Nominaldefinition

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Eine Nominaldefinition ist in der Logik die sprachliche Erklärung eines Wortes, aber keine eigentliche Definition.[1] Pendant ist die Realdefinition.

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nominaldefinitionen (lateinisch definitiones nominales) sind Wortdefinitionen,[2] führen neue Begriffe ein und legen deren Bedeutung durch Erklärungen fest. In den Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften besitzen Nominaldefinitionen keinen allgemein gültigen und zeitlos geltenden Wahrheitsanspruch. Ihre Aufgabe ist, den wissenschaftlichen Sprachgebrauch festzulegen.[3] Nominaldefinitionen sind Festlegungen eines Begriffsverständnisses durch den Autor, bei denen die Nähe zum allgemeinen Sprachgebrauch keine zwingende Voraussetzung ist.[4] Sie sind deshalb nicht richtig oder falsch, sondern lediglich für eine Thematik geeignet oder nicht.

Definitionstechnik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits Aristoteles beschrieb Nominal- und Realdefinitionen im 4. Jahrhundert vor Christus.[5] William von Ockham griff im Mittelalter (1324) diese Unterscheidung zwischen Nominal- und Realdefinitionen (lateinisch definitio quid nominis bzw. lateinisch definitio quid rei) auf,[6] Christian Wolff folgte 1712.[7]

Der zu definierende Begriff einer Definition ist das Definiendum, die Menge der definierenden Merkmale wird Definiens genannt. Bei der Nominaldefinition wird das Definiendum durch das Definiens ersetzt, wobei letzteres möglichst bereits selbst erklärt oder definiert sein soll.[8] Definiendum und Definiens werden als Synonyme betrachtet. Die Intension eines nominal definierten Begriffes beschreibt die Menge der Eigenschaften, welche die Bedeutung des Begriffes konstituieren. Hingegen bezieht sich die Extension auf die Menge der Objekte, die unter die Definition fallen.

Es gelten folgende Adäquatheitsbedingungen:

  • Eliminierbarkeit: Eine Nominaldefinition muss angeben, wie der neu eingeführte Ausdruck aus jedem Kontext, in dem er grammatikalisch auftauchen kann, eliminiert werden kann.
  • Konservativität: Eine Nominaldefinition darf innerhalb einer Theorie nicht die Ableitung neuer Theoreme gestatten, die ohne die Nominaldefinition aus der Theorie nicht hätten abgeleitet werden können.

Nominaldefinitionen enthalten keine empirischen Informationen und erleichtern so z. B. Diskussionen im Fachjargon. Sie können folglich auch nicht wahr oder falsch sein, sondern erweisen sich in der konkreten Verwendung als brauchbar/zweckmäßig bzw. als unbrauchbar/unzweckmäßig. Sie sind normativ.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Nominaldefinition kommt zustande, indem bereits bekannten Worten ein neues, bisher unbekanntes Wort gleichgesetzt wird (auch tautologische Definition genannt). So ist der Schimmel die Nominaldefinition für „weißes Pferd“.[9] Das Wort „Schimmel“ ist willkürlich gewählt; es hätte auch „Kubbel“ heißen können. Auch die Aussage „Unter 'AWT' wird im nachfolgenden Text 'Arbeitswerttheorie' verstanden“ ist eine Nominaldefinition, die häufig in Verträgen vorkommt.

Eine mögliche Nominaldefinition des Fans als „enthusiastisch und exzessiv ihrer Leidenschaft nachgehende Person[10] zeigt, dass diese Erklärung nur einem bestimmten Untersuchungszweck dient.

Nominaldefintionen erfassen auch nicht existierende Dinge. So ist etwa die eierlegende Wollmilchsau ein Tier, das „Eier legen, Wolle tragen, Milch produzieren und dessen Fleisch der Ernährung des Menschen dienen kann“. Das Einhorn ist ein „Tier in Pferde- oder Ziegengestalt mit einem Horn in der Stirnmitte“.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nominaldefinition ist mit der Akzidentaldefinition (lateinisch definitio accidentalis) verwandt.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert Bolton: Essentialism and Semantic Theory in Aristotle. In: Philosophical Review. Band 85, 1976, S. 514–544, JSTOR:2184277 (Nominaldefinition und natürliche Arten bei Aristoteles).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Max Apel/Peter Ludz, Philosophisches Wörterbuch, 1958, S. 204; ISBN 978-3-11-006729-3
  2. Joseph Maria Bocheński, Die zeitgenössischen Denkmethoden, 1954, S. 90 ff.; ISBN 978-3-7720-0001-0
  3. Hans Albert, Probleme der Wissenschaftslehre in der Sozialforschung, in René König (Hrsg.), Handbuch der empirischen Sozialforschung, 1973, S. 73; ISBN 978-3-432-89352-5
  4. Jochen Roose/Mike S. Schäfer/Thomas Schmidt-Lux, Fans: Soziologische Perspektiven, 2010, S. 11
  5. Aristoteles, Analytica posteriora (Zweite Analytik), Buch II, 8–10
  6. William von Ockham, Summa Logicae, Teil I, 1324, Kapitel 26
  7. Christian Wolff, Vernünftige Gedanken (Deutsche Logik), 1712, Kapitel 1 § 41
  8. Klaus Merten, Kommunikation: Eine Begriffs- und Prozessanalyse, 1977, S. 31
  9. Helmut Seiffert, Einführung in die Wissenschaftstheorie, Band 1, 2003, S. 62; ISBN 978-3-406-54135-3
  10. Rainer Winter, Die Produktivität der Aneignung: Zur Soziologie medialer Fankulturen, in: Werner Holly/Ulrich Püschel (Hrsg.), Medienrezeption als Aneignung, 1993, S. 71; ISBN 978-3-322-87281-4
  11. Friedrich Ueberweg, System der Logik und Geschichte der logischen Lehren, 1865, S. 124