Parlamentswahl in den Niederlanden 2006

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2003Wahl zur Zweiten Kammer 20062010
(in %) [1][2]
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30
20
10
0
26,51
21,19
16,58
14,67
5,89
4,60
3,97
1,96
4,63
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2003
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   6
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−2,11
−6,07
+10,26
−3,24
+0,19
−0,54
+1,85
−2,11
+1,77
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
e Vergleichswert (2003): LPF, diese erreichte 2006 0,2 %
i davon PvdD 1,83 %, SGP 1,56 %
25
2
7
33
3
22
41
6
2
9
25 33 22 41 
Insgesamt 150 Sitze

Die Parlamentswahl in den Niederlanden 2006 (Tweede Kamerverkiezingen) fand am 22. November statt. Ursprünglich sollte die Wahl am Mittwoch, dem 16. Mai 2007, abgehalten werden, wurde dann aber um einen Tag auf den 15. Mai vorverlegt, da der folgende Donnerstag ein Feiertag war. Am 29. Juni 2006 zog sich die kleine Regierungspartei D66 aus dem Kabinett Balkenende II zurück. Nun hatte die Koalition aus CDA und VVD nur noch 71 der insgesamt 150 Sitze – 5 Sitze zu wenig für die kleinstmögliche absolute Mehrheit. Premierminister Balkenende bot daraufhin seinen Rücktritt an; er wurde aber von der Königin beauftragt, eine Minderheitsregierung zu führen. Der Wahltermin wurde Anfang Juli auf den 22. November 2006 vorgezogen. Dem Kabinett Balkenende III gelang es, sich bei einigen Abstimmungen Mehrheiten durch kleine Parteien zu beschaffen.

Es war die dritte Wahl binnen vier Jahren (die vorherigen Wahlen waren am 6. Mai 1998, am 15. Mai 2002 und am 22. Januar 2003). Im Wahlkampf schienen sich in erster Linie zwei Lager gegenüberzustehen: die verbliebenen Regierungsparteien CDA und VVD auf der einen Seite und eine aus PvdA, SP und GroenLinks bestehende linke Opposition. Bald zeichnete sich ab, dass keines der Lager eine absolute Mehrheit erreichen würde, da eine recht große Zahl kleiner Parteien sich Hoffnung auf einen Einzug ins Parlament machen konnte. Deren Stärke ließ sich allerdings nur schwer prognostizieren; der massive Zugewinn der SP (Sozialisten: von 6,3 % 2003 auf 16,6 % 2006) zeichnete sich dagegen früh ab. Zwischenzeitlich schien die SP sogar die PvdA zu überflügeln.

Nach der Wahl bildete Balkenende die Regierung Balkenende IV (Amtsantritt 22. Februar 2007). Auch diese Koalition hielt nicht die ganze Legislaturperiode; am 9. Juni 2010 fand eine weitere vorgezogene Wahl statt.

Wahlverfahren und Sitzverteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wahl der Zweiten Kammer wird als reine Verhältniswahl ohne Sperrklausel durchgeführt. Für den Einzug in die Kammer muss eine Partei lediglich die Hürde des kiesdelers überwinden, der sich aus der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen geteilt durch die Zahl der zu verteilenden Sitze (150) ergibt und gerundet bei 0,67 % liegt. Jede Liste bekommt zunächst so viele Mandate zugewiesen wie der Kiesdeler ganzzahlig in der Gesamtzahl der für sie abgegebenen Stimmen enthalten ist. Die Restsitze werden nach dem systeem van de grootste gemiddelden vergeben, das im Wesentlichen dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren entspricht. Parteien, die den Kiesdeler nicht erreichen, werden bei dieser Verteilung nicht berücksichtigt, auch nicht, wenn sie eine Listenverbindung eingegangen sind.
Die Verteilung der Sitze auf die Kandidaten wird in der Reihenfolge der Listenplätze vorgenommen. Die Wähler haben allerdings die Möglichkeit, in die parteiinterne Vorauswahl korrigierend einzugreifen und schlechter platzierte Bewerber hochzuwählen, da sie ihre Stimme gezielt einer Person geben können. In der Regel kommen alle individuellen Stimmen nur dem Gesamtergebnis der Liste zugute; wer jedoch mit den persönlichen Voorkeurstemmen in eine für die Sitzverteilung relevante Position kommt und zugleich den Voorkeursdrempel (25 % des Kiesdelers) überschreitet, kann an den besseren Listenplätzen vorbei in die Zweite Kammer einziehen.

