Martin Gutzeit

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Martin Gutzeit
Martin Gutzeit mit Ibrahim Böhme beim 6. Runden Tisch in Berlin

Martin Gutzeit (* 30. April 1952 in Cottbus) ist ein deutscher Geistlicher und Politiker, Gründer der Sozialdemokratischen Partei in der DDR, MdV, MdB, und war bis 2017 Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen in Berlin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er ist Sohn eines Pfarrers und machte 1968 bis 1970 eine Lehre als Elektromonteur. 1970 arbeitete er zunächst als Relaismechaniker. 1971 legte er an einer Abendschule das Abitur ab. Er verweigerte den Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee und arbeitete als Diakoniehelfer.[1] Von 1972 bis 1979 studierte er Theologie am evangelischen Sprachenkonvikt Berlin. 1980 bis 1982 war er Vikar in Berlin-Pankow und von 1982 bis 1986 Pastor in Schwarz bei Neustrelitz. Zwischen 1986 und 1990 war er Assistent am Sprachenkonvikt in Berlin.

1977 bildete er mit Markus Meckel einen Hegel-Kreis. Im Oktober 1989 wurde er Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP), als Vertreter der SDP am Zentralen Runden Tisch der DDR. 1990 wurde Gutzeit Mitglied des Parteivorstands der SPD und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer. Dort war er parlamentarischer Geschäftsführer der sozialdemokratischen Fraktion und von Oktober bis Dezember 1990 Mitglied des Bundestages.

Von 1993 bis 2017 war er Berliner Landesbeauftragter für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Er wirkte als Mitglied des Beirats der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR (BStU). Am 8. Oktober 1995 wurde ihm – zusammen mit anderen Bürgerrechtlern der früheren DDR – das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.

Seit 1997 warnt er mit anderen Begründern der SDP vor Bündnissen mit der PDS. Zur Brandenburger Koalition mit der stasibelasteten Linken sagte er:

„Die Beteuerung der Linken, sie habe mit der Stasi gebrochen, drückt sich nicht in ihren Personalentscheidungen aus. Die Partei versteht sich auf die Kunst grober Tabubrüche. Sie will eine Spitzelkarriere als normalen Teil einer ostdeutschen Biografie salonfähig machen.“[2]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Markus Meckel: Opposition in der DDR. Bund-Verlag GmbH, 1996, ISBN 978-3766324986.[3]
  • Eberhard Kuhrt u. a. (Hrsg.): Opposition in der DDR von den 70er Jahren bis zum Zusammenbruch der SED-Herrschaft (Band 3 der Reihe: Am Ende des realen Sozialismus, hrsgg. im Auftrag des Bundesministers des Innern). Opladen 1999 (darin ein Essay mit Stephan Hilsberg über die Gründung der SDP/SPD in der DDR)
  • Mit.-Hrsg.: Opposition und SED in der Friedlichen Revolution. Organisationsgeschichte der alten und neuen politischen Gruppen 1989/90. Düsseldorf 2011.
  • Der Weg in die Opposition. Über das Selbstverständnis und die Rolle der „Opposition“ im Herbst 1989 in der ehemaligen DDR. In: Walter Euchner (Hrsg.): Politische Opposition in Deutschland und im internationalen Vergleich. Göttingen 1993, S. 84–114.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Müller-EnbergsGutzeit, Martin. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Ilko-Sascha Kowalczuk & Tom Sello (Hrsg.): Für ein freies Land mit freien Menschen. Opposition und Widerstand in Biographien und Fotos. Robert-Havemann-Gesellschaft, Berlin 2006, ISBN 3-938857-02-1
  • Ilko-Sascha Kowalczuk: Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58357-5.
  • Peter Gohle: Von der SDP-Gründung zur gesamtdeutschen SPD. Die Sozialdemokratie in der DDR und die Deutsche Einheit 1989/90. Verlag J. H. W. Dietz, Bonn 2014, ISBN 978-3-8012-4227-5.
  • Wolfgang Herzberg, Patrik von zur Mühlen (Hrsg.): Auf den Anfang kommt es an – Sozialdemokratischer Neubeginn in der DDR 1989. J.H.W. Dietz-Verlag, Bonn 1993, ISBN 3-8012-0198-8
  • M. Köckert: Vom Sprachenkonvikt zum Theologischen Konvikt [BThZ 26 (2009), 256–272].
  • W. Krötke: Das Profil des Berliner Sprachenkonvikts für die selbständige Theologenausbildung in der DDR [ZThK 107 (2010), 123–138].
  • R. Mau: Das „Sprachenkonvikt“. Theologische Ausbildungsstätte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg („Kirchliche Hochschule Berlin-Brandenburg“) 1950–1991. In: Berliner theologische Zeitschrift 9 (1992), 107–118. Wiederabdruck in: Der Wahrheit Gottes verpflichtet. Theologische Beiträge aus dem Sprachenkonvikt Berlin. Festschrift für Rudolf Mau. Hrsg. von Matthias Köckert. Berlin 1993.
  • M. Waechter, A. K. Kauf, A. Formozov, M. Daues: Ein wirklicher Freiraum. Ehemalige berichten aus dem Sprachenkonvikt und dem Theologischen Konvikt 1950–2007, Berlin 2008.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Martin Gutzeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.chronikderwende.de/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=gutzeit_martin.html
  2. Stasi-Spitzel drängen für Linke in die Parlamente. In: Die Welt, 24. September 2009
  3. Rezension (PDF; 54 kB) in Horch und Guck