Oligurie

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Klassifikation nach ICD-10
R34 Anurie und Oligurie
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Oligurie (von griechisch oligos = „wenig, klein“ und lateinisch urina bzw. griechisch ouron = „Harn“), auch Oligoanurie genannt, bezeichnet eine Minderfunktion der Nieren, bei der das Harnvolumen beziehungsweise die Harnmenge (Uroflow) vermindert sind.

Bei erwachsenen Menschen spricht man von einer Oligurie, wenn die pro Tag produzierte Menge von Urin (normal 0,7 bis 1,5 Liter) weniger als 500 ml beträgt. Bei einer weiteren Verminderung der Urinproduktion (auf weniger als 100 ml pro Tag) wird von einer Anurie gesprochen. Analoges gilt auch für viele Tiere.

Neben den Ursachen für eine Anurie, nämlich Obstruktion der ableitenden Harnwege und Anti-GBM-Erkrankung, kommen bei der Oligurie noch andere Ursachen in Frage. Dies sind eine schwere Dehydratation oder Patienten mit einer Herzinsuffizienz, die ACE-Hemmer oder Diuretika einnehmen. Im ersten Fall erhöht die Niere ihre tubuläre Rückresorption über den ADH-Mechanismus und somit kommt weniger Endharn zur Ausscheidung. Im Endstadium einer chronischen Niereninsuffizienz (Dialysebehandlung) besteht meist eine Oligo-Anurie mit dem Risiko einer Flüssigkeitsüberladung.[1]

Somit kann die Oligurie auf eine zu niedrige Flüssigkeitsaufnahme hinweisen. Bei älteren Menschen geschieht dies häufig aufgrund des im Alter verminderten Durstgefühls und einer damit absolut unzureichenden Flüssigkeitsaufnahme. Eine Oligurie kann aber auch auftreten, wenn Menschen mit einem erhöhten Flüssigkeitsverlust, zu dem es z. B. bei großer körperlicher Anstrengung (Schwerarbeiter, Sportler; Schwitzen) oder bei einem bestehenden Diabetes mellitus kommen kann, relativ unzureichend trinken.

Zu einem Harnstau kommt es demgegenüber bei einem Verschluss oder einer anderweitigen Funktionsbeeinträchtigung der ableitenden Harnwege. Im Bereich des unteren Harntrakts (Harnblase und Harnröhre) kommt es dabei zu einer beeinträchtigten Harnausscheidung, die als Oligurie imponieren kann. Eine chronische Abflussbehinderung im Bereich nur eines Harnleiters kann dagegen trotz der möglichen Zerstörung der vorgeschalteten Niere völlig asymptomatisch bleiben, da eine gesunde Einzelniere über ausreichende Kompensationsmöglichkeiten verfügt.

Das Gegenteil der Oligurie ist die Polyurie, nicht zu verwechseln mit der Pollakisurie. Die Verschlimmerung (Exazerbation) der Oligurie ist die Anurie. Abzugrenzen ist außerdem die Nonoligurie (lateinisch non = nicht; altgriechisch oligo = wenig); bei Patienten mit akuter oder chronischer Azotämie beträgt hier als Folge einer Tubulusnekrose die Harnausscheidung mehr als 400 ml am Tag.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Julius Ullrich, Klaus Hierholzer (Hrsg.): Normale und pathologische Funktionen des Nierentubulus. Verlag Hans Huber, Bern/Stuttgart 1965.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oxford Textbook of Clinical Nephrology. Edited by Neil Turner et al., 4th Edition, 2016, Oxford University Press, ISBN 978-0-1995-9254-8.
  2. Tinsley Randolph Harrison: Harrisons Innere Medizin. 19. Auflage, Band 1, McGraw-Hill, Berlin 2016, ISBN 978-3-88624-560-4, S. 354.