Militärseelsorge (Bundeswehr)

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Militärseelsorge

Logo der evangelischen MilitärseelsorgeLogo der katholischen MilitärseelsorgeLogo der jüdischen Militärseelsorge
Aufstellung 1956
Staat Deutschland Deutschland
Streitkräfte Bundeswehr
Typ Ziviler Organisationsbereich
Gliederung Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr
Katholisches Militärbischofsamt
Militärrabbinat
Website Ev. Militärseelsorge
Kath. Militärseelsorge
Jüd. Militärseelsorge
Religiöse Oberhäupter
Evangelischer Militärbischof Bernhard Felmberg
Katholischer Militärbischof Franz-Josef Overbeck
Militärbundesrabbiner Zsolt Balla
katholischer Militärpfarrer (links) und evangelischer Militärpfarrer (rechts) im ISAF-Einsatz

Die Militärseelsorge (MilSeels) ist ein ziviler Organisationsbereich der deutschen Bundeswehr mit der Aufgabe, einen Beitrag zur seelsorgerischen Betreuung der Soldaten und ihrer Familien zu leisten.[1] Er ist in die evangelische, die katholische Militärseelsorge und jüdische Militärseelsorge unterteilt.

Aufgaben und Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etwa 50 Prozent der deutschen Soldaten gehörten 2020 einer christlichen Kirche an.[2] Versetzungen, Truppenübungsplatz-Aufenthalte und Auslandseinsätze lassen ein eigenes geistliches Angebot für Soldaten und deren Familien sinnvoll erscheinen. Militärseelsorge ist Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt. Standortgottesdienste finden grundsätzlich werktags statt, oft in Garnisonskirchen. Soldaten feiern Gottesdienst in der Gemeinschaft der Kameraden. Die Militärseelsorger arbeiten in den Liegenschaften der Bundeswehr. Dadurch können sie den Kontakt zu ihren Gemeindemitgliedern, aber auch zu deren Kameraden während der Dienstzeit pflegen. Auf Rüstzeiten kann über Fragen des Glaubens gesprochen werden. Die Militärseelsorge bietet auch verschiedene Veranstaltungen für Soldaten und ihre Familien an. Jedes Jahr organisiert das katholische Militärbischofsamt die Soldatenwallfahrt nach Lourdes in Frankreich. Die Militärseelsorge führt auch den lebenskundlichen Unterricht durch.[3]

Entstehung und rechtliche Grundlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Militärseelsorge in der Bundeswehr ist durch Staatskirchenverträge geregelt. Es handelt sich hier um eine der „gemeinsamen Angelegenheiten“ von Staat und Religionsgemeinschaften (res mixta). Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland wurde am 22. Februar 1957 der Militärseelsorgevertrag geschlossen und durch das Gesetz über die Militärseelsorge vom 26. Juli 1957 bestätigt; für den Bereich der katholischen Kirche gilt das Reichskonkordat, Artikel 27, aus dem Jahre 1933. Bereits im Juni 1951 begann die Seelsorge von zivilen Labor-Service-Einheiten, kasernierten deutschen Arbeitseinheiten bei den US-amerikanischen Streitkräften in Deutschland. Die Labor-Service-Seelsorge wurde damit zum Erprobungsfeld für die spätere Militärseelsorge.[4]

Der Deutsche Bundestag hat am 28. Mai 2020 einstimmig beschlossen, dass Militärrabbiner und ein Militärrabbinat für die etwa 300 Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr eingeführt werden.[5] Die Unterzeichnung des Staatsvertrags erfolgte zwischen Bundesministerin der Verteidigung Annegret Kramp-Karrenbauer und dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Josef Schuster im Rahmen des Jüdischen Gemeindetags am 20. Dezember 2019 in Berlin.[6]

Personal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schulterklappe Evangelischer Militärgeistlicher

Es gibt etwa 200 Stellen für Militärseelsorger, etwa je zur Hälfte evangelisch und katholisch. Hinzu kommen ebenso viele Pfarrhelfer. Die Seelsorger stehen in einem Beamtenverhältnis auf Zeit, die Pfarrhelfer sind Angestellte beim Dienstherrn Bundeswehr. In der Ausübung ihrer Tätigkeit sind sie von staatlicher Seite weisungsfrei. Ihre Besoldung erfolgt aus Mitteln des Verteidigungshaushaltes.

Die Militärseelsorger werden, in der Regel für mindestens sechs Jahre, von ihren Landeskirchen bzw. Diözesen für die Militärseelsorge freigestellt. Sie nehmen an Übungen und Auslandseinsätzen der Bundeswehr teil. Im Einsatz tragen Militärseelsorger den Feldanzug als Arbeitskleidung mit speziellen Aufschiebeschlaufen anstatt Dienstgradabzeichen.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Organisation der Evangelischen Militärseelsorge
Organisation der Katholischen Militärseelsorge

An der Spitze der evangelischen Militärseelsorge steht das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr (EKA) in Berlin. Die zentrale Dienststelle der katholischen Militärseelsorge ist das Katholische Militärbischofsamt (KMBA) und der jüdischen Militärseelsorge das Militärrabbinat, beide mit Hauptsitz in Berlin. Alle drei Bundesoberbehörden sind dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) unmittelbar nachgeordnet und nehmen unter Leitung eines Militärgeneraldekans (EBA) bzw. eines Militärgeneralvikars (KMBA), Besoldungsgruppe B 6 Bundesbesoldungsordnung, alle mit der Militärseelsorge zusammenhängenden staatlichen Verwaltungsaufgaben wahr. Beim Militärrabbinat gibt es einen Behördenleiter und den Militärbundesrabbiner als religiösen Leiter. Die Verwaltung der dem Katholischen Militärbischofsamt zustehenden Kirchensteuermittel der katholischen Soldaten obliegt der „Katholischen Soldatenseelsorge (KS) - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR)“.

