Ludwig Aub

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Ludwig Aub (* 4. August 1862 in München; † 25. November 1926 ebenda) war ein deutscher Buchhändler, Schriftsteller, Graphologe und Hellseher.

Ludwig Aub, Charakterologe (1925)

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ludwig Aub war ein Enkel des Hirsch Aub, der von 1828 bis zu seinem Ruhestand 1871 das Amt des Rabbiners in München bekleidete. Einer seiner Söhne war der Münchner Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Max Aub (1828–1901), seit 1860 verheiratet mit Magdalena Johanna, geborene Marx (1841–1891), und seit 1869 in München niedergelassen. Er wurde zum Justizrat ernannt und bekleidete das Amt eines Präsidenten der jüdischen Gemeinde in München von 1874 bis 1878. Er gehörte der Reformbewegung an und war mit verantwortlich für die Liberalisierung, was zur Abspaltung der konservativen Ohel-Jacob-Gemeinde führte.[1] Sein Sohn Ludwig wuchs zunächst in Uffenheim (Mittelfranken) auf, wohin der Vater versetzt worden war. Von Kindheit an litt er an Nachtblindheit; später wurde ihm operativ ein Auge entfernt.[2]

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aub besuchte nach der Elementarschule seit 1872 ab der 1. Klasse die Lateinschule des Maximiliansgymnasiums in München, von dem er nach einem Austrittsgesuch des Vaters vom 7. Dezember 1877 aus der 1. Gymnasialklasse austrat. In Kempten (Allgäu) setzte er seine Schulausbildung fort. Längere Zeit war er bei F. A. Brockhaus in Leipzig und danach in der Wallishauserschen Buchhandlung in Wien tätig.

Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In München war Ludwig Aub zunächst Teilhaber einer Buchhandlung am Promenadeplatz[3]; 1891 übernahm er die Antiquariats-Buchhandlung J. Hiller[4]. 1888 hatte er die Schriftsteller-Vereinigung Literarische Gesellschaft Orion gegründet, der er als Präsident vorstand und zu deren Veröffentlichung Münchener Kindl. Ein litterarischer Almanach (1890) unter anderem der Dichter Martin Greif und die Dialektdichterin Anny Schaefer (d. i. Anna Maria Stumm, * 13. November 1859 in Diez; † 30. Mai 1952 in München) Gedichte beisteuerten. Die Buchhandlung gab er bald wieder auf und betätigte sich als Schriftsteller und Verleger. Er schrieb und veröffentlichte Gedichte in bayrischer Mundart, Aphorismen und Epigramme sowie zahlreiche Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, teilweise unter dem Pseudonym Alexander Berg, und trat schließlich als Graphopsychologe, Hellfühler und Seelenforscher in Erscheinung. 1892 übersiedelte er nach Nürnberg und leitete dort für einige Jahre die Arbeiter-Fortbildungs-Schule. 1894 heiratete er die katholische Friseurstochter Mathilde Barbara Müller aus Würzburg, wohl der Anlass, aus der jüdischen Gemeinde auszutreten[5]; sie starb 1911. 1905 übernahm er für zehn Jahre eine Stelle als Lehrer der freireligiösen Gemeinde in Schwabach und für 5 Jahre in Fürth. Um 1917 heiratete er in zweiter Ehe Elisabeth Jehne, die Tochter eines preußischen Majors und begabte Graphologin. Um 1919 verlegte er seinen Wohnsitz erneut nach München. Nach eigenen Angaben spezialisierte er sich auf "Praktische Psychologie, Psychographie, Charakterforschung nach Gesetzen der Wissenschaft in Verbindung mit intuitiver Einfühlung" und wurde zum Ehrenmitglied der Gesellschaft für Charakterforschung ernannt.[6] Sein Grab ist auf dem Alten israelitischen Friedhof in München erhalten.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A Führer durch d’Münch’nerstadt. Mit n’ Plan, an G’schichtl von B. Rauchenegger und G’stanz’ln von L. Aub. Specht, München 1888.
  • Abriss der deutschen Literaturgeschichte für Buchhändler. Leipzig 1887/88.
  • Münchener Dichtergrüße an die deutschen Turner. herausgegeben von George Morin und Ludwig Aub. S. Freund, München 1889.
  • Münchner G’stanzl’n. 1889.
  • Richard Vollmann: Intellos. Ein Trauerspiel in 3 Akten. Mit einem Geleitwort von Ludwig Aub und einem einleitenden Gedichte von Gust. Wenng. J. Hiller, Antiquariat, München 1889.
  • Ein Büchlein der Erinnerung. Zum Gedenken an die Hochzeit des Fräulein Therese Sternfeld mit Herrn Alfred Hönigsberger in München am 3. November 1889. Schriftleitung: Ludwig Aub. München 1889.
  • Gnomen und Kobolde. Aphorismen und Epigramme. 1889 (mit Hermann Thom[7]).
  • Moderne Weltbegleiter. 1889.
  • Münchner Kindl. Ein litterarischer Almanach. München 1890/91.
  • Der Jude wird verbrannt (Gedicht). In: Heine-Almanach. Nürnberg 1893.
  • Ja oder Nein? Photographie-Album des Geistes und der Seele. Ein modernes Erinnerungs-Buch zum Einschreiben. Dem 20. Jahrhundert gewidmet. Hens Zeder & Co., Nürnberg [1893].
  • Goethe und seine Religion. Ein Vortrag, gehalten in der freien religiösen Gemeinde in Nürnberg. Von Ludwig Aub. (= Volksschriften zur Umwälzung der Geister. 24. Heft. Handelsdruckerei, Bamberg) 1900.
  • Nach berühmten Mustern. 100 Postkartenverse im Stile deutscher Dichter, von Heinrich von Veldecke bis Gerhart Hauptmann. In: Internationale Postkarten-Zeitung. 1900, Nr. 6, S. 44.
  • Wahrheit? (und 10 weitere Gedichte). In: Konrad Beißwanger (Hrsg.): Stimmen der Freiheit. Blüthenlese der hervorragendsten Schöpfungen unserer Arbeiter- u. Volksdichter. 2. Ausgabe, Litterarisches BureauNürnberg, Nürnberg 1901 (1900), S. 421–432.
  • Psychographie über die Handschrift Julie von Ulgren. In: Graphologische Praxis. 4. Jahrgang, Heft 1, 1904, S. 5–9.
  • (Charakterologisches Gutachten zu Bild und Schrift von Karl May). In: Ludwig Gurlitt: Gerechtigkeit für Karl May. Karl-May-Verlag, Radebeul bei Dresden, 1919, S. 90–95.
  • Vom Standpunkt der Physiognomik. In: Karl May: Gesammelte Werke. Band 34: Ich. Karl-May-Verlag, Bamberg 1963 (1916), S. 523–526.
  • Ich, als meine eigene Versuchsperson. In: Die weiße Fahne. 6. Jahrgang, Heft 4. Johannes Baum Verlag, Pfullingen 1925, S. 143.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adolf Hinrichsen: Das literarische Deutschland. Mit einer Einleitung von Prof. Dr. C. Beyer. Verlag der Album-Stiftung, Berlin 1887.
  • Isidore Singer, Alexander S. Chessin: Aub, Ludwig. In: Jewish Encyclopedia. 1906.
  • Franz Brümmer (Hrsg.): Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6. Auflage, Band 1, Leipzig 1913, S. 84.
