Johann Heinrich Runge

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Johann Heinrich Runge (* 1. April 1811 in Hagenow; † 25. Februar 1885 ebenda) war ein deutscher Orgelbaumeister.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geburtshaus Runges

Er war der Sohn des Tischlers Marcus Detlev Runge (1769–1843), bei dem er 1825 eine Tischlerlehre absolvierte. Wo er den Orgelbau erlernte, ist nicht bekannt, möglicherweise bei Johann Friedrich Schulze in Thüringen. Am 12. September 1837 wird der Bürger der Stadt Hagenow. Es dauerte noch vier Jahre, bis er 1841 sein Meisterstück baute. Dieses steht heute in der Dorfkirche zu Klinken. In der Zeit von 1841 bis 1881 schuf Runge nachgewiesenermaßen 25 Orgelneubauten; bei 2 Orgelneubauten ist sein Mitwirken fragwürdig aber derzeit noch nicht ausgeschlossen. Zudem sind mindestens 4 Orgelumsetzungen oder Gehäuseneubauten für Fremdinstrumente nachgewiesen. Dazu kommen unzählige Stimmungs- und Wartungsarbeiten an den Orgeln Südwestmecklenburgs. Geographisch lassen sich seine Instrumente in der Griesen Gegend und an der Lewitz finden. Er lieferte nur einige Werke größeren Formats, die meisten seiner Werke sind kleine Dorforgeln mit wenigen Registern. Mit jedem seiner kleinen Werke, bemühte er sich von neuem zu tüfteln, neue technische Raffinessen auszuprobieren oder dem Gehäuse eine neue, noch nie dagewesene Ausstrahlung zu verleihen. Bei Runge gab es keine uniformierte Massenproduktion, sondern immer individuelle Lösungen. Jedes dieser kleinen Instrumente hat somit seine unverwechselbare Eigenheit, die es erhaltenswert macht. Sein Sohn Marcus Runge war beim Tod des Vaters noch zu jung, um die Werkstatt zu übernehmen. Marcus Runge übernahm 1896 die Werkstatt von Friedrich Friese III in Schwerin. 2019 gab es eine Ausstellung zu Leben und Werk von Johann Heinrich Runge in der Alte Synagoge (Hagenow). Diese wurde von Henry Gawlick und Stefan Reißig gestaltet. 2023 erschien eine erste Veröffentlichung über das Leben und Wirken von Johann Heinrich Runge.

Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgeln von Johann Heinrich Runge gelten heute als handwerklich solide gearbeitet. Das Hauptaugenmerk legte er dabei nicht auf die Pfeifen, sondern eher auf den tischlerischen Aspekt, der Tradition eines Friedrich Schulze folgend. Seine Orgeln bestachen durch ihre Vielfalt.

Werkverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Johann Heinrich Runge sind bislang 25 Orgelneubauten, vor allem im westlichen Mecklenburg zwischen Schwerin, Ludwigslust und Hagenow bekannt. Von ihnen sind 15 erhalten, 11 wurden in den letzten Jahren restauriert, die anderen vier sind teilweise in schlechtem Zustand.[1] Die Orgeln in Kladrum, Garwitz, Frauenmark benötigen eine Restaurierung, die Orgel in Kirch Jesar benötigt mittelfristig eine Überholung. Seine größten Orgeln in Hagenow, Bad Oldesloe und Gadebusch wurden zerstört. Die Orgel der Johanneskirche in Dömitz (II+P/19) ist sein größtes erhaltenes Instrument.

