Jura-Simplon-Bahn

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Jura-Simplon-Bahn (JS)
Delle (Frankreich)
                        
Landesgrenze
                        
Basel Centralbahnhof[1]
Combe Maran 237 m
                        
Birs 42 m
                        
Delsberg
La Chaux-de-Fonds
                        
Moutier
Crosettes 1618 m
                        
                        
Sonceboz
Biel
                        
Lyss
                        
Zollikofen Eigentumsgrenze
Neuenburg
                        
Bern (SCB)
Auvernier
                        
Gümligen   Törishaus
                        
Grandfey-Viadukt (352 m)
Les Verrières
                        
Fluhmühle[2]
Landesgrenze
                        
Luzern (SCB)
Pontarlier (Frankreich)
                        
 Brünigbahn:
Strecken der PLM
                        
 Meiringen
Jougne (Frankreich)
                        
 Brienz
Yverdon
                        
Payerne   Freiburg
Landesgrenze
                        
Romont
Vallorbe
                        
Vauderens-Tunnel (921 m)
Viadukt von Le Day (152 m)
                        
Oron
                        
Daillens (bei Eclépens)
                        
Palézieux
Renens
                        
Lausanne
Morges
                        
Bouveret
Nyon
                        
St-Gingolph   Saint-Maurice
Genève
                        
Landesgrenze   Sitten
                        
Brig
                        
Simplontunnel ab 1898 im Bau
                        
Landesgrenze
                        
                        
Iselle (Italien)

Ohne Zwischenstationen und ohne Anschlussbahnen.

Die Jura-Simplon-Bahn (JS oder J-S), kurz Jura-Simplon, französisch Compagnie des Chemins de fer Jura-Simplon, war eine Eisenbahngesellschaft in der Schweiz. 1903 wurde sie als damals grösstes Bahnunternehmen der Schweiz verstaatlicht und in die SBB integriert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eb 2/4 Nr. 13 an einem Wasser­kran. Der Wagen im Hintergrund trägt noch die Beschriftung S.O.S. (Suisse-Occidentale-Simplon)
Obligation über 500 Franken der Compagnie des Chemins de Fer Jura-Simplon vom 17. Oktober 1894

Die Jura-Simplon-Bahn (JS) entstand am 1. Januar 1890 durch die Fusion der beiden wichtigsten Westschweizer Bahngesellschaften Jura-Bern-Luzern (JBL), einschliesslich der dem Kanton Bern gehörenden Linie Gümligen–Luzern, und Suisse-Occidentale-Simplon (SOS). Am Zusammenschluss beteiligte sich durch freihändigen Aktienkauf auch der Bund. Am 1. Januar 1891 wurde die von den SOS betriebene Pont-Vallorbe-Bahn angekauft.

Das Grundkapital der neuen Gesellschaft wurde aus 52 Millionen Franken Vorzugsaktien und 34 Millionen Stammaktien gebildet. Die Vorzugsaktien setzen sich zusammen aus 38 Millionen bisheriger Aktien der JBL und 14 Millionen der SOS. Der Nominalwert der SOS-Stammaktien wurde von 500 auf 200 Franken reduziert und der dadurch freigestellte Betrag von 52,4 Millionen Franken zu Abschreibung­szwecken verwendet. Der Bund erhielt das Recht für einen Rückkauf der JS.

Bau des Simplontunnels[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nordportal des Simplontunnels bei Brig während der Bauarbeiten
Der nach der Eröffnung des Tunnels eingeführte Simplon-Express mit Lokomotive A 2/4 im Bahnhof Genève-Cornavin

Obwohl die Jura-Simplon-Bahn nur 13 Jahre lang als Bahngesellschaft bestand, verhalf sie den jahrzehntelangen Bemühungen Berns und der Westschweiz zum Bau des Simplontunnels von Brig nach Iselle in Italien zum Durchbruch. Die Studien für den Bau des Tunnels waren schon von den SOS den eidgenössischen und kantonalen Behörden vorgelegt worden. 1891 legte die JS als junger, unternehmerischer Bahnkonzern dem Bundesrat ein definitives Projekt für einen Simplontunnel vor.