Dem EKA und KBMA sind vier Evangelische Militärdekanate (EMilD) bzw. vier Katholische Militärdekanate (KMilD) in Berlin, Kiel, Köln und München als Mittelebene nachgeordnet. Dort wird die Verantwortung für die Militärseelsorge im Inland sowie die Dienstaufsicht über die Militärgeistlichen wahrgenommen.

An fast 100 Bundeswehr-Standorten in Deutschland gibt es Evangelische Militärpfarrämter und Katholische Militärpfarrämter, die den Militärdekanaten nachgeordnet sind. Sie haben in der Regel zwei Dienstposten für einen Geistlichen mit abgeschlossenem Theologiestudium und einen Pfarrhelfer. Diese haben in der evangelischen Militärseelsorge eine spezielle diakonische Ausbildung für die Bundeswehr.[7][8]

Die Dienststellen der Deutschen Militärpfarrer an den Auslandsstandorten der Bundeswehr in den Vereinigten Staaten und bei den NATO-Stäben werden unmittelbar vom EKA bzw. KMBA geführt.[9]

An der Spitze der Militärseelsorge stehen ein jüdischer Militärbundesrabbiner sowie je ein evangelischer und ein katholischer Militärbischof. Letzterer übt diese Funktion im Nebenamt aus, ersterer seit 2014 hauptamtlich. Die katholische Militärseelsorge ist als Militärordinariat organisiert.

Arbeitsgemeinschaften für Soldatenbetreuung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Logo der Betreuungseinrichtungen OASE

Als selbstständige und gemeinnützige Vereine für die Betreuung der Bundeswehrangehörigen und ihrer Familien bestehen die evangelische (EAS) und die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS), die die staatliche Militärseelsorge unterstützen. Auf ihre gemeinsame Initiative werden in den Einsatzgebieten die „OASE“ genannten Betreuungseinrichtungen betrieben.[10][11] Sie stehen Soldaten aller Dienstgrade, Nationen und Konfessionen offen.

Bis in die Mitte der 1980er Jahre wurden von den Arbeitsgemeinschaften mit Unterstützung des Bundes über 40 Soldatenheime als Betreuungseinrichtungen im gesamten Gebiet der damaligen Bundesrepublik gebaut. Diese lagen außerhalb der militärischen Liegenschaften, aber in deren unmittelbarer Nähe. Heute werden diese teilweise als „OASEN im Inland“ bezeichnet.

Einsatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Einsatzkontingenten und auf den Schiffen der deutschen Marine werden Soldaten geistlich begleitet. In der fremden Umgebung und der besonderen Situation der Einsatzländer wissen viele Soldaten die Gottesdienste und die Gespräche mit dem Pfarrer zu schätzen.

In bewaffneten Konflikten sind Militärgeistliche Nichtkombattanten. Sie sind nach den Regeln des humanitären Völkerrechts unter allen Umständen zu schonen und zu schützen.

Muslimische Militärseelsorge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch für die Muslime in der Bundeswehr soll ein geistliches Angebot geschaffen werden. Militärimame sollen über „Gestellungsverträge“ an die Bundeswehr gebunden werden. Dieser muss die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen, einen in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss in islamischer Theologie besitzen, über eine seelsorgliche oder gemeindliche Erfahrung in Deutschland verfügen und von islamischen Religionsgemeinschaften, die die Zielgruppe der Soldaten repräsentieren, in die Bundeswehr entsandt und seitens der Bundeswehr akzeptiert werden.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Militärseelsorge in der Bundeswehr. In: militaerseelsorge.bundeswehr.de/. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  2. Deutsche Welle: Soldat*innen, aber ohne Seelsorge, 25. Juli 2020, abgerufen am 26. Juni 2022
  3. Militärseelsorge in der Bundeswehr. In: eka.militaerseelsorge.bundeswehr.de. 5. Juni 2014, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  4. Labor Service-Seelsorge: Vorläufer der Militärseelsorge in der Deutschen Bundeswehr. In: katholische-militaerseelsorge.de. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  5. Weg für Militärrabbiner ist frei, Jüdische Allgemeine, 28. Mai 2020. Abgerufen am 28. Mai 2020.
  6. »Bewegender Moment«. In: juedische-allgemeine.de. 20. Dezember 2019, abgerufen am 20. Dezember 2019.
  7. Pfarrhelfer und Pfarrhelferinnen. In: eka.militaerseelsorge.bundeswehr.de/. 15. März 2017, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  8. Evangelische Militärpfarrämter. In: eka.militaerseelsorge.bundeswehr.de. 1. Juni 2018, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  9. Evangelische Militärdekanate. In: eka.militaerseelsorge.bundeswehr.de. 11. Dezember 2018, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  10. OASE-Betreuungseinrichtungen. In: eas-berlin.de. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  11. Einsatz. In: kas-soldatenbetreuung.de. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  12. Militär-Rabbiner und -Imame für Bundeswehr geplant. In: dw.com. Deutsche Welle, 2. April 2019, abgerufen am 28. Mai 2021.