Quadratisches Reziprozitätsgesetz

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Das quadratische Reziprozitätsgesetz, gelegentlich auch Gaußsches Reziprozitätsgesetz, ist ein grundlegendes Gesetz aus der Zahlentheorie, einem Teilgebiet der Mathematik. Es beschäftigt sich mit der Frage, ob es zu einer ganzen Zahl und einer ungeraden Primzahl eine Quadratzahl gibt, sodass die Differenz durch teilbar ist. Genau genommen gibt es, zusammen mit den beiden unten genannten Ergänzungssätzen, ein Verfahren an, um zu entscheiden, ob eine Zahl quadratischer Rest oder Nichtrest einer Primzahl ist. Die Entdeckung des quadratischen Reziprozitätsgesetzes durch Leonhard Euler und der Beweis durch Gauß (Disquisitiones Arithmeticae 1801, er hatte aber bereits 1796 einen Beweis) waren die Ausgangspunkte der Entwicklung der modernen algebraischen Zahlentheorie.

Um die genaue Aussage des quadratische Reziprozitätsgesetzes zu verstehen, sind lediglich die Konzepte der Quadratzahlen, der Primzahlen und der Teilbarkeit ganzer Zahlen mit Rest vonnöten. Seine Formulierung beginnt mit der Auswahl zweier ungerader, ungleicher Primzahlen und , etwa und . Im Zentrum steht die folgende Fragestellung:

Existiert eine Quadratzahl , sodass die Differenz teilt? (Mit den oberen Beispielwerten: Ist die Zahl für eine Quadratzahl durch teilbar?).

Innerhalb dieser Fragestellung haben die beiden Primzahlen und eine unterschiedliche Stellung ( ist „Teiler“ und ist „Subtrahend“). Das Wort „Reziprozität“ (von „reziprok“, also wechselseitig) deutet nun an, dass dieselbe Frage ebenfalls unter Vertauschung der Rollen beider Primzahlen gefragt werden kann: Gibt es also eine (zweite) Quadratzahl , sodass wiederum die Differenz teilt? Das quadratische Reziprozitätsgesetz formuliert eine einfache Regel, die die Lösbarkeit der zwei Aufgaben, die durch Vertauschen der Rollen beider Primzahlen entstehen, miteinander in Beziehung setzt. Es unterscheidet:

  • Hat mindestens eine der beiden Primzahlen und bei Teilung durch den Rest , so ist die eine Frage genau dann mit „Ja“ zu beantworten, wenn es auch die andere ist. Zum Beispiel hat bei Teilung durch den Rest . Mit den Wahlen , und erhält man und , wobei Ersteres durch und Letzteres durch teilbar ist (es ist ). Also lässt sich die Frage im Falle von und wechselseitig mit „Ja“ beantworten, wie es das Reziprozitätsgesetz vorhersagt. Im Gegensatz dazu existieren keine Quadratzahlen und , sodass durch und durch teilbar ist.
  • Haben hingegen beide Primzahlen und bei Teilung durch den Rest , so ist stets genau eine der Fragen mit „Ja“ zu beantworten. Beispiel und : Es ist durch teilbar, es gibt aber keine Quadratzahl , sodass durch teilbar ist. Es haben sowohl als auch bei Division mit den Rest .

Das quadratische Reziprozitätsgesetz ist aus mathematischer Sicht unter anderem von Interesse, da es kausale Zusammenhänge zwischen scheinbar völlig verschiedenen Fragestellungen aufbaut. Das führt dazu, dass die Lösung einer mitunter sehr schweren Aufgabe auf das Lösen einer leichten Aufgabe zurückgeführt werden kann, weshalb es für konkrete Berechnungen von Nutzen ist. Zahlreiche Anwendungen findet es in der Zahlentheorie, der Theorie diophantischer Gleichungen, aber auch in praktischen Gebieten wie der Kryptographie.

Gauß selbst hat acht methodisch verschiedene Beweise für das quadratische Reziprozitätsgesetz vorgelegt. Da er die Bedeutung des Resultats bereits als außerordentlich hoch erkannte, bezeichnete er sein Resultat als „Fundamentaltheorem“ bzw. „Theorema aureum“ (deutsch: „Goldener Satz“) der Zahlentheorie. Die Bezeichnung „Reziprozitätsgesetz“ geht indes auf Adrien-Marie Legendre zurück, der im Jahr 1785 einen unvollständigen Beweis lieferte. Spätere (vollständige) Beweise stammen unter anderem von Gotthold Eisenstein, Peter Gustav Lejeune Dirichlet, Richard Dedekind und Jegor Iwanowitsch Solotarjow. Bis heute sind mehr als 300 verschiedene Beweise publiziert worden. Trotz elementarer Beweise liegt das Wesen der „Reziprozität“, wie schon Gauß vermutete, relativ tief, nämlich in der Primfaktorzerlegung in den Kreisteilungskörpern.