Am 25. November 1895 war der Staatsvertrag mit Italien für den Bau des bis dahin längsten Tunnels der Welt unter Dach und Fach. Die Baukosten für den einspurigen Tunnel wurden auf 58'820'000 Franken veranschlagt. Der Staatsvertrag verpflichtet die Schweiz zu 15 Millionen Franken Subventionen und Italien zu 4 Millionen. Italien war im Verwaltungsrat der JS mit vier Mitgliedern vertreten. 1898 begannen die Bauarbeiten an diesem 19’803 Meter langen Tunnel.

Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die JS konnte jedes Jahr eine Dividende ausrichten.

Die Jura-Simplon-Bahn besorgte den Betrieb etlicher anderer Bahnlinien:

Das Unglück von München­stein kostete 73 Fahrgästen das Leben.

Am 14. Juni 1891 war die Jura-Simplon-Bahn von der bis anhin grössten Eisenbahnkatastrophe der Schweiz betroffen. Beim Eisenbahnunfall von Münchenstein brach unter einem aus Basel kommenden Extrazug die von Gustave Eiffel erbaute Eisenbahnbrücke über die Birs unterhalb des Dorfes Münchenstein zusammen.[3] 73 Passagiere kamen dabei ums Leben, 171 wurden verletzt. Ein Soldat starb an den Verletzungen, die er sich bei den Aufräumarbeiten zugezogen hatte. Das Unglück führte zu einer strengeren Aufsicht über die Eisenbahnen. Die Eisenbahnbrücken wurden systematisch untersucht und erste Baunormen geschaffen.[4]

Beim Eisenbahnunfall von Zollikofen prallte am 17. August 1891 in Zollikofen ein Schnellzug Bern–Paris auf einen vor dem geschlossenen Einfahrsignal wartenden Extrazug. Durch den Aufprall wurden 14 Reisende des Extrazuges getötet und 122 verletzt. Der Unfall wurde durch Fehler verschiedener Betriebsstellen verursacht. Dem Schnellzug wurde die Fahrt in einen belegten Zugfolgeabschnitt freigegeben. Durch die ausgeschaltete Druckluftbremse verminderte sich zudem die Bremswirkung.[5][6]

Trotz den Investitionen in den Bau des Simplontunnels konnte die JS alljährlich eine Dividende ausschütten.

Plakatwerbung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jura-Simplon-Bahn machte mit einer Reihe von Plakaten Werbung. Ein Teil davon stammte von Hugo d’Alési.

Verstaatlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Noch während des Baus des Simplontunnels wurde in der Volksabstimmung vom 20. Februar 1898 die Verstaatlichung der Jura-Simplon-Bahn und der anderen vier Hauptbahnen beschlossen. Die Jura-Simplon-Bahn wurde am 1. Mai 1903 von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) übernommen, die den Simplontunnel im Jahre 1906 vollendeten.

Grafische Zusammenfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersicht über die Geschichte der Jura-Simplon-Bahn (E: Eröffnung;   Ü: Übernahme):

 
 
 
 
 
 
 
 
Vorgänger-
bahnen der SOS
 
Vorgänger-
bahnen der JB
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Suisse-Occidentale-
Simplon
(SOS)
Ü: 1.1.1890
 
Jura-Bern-Luzern (JBL)
inkl. Gümligen–Luzern
Ü: 1.1.1890
 
Pont–Vallorbe (PV)
Ü: 1.1.1891
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Schweizerische
Centralbahn
(SCB)[7]
Ü: 1.1.1902
 
Schweizerische
Nordostbahn
(NOB)[7]
Ü: 1.1.1902
 
Vereinigte Schwei-
zerbahnen
(VSB)
Ü: 1.7.1902
 
Jura-Simplon-Bahn (JS)
Ü: 1.5.1903
 
Gotthardbahn (GB)
Ü: 1.5.1909
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Schweizerische Bun-
desbahnen (SBB)
 
 
 
 

Infrastruktur und Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bahnhöfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bahnhöfe Basel, Bern und Bahnhof Luzern der Centralbahn (SCB) sowie der Bahnhof Genf-Cornavin der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn (PLM) wurden von der Jura-Simplon-Bahn mitbenutzt.

Streckennetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Streckennetz der Jura-Simplon-Bahn

Das Streckennetz von 937 km Länge führte von Basel, Genf und den Juragrenzübergängen Delle, La Chaux-de-Fonds, Les Verrières und Vallorbe bis nach Brig und Luzern. Zudem war die schmalspurige Brünigbahn von Luzern nach Brienz Teil des 937 km langen Streckennetzes. Es setzte sich aus den Strecken der Vorgängerbahnen zusammen:

  • Strecken der Jura-Bern-Luzern
    → Abschnitt Streckennetz im Artikel Chemins de fer du Jura bernois
  • Strecken der Suisse-Occidentale-Simplon
    → Abschnitt Streckennetz im Artikel Chemins de fer de la Suisse Occidentale
  • Strecke der Pont-Vallorbe-Bahn

Ausbau auf Doppelspur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schnellzug mit Zweizylinder-Verbund­lokomotive Typ A 2/4 auf der Doppelspurstrecke bei Auvernier.
A 2/4 Nr. 110 vor dem Depot Lausanne.

Die Jura-Simplon-Bahn führten den Doppelspur-Ausbau ihrer Vorgängerinnen weiter. Bei der Übernahme der JS durch die SBB im Jahre 1903 waren 131,20 km (14 %) des Streckennetzes doppelspurig.

Bahnstrecke Streckenabschnitt Doppelspur eröffnet am
Lausanne–Biel LausanneRenens 5. Mai 1856 durch Ouest Suisse
Renens VD–Bussigny 1897
Bussigny–Cossonay 21. August 1895
Cossonay–Daillens 1. Juni 1896
AuvernierNeuenburg 1. Juni 1898[8]
Lausanne–Genf 1868–1879 durch Suisse-Occidentale, Suisse-Occidentale-Simplon (siehe dort) und LFB
Lausanne–Bern Lausanne–La Conversion 1. Mai 1902
ChexbresPalézieux
Lausanne–Brig Lausanne–Lutry 1. Juni 1900
Lutry–Cully 1. Juni 1899
Cully–Rivaz 1. Oktober 1892
Rivaz–Montreux 1. Juni 1892
Montreux–Villeneuve 10. Oktober 1891
Granges-LensSiders 24. Juni 1901
Bern–Biel Lyss–Busswil[9] 1877 durch Bern-Luzern-Bahn

Rollmaterial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jura-Simplon-Bahn benannte ihre Fahrzeuge nach dem damals schweizweit gültigen Bezeichnungssystem.

Der JS standen die folgenden Lokomotiven zur Verfügung. In Klammern ist die ab 1902 gültige Bezeichnung aufgeführt.