Parteien und Spitzenkandidaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

24 Parteien traten in mehr als einem der insgesamt 19 Wahlkreise an. In die Zweite Kammer gewählt wurden:

Mit Ausnahme der Partij voor de Dieren (Tierpartei), der bei dieser Wahl der Einzug ins Parlament gelang, trat keine der Kleinparteien mehr an, die bei den Wahlen von 2003 erfolglos teilgenommen hatten. Einige Kleinparteien traten erstmals zur Wahl an, allesamt erfolglos.

Endergebnis (mit Vergleichswerten 2003)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Relative Mehrheiten nach Gemeinden
Listen Stimmen Mandate
Anzahl % +/- Anzahl +/-
Christen-Democratisch Appèl (CDA) 2.608.573 26,5 –2,1 41 –3
Partij van de Arbeid (PvdA) 2.085.077 21,2 –6,1 33 –9
Socialistische Partij (SP) 1.630.803 16,6 +10,3 25 +16
Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) 1.443.312 14,7 –3,2 22 –6
Partij voor de Vrijheid (PVV) 579.490 5,9 Neu 9 Neu
GroenLinks (GL) 453.054 4,6 –0,5 7 –1
ChristenUnie (CU) 390.969 4,0 +1,9 6 +3
Democraten 66 (D66) 193.232 2,0 –2,1 3 –3
Partij voor de Dieren (PvdD) 179.988 1,8 +1,3 2 +2
Staatkundig Gereformeerde Partij (SGP) 153.266 1,6 ±0,0 2
EénNL 62.829 0,6 Neu Neu
Lijst 5 Fortuyn 20.956 0,2 –5,5 –8
Verenigde Senioren Partij (VSP) 12.522 0,1 Neu Neu
Ad Bos Collectief 5.149 0,1 Neu Neu
Partij voor Nederland (PvN) 5.010 0,1 Neu Neu
Islam Democraten (ID) 4.339 0,0 Neu Neu
Nederland Transparant 2.318 0,0 Neu Neu
Groen Vrij Internet Partij 2.297 0,0 Neu Neu
Liberaal Democratische Partij (LibDem) 2.276 0,0 Neu Neu
Lijst 14 2.181 0,0 Neu Neu
Continue Directe Democratie Partij (CDDP) 559 0,0 Neu Neu
LRVP-het Zeteltje 185 0,0 Neu Neu
Solide Multiculturele Partij (SMP) 184 0,0 Neu Neu
Tamara’s Open Partij (TOP) 114 0,0 Neu Neu
Gesamt 9.838.683 100 150
Ungültige Stimmen 16.315 0,2 ±0,0
Wähler 9.854.998 80,4 +0,3
Wahlberechtigte 12.264.503
Quelle: Kiesraad

Ergebnis nach Provinzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Provinz Parteien (%)
CDA PvdA SP VVD PVV GL CU D66 PvdD SGP Sonstige
Drenthe 22,5 30,7 15,9 14,3 4,0 3,8 5,1 1,3 1,4 0,3 0,7
Flevoland 23,8 20,8 15,1 16,8 6,8 3,7 5,9 1,6 2,1 2,1 1,3
Friesland 28,1 27,5 17,1 10,6 3,3 3,8 6,1 1,1 1,3 0,4 0,7
Gelderland 29,3 20,3 16,1 13,5 4,4 4,4 4,8 1,8 1,6 3,0 0,9
Groningen 18,3 31,0 19,2 10,9 3,2 5,9 7,0 1,9 1,6 0,3 0,7
Limburg 28,6 20,3 20,6 10,8 11,5 3,4 1,2 1,1 1,5 0,1 1,0
Noord-Brabant 31,8 17,8 20,4 14,5 6,2 3,4 1,5 1,6 1,4 0,4 1,1
Noord-Holland 21,0 22,2 16,8 18,2 5,5 7,0 2,3 2,7 2,7 0,2 1,4
Overijssel 33,0 21,1 14,8 11,1 4,0 3,4 6,9 1,6 1,1 2,2 0,7
Utrecht 26,8 18,7 13,2 16,7 5,1 6,5 5,5 2,7 1,9 2,0 1,0
Zeeland 28,0 18,2 15,5 12,9 5,6 2,9 5,1 1,1 2,0 7,8 1,0
Zuid-Holland 24,1 20,5 14,3 16,1 7,2 4,3 4,4 2,3 2,1 2,5 2,1

Einzelne Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kiesdeler lag 2006 bei 65.591 Stimmen. Die Wahlbeteiligung war minimal höher (80,35 % nach 80,04 %) als 2003. Die landesweit höchste Wahlbeteiligung (94,23 %) wurde auf der Insel Schiermonnikoog erreicht.