Das quadratische Reziprozitätsgesetz macht Aussagen über die Lösbarkeit quadratischer Gleichungen in der modularen Arithmetik. Die Frage nach der Lösbarkeit von Gleichungen höheren Grades führt auf die höheren Reziprozitätsgesetze, was eine der treibenden Kräfte der algebraischen Zahlentheorie seit Gauß war. Den Fall dritten Grades, das kubische Reziprozitätsgesetz, behandelte Gotthold Eisenstein, den Fall vierten Grades Gauß, wobei jedoch Carl Gustav Jacobi den ersten vollständigen Beweis vorlegte. Eine moderne, sehr viel tiefer liegende, Verallgemeinerung findet sich in den Grundlagen der Klassenkörpertheorie.

Fragestellung und Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das quadratische Reziprozitätsgesetz motiviert sich aus der Aufgabe, schnell über die Lösbarkeit quadratischer Kongruenzen entscheiden zu können. Im Falle von Primzahlen entspricht dies einer quadratischen Gleichung über einem endlichen Körper. Für ein genaues Verständnis seiner Aussage werden die folgenden Grundlagen zusammengefasst.

Endliche Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mathematik bezeichnet ein Körper eine Menge, innerhalb der, einfach gesprochen, mit den vier Grundrechenarten gerechnet werden kann. Dabei sollen die aus der Schulmathematik bekannten Regeln des Kommutativgesetzes (Vertauschbarkeit bei „Plus“ und „Mal“), Assoziativgesetzes (Vertauschbarkeit von Klammern bei „nur Plus“ oder „nur Mal“) und Distributivgesetzes („Ausklammern“ und „Ausmultiplizieren“) gelten. Außerdem muss stets das Element (neutrales Element der Addition) und (neutrales Element der Multiplikation) Teil eines Körpers sein. Insbesondere soll durch jede Zahl ungleich der dividiert werden können. Wichtige Beispiele sind der Körper der reellen Zahlen (Bezeichnung: ) oder der Körper der rationalen Zahlen (Bezeichnung: ).

Eine wichtige Forderung ist, dass keine der erlaubten Rechenoperationen dazu führt, dass man die den Körper definierende Zahlenmenge verlässt. So ist es etwa in Körpern im Allgemeinen nicht erlaubt, Quadratwurzeln zu ziehen. Es ist ein Element von , kurz , aber ist eine irrationale Zahl, also . Ähnlich besitzt keine Quadratwurzel in den reellen Zahlen. Grundsätzlich ist das Konzept einer Quadratwurzel in einem Körper aber indirekt erklärt, da die umgekehrte Operation, nämlich die Multiplikation einer Zahl mit sich selbst, in Körpern definiert ist, wobei die Existenz eine andere Frage ist.

Eine Fragestellung aus der Algebra ist, wie Körper aussehen können, also in welchen Typen von Mengen ein „abgeschlossenes Rechnen“ möglich ist. So kann man weitere nichtrationale Zahlen zu hinzunehmen, um größere Körper zu konstruieren. Ein Beispiel ist der Körper , der aus allen Zahlen mit besteht (siehe auch: Zahlkörper, und zum Beispiel Quadratischer Zahlkörper).[1] Rechnungen wie

sind Prototypen für die Abgeschlossenheit der vier Grundrechenarten in . Es ist , zusammen mit und , ein weiteres Beispiel für einen Körper mit unendlich vielen Elementen. Bemerkenswert ist es aber, dass auch Körper mit nur endlich vielen Elementen existieren. Das Rechnen in diesen Bereichen weicht, obwohl die Gesetze letztlich die gleichen sind, von der „klassischen Anschauung“ ab. Das beginnt damit, dass die Elemente[Anm. 1]

nicht alle verschieden sein können, da nur endlich viele Elemente hat. Da man stets hat (sonst wäre , und diesen trivialen Fall schließt man aus), gibt es damit eine kleinste natürliche Zahl , sodass

in erstmals erfüllt ist.[Anm. 2] Diese Kennzahl wird Charakteristik des Körpers genannt, also . Sie ist stets eine Primzahl,[2] denn wäre zum Beispiel zusammengesetzt, so müsste sein, und es wäre bereits oder , also , was der Annahme wegen der Minimalität der Charakteristik direkt widerspräche.