  • Max Geißler: Führer durch die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Alexander Dunker, Weimar 1913, S. 618.
  • Das psychische Echo. Ein seltner Fall elektro-psychischer Leitung oder staunenswerten Einfühlungsvermögens oder reflexivmediumistischer Begabung. Hochinteressante, anregende und gewichtige Stimmen über den Münchener Graphopsychologen Ludwig Aub als Hellfühler und Seelenforscher. Was Zeitschriften, Künstlerinnen, Gelehrte, Schriftsteller, Aerzte, Juristen usw. über Ludwig Aub sagen. Kommissionsverlag der Buchhandlung Nahr & Funk, München [1914].
  • Dr. med. Johannes Dingfelder: Ludwig Aub als Hellseher und Hellfühler. Eine wissenschaftliche Studie über das Wesen der Graphologie und Psychometrie. Gemeinverständlich dargestellt. 2. Auflage, Fr. Seybold’s Verlagshandlung, München [1914].
  • Rudolf Tischner: Ludwig Aub. Eine psychologisch-okkultistische Studie. Oswald Mutze, Leipzig 1920.
  • G. W. Surya [d. i. Demeter Georgievitz-Weitzer], Dr. Ernst Schertel und Dr. Nicolaus Müller: Der Traumdenker. Eine Studie über Ludwig Aub von G. W. Surya, mit Geleitwort. Magie der Leiber von Dr. Ernst Schertel, und einem erklärenden Aufsatz: Die zwölf Sinne von Dr. Nicolaus Müller, Nervenarzt in München (= Neugeisteswissenschaftliche Kleinbücherei, Band 1). Verlag Die Wende, München [1920].
  • Karl Gruber: Ludwig Aub. In: Karl Gruber, Hans Scheel, F. Sommerfeld: Aus dem Reiche des Hellsehens. Neue Beiträge zum „Fall“ Ludwig Aub (= Neugeisteswissenschaftliche Kleinbücherei, Band 2). Verlag Die Wende (P. Baumann), München [1921].
  • Über einen Fall von Einfühlungsvermögen in die Seele des Menschen. Aufsätze, Meinungen, Erklärungen. Mit einer Skizze 'Ludwig Aub, der Charakterologe' von Anja Mendelsohn und einem Essay 'Ludwig Aub der Hellseher, von Ludwig Gurlitt sowie mit mehr als 90 Betrachtungen und Beurteilungen von Hochschullehrern, Aerzten, Richtern. Charakterologisches Sekretariat, München [1921].
  • Vom Einfühlen und vom Erfühlen. Neueste ärztliche Stimmen über Ludwig Aub als intuitiven Charakter- und Seelenforscher. Fritz Becker, München 1921.
  • Seelische Einfühlungskunst als ein Sonderfall von Hellsinnigkeit. Fritz Becker, München 1921.
  • Peter Muz: Der Charakterologe Ludwig Aub. Psychiatrisch-psychologische Studie. Beitrag zur intuitiven Seelenkunde. Hueber, München 1925.
  • Salomon Wininger (Hrsg.): Große jüdische National-Biographie, Bd. 1, Chernivtsi 1925, S. 494.
  • Bernhard Diebold: Menschenwitterung. In: Frankfurter Zeitung. 21. November 1926.
  • Max Altmann (Hrsg.): Zentralblatt für Okkultismus. Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften. 21. Jahrgang (1927/28), Leipzig 1928.
  • Sigilla veri. Lexikon der Juden (= Ph. Stauff's Semi-Kürschner, 2. Auflage), Bd. 1, Erfurt 1929, S. 367.
  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. Nekrolog 1901–1935. Leipzig 1936, S. 496.
  • Wilhelm Kosch (Begründer): Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch. 3. Auflage, Band 1, Francke Verlag, Bern und München 1968, Sp. 177.
  • Hendrikje Kilian: Rabbiner Hirsch Aub und Familie. In: Manfred Treml, Wolf Weigand (Hrsg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Lebensläufe. Saur, München 1988, S. 109–112 Anm. 30–32.
  • Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 13.
  • Aub, Ludwig. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 1: A–Benc. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1992, ISBN 3-598-22681-0, S. 224f.
  • Walter Killy (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). Band 1, K. G. Saur, München 1995.
  • Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. Bd. 1. K.G.Saur, Bern und München 1999.
  • Hans-Michael Körner (Hrsg.): Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. Band 1, K. G. Saur, München 2005, S. 72.
  • Alexandra Nagel: Ludwig Aub. In: The Journal of the British Institute of Graphologists. 29, 2010, S. 86–89 (Digital).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. der Dichter Max Aub (Paris 1903 – 1972 Mexiko-Stadt) war ein Sohn seines Sohnes Friedrich
  2. siehe: Peter Muz, S. 16
  3. 1887: Promenadeplatz 20, mit Carl Uebelen
  4. Joseph Hiller, Burggasse 11, lt. Adressbuch München 1874.
  5. nach den Meldeunterlagen im Münchner Stadtarchiv: Heirat am 18. Mai 1894 mit Mathilde Barbara, geb. Müller; * 20. April 1864 in Würzburg; katholisch; Eltern: Albert Müller, Friseur in Würzburg, und Susanne, geb. Hülzburger.
  6. Hermann Degener (Hrsg.): Wer ist's?, 8. Ausgabe, Leipzig 1922, S. 343.
  7. Pseudonym für Hermann Meyer, Journalist und Schriftsteller in Leipzig, *1861 in Bromberg