Von den Kandidaten der VVD-Liste erhielt Ministerin Rita Verdonk mit 620.555 voorkeurstemmen (etwa: Einzelstimmen, man kann sein Kreuz bei einem bestimmten Kandidaten der jeweiligen Liste machen) ein besseres Einzelergebnis als der Spitzenkandidat Mark Rutte (553.200); damit wurde erstmals ein lijsttrekker auf den zweiten Platz verwiesen. Vorausgegangen war eine Kampfabstimmung über den Vorsitz, die Rutte nur knapp vor Verdonk gewonnen hatte.

Fatma Koser Kaya (D66) war bei dieser Wahl die einzige Kandidatin, die mit Hilfe der Einzelstimmenregelung ins Parlament gewählt wurde, obwohl ihr eigentlicher Listenplatz ihr das normalerweise nicht gebracht hätte. Sie erhielt 34.564 Stimmen und rückte so vom sechsten auf den zweiten Rang vor.

Auswirkungen des Wahlergebnisses / Regierungsbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Koalitionsverhandlungen erwiesen sich auf Basis dieses Ergebnisses zunächst als schwierig. Die regierende CDA von Premier Balkenende waren nach der Wahl zwar weiterhin stärkste Kraft, aber es reichte nicht zur Bildung einer "großen" Koalition nur mit der PvdA – ein dritter Koalitionspartner war erforderlich. Im Gespräch waren zunächst dabei die Sozialisten, die als eigentliche Wahlgewinner zur drittstärksten Kraft wurden, oder die eher in der Mitte angesiedelte ChristenUnie, die ebenfalls gestärkt aus der Wahl hervorging.

Königin Beatrix ernannte am 25. November das Staatsratsmitglied Rein Jan Hoekstra (CDA) zum Informateur. Ein Informateur hat die Aufgabe, die Möglichkeiten für das Zustandekommen einer tragfähigen Regierungskoalition zu sondieren.

Nach ersten Gesprächen mit allen Fraktionsführern der im neuen Parlament vertretenen Parteien erklärte Hoekstra am 5. Dezember, er wolle auf eine Koalition aus CDA, PvdA und SP hinarbeiten. Eine Woche später teilte er nach eingehenderen Beratungen mit Balkenende (CDA), Bos (PvdA) und Marijnissen (SP) jedoch mit, er halte eine Regierung mit diesen drei Partnern auf Grund der zu großen Differenzen zwischen Christdemokraten und Sozialisten nicht mehr für möglich.

Nach einer erneuten Gesprächsrunde mit den Fraktionsvertretern schlug Hoekstra in seinem Abschlussbericht am 19. Dezember die Bildung einer Koalition aus CDA, PvdA und ChristenUnie vor. Gleichzeitig empfahl er als seinen Nachfolger den früheren Vorsitzenden des Sozialökonomischen Rates Herman Wijffels, der anschließend die Aufgabe hatte, in konkreten Gesprächen mit diesen drei Parteien das Zustandekommen einer Koalitionsvereinbarung zu moderieren.

Die neue Runde der Koalitionsverhandlungen begann am 3. Januar 2007. Am 6. Februar billigten die Fraktionen der drei beteiligten Parteien den ausgehandelten Koalitionsvertrag. Königin Beatrix ernannte Jan Peter Balkenende am 9. Februar offiziell zum Formateur. Er stellte ein Kabinett zusammen, in dem das CDA 8 Ministerposten besetzt, die PvdA 6 und die ChristenUnie 2. Das vierte Kabinett Balkenende wurde am 22. Februar von der Königin vereidigt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joop J. M. van Holsteyn: The Dutch Parliamentary Elections of 2006. In: West European Politics. 30/2007, S. 1139–1147.
  • A. P. M. Lucardie: Twee in, dertien uit. Electoraal succes en falen van nieuwe partijen in 2006. In: Documentatiecentrum Nederlandse Politieke Partijen DNPP (Hrsg.): Jaarboek 2006. Rijksuniversiteit Groningen, 2006, S. 154–174 (PDF; 135 KB)

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Verkiezingen. Historische uitslagen Tweede Kamer. 2006 Centraal Bureau voor de Statistiek
  2. Tweede-Kamerverkiezingen - 22 november 2006 Nederlandse verkiezingsuitslagen 1918-nu