Um das Rechnen in endlichen Körpern genau zu verstehen, ist der Umgang mit Resten bei Divisionsaufgaben notwendig. Nichttriviale Reste entstehen bei Divisionen, die nicht aufgehen. Etwa ist geteilt durch gleich mit Rest . In den einfachsten Beispielen endlicher Körper wird mit genau diesen Resten gerechnet. Dies kann anhand eines Beispiels demonstriert werden: Es gibt genau fünf mögliche Reste bei der Division durch , und diese korrespondieren zu

mit Menge der ganzen Zahlen, und (d. h. alle ganzen Vielfache der Zahl ). Dabei bedeuten die Über-Striche, dass alle Zahlen, die bei Division mit den entsprechenden Rest haben, gemeinsam bzw. gebündelt betrachtet werden. Etwa besteht

aus genau jenen Zahlen, die bei Division mit den Rest haben. Die Zahlen von bis sind ferner lediglich Repräsentanten einer ganzen Restklasse,[3] zum Beispiel gelten die Gleichheiten

Die jeweiligen Repräsentanten ergeben bei Division durch alle denselben Rest und gehören so zur selben Restklasse. Man sieht damit, dass additive Vielfache von in diesem Beispiel für die Zugehörigkeit zur gleichen Restklasse stets keine Rolle spielen. Mit anderen Worten: Während eine ganze Zahl stets erst durch ihre Zählgröße vollständig bestimmt ist, handelt es sich bei Restklassen um reduzierte Zahlen. Nur noch der Rest ist entscheidend, nicht mehr die Größe.

Mit Restklassen modulo kann nun in den vier Grundrechenarten gerechnet werden. Dabei gelten im Grunde dieselben Regeln wie beim Rechnen in den ganzen Zahlen : Zum Beispiel ist

(Bedeutung: Die Summe zweier beliebiger Zahlen mit Rest bei Division durch hat stets Rest bei Division durch , etwa oder .)
(Bedeutung: Die Differenz zweier beliebiger Zahlen mit dem selben Rest, etwa , bei Division durch , ist stets durch teilbar, hat also Rest .)
(Bedeutung: Das Produkt zweier beliebiger Zahlen mit Rest bzw. bei Division durch hat stets Rest bei Division durch , etwa oder )

Wichtig ist an dieser Stelle, zu zeigen, dass dies wohldefiniert ist, dass also bei der Auswahl anderer Repräsentanten stets das gleiche Ergebnis herauskommt. Da die Differenz zweier Repräsentanten aber stets durch teilbar ist, liegt dies auf der Hand: Zum Beispiel ist (vgl. oberes Beispiel)

aber auch

Ganz ähnliche Überlegungen gelten bei der Wohldefiniertheit der Multiplikation.

Auch die Division ist innerhalb von möglich (schließt man aus), denn um allgemein dividieren zu können, ist für jedes lediglich die Existenz eines Inversen mit

vonnöten (wie etwa und im Fall der rationalen Zahlen). Für den Nachweis, dass es stets ein Inverses gibt, ist entscheidend, dass eine Primzahl ist: Teilt eine Primzahl ein Produkt zweier ganzer Zahlen, muss bereits mindestens einer der Faktoren durch diese teilbar sein. Hat man dies zur Hand, ist die Argumentation die folgende: Für ein Element , das man invertieren möchte, betrachtet man alle möglichen Vielfachen (ungleich Null):

Die Restklasse taucht in dieser Liste nicht auf, denn keine der Zahlen ist durch teilbar.[Anm. 3] Ferner sind alle Einträge der Liste paarweise verschieden, denn es ist gleichbedeutend damit, dass , ergo . Da nicht durch teilbar ist, muss durch teilbar sein. Die Differenz liegt nach Wahl der obigen Repräsentanten im Intervall , und nur die ist dort durch teilbar. Also ist . Es muss also die Restklasse irgendwo in der obigen Liste auftauchen und ein Inverses ist gefunden.[Anm. 4] Zum Beispiel ist ein Inverses zu modulo , da .[Anm. 5] Da im Wesentlichen „weiterhin in den ganzen Zahlen gerechnet wird“, bleiben Kommutativgesetz, Assoziativgesetz und Distributivgesetz erhalten, womit die Restklassenmenge in der Tat einen Körper bildet.

Diese ganze Argumentation beschränkt sich nicht auf die Primzahl , sondern es kann zu jeder Primzahl ein entsprechender endlicher Körper angegeben werden:

usw. Dabei müssen die durch die Über-Striche angedeuteten Restklassen natürlich stets auf die betroffene Primzahl angewendet werden.[4]

Modulare Arithmetik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die modulare Arithmetik bezeichnet im Wesentlichen das Rechnen mit Restklassen, und damit verbundene Themenfelder, wie etwa Gleichungen. Für eine natürliche Zahl , den „Modul“,[5] bezeichnet man zwei ganze Zahlen und als kongruent modulo , falls deren Differenz teilt, also in Zeichen