Nr Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1 1841 Klinken Dorfkirche I/p 8 sein Meisterstück in Hagenow, 1842 verkauft nach Klinken, 1845 eingeweiht, erhalten[2], 2017 durch Arnold (Plau am See) restauriert.
2 1842–44 Gadebusch Stadtkirche St. Jakob und St. Dionysius (Gadebusch)
II/P 23 1973 abgerissen, einige Pfeifen und Windladen im NB von Nußbücker erhalten.
3 1847 Kladrum Dorfkirche
I/P 8 erhalten[3], Restaurierung notwendig.
4 1851 Dütschow Dorfkirche I/p 7 erhalten[4], 2019 durch Arnold (Plau am See) restauriert.
5 1854 Alt Jabel St. Michaeliskirche I ? Disposition noch unbekannt, Orgelpfeifen sind im NB von Marcus Runge von 1908 erhalten.
6 1854 Garwitz Dorfkirche I/p 5 erhalten[5], Restaurierung notwendig
7 1857 Mirow bei Schwerin Dorfkirche I/p 6 erhalten[6], 2001 durch Jehmlich (Dresden) restauriert.
8 1857 Raduhn Dorfkirche I/p 7 erhalten[7], 2013 durch Arnold (Plau am See) restauriert.
9 1858 Gammelin Dorfkirche I/p 5 1996 durch Martin-Christian Schmidt (Rostock) restauriert.[8]
10 1862 Suckow (Güstrow) Dorfkirche I/p 5 die Orgel wurde von Runge begonnen und von Friese III vollendet. 2015 durch Arnold (Plau am See) restauriert.
11 1863 Bad Oldesloe Peter-Paul-Kirche Bad Oldesloe II/P 22 1901 wurde die Orgel abgerissen, das Gehäuse aber beibehalten. Dieses wurde dann 1961 entfernt.
12 1862-66 Karow Dorfkirche I/P 8 1904 Neubau durch Carl Börger, 1945 wird die Orgel größtenteils zerstört. → Orgel
13 1864 Groß Brütz Dorfkirche
I ? 1924 NB durch Marcus Runge, Prospekt und einige Register erhalten[9]
14 1864 Ludwigslust Stiftskirche I/P 6 1929 NB durch Marcus Runge, Prospekt dabei erhalten. 1983 NB durch Schuke (Potsdam), der architektonisch wichtige Prospekt wird dabei vernichtet.
15 1869 Perlin Dorfkirche I/p 6 1945 wurde die Orgel durch die russischen Besatzungstruppen zerstört.
16 1869 Stuer Dorfkirche Stuer I/p 4 1963 NB Löbling (Erfurt), 1993 NB Lötzerich (Krawinkel).
17 1870 Lübtheen Lehrerseminar I/P 3 1896 Erweiterung durch Julius Schwarz (Rostock), 1930 Umsetzung nach Rostock durch Marcus Runge (Schwerin). Verbleib unklar.
18 1871 Parum bei Schwerin Dorfkirche
I/P 6 (1 Tr.) 2005 durch Jehmlich (Dresden) restauriert.[10]Orgel
19 1873 Dömitz St. Johannes
II/P 19 größte erhaltene Runge-Orgel[11] 2021 durch Jörg Dutschke (Salzwedel) restauriert.
20 1873 Frauenmark Dorfkirche II/P 13 (5 Tr.) II. Manual besteht aus 5 Transmission des Hauptwerkes[12] Restaurierung notwendig.
21 1873 Gorlosen Dorfkirche I/P 7 (1 Tr.) 1997 durch Nußbücker restauriert[13]
22 1878 Döbbersen Dorfkirche I/P 7 1971 Umdisponierung und Prospektveränderung durch Nußbücker,

2017 Rekonstruktion der ursprünglichen Disposition durch Gottfried Schmidt (Rostock) und Erweiterung auf I/P - 10[14]

23 1879 Hagenow Stadtkirche Hagenow II/P 20 1974 Abbau der Orgel, 1980 NB durch Norbert Sperschneider mit den Windladen, 14 Registern und dem Blasebalg der Runge-Orgel. Die Pfeifen von Runge sind bis heute erhalten.
24 1880 Picher Dorfkirche II/P 12 2017 durch Arnold (Plau am See) restauriert[15]
25 1881 Kirch Jesar Dorfkirche I/P 5 (1 Tr.) erhalten[16], Restaurierung notwendig

Ungeklärte Arbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

26 Balow, Dorfkirche

Um 1850 soll Runge eine neue Orgel in der Balower Kirche erbaut haben. 1874 arbeitet nachweislich Carl Börger (1846–1917) an der Orgel. Ob der Orgelbau nun von Börger oder Runge stammt konnte bislang noch nicht geklärt werden.

