Landtagswahl in Thüringen 2019

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

2014Landtagswahl Thüringen 2019[1]2024
     (64,9 % Wahlbeteiligung)
 %
40
30
20
10
0
31,0
23,4
21,7
8,2
5,2
5,0
1,1
1,1
3,2
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2014
 %p
 14
 12
 10
   8
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
  -6
  -8
-10
-12
+2,8
+12,8
−11,8
−4,2
−0,5
+2,5
+0,5
+1,1
−3,4
Sitzverteilung im 7. Thüringer Landtag
      
Insgesamt 90 Sitze
Verhältnis Regierung-Opposition
im 7. Thüringer Landtag
(bis 6. Dezember 2021)
48
42
48 42 
Insgesamt 90 Sitze
Verhältnis Regierung-Opposition
im 7. Thüringer Landtag
(ab 6. Dezember 2021)
48
42
48 42 
Insgesamt 90 Sitze

Die Landtagswahl in Thüringen 2019 fand am 27. Oktober 2019 statt und war die siebte Wahl zum Thüringer Landtag seit der Neugründung des Freistaates Thüringen 1990. Es gab rund 1,73 Mio. Wahlberechtigte, davon 75.000 Erstwähler.[2] Die Wahlbeteiligung lag bei 64,9 %.[1]

Bei der Wahl verlor die bis dahin regierende rot-rot-grüne Koalition aus Linken, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor allem aufgrund der deutlichen Verluste der SPD ihre Mehrheit. Eine regierungsfähige Mehrheit der Oppositionsparteien war zunächst ebenfalls nicht gegeben, da sich CDU und FDP vor der Wahl gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten.

Der Landtag wählte am 5. Februar 2020 Thomas Kemmerich (FDP) dennoch mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten, was zu einer Regierungskrise in Thüringen führte.[3] Am 8. Februar erklärte Kemmerich schriftlich der Präsidentin des Landtags seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung und war bis zur Wahl Bodo Ramelows (Die Linke) am 4. März geschäftsführender Ministerpräsident.[4][5][6]

Wahltermin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach § 18 des Thüringer Wahlgesetzes für den Landtag[7] hatte die Landtagswahl an einem Sonn- oder Feiertag frühestens 57 Monate nach dem Beginn der laufenden Wahlperiode am 14. Oktober 2014[8] und spätestens in ihrem 61. Monat stattzufinden, also frühestens am 21. Juli 2019 und spätestens am 10. November 2019.[9]

Am 28. August 2018 gab die Thüringer Landesregierung bekannt, dass die Wahl am 27. Oktober 2019 stattfinden soll.[10]

Wahlergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Direktmandate in den Wahlkreisen
Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen 2019i[1]
Partei Kurzform Wahlkreisstimmen Landesstimmen Sitze
Anzahl % +/− Anzahl % +/− Direkt-
man-
date
Liste Gesamt +/−
Die Linke Linke 283.589 25,8 −3,6 343.780 31,0 +2,8 11 18 29 +1
Alternative für Deutschland AfD 242.221 22,0 +19,8 259.382 23,4 +12,9 11 11 22 +11
Christlich Demokratische Union Deutschlands CDU 299.438 27,2 −10,5 241.049 21,7 −11,8 21 21 −13
Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD 119.185 10,8 −4,8 90.987 8,2 −4,2 1 7 8 −4
Bündnis 90/Die Grünen Grüne 71.682 6,5 +0,5 57.474 5,2 −0,5 5 5 −1
Freie Demokratische Partei FDP 59.047 5,4 +2,9 55.493 5,0 +2,5 5 5 +5
Die PARTEI PARTEI 12.524 1,1 +0,5
Aktion Partei für Tierschutz Tierschutz hier! 11.936 1,1 neu
Nationaldemokratische Partei Deutschlands NPD 6.044 0,5 −3,1
Graue Panther Graue Panther 5.916 0,5 neu
Partei für Gesundheitsforschung Gesundheitsforschung 5.339 0,5 neu
Ökologisch-Demokratische Partei
Familien-Partei Deutschlands
ÖDP/Familie 1.084 0,1 neu 4.833 0,4 neu
Piratenpartei Deutschland Piraten 436 0,0 −0,4 4.044 0,4 −0,6
Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MLPD 2.354 0,2 neu 2.945 0,3 neu
Bündnis Grundeinkommen BGE 2.700 0,2 neu
Demokratie Direkt DIE DIREKTE! 2.362 0,2 neu
Die blaue Partei Blaue #TeamPetry 856 0,1 neu
Kommunistische Partei Deutschlands KPD 724 0,1 ±−0,0
Sonstige 21.004 1,9 +1,9
Gesamt 1.100.040 100,0 ±0 1.108.388 100,0 ±0 44 46 90 −1
Gültige Stimmen 1.100.040 98,0 +0,1 1.108.388 98,8 +0,2
Ungültige Stimmen 21.774 2,0 −0,1 13.426 1,2 −0,2
Wahlbeteiligung 1.121.814 64,9 +12,2 1.121.814 64,9 +12,2
Wahlberechtigte 1.729.242

