Liste spätantiker Taufpiscinen

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Die Liste spätantiker Taufpiscinen erfasst eine Auswahl ebenerdiger oder in den Boden eingelassener Becken zur Taufe, die gut erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Sowohl die Piscinen als auch die Gebäude, in denen sie sich befinden, werden in der Literatur als Baptisterium bezeichnet. In der Frühphase des Christentums wurden Baptisterien als besondere Bauten meist unmittelbar neben einer Kirche errichtet, oft auch mit dieser verbunden. Sie waren häufig als Zentralbau mit viereckigem, rundem, polygonalem oder vornehmlich im Osten auch kreuzförmigem Grundriss mit einem großen Taufbecken in der Mitte ausgebildet. Gelegentlich war das Taufbecken von einem Säulenkranz umgeben, über dem sich ein Baldachin bzw. Ciborium befand, vermutlich mit Vorhängen, ein Blickschutz für den unbekleideten Täufling.[1] Schon seit der Spätantike konnte es an einem Ort auch mehrere Baptisterien geben.

Das frühe Christentum partizipierte an der griechisch-römischen Badekultur. Dies führte in der Spätantike zur Nutzung von Thermen für die Taufe und zum Bau von Baptisterien. Das architektonische Vorbild waren antike Baderäume, die stets Zentralräume waren, meist mit quadratischem Grundriss, oft durch eine Kuppel überwölbt.[2] Die Ausrichtung des Raumes ist auf seine Mitte bezogen, wo sich das Taufbecken befindet.[3] Manchmal sind Reste eines Überbaus (ciborium) erhalten, an dem Vorhänge als Sichtschutz aufgehängt werden konnten. Das Taufbecken (lat. piscina) übernahm den Namen und die Form von antiken Wasserbecken; sämtliche Taufbecken-Formen kommen auch in profanen Kontexten vor. Etwa 30 % der Becken waren rund, 23 % rechteckig oder quadratisch, 16 % achteckig, 16 % kreuzförmig. Letzteres legt zwar eine christliche Deutung nahe, kam aber auch vorher schon in Profanbauten vor.[4]

Liste, nach Ländern geordnet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bild Land Ort Beschreibung
Albanien Butrint, Baptisterium

Standort

In eine antike Badeanlage hineingebaut, unter Benutzung des existierenden Systems der Zuleitung und Ableitung von Wasser.[5] Die Archäologen fanden Wasserreservoirs, unterirdische Leitungen und eine Heizvorrichtung für das Taufwasser.[5]
Algerien Hippo Regius (Annaba), Baptisterium Frühes 5. Jahrhundert. Kreuzförmige Taufpiscina unter einem von vier Säulen getragenen Baldachin.[6]
Bulgarien Byala, Sveti Atanas

Standort

Bei Ausgrabungen einer antiken Festung an der Schwarzmeerküste kamen 2012 insgesamt drei Taufpiscinen zum Vorschein, eine innerhalb einer Basilika und die beiden anderen ein paar Meter außerhalb des Kirchengebäudes, und zwar übereinander, eine aus dem 5. und eine aus dem 6. Jahrhundert. Zwei der Piscinen hatten einen kreuzförmigen Grundriss. Die Ausgräber nehmen an, dass Veränderungen im Taufritual den Bau eines dritten Taufbeckens notwendig machten.[7]
Deutschland Boppard, St. Severus Im römischen Kastell von Boppard richtete die Zivilbevölkerung nach Abzug des Militärs im 5. Jahrhundert eine Saalkirche ein; in einem Nebenraum befand sich ein Taufbecken mit einem Durchmesser von 1,30 m und einer Tiefe von 0,6 m. Eine umlaufende, kreisförmige Mauer trug Holzpfosten eines Baldachins (ciborium).[8] Im Zuge der Innenrenovierung der Pfarrkirche St. Severus wurde auch der Zugang zum frühchristlichen Taufbecken, das sich unter dem Hauptschiff befindet, verbessert.[9]
Deutschland Köln, Dom, Taufkirche 6. Jahrhundert. Vom Baptisterium am Kölner Dom blieb das achteckige Taufbecken mit eingeschwungenen Seitenwänden erhalten. Bei der Neugestaltung der östlichen Domumgebung wurde 2004 bis 2006 ein Vorbau für das Baptisterium geschaffen; das Taufbecken ist durch ein Panoramafenster jederzeit zu sehen.[10]
Frankreich Aix-en-Provence, Kathedrale Saint Sauveur, Baptisterium