Man schreibt in diesem Falle die Kongruenz auch als

gelesen als: „ kongruent modulo “. Zum Beispiel gilt

denn es teilt die Differenz . Sind zwei ganze Zahlen kongruent modulo , gehören sie zur selben Restklasse bei der Division durch (und umgekehrt). Man schreibt dann , und mit Restklassen kann wie gewohnt gerechnet werden (siehe vorheriger Abschnitt in Bezug auf endliche Körper). Ist eine Primzahl, so bildet die Menge der Restklassen modulo  einen Körper . Ist hingegen zusammengesetzt, handelt es sich lediglich um einen kommutativen Ring.[6][Anm. 6] Kommutative Ringe ähneln in ihren Eigenschaften den Körpern (algebraische Strukturen mit Addition und Multiplikation), jedoch ist nicht immer eine Division möglich. Ein Beispiel ist ,[Anm. 7] also die Menge der Restklassen modulo  (es ist keine Primzahl!). Es ist hier keine Division durch möglich, denn . Aus einer „Division“ beider Seiten durch folgte dann , was nicht sein kann, da nicht durch teilbar ist. Elemente eines Rings, durch die trotzdem dividiert werden kann (dazu zählt immer die Eins), heißen auch Einheiten (des Rings).[7] Die Einheiten des Rings der ganzen Zahlen sind , und des Rings gleich (wie gesehen, ist neben auch modulo keine Einheit, denn durch beide Elemente kann nicht dividiert werden).

Quadratische Gleichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine quadratische Gleichung ist eine Gleichung der Form

mit einer Unbekannten . Es handelt sich also um einen Spezialfall einer algebraischen Gleichung, bei der die Unbekannte einfach mit sich selbst multipliziert werden kann. Grundsätzlich können algebraische Gleichungen, die sich auf der Anwendung der vier Grundrechenarten zusammensetzen, über Körpern studiert werden, wo all diese Rechenoperationen einen Sinn ergeben. In der Schulmathematik wird beispielsweise der Körper zugrunde gelegt. Es ist also , und man ist an Lösungen von in den reellen Zahlen interessiert. Allerdings kann die obere Gleichung, falls auch lediglich nur über den rationalen Zahlen betrachtet werden. Zum Beispiel hat die Gleichung über den reellen Zahlen die Lösungen , aber über den rationalen Zahlen keine Lösung. In Algebra und Zahlentheorie ist man vor allen Dingen an einem schnellen Verfahren interessiert, zu entscheiden, ob eine algebraische Gleichung über ihrem Körper überhaupt lösbar ist. Es bietet sich an, hier über „Kennzahlen“ zu arbeiten. Der obigen quadratischen Gleichung kann die Zahl

zugeordnet werden, die sich aus den Koeffizienten und schnell berechnen lässt. Diese wird auch als Diskriminante (lateinisch discriminare = unterscheiden) der Gleichung bezeichnet. Über die Mitternachtsformel, die potenzielle Lösungen als

identifiziert,[Anm. 8] erkennt man, dass die Gleichung genau dann Lösungen im betreffenden Körper hat, falls es Sinn macht, die Quadratwurzel aus der Diskriminante zu ziehen. Genauer gilt: Es hat

Schaubilder dreier quadratischer Funktionen über den reellen Zahlen:
Grün hat Diskriminante (eine reelle Nullstelle),
Blau negative (keine reelle Nullstelle) und
Orange positive (zwei reelle Nullstellen) Diskriminante
  • genau dann zwei verschiedene Lösungen, falls und ein Quadrat im zugrunde liegenden Körper ist (also der Term im Körper enthalten ist und nicht gleich 0 ist),
  • genau dann eine („doppelte“) Lösung, falls (denn es gilt stets , und ist immer Teil des Körpers),
  • genau dann keine Lösung, falls kein Quadrat im zugrunde liegenden Körper ist.

Im Fall des Körpers sind also lediglich die Fälle , und zu unterscheiden, da eine reelle Zahl ungleich genau dann eine Quadratwurzel in hat, wenn sie positiv ist. Bei den rationalen Zahlen hingegen ist die Unterscheidung subtiler. Wie bereits oben gesehen, hat die Gleichung keine rationalen Lösungen, und in der Tat ist ihre Diskriminante zwar positiv, aber kein Quadrat einer rationalen Zahl. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass die Arithmetik in den reellen Zahlen einfacher ist als jene in den rationalen Zahlen.

Neben den reellen oder rationalen Zahlen, können quadratische Gleichungen des Typs

über dem Körper (mit ) studiert werden. Das quadratische Reziprozitätsgesetz kann dabei helfen, schnell zu entscheiden, ob Lösbarkeit vorliegt, oder nicht. Dabei muss der Fall Charakteristik 2 (insbesondere ) gesondert betrachtet werden, da in der Mitternachtsformel durch , also in solchen Körpern durch dividiert wird, was nicht erlaubt ist. Daher ist die Theorie quadratischer Gleichungen in solchen Körpern anders.[Anm. 9]

Quadratische Reste und das Legendre-Symbol[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um zu entscheiden, ob eine quadratische Gleichung mit über mit einer Primzahl lösbar ist, reicht es aus, zu entscheiden, ob die Diskriminante ein Quadrat in ist. Der Fall spielt eine Sonderrolle, da in der Mitternachtsformel durch geteilt wird, womit man im Fall aber durch Null teilen würde, was nicht zulässig ist. Dies motiviert den Begriff des quadratischen Rests. Damit sind jene Elemente des endlichen Körpers gemeint, die ungleich Null sind und durch Quadrieren eines (anderen) Elements aus entstehen. Mit anderen Worten, eine zu teilerfremde Zahl ist genau dann quadratischer Rest modulo , falls eine Quadratzahl existiert, sodass durch teilbar ist. Aus quadratischen Resten kann im betroffenen Körper eine Quadratwurzel gezogen werden, was bei der Auflösung quadratischer Gleichungen von Bedeutung ist. Elemente aus , die nicht Null und keine quadratischen Reste sind, bezeichnet man auch als quadratische Nichtreste.