Bezeichnung JS-Nr. SBB-Nr.[10] ab 1903 Hersteller Baujahr ausrangiert Bild
A2 (Ec 2/4) 1–12 übernommen 1890 von der Bern-Luzern-Bahn BLB (siehe dort) 1888–1896
A2 (Eb 2/4) 13–16 5441–5442 übernommen 1890 von der Jura-Bern-Luzern-Bahn JBL (siehe dort) 1900–1917
17–32 5451–5476 1900–1947 Eb 2/4
33–42 Esslingen, SLM Winterthur 1880–1892
A2T (B 2/3) 51–63 übernommen 1890 von den Suisse-Occidentale-Simplon SOS (siehe dort) 1890–1902
A2T (B 2/3) 63–67 1892–1896
A2T (B 2/3) 69–73 1890–1892
A2T (B 2/3) 74–79 1074–1079 1904–1907
A2T (B 2/3) 80–82 1080–1082 1903
A2T (A 2/4) 101–130 101–130 SLM Winterthur 1892–1896 1917–1926 A 2/4
A3T (B 3/4) 201–204 1421–1424 übernommen 1890 von den SOS (siehe dort) 1917
205–212 1561–1568 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1924–1932
213–222 1569–1578 SLM Winterthur 1891 1912–1932
A 3/5 231–232 701–702 SLM Winterthur 1902 1926–1964 A 3/5
(Nachbau SBB) 703–811 1904–1909
B2 (Ec 2/4) 251–262 6195–6199 übernommen 1890 von der Lausanne-Fribourg-Bern-Bahn (siehe dort) 1895–1905
B2 (Ec 2/3) 263–267 6398, 6399 übernommen 1890 von dem SOS (siehe dort) 1909–1923
A3T (B 3/4) 301–375[11] 1601–1675 SLM Winterthur 1896–1902 1923–1945 B 3/4
(Nachbau SBB) 1676–1747 1903–1907
B3T (C 3/3) 401–416 2401–2403, 2406–2412, 2413 übernommen 1890 von dem SOS (siehe dort) 1900–1911
417–419 2404, 2413 1898–1909
421–424 übernommen 1890 von der BLB (siehe dort) 1898–1902
425–431 2405, 2415–2416 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1900–1911
C3 (Ed 3/3) 451–457 7291–7297 übernommen 1890 von der BLB (siehe dort) 1906–1916
C3T (D 3/3) 501–505 3351, 3368–3369, 3699 übernommen 1890 von den SOS (siehe dort) 1901–1913
506–508 3364, 3370–3371 1907–1913
509–511 3372–3374 1909–1914
512–519 3352–3353, 3375–3378, 3390 1897–1925
520–539 3354–3359, 3363–3367, 3379–3386, 3389, 3391 1901–1925
540 3387 JS (Werkstätte Yverdon) 1892 1924
541–546 3360–3361, 3392–3393, 3399 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1904–1913
547–555 3362–3363, 3388, 3394–3398 1902–1917
561–565 3421–3425 SLM Winterthur 1890 1916
B3 (Ec 3/4)[12] 601–612 6501–6512 SLM Winterthur 1901 1934–1955 Ec 3/4
(Nachbau SBB) 6513–6529 1904–1910 1933–1961
E3 (E 3/3) 751–752 übernommen 1891 von der Pont-Vallorbe-Bahn (siehe dort) 1924–1948
F2 (E 2/3) 801 übernommen 1890 von den SOS (siehe dort) 1891
F3 (E 3/3) 851–852 8571–8572 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1911–1913
853–856 8574–8576 SLM Winterthur 1890 1911–1916
857–866 8431–8440 1901 1947
Lokomotiven der schmalspurigen Brünigbahn:
G2 (G 3/3) 901–906 101–110 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1911–1916 G 3/3
907–910 SLM Winterthur 1887–1901 1915–1942
HG2 (HG 2/2) 951–958 1001–1008 übernommen 1890 von der JBL (siehe dort) 1908–1911
959–963 1009–1013 SLM Winterthur 1894–1901 1911–1912

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. heute Basel SBB
  2. Einmündung in die Strecke Olten–Luzern der Centralbahn
  3. Stefan Haenni, Eiffels Schuld - Das grösste Eisenbahnunglück der Schweiz. Gmeiner Verlag, Messkirch 2023, ISBN 978-3-8392-0477-1
  4. Das Eisenbahnunglück bei Mönchenstein. (PDF 4.4 MB) Schweizerische Bauzeitung, Band 17 (1891), Heft 25, S. 155, abgerufen am 1. Juli 2022.
  5. Ueber das Eisenbahnunglück in Zollikofen bei Bern. (PDF 1.4 MB) Schweizerische Bauzeitung, Band 18 (1891), Heft 8, S. 50, abgerufen am 2. August 2014.
  6. Eisenbahnunglück bei Zollikofen. (PDF 2.2 MB) Schweizerische Bauzeitung, Band 18 (1891), Heft 9, S. 54–55, abgerufen am 1. Juli 2022.
  7. a b Inklusive der Aargauischen Südbahn, der Bötzbergbahn und der Wohlen-Bremgarten-Bahn, die der Centralbahn und Nordostbahn gemeinsam gehörten.
  8. Neuenburg-Vauseyon–Neuenburg vorher Parallelgleise der beiden Linien nach Lausanne und La Chaux-de-Fonds
  9. Gemeinsam benutzter Abschnitt der Strecken Bern–Lyss–Biel der JS und Lyss–Solothurn der Centralbahn
  10. Die SBB nummerierten die übernommen Lokomotiven nach der Fälligkeit der Kesselrevisionen.
  11. Lokomotive Nr. 301 trug zunächst die Betriebsnummer 231.
  12. Die Lokomotiven 6513, 6515 und 6517–6529 wurden 1922 bis 1928 in der SBB-Hauptwerkstätten Rorschach und Biel umgebaut in Ec 3/5 6601–6615.