Standort

Frankreich Cemenelum (Cimiez), Baptisterium

Standort

Im 4. Jahrhundert wurde eine christliche Kirche in die größte Badeanlage des römischen Gallien eingebaut. Vom Baptisterium blieb die hexagonale Taufpiscina erhalten, in die drei Stufen hinunterführen.[11]
Frankreich Châteauneuf-Grasse, Notre-Dame du Brusc

Standort

6. Jahrhundert?
Frankreich Fréjus, Kathedrale Saint-Léonce

Standort

Die Taufpiscina wird ergänzt durch ein Becken für die Fußwaschung (dolium), welche nach dem ambrosianischen Ritus vor der Ganzkörpertaufe stattfindet. Von den acht Säulen, welche den Baldachin (ciborium) trugen, ist nur eine teilweise erhalten.[12]
Frankreich Poitiers, Baptisterium Saint-Jean

Standort

Achteckige Taufpiscina, in die vier Stufen hinabführen; 1,30 Meter tief. Über Terrakotta-Rohre wurde der Zufluss und Abfluss des Wassers geregelt.[13]
Griechenland Rhodos, Ialysos

Standort

Griechenland Paros, Panagia Ekatontapyliani

Standort

Israel Avdat, Nordkirche

Standort

Israel Schivta, Südkirche

Standort

Im Vorraum der Südkirche befindet sich ein Baptisterium mit kreuzförmigem Taufbecken, in das der Täufling auf der einen Seite auf Stufen hinabsteigt und aus dem er nach dem Empfang der Taufe auf der entgegengesetzten Seite heraustritt. Gemäß einer Inschrift auf einem Türsturz wurde die Südkirche von 415 bis 430 errichtet.
Italien Aquileia, Basilika, Baptisterium

Standort

Italien Grado (Friaul-Julisch Venetien), Baptisterium

Standort

6. Jahrhundert.[14]
Italien Mailand, San Giovanni alle Fonti

Standort

2. Hälfte 4. Jahrhundert.
Italien Neapel, Kathedrale Santa Restituta, Baptisterium San Giovanni in Fonte

Standort

Italien Nocera Superiore, Santa Maria Maggiore

Standort

In eine antike Badeanlage hineingebaut, unter Benutzung des existierenden Systems der Zuleitung und Ableitung von Wasser.[5]
Italien Ravenna, Baptisterium des Neon

Standort

Im Wasser spiegelte sich das Deckenmosaik mit Darstellung der Taufe Jesu (um 458), mit dem sich der Katechumene bei der Taufe verband.[4]
Jordanien Mose-Memorialkirche auf dem Berg Nebo

Standort

Jordanien Petra, Basilika

Standort

Von vier Säulen eingefasstes, kreuzförmiges Taufbecken. Die Säulen trugen wahrscheinlich ein Baldachin.[15]
Kroatien Poreč, Euphrasius-Basilika, Baptisterium

Standort

Libyen Apollonia (Kyrenaika), Ostbasilika

Standort

Libyen Sabratha, Apuleus-Basilika

Standort

Nordmazedonien Ohrid, Sv. Panteleimon, Baptisterium
Nordmazedonien Stobi, Basilika des Bischofs Philippos

Standort

5. Jahrhundert. Südlich der Basilika befindet sich das überkuppelte Baptisterium mit Mosaikfußboden und Fresken an den Wänden.[16]
Nordzypern Agia Trias (Sipahi)

Standort

6. Jahrhundert.
Palästina Emmaus Nikopolis

Standort

5. Jahrhundert.
Portugal Torre de Palma, Villa Lusitano-Romana

Standort

Umnutzung einer Thermenanlage mit Kirche, Baptisterium und Gräberfeld.
Schweiz Riva San Vitale, Baptisterium