Die Partei Die Linke des amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gewann an Stimmen hinzu und wurde mit 31 % erstmals bei einer Landtagswahl im wiedervereinigten Deutschland stärkste Partei. Erstmals erreichte sie auch über 30 % der Stimmen.

Die AfD konnte mit einem Plus von 12,8 Prozentpunkten den größten Stimmenzuwachs unter allen Parteien verzeichnen und wurde mit 23,4 % zweitstärkste Partei, gefolgt von der CDU, welche mit 21,7 % der Stimmen der größte Verlierer der Wahl war und ihr schlechtestes Ergebnis im Freistaat einfuhr.

Die an der Regierung beteiligten Parteien SPD und Grüne mussten ebenfalls Verluste hinnehmen, sodass die bisherige rot-rot-grüne Landesregierung mit 42 von 90 Sitzen keine Mehrheit im neuen Landtag hat.

Mit 73 Stimmen über der 5-Prozent-Hürde (5,0066 Prozent) gelang der FDP nach fünf Jahren der Wiedereinzug in den Thüringer Landtag.[1]

Da die CDU einen Wahlkreis mehr direkt gewann, als ihr nach dem Landesstimmenergebnis Sitze zustanden, erhielt sie ein Überhangmandat; nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren errechnete sich ein Ausgleichsmandat, das der SPD zufiel. Damit sitzen 90 statt 88 Abgeordnete im Landtag.[11]

Gewählte Abgeordnete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausgangslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahl 2014[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Landtagswahl 2014 wurde die CDU von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht mit 33,5 % erneut stärkste Kraft im Thüringer Landtag. Die Linke konnte ihr Ergebnis leicht auf 28,2 % steigern. Die SPD verlor 6,1 Prozentpunkte und erzielte mit 12,4 % ihr bislang niedrigstes Ergebnis in Thüringen. Auf nur noch 2,5 % kam die FDP und schied mit einem Verlust von 5,2 Prozentpunkten aus dem Landtag aus. Die Grünen verloren 0,5 Prozentpunkte und kamen auf 5,7 %.

Der AfD gelang auf Anhieb der Einzug in den Thüringer Landtag mit 10,6 %. Während der Legislaturperiode verlor die AfD-Fraktion vier der ursprünglich elf Mandate durch Austritte und Ausschlüsse. Auch die CDU verlor durch Austritt einen Abgeordneten. Ein ehemaliges AfD-Mitglied schloss sich später der SPD-Fraktion an, ein weiteres der Familien-Partei Deutschlands. Eine SPD-Abgeordnete wechselte im Laufe der Legislaturperiode zur CDU. Die NPD verpasste den Einzug in den Thüringer Landtag mit 3,6 %.

Die Linke, SPD und Grüne lösten unter dem neuen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow die schwarz-rote Landesregierung ab. Erstmals stellte damit die Partei Die Linke einen Ministerpräsidenten.[12]

Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spitzenkandidaten der von 2014 bis 2019 im Landtag vertretenen Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bewerber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es kandidierten in den 44 Wahlkreisen insgesamt 322 Bewerber auf ein Direktmandat sowie 399 Bewerber auf 18 zugelassenen Landeslisten.[13][14]