Ist zum Beispiel , so bekommt man durch Quadrieren der Restklassen modulo :[8]

Es sind also die Elemente und die quadratischen Reste modulo . Somit ist zum Beispiel die Gleichung

nicht in lösbar, denn

Schaubild der quadratischen Funktion über dem endlichen Körper . Zu erkennen sind die Nullstellen und , und es gilt die Faktorisierung . Es wurden stets Repräsentanten im Intervall gewählt.

ist quadratischer Nichtrest modulo , und folglich kann in der Mitternachtsformel über keine Quadratwurzel aus der Diskriminante gezogen werden. Im Gegensatz dazu ist

in lösbar, denn es ist

quadratischer Rest modulo . In der Tat ist etwa eine Lösung, denn modulo .

Bemerkenswerterweise spaltet sich die Menge der quadratischen Reste und Nichtreste in genau zwei gleich große Mengen mit der Anzahl der Elemente , wenn die Primzahl ungerade ist.[9] Wie oben gesehen im Fall , sind es die Mengen und mit je fünf Elementen. Allgemein lassen sich die quadratischen Reste modulo , wie oben, durch Betrachtung der Elemente

vollständig bestimmen.[8][Anm. 10] Weitere Reste lassen sich folgender Tabelle entnehmen, die für alle Primzahlen bis vollständig ist:

Quadrate modulo Primzahlen
n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
n2 1 4 9 16 25 36 49 64 81 100 121 144 169 196 225 256 289 324 361 400 441 484 529 576 625
mod 3 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1
mod 5 1 4 4 1 0 1 4 4 1 0 1 4 4 1 0 1 4 4 1 0 1 4 4 1 0
mod 7 1 4 2 2 4 1 0 1 4 2 2 4 1 0 1 4 2 2 4 1 0 1 4 2 2
mod 11 1 4 9 5 3 3 5 9 4 1 0 1 4 9 5 3 3 5 9 4 1 0 1 4 9
mod 13 1 4 9 3 12 10 10 12 3 9 4 1 0 1 4 9 3 12 10 10 12 3 9 4 1
mod 17 1 4 9 16 8 2 15 13 13 15 2 8 16 9 4 1 0 1 4 9 16 8 2 15 13
mod 19 1 4 9 16 6 17 11 7 5 5 7 11 17 6 16 9 4 1 0 1 4 9 16 6 17
mod 23 1 4 9 16 2 13 3 18 12 8 6 6 8 12 18 3 13 2 16 9 4 1 0 1 4
mod 29 1 4 9 16 25 7 20 6 23 13 5 28 24 22 22 24 28 5 13 23 6 20 7 25 16
mod 31 1 4 9 16 25 5 18 2 19 7 28 20 14 10 8 8 10 14 20 28 7 19 2 18 5
mod 37 1 4 9 16 25 36 12 27 7 26 10 33 21 11 3 34 30 28 28 30 34 3 11 21 33
mod 41 1 4 9 16 25 36 8 23 40 18 39 21 5 32 20 10 2 37 33 31 31 33 37 2 10
mod 43 1 4 9 16 25 36 6 21 38 14 35 15 40 24 10 41 31 23 17 13 11 11 13 17 23
mod 47 1 4 9 16 25 36 2 17 34 6 27 3 28 8 37 21 7 42 32 24 18 14 12 12 14

Verlässt man die modulare Arithmetik und geht wieder zu den ganzen Zahlen über, so ist genau dann quadratischer Rest modulo einer Primzahl , falls eine Quadratzahl existiert, sodass durch teilbar ist.[Anm. 11]

Adrien-Marie Legendre

Aus mathematischer Sicht ist es sinnvoll, die quadratischen Reste von den Nichtresten zu „trennen“. Dabei wird der eine besondere Rolle zugeordnet. Zu diesem Zweck definiert man das Legendre-Symbol, benannt nach Adrien-Marie Legendre. Dieses ist eine mathematische Funktion mit Definitionsbereich und Zielmenge , die einem quadratischen Rest den Wert („positiv“), einem Nichtrest („negativ“) und der den Wert zuordnet. In Symbolen setzt man:[9]

Hierbei bedeutet den größten gemeinsamen Teiler. Es ist nicht als Bruch zu verstehen. In der Literatur wird deshalb gelegentlich auch die Notation genutzt, um Verwechslungen zu vermeiden.[8] Auf natürliche Weise kann das Legendre-Symbol auch als Funktion auf den ganzen Zahlen aufgefasst werden, die dann, wegen ihrer ursprünglichen Definition auf Restklassen, -periodisch ist. Es ist dann und letzterer Ausdruck wird am häufigsten verwendet.