Standort

Das Johannes dem Täufer geweihte Baptisterium aus dem 6. Jahrhundert ist das älteste christliche Bauwerk der Schweiz. Im Boden, unter dem monolithischen Taufstein (um 1200), befindet sich die achteckige Taufpiscina.
Slowenien Ljubljana (Emona), Baptisterium

Standort

Spanien El Bovalar, Frühchristliche Basilika 6. Jahrhundert. Becken zum Untertauchen, überwölbt von einem Baldachin: Tonnengewölbe auf ursprünglich sechs Säulen mit hufeisenförmigen Bögen.[17]

Heute im Museu de Lleida.

Spanien Mallorca, Basilika von Son Peretó

Standort

Spanien San Pedro Alcántara, Basilika von Vega del Mar

Standort

Sehr gut erhaltene Piscina für die Immersionstaufe; Mitte des 6. Jahrhunderts zu der um 500 erbauten Basilika hinzugefügt.[18]
Spanien Santianes de Pravia, San Juan

Standort

Syrien Qal’at Sim’an, Baptisterium

Standort

Tunesien Bekalta (El Gaala) 7. Jahrhundert. 1993 im ländlichen Umland von Leptis Minor entdeckt. Die Piscina, die ein Geviert von etwa fünf Metern einnimmt, ist mit Mosaiken ausgekleidet, die Vögel, Akanthusranken, Blumen und Früchte darstellen. Im Zentrum ein verziertes griechisches Kreuz mit Alpha und Omega. Achtpass, wobei runde und eckige Nischen abwechseln. Von jeder der acht Nischen führen zwei Stufen in die Mitte der Piscina hinunter. Eine Inschrift paraphrasiert die Bibelstelle Lk 2,14.[19]

Heute im Archäologischen Museum von Sousse.

Tunesien Bulla Regia, Kirche des Priesters Alexander

Standort

5./6. Jahrhundert.[20] Kreuzförmiger Grundriss; zwei Marmorplatten trennen die Seitenarme von der eigentlichen rechteckigen Taufpiscina, wodurch trockene Standorte für den Priester oder Diakon geschaffen wurden.[21] Die Piscina, in die Stufen hinab- und wieder heraufführen, hat mit fast zwei Metern eine ungewöhnliche Tiefe.[22]
Tunesien Djerba, Baptisterium von Meninx (El Kantara) Heute im Nationalmuseum von Bardo in Tunis.
Tunesien Hammam Ghezèze, Baptisterium von Clipea (Kelibia) Umlaufende Inschrift: „Gewidmet dem überaus gesegneten, heiligen Cyprian, Bischof und Hohenpriester, wie auch dem heiligen Adelphius, einem Presbyter, in Einheit mit ihm. Aquinius und seine Juliana, mit der Familie und - Dank sei Gott! - ihren Kindern, ließen diese Mosaiken machen für die angenehmen Wasser des ewigen Lebens.“[23]

Heute im Nationalmuseum von Bardo in Tunis.

Tunesien Sufetula (Sbeitla), Kirche des Priesters Vitalis

Standort

5./frühes 6. Jahrhundert. Ungewöhnlicher, lippenartiger Grundriss mit vier tiefen Stufen an den Schmalseiten.[24]
Tunesien Sufetula (Sbeitla), Kirche des Servus

Standort

Das Baptisterium wurde in die Cella eines paganen Tempels hineingebaut. Die Piscina besteht aus einem runden Taufbecken auf der untersten Ebene, darüber einer Vierpassform auf der mittleren Ebene und einem abgerundeten Hexagon auf der obersten Ebene.[25]
Tunesien Thuburbo Majus