Partei Kurzbezeichnung Bewerberzahl Platz 1 auf der
Landesliste
Wahl-
kreise
Landes-
liste
Christlich Demokratische Union Deutschlands CDU 44 88 Mike Mohring
Die Linke DIE LINKE 44 42 Bodo Ramelow
Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD 43 47 Wolfgang Tiefensee
Alternative für Deutschland AfD 40 35 Björn Höcke
Bündnis 90/Die Grünen GRÜNE 44 19 Anja Siegesmund
Nationaldemokratische Partei Deutschlands NPD 15 Antje Vogt
Freie Demokratische Partei FDP 44 41 Thomas Kemmerich
Piratenpartei Deutschland PIRATEN 1 12 Bernd Schreiner
Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative Die PARTEI 16 Eggs Gildo
Kommunistische Partei Deutschlands KPD 6 Torsten Schöwitz
Aktion Partei für Tierschutz – das Original TIERSCHUTZ hier! 3 Andi Biernatowski
Bündnis Grundeinkommen – die Grundeinkommenspartei BGE 4 Sebastian Schirmer
Demokratie Direkt! Thüringen DIE DIREKTE! 9 Christian Rombeck
Die blaue Partei Thüringen Blaue #TeamPetry Thüringen 14 Nicole Tantz-Anding
Graue Panther Graue Panther 3 Uwe Held
Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MLPD 19 33 Tassilo Timm
Ökologisch-Demokratische Partei / Familie, Gerechtigkeit, Umwelt ÖDP / Familie 2 7 Martin Truckenbrodt
Partei für Gesundheitsforschung Gesundheitsforschung 5 Kai Liebing
Freie Wähler in Thüringen FREIE WÄHLER 18
Menschliche Welt MENSCHLICHE WELT 1
Einzelbewerber 22

Die Freien Wähler kandidierten nicht mit einer Landesliste, da sie die Liste nicht rechtzeitig einreichten.[15]

Umfragen und Prognosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonntagsfrage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institut Datum CDU Linke SPD AfD Grüne FDP Sonst.
Forschungsgruppe Wahlen[16] 24.10.2019 26 % 28 % 9 % 21 % 7 % 5 % 4 %
INSA[16] 24.10.2019 24 % 28 % 9 % 24 % 8 % 5 % 2 %
Infratest dimap[16] 17.10.2019 24 % 29 % 8 % 24 % 7 % 4 % 4 %
Forschungsgruppe Wahlen[17] 17.10.2019 26 % 27 % 9 % 20 % 8 % 5 % 5 %
INSA[16] 26.09.2019 23 % 29 % 9 % 24 % 9 % 4 % 2 %
Infratest dimap[16] 16.09.2019 22 % 28 % 7 % 25 % 8 % 5 % 5 %
INSA[16] 22.08.2019 24 % 26 % 9 % 21 % 11 % 4 % 5 %
Infratest dimap[16] 30.07.2019 21 % 25 % 8 % 24 % 11 % 5 % 6 %
INSA[16] 27.06.2019 26 % 24 % 10 % 20 % 10 % 5 % 5 %
INSA[18] 30.05.2019 26 % 25 % 11 % 20 % 8 % 5 % 5 %
INSA[16] 25.04.2019 27 % 25 % 10 % 19 % 7 % 6 % 6 %
Infratest dimap[16] 26.03.2019 28 % 24 % 11 % 20 % 8 % 5 % 4 %
INSA[16] 26.03.2019 27 % 24 % 10 % 20 % 8 % 5 % 6 %
Landtagswahl 2014 14.09.2014 33,5 % 28,2 % 12,4 % 10,6 % 5,7 % 2,5 % 7,3 %