Es gelten die folgenden sehr wichtigen Regeln:

  • Das Produkt zweier quadratischer Reste ist wieder ein quadratischer Rest.
  • Das Produkt eines quadratischen Rests und eines quadratischen Nichtrests ist ein quadratischer Nichtrest.
  • Das Produkt zweier quadratischer Nichtreste ist ein quadratischer Rest.

Anstatt in Resten und Nichtresten zu denken, kann durch diese Regeln auch zu und übergegangen werden. Analog werden in dieser Sichtweise die Regeln , und respektiert. Das Legendre-Symbol dient nun als ein „Übersetzer“ zum Beispiel der Regel „Nichtrest mal Nichtrest gleich Rest“ in „negativ mal negativ gleich positiv“.[Anm. 12] Insbesondere folgt, dass das Legendre-Symbol vollständig multiplikativ ist, es gilt also für alle die Rechenregel[10]

Beispiele  

Es wird das Beispiel betrachtet. Etwa ist ein quadratischer Rest modulo , denn es ist die Zahl

durch teilbar. Die Kurzform über Restklassen lautet oder . In der Notation des Legendre-Symbols bedeutet dies

Im Gegensatz dazu ist quadratischer Nichtrest modulo . Für keine Quadratzahl ist durch teilbar. Dies überprüft man zum Beispiel durch Bilden aller Reste modulo , bei denen niemals herauskommt, also keine Division durch möglich ist. Über das Legendre-Symbol ausgedrückt ist also

Das Produkt aus einem Rest und einem Nichtrest ist nun wieder ein Nichtrest. Es ist , also gilt

Damit ist ein quadratischer Nichtrest modulo . Im letzten Schritt wurde verwendet, dass das Legendre-Symbol auf Restklassen modulo definiert, und damit -periodisch ist.

Aussage des quadratischen Reziprozitätsgesetzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Folgenden bezeichnet mit einer ganzen Zahl und einer Primzahl das Legendre-Symbol. Das quadratische Reziprozitätsgesetz gibt für zwei verschiedene ungerade Primzahlen und eine einfache Formel, die beiden Größen und ineinander umzurechnen. Damit kann die Frage, ob ein quadratischer Rest modulo  ist, durch Beantwortung der „reziproken“ Frage, ob ein quadratischer Rest modulo  ist, ggf. schnell beantwortet werden.

Das quadratische Reziprozitätsgesetz besagt, dass für zwei verschiedene ungerade Primzahlen  und  gilt:[11]  Erklärung zu : Der Faktor  ist genau dann eine gerade Zahl, wenn die ungerade Zahl  bei Division durch  den Rest  hat. Zum Beispiel ist  (gerade), aber  (ungerade), und es hat  den Rest  bzw.  den Rest  bei Division durch . Ein Produkt  aus ganzen Zahlen ist schließlich genau dann gerade, wenn mindestens ein Faktor gerade ist, und  ist demnach genau dann positiv, wenn mindestens einer der Faktoren  oder  gerade ist.[Anm. 13] 

Zudem existieren zwei sog. Ergänzungssätze, die eine direkte Berechnung der Werte bzw. für ungerade Primzahlen ermöglichen.

1. Ergänzungssatz: Für jede ungerade Primzahl  gilt:[11]  
2. Ergänzungssatz: Für jede ungerade Primzahl  gilt:[11]  Erklärung zu : Es gilt nach der dritten binomischen Formel . Da  ungerade ist, ist einer der Faktoren  durch  teilbar, und der andere durch . Somit ist  stets eine ganze Zahl. Mit  kann aber erreicht werden, dass der Faktor  sogar durch  teilbar ist, womit  eine gerade Zahl ist. In den Fällen  kann dies nicht erreicht werden, und  ist ungerade. 

Sind und zwei verschiedene ungerade Primzahlen, so gilt folglich:[12]

Denn aus folgt bereits .