Standort

Türkei Alahan Manastir

Standort

Türkei Ephesos (Selçuk), Johanneskirche

Standort

Türkei Ephesos (Selçuk), Marienkirche

Standort

Türkei Istanbul, Hagia Sophia

Standort

Das Taufbecken besteht aus einem einzigen Marmorblock, 3,3 Meter lang, 2,5 Meter breit und 1,5 Meter hoch. Es ist älter als die Hagia Sophia und stand ursprünglich im Baptisterium. Von dort wurde es im 17. Jahrhundert entfernt und ins Atrium versetzt.[26]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sebastian Ristow: Frühchristliche Baptisterien (= Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 27). Aschendorff, Münster 1998, ISBN 3-402-08111-3.
  • Peter Poscharsky: Der Ort der Taufe. In: Bettina Seyderhelm (Hrsg.): Tausend Jahre Taufen in Mitteldeutschland. Schnell & Steiner, Regensburg 2006, ISBN 978-3-7954-1893-9, S. 21–27.
  • Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, ISBN 978-90-04-18898-3.
  • Hannah Schneider: Die Entwicklung der Taufbecken in der Spätantike. In: David Hellholm, Tor Vegge, Øyvind Norderval, Christer Hellholm (Hrsg.): Ablution, Initiation, and Baptism: Late Antiquity, Early Judaism, and Early Christianity (= Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und für die Kunde der älteren Kirche. Band 176). De Gruyter, Berlin / Boston 2011, ISBN 978-3-11-024751-0, S. 1697–1720.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hannah Schneider: Die Entwicklung der Taufbecken in der Spätantike, Berlin / Boston 2011, S. 1707.
  2. Peter Poscharsky: Der Ort der Taufe, Regensburg 2006, S. 22.
  3. Peter Poscharsky: Der Ort der Taufe, Regensburg 2006, S. 22f.
  4. a b Peter Poscharsky: Der Ort der Taufe, Regensburg 2006, S. 23.
  5. a b c Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, S. 230.
  6. Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, S. 228.
  7. Archaeology: Early Christian baptismal fonts found at ancient fortress site in Bulgaria’s Byala. In: The Sofia Globe. 27. September 2012, abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
  8. Boppard am Mittelrhein - Frühchristliche Kirche. In: regionalgeschichte.net. Abgerufen am 16. Oktober 2018.
  9. Suzanne Breitbach: 1600 Jahre altes Taufbecken in Boppard wird erlebbar. In: Rhein-Zeitung. 7. Juli 2011, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  10. Baptisterium. In: Kölner Dom. Abgerufen am 16. Oktober 2018.
  11. Cimiez Baptismal Font. Abgerufen am 19. Oktober 2018.
  12. Fréjus, Baptistery. Abgerufen am 19. Oktober 2018.
  13. Robert Milburn, Robert Leslie Pollington Milburn: Early Christian Art and Architecture. University of California Press, Berkeley / Los Angeles 1988, S. 214.
  14. Grado Baptismal Font in Baptistery. Abgerufen am 19. Oktober 2018.
  15. Petra / Basilika / Baptisterium. In: Kieler Bilddatenbank Naher Osten. Abgerufen am 18. Oktober 2018.
  16. Stobi - what's discovered. In: Macedonia portal. Abgerufen am 18. Oktober 2018 (englisch).
  17. Baptistery of Bovalar (Seròs). In: Generalitat de Catalunya. Abgerufen am 19. Oktober 2018 (englisch).
  18. Roger Collins: Spain. An Oxford Archaeological Guide. Oxford University Press, Oxford / New York 1998, S. 237.
  19. Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, S. 218.
  20. Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, S. 227.
  21. Robin M. Jensen: Living Water: Images, Symbols, and Settings of Early Christian Baptism. Brill, Leiden 2011, S. 220.
  22. Bulla Regia Baptismal Font. Abgerufen am 19. Oktober 2018.
  23. J. Patout Burns, Robin M. Jensen: Christianity in Roman Africa: The Development of Its Practices and Beliefs. Eerdmans, Grand Rapids / Cambridge 2014, ISBN 978-0-8028-6931-9, S. 112.
  24. Saint Vitalis Baptismal Font and Baptistery Wall, Site Context. Abgerufen am 19. Oktober 2018.
  25. J. Patout Burns, Robin M. Jensen: Christianity in Roman Africa: The Development of Its Practices and Beliefs. Eerdmans, Grand Rapids / Cambridge 2014, ISBN 978-0-8028-6931-9, S. 109.
  26. Die Hagia Sophia in neuem Glanz. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. März 2011, abgerufen am 18. Oktober 2018.