Ältere Umfragen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2015 – 2018
Institut Datum CDU Linke SPD AfD Grüne NPD FDP Sonst.
INSA[16] 09.11.2018 23 % 22 % 12 % 22 % 12 % 6 % 3 %
Infratest dimap[16] 28.08.2018 30 % 22 % 10 % 23 % 6 % 5 % 4 %
INSA[16] 02.06.2018 31 % 26 % 10 % 18 % 6 % 5 % 4 %
INSA[16] 23.02.2018 32 % 24 % 10 % 18 % 7 % 5 % 4 %
INSA[16] 23.10.2017 31 % 20 % 13 % 20 % 4 % 7 % 5 %
INSA[16] 04.08.2017 37 % 22 % 11 % 18 % 4 % 5 % 3 %
Infratest dimap[16] 22.06.2017 37 % 27 % 10 % 13 % 5 % 4 % 4 %
INSA[16] 14.04.2017 33 % 22 % 15 % 19 % 5 % 4 % 2 %
INSA[16] 02.12.2016 31 % 23 % 13 % 20 % 6 % 4 % 3 %
Infratest dimap[16] 22.11.2016 32 % 23 % 12 % 21 % 6 % 3 % 3 %
INSA[16] 22.06.2016 31,5 % 26 % 11,5 % 17,5 % 7 % 3,5 % 3 %
Infratest dimap[16] 17.06.2016 32 % 25 % 11 % 19 % 7 % 6 %
INSA[16] 20.04.2016 31 % 26,5 % 13 % 15 % 8,5 % 4 % 2 %
INSA[16] 15.01.2016 33,5 % 27 % 14,5 % 13,5 % 7 % 4,5 %
INSA[16] 16.10.2015 35,5 % 24,5 % 15,5 % 12 % 6,5 % 6 %
Infratest dimap[16] 17.09.2015 35 % 27 % 13 % 9 % 7 % 4 % 5 %
INSA[16] 08.07.2015 38 % 30 % 11 % 8 % 6 % 2 % 2 % 3 %
Infratest dimap[16] 05.06.2015 34 % 27 % 14 % 8 % 7 % 3 % 2 % 5 %
INSA[16] 01.04.2015 38 % 28 % 11 % 7 % 7 % 3 % 6 %
INSA[16] 03.02.2015 40 % 29 % 11 % 10 % 6 % 4 %
Landtagswahl 2014 14.09.2014 33,5 % 28,2 % 12,4 % 10,6 % 5,7 % 3,6 % 2,5 % 3,6 %

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonntagsfragen zur Landtagswahl von Infratest Dimap (D) und INSA (I) und Ergebnis der Wahl 2014.

Hypothetische Direktwahl Ministerpräsident[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institut Datum Bodo Ramelow (Linke) Mike Mohring (CDU) Wolfgang Tiefensee (SPD) Andreas Bausewein (SPD) Björn Höcke (AfD)
Forschungsgruppe Wahlen[19] 27.10.2019 53 % 32 %
72 % 14 %
Infratest dimap[20] 27.10.2019 52 % 31 %
Forschungsgruppe Wahlen[21] 24.10.2019 54 % 29 %
76 % 8 %
Forschungsgruppe Wahlen[22] 17.10.2019 50 % 31 %
76 % 6 %
INSA[23] 22.08.2019 41 % 15 % 8 %
Infratest dimap[24] 30.07.2019 52 % 28 %
INSA[25] 27.06.2019 39 % 17 % 9 %
INSA[26] 30.05.2019 39 % 13 % 7 %
INSA[27] 25.04.2019 42 % 15 % 8 %
Infratest dimap[28] 26.03.2019 52 % 20 % 9 %
Infratest dimap[29] 28.08.2018 49 % 29 %
INSA[30] 23.02.2018 50 % 23 % 18 % 9 %
INSA[31] 23.10.2017 33 % 24 % 13 % 8 %

Regierungsbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koalitionsaussagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ministerpräsident Bodo Ramelow erklärte, er werde mit der Linkspartei für eine Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition kämpfen. Er strebe keine Minderheitsregierung an, doch wäre eine solche „kein Weltuntergang“.[32]

CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring schloss für die CDU Thüringen Koalitionen mit der AfD und der Linkspartei aus.[33] Mohring sprach sich daher für eine Vier-Parteien-Koalition der Christdemokraten mit SPD, Grünen und FDP aus und warnte vor einer möglichen Minderheitsregierung Ramelows.[34][35] Die SPD sprach sich für die Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition aus.[36] Der FDP-Landesvorsitzende Thomas Kemmerich schloss Koalitionen mit den Linken und der AfD aus.[37]

Koalitionsmöglichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parteien Sitze
Absolute Mehrheit (≥ 46 Sitze)
      CDU, Linke 50
             Linke, SPD, Grüne, FDP 47
Keine Mehrheit (< 45 Sitze)
          Linke, SPD, Grüne 42
             CDU, SPD, Grüne, FDP 39
Sitze gesamt 90

Im Oktober 2019 wurde die Partei Die Linke unter dem seit 2014 regierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow stärkste Kraft im Parlament, die bisherige rot-rot-grüne Landesregierung verlor jedoch die absolute Mehrheit der Abgeordnetensitze. Der sechs-Parteien-Landtag kam durch den knappen Einzug der FDP zustande: Das Ergebnis für die FDP lag fünf Stimmen über der Fünf-Prozent-Hürde. Eine von CDU und FDP bevorzugte Simbabwe-Koalition (schwarz-rot-grün-gelb) erhielt ebenfalls keine Mehrheit.

