Liste von Rutschungen im Bergbau

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Rutschungen im Bergbau entstehen zum Beispiel durch Grundbrüche (Versagen der Tragfähigkeit etwa durch Wiederanstieg des Grundwassers) und durch Setzungsfließen.

Zu ihnen zählen:

  • Hangabbrüche beim Tagebau
  • Abbrüche von Halden
  • Böschungsrutschungen an Seen im ehemaligen Tagebau, die sich durch das Einleiten von Grundwasser oder Oberflächenwasser gebildet haben.

Setzungsfließrutschungen können insbesondere bei Bodenverflüssigung ausgelöst werden. Dazu ist Wasser Grundvoraussetzung (Verflüssigung). Der Rutschungsprozess kann lawinenartig und großräumig in Sekunden bis Minuten ablaufen. Dazu ist auch eine steile Böschungsgeometrie nötig. Allein mit wachsender Liegezeit der Kippe geht keine Abnahme der Verflüssigungsgefährdung einher, aber trockene Kippen sind stabil, also auch solche, ohne Anstieg des Grundwassers.[1]

Liste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datum Örtlichkeit Lage Beschreibung Volumen (m³)
16. April 1938 Grube Concordia (später Tagebau Nachterstedt) Nachterstedt Kohlenstoßrutschung, ausgelöst durch eine Wasseransammlung. Abrutsch aus einer Höhe bis zu 40 Metern. 8 Bergleute getötet.[2]
2. Februar 1959 Tagebau Nachterstedt Nachterstedt Abbruch aus der 86 Meter hohen Kante des Tagebaus, die einen Bergmann, zwei Absetzbagger und einen ganzen Abraumzug überrollte.[3][4] 6.000.000
21. Oktober 1966 Katastrophe von Aberfan Aberfan, Wales Abbruch eines Teils einer Halde. 144 Tote.[5] 110.000
21. Mai 1981 Grube Neue Sorge Luckenau, Burgenlandkreis zwei Tote[6]
Januar 1987 Erikasee Hoyerswerda [3][6] 12.300.000
November 1991 Restloch Kleinleipisch Lauchhammer Verdichtungssprengung löste Rutschung aus. Ein Fotograf ertrank in einer Flutwelle auf der anderen Seite des Sees.[3][6]
April 1995 Tagebaurestloch Großkayna-Süd Saalekreis 500 m² großes Stück der Uferböschung rutscht ab in das Wasserloch. Ein Baggerfahrer kam um.[6]
September 1996 Restloch Burghammer Hoyerswerda Sprengungen lösten Rutsch aus und begruben Bergbautechnik unter sich.[6] 4.500.000
1997 Tagebau Koschen [3] 2.200.000
1998 Partwitzer See Landkreis Oberspreewald-Lausitz Der See beruht auf dem Tagebau Scado. Etwa 12 ha Wald und Grünland rutschten während der Flutung in den Tagebausee.[7][8] 4.500.000
6. Mai 1998 Tagebau Koschen Senftenberg [9] 1.500.000
19. Juni 1998 Tagebau Koschen Heute Geierswalder See. Bei einer Testsprengung gerieten erhebliche Erdmassen in Bewegung und rissen die 55-jährige Sprengmeisterin mit sich; sie wurde nie gefunden.[3][10]
12. Oktober 2000 Graureihersee (Restloch D/F) Knappenrode Nach einer Verdichtungssprengung rutschte nahezu das gesamte noch ungesicherte Vorland auf einer Breite von 700 m in das Restloch.[11] 630.000
9. September 2004 Graureihersee (Nachbar vom Knappensee) Landkreis Bautzen Die meisten Böschungen sind Bestandteil der Innenkippe des ehemaligen Tagebaus Werminghoff I. Das sandige Kippenmaterial ist überwiegend locker bis bereichsweise sehr locker gelagert. Es weist für eine Verflüssigungsgefährdung Eigenschaften auf. Trockene Kippen sind stabil. Die Rutschung ereignete sich gegen 08:10 Uhr im Bereich der Koblenzer Straße am Graureihersee, nach Zerstörung einer Fernwasserleitung bei Bauarbeiten. 2017 blieb der See weiter gesperrt.[12][13]
März 2006 Altdöberner See Altdöbern Tagebau Greifenhain. Erdrutsch bei Altdöbern. Es folgte eine weitere Rutschung 2008.[14] Große Flächen rund um den See sind wegen Lebensgefahr als Sperrflächen ausgewiesen. 2.700.000
Winter 2008/2009 Silbersee II Haltern am See, Kreis Recklinghausen Die Fläche von etwa zwei Fußballfeldern rutschte ab.[15]
18. Juli 2009 Concordiasee Nachterstedt Ein ganzer Hang mit zwei Häusern rutschte auf 500 m Breite in den See. Drei Menschen kommen um.[16] Die Leichen blieben verschwunden.[17] 4.500.000
12. Oktober 2010 Bergener See Hoyerswerda, Kreis Bautzen Tagebau Spreetal. Grundbruch von 2 Kilometer Länge und 600 Meter Breite. 83 Schafe und fünf Lastkraftwagen versanken in den Fluten. Ein LKW-Fahrer konnte von einem Hubschrauber gerettet werden.[18][19] 4.500.000
10. April 2013 Bingham Canyon Mine Utah, USA [20] 65.000.000
6. Januar 2014 Grube der Firma Romonta Amsdorf Erdmassen gerieten in Bewegung. Ein Abraumgerät kam in der Folge ins Rutschen und wurde verschüttet.[21]
27. September 2016 Tagebau Turów Es kam zu einer Hangrutschung, die sich auf knapp ein Viertel der Tagebaufläche ausdehnte.
29. Juni 2016 Concordiasee Nachterstedt Am 29. Juni 2016 fand bei Sanierungsarbeiten ein erneuter Erdrutsch statt, bei dem rund 1,7 Millionen Kubikmeter Erde abrutschten. 1.700.000
Ende Februar 2017 Silbersee II Haltern am See, Kreis Recklinghausen Ein 80 Meter langes und etwa 30 Meter breites Böschungsstück brach nach Regenfällen im Bereich des Franzosenwegs ab.[22][23]
13. September 2018 Senftenberger See Landkreis Oberspreewald-Lausitz Die Insel ist eine Innenkippe des einstigen Tagebaus. Erdmassen und Baumreihen lösten sich auf einer Insel aufgrund von Setzungsfließens der Böschung. Der Uferbereich rund um den See wurde gesperrt.[24][25][26]
18. September 2018 Felixsee Landkreis Spree-Neiße Der See entstand durch Aufflutung eines Braunkohletagebaus. Ein Sporttaucher bemerkte 2018 ungewöhnliche Veränderungen am Grund.[27]
11. März 2021 Knappensee Landkreis Bautzen Bis 1953 gefluteter ehemaliger Braunkohletagebau. Es entstand eine 1,5 Meter hohe Welle am gegenüberliegenden Ufer.[28][29] 1.000.000

