeschweißte Motorhaube ist mit Dämmmatten ausgekleidet, der Fußboden des Fahrerhauses mit Zweischichtfußbodenmatten. Der Schallpegel in der Kabine beträgt bei einer Motordrehzahl von etwa 2300 min−1 im zweithöchsten Gang 80 dB (AF)[2]. Durch die niedrige Lage des Motors gibt es einen dritten Sitz in der vorderen Mitte der Kabine. Der Fahrersitz ist ein gefederter, hydraulisch gedämpfter und höhenverstellbarer Schwingsitz. Fahrer- und Beifahrersitz sind mit Dreipunktsicherheitsgurten ausgestattet, der Mittelsitz mit Beckengurt. Die Instrumententafel wurde komplett neu gestaltet, unter anderem neu ist ein Drehzahlmesser mit farbig gekennzeichneten Anzeigebereichen. Schalter, Kontrollleuchten und Anzeigegeräte wurden zusammengefasst. Blinker, Fernlicht, Abblendlicht, Hupe und Intervallscheibenwischer werden mit einem neugestalteten Lenksäulenhebel betätigt. Die Heizung wurde modifiziert und ist nun mittig in der Vorderwand platziert. Für die Wartung der Elektrik gibt es weiterhin eine Wartungsklappe.

Technische Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kenngrößen IFA L60 1218 4 × 4
Motor
Bezeichnung 6 VD 13,5/12 SRF
Typ Reihensechszylinderviertaktdieselmotor mit
Direkteinspritzung
Schmierung Druckumlauf
Kühlung Flüssigkeitskühlung
Bohrung × Hub 120 × 135 mm
Hubraum 9160 cm³
Nennleistung 132 kW bei 2300 min−1
Maximales Drehmoment 634 N·m bei 1250 min−1
Kraftübertragung
Kraftübertragung auf Alle Räder
Kupplung Einscheibentrockenkupplung, 380 mm Durchmesser
Getriebe Allradgetriebe WF66K1S8
mit Verteilergruppe
Getriebeübersetzungen Kriechgang: 10,97
1. Gang: 5,77
2. Gang: 4,13
3. Gang: 3,00
4. Gang: 2,33
5. Gang: 1,92
6. Gang: 1,38
7. Gang: 1,00
8. Gang: 0,79
R-Gang: 9,99
mögliche
Achsübersetzungen
6,92
6,04
5,33
4,74
Bereifung 9,00-20 PA/14 PR
Elektrische Anlage
Bordspannung 24 V
Batterie 2 × Bleisäureakkumulator, 125 Ah
Lichtmaschine Drehstromlichtmaschine, 0,84 kW
Anlasser Schubankeranlasser, 5,5 kW
Scheinwerfer H4-Scheinwerfer
Abmessungen und sonstige Angaben
Länge 6640 mm
Breite 2500 mm
Höhe 2830 mm
Radstand 3200 mm
Spurweite vorn 1900 mm
Spurweite hinten 1770 mm
Maximal zulässige
Gesamtmasse
12.300 kg
Nutzlast 6200 kg
Maximal zulässige
Anhängelast
12.000 kg
Achstragfähigkeit vorn 4500 kg
Achstragfähigkeit hinten 8000 kg
Wendekreisdurchmesser 14,8 m
Höchstgeschwindigkeit 105 km/h (mit Achsübersetzung 4,74)
092 km/h (mit Achsübersetzung 5,33)
082 km/h (mit Achsübersetzung 6,04)
072 km/h (mit Achsübersetzung 6,92)
Maximale Steigfähigkeit 50 % (beladen)
60 % (leer)
Kraftstoffverbrauch 24–26 l/100 km
Innengeräusch 80 dB (AF)
Außengeräusch 86 dB (AF)
Leistungsgewicht 094,83 kg/kW (solo)
183,82 kg/kW (Gliederzug mit 12 t-Anhänger)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Günther Wappler: Der gebremste Lastkraftwagen Die LKW W50 und L60 aus Ludwigsfelde. Verlag Bergstraße, Aue 2003.
  • Christian Suhr: Laster aus Ludwigsfelde. Verlag Kraftakt, Halle (Saale) 2015, ISBN 978-3-938426-18-0.
  • Frank-Hartmut Jäger: IFA-Frontlenker aus Ludwigsfelde. Die Geschichte der Feuerwehrfahrzeuge auf W 50 und L 60 (= Feuerwehr-Archiv). Verlag Technik, Berlin 2001, ISBN 3-341-01287-7.
  • G. Zimmer: Der neue Nutzkraftwagen IFA L60. Hrsg.: Kammer der Technik (= Agrartechnik. Band 37, Nr. 3). VEB Verlag Technik, Berlin März 1987, S. 99–103 (uni-hohenheim.de).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: IFA L60 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neue und weiterentwickelte Schmieröle – geänderte Bezeichnungen. agrartechnik, 35. Jg. Berlin, 1985. Seite 232.
  2. zur Schreibweise „AF“ siehe Frequenzbewertung und Zeitbewertung