Die einzigen theoretischen Mehrheitsbündnisse, die von mindestens einer Partei öffentlich thematisiert wurden, waren rot-rot-grün-gelb und eine Koalition der Linken mit der CDU. Im Vorfeld wurde medial auch die Möglichkeit diskutiert, dass Bodo Ramelow ohne eine erneute parlamentarische Wahl das Ministerpräsidentenamt lediglich geschäftsführend weiterbekleiden könnte.

Kooperationsgespräche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Thüringer CDU offenbarte nach der Landtagswahl 2019 Uneinigkeit: Während einige eine Kooperation mit den Linken ausschlossen, befürworteten andere Gespräche mit dem bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Dazu zählte auch der Landesvorsitzende der CDU Thüringen, Mike Mohring. Er besuchte Ende Oktober die Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer in der Absicht, sich anschließend mit Ramelow zu treffen. Sie erinnerte daran, dass für die CDU weiterhin die „Unvereinbarkeit einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei“ gelte und Mohrings Kontakt zu Ramelow nur eine „parlamentarische Selbstverständlichkeit“ sei.

Bereits im Oktober bzw. November 2019 hatte die FDP klargemacht, dass sie weder mit der Linken noch mit der AfD koalieren werde.

Ein Treffen zwischen Ramelow und Mohring am 12. Januar 2020 erbrachte keine neuen Erkenntnisse, wie und ob die parlamentarische Opposition Ramelow unterstützen könnte, ebenso wenig ein Treffen zwischen Politikern aus allen Landtagsfraktionen mit Ausnahme der AfD am 13. Januar 2020.

Der Ministerpräsident Bodo Ramelow erklärte nach der Wahl, er werde mit der Linkspartei für eine Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition kämpfen. Die drei bisherigen Regierungsparteien unterzeichneten am 4. Februar einen Regierungsvertrag, um das rot-rot-grüne Bündnis als Minderheitsregierung weiterzuführen. Die beteiligten Parteien vertrauten dabei auf eine situative parlamentarische Kooperation mit der CDU und der FDP.

Kontroverse Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar 2020[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Kemmerich nach dem dritten Wahlgang am 5. Februar 2020

Am 5. Februar 2020 wählten die Abgeordneten des Thüringer Landtags im dritten Wahlgang mit 45 zu 44 Stimmen den FDP-Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten statt, wie erwartet, Bodo Ramelow.[38] Kemmerich kandidierte nur im dritten Wahlgang. Augenscheinlich entfielen auf ihn nicht nur Stimmen von FDP und CDU, sondern auch von der AfD, denn für deren Wahlvorschlag Christoph Kindervater votierte im entscheidenden Wahlgang niemand.[39][40] In der Geschichte der Bundesrepublik war es ein Novum, dass die kleinste Landtagsfraktion den Regierungschef stellte, und die FDP besaß keinen vertraglichen Koalitionspartner, auf dessen Zuverlässigkeit Kemmerich hätte bauen können.

Ramelow erklärte am 6. Februar, dass er weiterhin vorhabe, Ministerpräsident zu werden. Am 8. Februar trat Kemmerich zurück und wurde in der Folge geschäftsführender Ministerpräsident. Sein Rücktritt ebnete den Weg, einen neuen Regierungschef zu wählen, ohne dass sich der Landtag auflösen musste oder dass andere Wege zu einem Wechsel des Regierungschefs, z. B. ein Misstrauensvotum, notwendig waren.[41][42] Ende Februar wurde für den 4. März die nächste Wahl des Ministerpräsidenten angesetzt, aus der Ramelow im dritten Wahlgang als neuer Ministerpräsident hervorging, und zugleich wurde vereinbart, dass die stimmberechtigten Bürger im April 2021 einen neuen Landtag wählen werden.[43][44]