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. lmbv.de
  2. Grubenunglück: Bereits 1938 starben acht Menschen. In: Mitteldeutsche Zeitung. 22. Juli 2009, abgerufen am 1. Januar 2024.
  3. a b c d e Andrea Brandt, Steffen Winter: „Physik ist gnadenlos“. In: Der Spiegel. Nr. 31, 2009, S. 38 f. (online27. Juli 2009).
  4. Walter Emmerling: Kippenrutsch: Bergleute standen unter Schock und gerieten in Panik. In: mz-web.de. 19. Juli 2009, abgerufen am 2. Januar 2024.
  5. Die schwarze Lawine. In: zeit.de. 28. Oktober 1966, abgerufen am 27. Januar 2024.
  6. a b c d e Bergbau: Immer wieder rutscht Gelände ab. In: mz-web.de. 20. Juli 2009, abgerufen am 26. April 2020.
  7. neue-harth.leipzig.de
  8. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 17. November 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.faktuell.de
  9. Tagebauböschung abgestürzt (neues deutschland). In: neues-deutschland.de. 8. Mai 1998, abgerufen am 26. April 2020.
  10. genios.de
  11. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 7. Juni 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/slub.qucosa.de
  12. lr-online.de
  13. knappenseerebellen.de
  14. Michael Bartsch: Zurückgegebene Landschaften. In: taz.de. 30. Oktober 2009, abgerufen am 26. April 2020.
  15. Iris Woitschell: Quarzsand rutscht am Silbersee II ab – keine Gefahr für Schwimmer. In: halternerzeitung.de. 26. April 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. November 2018; abgerufen am 26. April 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.halternerzeitung.de
  16. Axel Bojanowski: Erdrutsch von Nachterstedt: Geheimnisvolles Grollen vor dem Grauen. In: Spiegel Online. 18. Juli 2010, abgerufen am 26. April 2020.
  17. Erdrutsch von Nachterstedt 2009: Begraben unter 4,5 Millionen Kubikmetern Erde: Leichen bleiben verschwunden. In: mz-web.de. 15. Juli 2015, abgerufen am 26. April 2020.
  18. Wenn das Ufer rutscht. In: pnn.de. 14. August 2018, abgerufen am 26. April 2020.
  19. Helmut Fleischhauer: Riesige Rutschung im Tagebau Spreetal – Spektakuläre Rettungsaktion aus der Luft. In: niederlausitz-aktuell.de. 13. Oktober 2010, abgerufen am 26. April 2020.
  20. earthobservatory.nasa.gov
  21. Benjamin Andriske: Abgerutschter Riese. Tagebaubagger in Amsdorf verschüttet. In: niederlausitz-aktuell.de. 21. Januar 2014, abgerufen am 26. April 2020.
  22. Franzosenweg am Silbersee II noch lange gesperrt. In: halternerzeitung.de. 26. April 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. November 2018; abgerufen am 26. April 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.halternerzeitung.de
  23. 80 Meter Böschung am Silbersee II abgebrochen. In: halternerzeitung.de. 26. April 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. November 2018; abgerufen am 26. April 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.halternerzeitung.de
  24. Catrin Würz, Jan Augustin: Fahrgastschiff auf dem Weg nach Niemtsch gestoppt: Inselteile rutschen in Senftenberger See. In: lr-online.de. 14. September 2018, abgerufen am 26. April 2020.
  25. Jan Augustin: Ärger nach Rutschung am Senftenberger See: Schuldvorwurf verärgert Schiffsführer. In: lr-online.de. 21. September 2018, abgerufen am 26. April 2020.
  26. LausitzZeitgeschehen: Lausitzwelle: Niemtscher Bucht nach Rutschung gesperrt auf YouTube, 14. September 2018, abgerufen am 16. März 2019.
  27. Rene Wappler: Boden im Gewässer heruntergebrochen: Taucher sieht Gefahr im Felixsee. In: lr-online.de. 18. September 2018, abgerufen am 26. April 2020.
  28. SächsOBA: Erste Experteneinschätzungen zur Knappensee-Böschungsbewegung. In: lmbv.de. 12. März 2021, abgerufen am 26. März 2021.
  29. Ehemalige Tagebauregionen: Traum-Seen werden zu Albträumen. MDR