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pierre de Fermat

Die ersten Andeutungen des quadratischen Reziprozitätsgesetzes finden sich in den Arbeiten von Pierre de Fermat. Fermats Ergebnisse über die Darstellung ganzer Zahlen als Summe zweier Quadrate führten direkt zu dem Problem der Bestimmung des quadratischen Charakters von , also dem Auffinden von Fermat konnte diejenigen ungeraden Primzahlen charakterisieren, die sich als Summe gewisser Kombinationen aus Quadratzahlen schreiben lassen. So zeigte er[Anm. 14]

Zum Beispiel zeigen die Gleichungen

die ersten ungeraden Primzahlen, die als Summe zweier Quadrate geschrieben werden können. Es handelt sich dabei genau um die Primzahlen, die bei Division durch den Rest besitzen. Fermat untersuchte allgemeiner auch die Darstellung von Primzahlen durch quadratische Formen der Form , wobei . Er behauptete etwa, dass

oder

deutete mögliche Beweise allerdings nur an.[13] Wenn , kann also gezeigt werden, dass eine Primzahl , die teilt, dabei aber weder noch teilt, selbst die Form für ein Paar von ganzen Zahlen und hat. Aus dieser Tatsache kann gefolgert werden, dass genau dann durch die quadratischen Formen oder dargestellt werden kann, wenn bzw. ein quadratischer Rest von ist. Zum Beispiel ist die Primzahl von der Form , denn

In der Tat ist ein quadratischer Rest modulo , denn es teilt die Zahl . Aus diesem Grund waren auch die expliziten Ausdrücke und schon bei Fermat von Bedeutung.[14]

Joseph-Louis Lagrange
Leonhard Euler

Erstmals entdeckt wurde das quadratische Reziprozitätsgesetz von Leonhard Euler, der es durch empirische Nachforschungen als richtig befand, jedoch keinen Beweis vorlegen konnte. Leopold Kronecker hat darauf verwiesen, dass es unter anderem schnell aus einer Vermutung Eulers aus dessen Schrift Theoremata circa divisores numerorum in hac forma contentorum (1744–1746) folgt.[15] Anschließend widmete Euler sich über zwei Jahrzehnte anderen Themen. Erst die Forschungen von Joseph-Louis Lagrange in den Jahren 1773 bis 1775, insbesondere seine Arbeiten zu einer allgemeinen Theorie der binären quadratischen Formen, bewegten Euler schließlich dazu, sich wieder mit dem Studium der quadratischen Reste detailliert zu befassen. Lagrange wollte die Forschung zu den von Fermat und Euler angestoßenen mathematischen Ideen weiter vorantreiben. Durch explizite Bestimmung von , und für ungerade Primzahlen , konnte er die Primzahlen mit Darstellung sowie charakterisieren.[16] Zum Schluss seiner Ausführungen fasste Lagrange dann alles zusammen, was er über quadratische Reziprozität sagen konnte. Er formulierte seine Resultate stets in Termen des sog. Euler-Kriteriums

das eine Verallgemeinerung des kleinen Satzes von Fermat darstellt. Er hielt fest, dass für eine Primzahl von der Form der Wert bereits durch teilbar und für solche der Form entsprechend durch teilbar ist.[17] Lagrange gilt damit als Entdecker des 2. Ergänzungssatzes.[18] In seinem Paper Observationes circa divisionem quadratorum per numeros primos, das 1783 posthum veröffentlicht wurde, gab Euler schließlich eine Formulierung des quadratischen Reziprozitätsgesetzes, die der heute am häufigsten verwendeten sehr nahe kommt. In moderner Notation lautete sie:

Es sei eine ungerade Primzahl und eine ganze Zahl, die nicht durch teilbar ist. Wenn eine Primzahl ist, sodass , so gilt .

Dies besagt, dass der Wert des Legendre-Symbols nur von der Restklasse modulo  abhängt, und dass der Wert für alle Primzahlen gleich ist, die bei Division durch denselben Rest bzw. haben.[14] Es konnte elementar gezeigt werden, dass diese von Euler formulierte Version äquivalent zum quadratischen Reziprozitätsgesetz ist.[19]

Noch im selben Jahrhundert wurde das quadratische Reziprozitätsgesetz von Adrien-Marie Legendre wiederentdeckt[20] und 1785 in seiner Arbeit Recherches d’Analyse Indéterminée veröffentlicht. Legendre konnte es mit Hilfe seines in dieser Arbeit publizierten Beweises des Satzes von Legendre in Spezialfällen zeigen. Sein Satz befasst sich mit hinreichenden und notwendigen Bedingungen für die Existenz von ganzzahligen Lösungen einer Gleichung

Er konnte unter Betrachtung der speziellen Gleichung

mit Primzahlen und zeigen, dass falls ein quadratischer Rest modulo  ist, auch quadratischer Rest modulo  ist.[21] Legendre war ferner nachweislich von Lagrange beeinflusst, jedoch formulierte er den zweiten Ergänzungssatz auf andere Weise. So sprach er nicht über „Teilbarkeit von durch “, sondern benutzte die Notation , wobei er jedoch die Leser warnte, dass diese Gleichheit nur bis auf Vielfache von zu verstehen sei. Nach diesen Ausführungen zum Spezialfall des 2. Ergänzungssatzes formulierte Legendre die, abgesehen von der Notation, heute geläufige Fassung des quadratischen Reziprozitätsgesetzes:

Sind und zwei ungerade Primzahlen, so werden die Ausdrücke und nicht verschiedene Vorzeichen haben, es sei denn, es sind & beide von der Form . In allen anderen Fällen haben sie dasselbe Vorzeichen.