27 Suckow bei Parchim

1856 ist ein Orgelneubau durch August Berger aus Perleberg nachgewiesen. 1857 folgte ein angeblicher Orgelneubau durch Runge, weil die Vorgängerorgel von Berger nach nur einem Jahr bereits nicht mehr spielfähig war. Berger übersiedelt im Juni 1874 über Hamburg in die USA. Johann Heinrich Runges Instrument wurde 1923 beseitigt. 1979 erfolgte ein Neubau durch Wolfgang Nußbücker (* 1936). Dieser besteht bis heute.

Reparaturen an Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1846 Waren St. Marien

1851 Leussow, Dorfkirche

1851 Kalkhorst, Dorfkirche

1855 Groß Laasch, Dorfkirche

1855 Leussow, Dorfkirche

1858 Eldena, Dorfkirche

1867 Mühlen Eichsen, Dorfkirche

1869 Krakow am See, Stadtkirche

1871 Warnkenhagen, Dorfkirche

1872 Dobbin, Dorfkirche

1874–77 Basedow, Dorfkirche

1875 Tessin, Stadtkirche

1875 Krakow am See, Stadtkirche

1876 Eldena, Dorfkirche 1882 Lübtheen, Stadtkirche

Sonstige Arbeiten an Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1841 Granzin (Boizenburg) - Wiederaufstellung und Gehäuseerweiterung der Friese (I) - Orgel von 1831

1845 Kirch Mummendorf – Neubauangebot (abgelehnt)

1852 Neese – Bau eines Pedales für die dortige Orgel

1855 Waren, St. Georgen – Neubauangebot (abgelehnt)

1859 Conow, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1860 Wittenförden – Umsetzung der Paul-Schmidt-Orgel aus der Schweriner Schelfkirche. Neubau eines neuen Gehäuses nach eigenem Entwurf. 1972 Abriss der Orgel samt Runge-Gehäuse.

1862 Beidendorf, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1863 Muchow, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1865 Boizenburg, Stadtkirche – Gutachten

1868 Barnim, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1869 Röbel, St. Nikolai – Neubau eines Gehäuses für die vorhandene Schulze-Orgel von 1842.

1870 Malchow, Stadtkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1873 Leussow, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1874 Warsow, Dorfkirche – Umsetzung der Friese (I)-Orgel aus Wustrow/Fischland nach Warsow. Bau eines neuen Orgelgehäuses. Dieses ist verändert erhalten.

1875 Tessin, Stadtkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

1882 Vellahn, Dorfkirche – Angebot für Wiederaufstellung der Friese (I) - Orgel nach Kirchenneubau (abgelehnt)

1885 Groß Laasch, Dorfkirche – Neubauangebot (abgelehnt)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johann Heinrich Runge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gutachten von drei Orgeln (Memento des Originals vom 6. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lewitzrand.de von Friedrich Drese (pdf)
  2. Orgel in Klinken Orgelmuseum Malchow
  3. Orgel in Kladrum Orgelmuseum Malchow
  4. Orgel in Dütschow Orgelmuseum Malchow
  5. Orgel in Garwitz Orgelmuseum Malchow
  6. Orgel in Mirow Orgelmuseum Malchow
  7. Orgel in Raduhn Orgelmuseum Malchow
  8. Orgel in Gammelin (Memento des Originals vom 17. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.orgelmuseum-malchow.de Orgelmuseum Malchow
  9. Orgel in Groß Brütz Orgelmuseum Malchow
  10. Orgel in Parum Orgelmuseum Malchow
  11. Orgel in Dömitz Orgelmuseum Malchow
  12. Orgel in Frauenmark Orgelmuseum Malchow
  13. Orgel in Gorlosen Orgelmuseum Malchow
  14. Orgel in Döbbersen Orgelmuseum Malchow
  15. Orgel in Picher Orgelmuseum Malchow
  16. Orgel in Kirch Jesar Orgelmuse Malchow