Der angestrebte nächste Landtagswahl­termin rückte wegen der Corona-Pandemie nach hinten. Neues Ziel war der 26. September 2021, an dem auch die Bundestagswahl und die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin stattfanden,[45] doch am 16. Juli 2021 entzogen die Fraktionen der Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen dem geplanten Auflösungs­antrag an das Präsidium des Landtags ihre Unterstützung, nachdem Mandatsträger aus der Linken und aus der CDU signalisiert hatten, einer Auflösung nicht zustimmen zu wollen.[46]

Fraktions- und Parteiaustritt nach der Wahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sitzverteilung Stand Januar 2023:
       
Insgesamt 90 Sitze

FDP[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 19. März 2020 erklärte die Abgeordnete Ute Bergner, ihre Mitgliedschaft in der FDP ruhen zu lassen, trat am 5. Juli 2021 dann aus der Partei aus[47], blieb aber zunächst als Parteilose Mitglied der FDP-Landtagsfraktion, die sie am 6. September 2021 ebenfalls verließ.[48] Bergner beantragte die Mitgliedschaft in der im November 2020 gegründeten Partei Bürger für Thüringen, die aus dem gleichnamigen, im März 2020 gegründeten Verein hervorging, der der Querdenkerszene nahesteht und dessen Vorsitzende sie ist.[49][50] Die FDP verlor durch den Austritt ihren Fraktionsstatus und ist nur noch ein parlamentarische Gruppe von 4 MdL im Landtag vertreten.[51]

AfD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der AfD-Politiker Lars Schütze wurde aus unbekannten Gründen am 13. Oktober 2021 aus der AfD-Fraktion des Thüringer Landtags ausgeschlossen.[52] Am 6. Dezember 2021 gab die AfD-Politikerin Tosca Kniese ihren Partei- und Fraktionsaustritt bekannt. Als Grund für ihren Austritt nannte sie die sozialpolitischen Vorstellungen Björn Höckes, die sie als Unternehmerin nicht weiter mittragen könne. Durch Knieses Entscheidung ist die thüringische AfD-Fraktion nicht mehr die stärkste Oppositionsfraktion des Landtags.[53] Am 23. März 2022 trat Birger Gröning als dritter Abgeordneter ebenfalls aus der Partei und Fraktion aus.[54]