Der Beweis von Legendre enthielt jedoch Lücken. Offenbar unzufrieden über die bisherigen Ergebnisse, veröffentlichte Legendre 1798 eine weit ambitioniertere Arbeit mit dem Titel Essai sur la Théorie des Nombres, in der er unter anderem die bis heute geläufige Notation für das Legendre-Symbol einführte. Im Kapitel mit dem Titel „Satz, der ein Gesetz der Reziprozität enthält, das zwischen zwei beliebigen Primzahlen besteht“, formulierte Legendre schließlich die Regel

,

von der die heutige Notation abstammt. Jedoch beinhaltete der Essai lediglich eine Wiederholung des unvollständigen Beweises von 1785.[22] Dieser beruhte auf der Annahme, es gebe zu jeder Primzahl der Form eine andere Primzahl der Form , sodass .[23] Legendre konnte diese Behauptung aber nicht beweisen. Der Name „Reziprozitätsgesetz“ („Loi de reciprocité“)[23] ist ebenfalls auf Legendre zurückzuführen.[24]

Carl Friedrich Gauß im Jahr 1803

Den ersten vollständigen Beweis lieferte Carl Friedrich Gauß im Jahr 1801 in seiner für die moderne Zahlentheorie wegweisenden Schrift Disquisitiones Arithmeticae. Jedoch hatte Gauß nachweislich bereits 1796, im Alter von neunzehn Jahren, über einen solchen verfügt. Dies geht aus Gauß’ mathematischem Tagebuch hervor, in dem er den Beweis auf den 8. April 1796 datierte. Er schrieb sinngemäß: „Wir haben das Fundamentaltheorem durch Induktion im März des Jahres 1795 entdeckt. Wir haben den ersten Beweis, derjenige in diesem Abschnitt, im April 1796 gefunden“. Da Gauß diesem Resultat eine zentrale Bedeutung zuwies, wählte er die Benennung „Fundamentaltheorem“, und er schrieb: „Da fast alles, das über quadratische Reste gesagt werden kann, von diesem Theorem abhängt, sollte die Bezeichnung Fundamentaltheorem, die wir ab jetzt benutzen werden, akzeptabel sein.“ Der von Gauß angekündigte Beweis war Gegenstand der Paragraphen 135–144 in den Disquisitiones. Ein Grund, weshalb Gauß dabei die von Legendre eingeführte Notation vollständig ignorierte, war, dass seine Forschungen unabhängig abliefen.[25]

Allein Gauß werden mindestens acht methodisch verschiedene Beweise zugeschrieben.[26][14] Gauß selber verwendete nie den Begriff „quadratisches Reziprozitätsgesetz“.[25] Stattdessen bezeichnete er den Satz neben Fundamentaltheorem als „Theorema aureum“ (deutsch: „Goldener Satz“) der Zahlentheorie.[27]

Das quadratische Reziprozitätsgesetz war nur der Ausgangspunkt für die Entdeckung einer ganze Reihe, teils viel tiefer reichender, höherer Reziprozitätsgesetze. Diese Initiative wurde noch von Gauß selbst vorangetrieben.[28] So beschäftigte er sich auch mit kubischer und biquadratischer Reziprozität, und obwohl er einiges nicht veröffentlichte, gilt es als plausibel, dass er über entsprechende Beweise zu seinen Behauptungen verfügte.[29] Lediglich zum biquadratischen Fall, also zum Fall vierten Grades, existieren Veröffentlichungen von Gauß aus den Jahren 1828 und 1832.[30] Die ersten vollständigen publizierten Beweise zur kubischen bzw. biquadratischen Reziprozität stammen von Gotthold Eisenstein bzw. Carl Gustav Jacobi.[31] In den folgenden Jahrzehnten wurden die letztlich sehr tief reichenden Strukturen hinter der quadratischen Reziprozität mit der Entwicklung der sog. Klassenkörpertheorie aufgedeckt. Das sehr allgemeine und umfassende Artinsche Reziprozitätsgesetz (benannt nach Emil Artin) konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts schließlich alle bis dato gekannten Reziprozitätsgesetze miteinander vereinen und lieferte eine Teilantwort auf das neunte Hilbertsche Problem. Mit den Werkzeugen der Klassenkörpertheorie konnte letztlich die bereits unter anderem von Fermat, Euler, Lagrange, Legendre und Gauß intensiv studierte Frage nach Darstellungen von Primzahlen der Form in voller Allgemeinheit, also für alle natürlichen Zahlen , beantwortet werden.[32]

Bis heute wurden mehr als 300 Beweise veröffentlicht. Zu historischen Hintergründen mancher dieser Beweise siehe im gleichnamigen Abschnitt.

Bedeutung und Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schnelles Berechnen des Legendre-Symbols[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das quadratische Reziprozitätsgesetz liefert eine Möglichkeit, das Legendre-Symbol