Bürger für Thüringen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 20. Juni 2022 gründeten die vier ehemaligen Abgeordneten von FDP und AfD die parlamentarische Gruppe Bürger für Thüringen. Zwei Tage darauf wurde der Antrag auf parlamentarische Anerkennung an die Präsidentin des Thüringer Landtags gestellt.[55] Am 15. Juli 2022 wurde die parlamentarische Gruppe Bürger für Thüringen im Thüringer Landtag anerkannt.[56] Im Dezember 2022 traten Gröning und Schütze schließlich aus der Partei und der Landtagsgruppe aus. Im Zuge dessen verloren die Bürger für Thüringen am 12. Januar 2023 ihren Gruppenstatus im Thüringer Landtag.[57]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Landtagswahl in Thüringen 2019 – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Landtagswahl 2019 in Thüringen − endgültiges Ergebnis. In: wahlen.thueringen.de. 2019, abgerufen am 14. Februar 2020.
  2. Rund 1,73 Millionen Wahlberechtigte zur Landtagswahl im Oktober 2019; 75.000 Erstwähler. (PDF; 243,14 kB) In: statistik.thueringen.de. 12. September 2019, abgerufen am 12. September 2019.
  3. Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt. Thüringer Landtag, 5. Februar 2020, abgerufen am 22. Januar 2023.
  4. Ministerpräsident zurückgetreten. Rücktrittsschreiben im Landtag eingetroffen. Thüringer Landtag, 8. Februar 2020, abgerufen am 22. Januar 2023.
  5. insuedthueringen.de: Kemmerich tritt sofort zurück − Koalition für rasche Neuwahl (Memento vom 8. Februar 2020 im Internet Archive)
  6. Ramelow im zweiten Anlauf wieder Ministerpräsident. In: reuters.com. 4. März 2020, abgerufen am 22. Januar 2022.
  7. Thüringer Wahlgesetz für den Landtag. In: landesrecht.thueringen.de, juris GmBH. 30. Juli 2012, abgerufen am 14. Februar 2020.
  8. 1. Sitzung. In: parldok.thueringen.de. 14. Oktober 2014, abgerufen am 14. Februar 2020 (Konstituierende Sitzung des 6. Thüringer Landtags).
  9. wahlen.thueringen.de: Wahltermine in Thüringen (Memento vom 22. August 2018 im Internet Archive)
  10. Landtagswahl in Thüringen soll am 27. Oktober 2019 stattfinden. In: thueringer-allgemeine.de. 28. August 2018, abgerufen am 28. August 2018.
  11. Live-Ticker zur Landtagswahl in Thüringen. In: mdr.de. 28. Oktober 2019, abgerufen am 14. Februar 2020.
  12. Bodo Ramelow − erster linker Ministerpräsident. In: die-linke.de. 2014, abgerufen am 14. Februar 2020.
  13. wahlen.thueringen.de: Zugelassene Landeslisten (Memento vom 28. Oktober 2019 im Internet Archive)
  14. wahlen.thueringen.de: Übersicht zu Wahlvorschlägen (Memento vom 31. Dezember 2019 im Internet Archive)
  15. Freie Wähler treten bei Landtagswahl nicht mit Liste an. In: mdr.de. 30. August 2019, abgerufen am 22. Februar 2020.
  16. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae Wahlrecht.de: Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre … (Memento vom 30. Oktober 2019 im Internet Archive)
  17. Rot-rot-grüner Landesregierung droht Verlust der Mehrheit. In: zdf.de. 17. Oktober 2019, archiviert vom Original am 12. August 2020;.
  18. CDU in Thüringen knapp vor Linken. In: n-tv.de. 30. Mai 2019, abgerufen am 22. Februar 2020.
  19. forschungsgruppe.de: Wahlanalyse Thüringen 2019 (Memento vom 27. Oktober 2019 im Internet Archive)
  20. Landtagswahl 2019 Thüringen. In: tagesschau.de. 27. Oktober 2019, abgerufen am 22. Februar 2020.
  21. Schwierige Regierungsbildung in Thüringen zu erwarten. In: zdf.de. 24. Oktober 2019, archiviert vom Original am 20. Oktober 2020;.
  22. forschungsgruppe.de: Politbarometer-Extra Thüringen Oktober I 2019 (Memento vom 17. Oktober 2019 im Internet Archive)
  23. Rot-Rot-Grün könnte Thüringen weiterregieren. In: thueringer-allgemeine.de. 22. August 2019, abgerufen am 22. August 2019.
  24. Linke erstmals vor stark geschwächter CDU. In: thueringer-allgemeine.de. 22. Februar 2020, abgerufen am 30. Juli 2019.
  25. Thüringer Grüne profitieren zunehmend von Bundestrend. In: thueringer-allgemeine.de. 27. Juni 2019, abgerufen am 27. Juni 2019.
  26. Linke vor Landtagswahl weiter auf Augenhöhe mit CDU. In: thueringer-allgemeine.de. 30. Mai 2019, abgerufen am 30. Mai 2019.
  27. Bei Direktwahl des Ministerpräsidenten hätte Bodo Ramelow die Nase vorn. In: thueringer-allgemeine.de. 25. April 2019, abgerufen am 25. April 2019.
  28. Plus für Rot-Rot-Grün − aber ohne Mehrheit. In: mdr.de. 26. März 2019, abgerufen am 26. März 2019.
  29. Arbeit von Minister Tiefensee wird am besten bewertet. In: mdr.de. 22. Februar 2020, abgerufen am 30. August 2018.
  30. Verluste für Linke, SPD und CDU in Thüringen. In: welt.de. 20. März 2018, abgerufen am 23. Februar 2018.
  31. CDU-Absturz, Linke und AfD gleichauf, Grüne unter fünf Prozent. In: welt.de. 23. Oktober 2017, abgerufen am 23. Oktober 2017.
  32. t-online.de: „Den Menschen wurde der Stolz auf ihre Heimat genommen“ (Memento vom 14. Februar 2020 im Internet Archive)
  33. CDU-Chef Mohring schließt Koalition mit AfD und Linken nach Wahl aus. In: thueringer-allgemeine.de. 9. Oktober 2018, abgerufen am 12. Februar 2020.
  34. Umfragen sind Rückenwind für FDP vor Landtagswahl. In: sueddeutsche.de. 25. Oktober 2019, abgerufen am 14. Februar 2020.
  35. arte.tv: Mohring kritisiert Ramelows Pläne bei möglichem Verlust der Mehrheit (Memento vom 27. Oktober 2019 im Internet Archive)
  36. SPD will Rot-Rot-Grün fortsetzen. In: mdr.de. 25. Oktober 2019, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  37. FDP rechnet mit Wiedereinzug in den Landtag. In: mdr.de. 26. Oktober 2019, abgerufen am 14. Februar 2020.
  38. FDP-Politiker Kemmerich wird überraschend Ministerpräsident. In: sueddeutsche.de. 5. Februar 2020, abgerufen am 5. Februar 2020.
  39. Mehrheit ist Mehrheit. In: tlz.de. 6. Februar 2020, abgerufen am 8. Februar 2020: „Null Stimmen aus der AfD für den AfD-Vorschlag“
  40. Es war ein Fehler. In: fdp.de. 7. Februar 2020, abgerufen am 7. Februar 2020.
  41. Ramelow steht für Ministerpräsidentenwahl bereit. In: insuedthueringen.de. 8. Februar 2020, abgerufen am 8. Februar 2020.
  42. Was folgt nach einem Kemmerich-Rücktritt − und wie sind Neuwahlen möglich? In: tagesspiegel.de. 6. Februar 2020, abgerufen am 11. Februar 2020: „Mit einem formalen Rücktritt […] eine neuerliche Wahl eines neuen Ministerpräsidenten im Landtag“
  43. Neuer Ministerpräsident wird im März gewählt − er stellt sich zur Wahl. In: thueringen24.de. 22. Februar 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Februar 2020; abgerufen am 22. Januar 2023.
  44. Ramelow als Ministerpräsident von Thüringen wiedergewählt. In: rtl.de. 4. März 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2020; abgerufen am 22. Januar 2023.
  45. Landtagswahl in Thüringen wegen Corona-Pandemie verschoben. In: sueddeutsche.de. 14. Januar 2021, abgerufen am 23. Januar 2021.
  46. Landtagsauflösung in Thüringen abgesagt. In: wallstreet-online.de. 16. Juli 2021, abgerufen am 16. Juli 2021.
  47. Abgeordnete Bergner verlässt endgültig FDP. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 5. Juli 2021, abgerufen am 5. Juli 2021.
  48. dpd-Meldung: Parteienwechsel - Bergner verlässt FDP-Fraktion für "Bürger für Thüringen". www.insuedthueringen.de, 20. Juli 2021, abgerufen am 22. Juli 2021.
  49. Bastian Wierzioch: Verein "Bürger für Thüringen" verbreitete populistische Verschwörungserzählungen. In: MDR Thüringen. 22. April 2020, abgerufen am 26. April 2020.
  50. mdr.de: Partei "Bürger für Thüringen" gründet sich in Suhl | MDR.DE. In: mdr.de. Mitteldeutscher Rundfunk, 20. November 2020, abgerufen am 5. Juli 2021.
  51. SITZVERTEILUNG IM THÜRINGER LANDTAG. In: thueringer-landtag.de. Abgerufen am 1. Januar 2024.
  52. ZEIT.de: AfD-Landtagsfraktion schließt Abgeordneten Schütze aus (13. Oktober 2021); eingesehen am 13. Oktober 2021
  53. Süddeutsche.de: AfD: Abgeordnete Kniese tritt aus Partei und Fraktion aus (6. Dezember 2021); eingesehen am 6. Dezember 2021
  54. AfD Thüringen schrumpft weiter – auch ER macht Schluss. thueringen24.de, abgerufen am 24. März 2022.
  55. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit einer neuen Gruppe. insuedthueringen.de, abgerufen am 23. Juni 2022.
  56. Bürger für Thüringen: Landtag erkennt neue Gruppe an. stern.de, abgerufen am 15. Juli 2022.
  57. Landespolitik: Partei Bürger für Thüringen: Gröning und Schütze ausgetreten. In: zeit.de. 20. Dezember 2022, abgerufen am 12. Januar 2023.