René Schneider (General)

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René Schneider

René Schneider Chereau (* 31. Dezember 1913 in Concepción; † 25. Oktober 1970 in Santiago de Chile) war ein deutschstämmiger chilenischer General und Oberbefehlshaber des Militärs. Er wurde 1970 bei einem Entführungsversuch erschossen. Die damalige US-Regierung wollte mit seiner Entführung die Wahl Salvador Allendes im chilenischen Nationalkongress verhindern.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

René Schneider besuchte bereits im Alter von 15 Jahren eine Militärschule und schloss diese 1930 ab. In seiner Laufbahn diente er unter anderem als Professor in einer Militärakademie und als Kommandeur eines Infanterieregiments. Am 27. Oktober 1969 wurde er von Eduardo Frei Montalva zum Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte ernannt.

Oben sind zwei schwarz-weiß Bilder nebeneinander zu sehen: Ein Mann mit Halbglatze der zur Seite sieht und rechts ein Mann mit einer Generalsmütze. Beide Tragen Uniformen. Unten fordert ein spanischer Text zur Abwahl Pinochets auf, der mit den Worten in Großbuchstaben „VOTA NO“ – also wählt „nein“ endet.
Wahlplakat der Kampagne gegen Pinochet bei der Volksabstimmung 1988. Links ist Schneider zu sehen, rechts Carlos Pratz, ein später ermordeter General.

General Schneider stand treu zur Verfassung. Seine Haltung, dass das Militär demokratisch gewählten Entscheidungsträgern untergeordnet ist, wurde als Schneider-Doktrin bekannt. Da in den chilenischen Präsidentschaftswahlen am 5. September keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichte, musste der Nationalkongress in einer Stichwahl über die Präsidentschaft entscheiden. In der Vergangenheit hatte der Kongress oftmals für die Kandidaten gestimmt, welche die relative Mehrheit erreichten, weshalb Salvador Allende gute Chancen eingeräumt wurden. In dieser Situation kündigte Schneider an, die Kandidaten vor Einflussnahmen zu schützen:[1]

„Wir haben das Urteil der Wahlurnen akzeptiert. Wir erkennen zwei Kandidaten für die Präsidentschaft der Republik an, die die ersten beiden relativen Mehrheiten erhalten haben, nämlich Herrn Allende und Herrn Alessandri, und unterstützen sie in diesem Moment. Rechtlich gesehen ist es Sache des Nationalkongresses zu entscheiden, wer von den beiden der künftige Präsident Chiles sein wird, und wen auch immer sie dort wählen, wir müssen sie bis zur letzten Konsequenz unterstützen.“

Um Allendes Wahl zum Präsidenten zu verhindern, wurde in Washington eine Geheimoperation beschlossen. Sie sah vor, die Machtübernahme des Militärs zu provozieren und danach neue Wahlen anzusetzen, bei denen Eduardo Frei Montalva wieder kandidieren würde. Schneider sollte mithilfe ausgewählter Offiziere entführt und das Verbrechen der Linken angelastet werden. Im darauf zu erwartenden Aufruhr hätte das Militär die Macht übernommen. Doch der Plan misslang: Beim Entführungsversuch wehrte sich Schneider mit seiner Dienstpistole und wurde erschossen.[2][3] Die Empörung in der Bevölkerung über den Angriff auf Schneider und die darin verdeutlichten Absichten der USA war einer der Gründe, die die Christdemokratische Partei dazu bewogen, Allende bei der Präsidentenwahl am 24. Oktober zu unterstützen. Schneider starb drei Tage nach dem Angriff im Krankenhaus, einen Tag nach der Wahl Salvador Allendes durch das chilenische Parlament.

Schneiders Nachfolger als Oberbefehlshaber, General Carlos Prats, musste kurz vor dem Putsch vom 11. September 1973 zurücktreten und kam im Jahr darauf bei einem Attentat in Buenos Aires ums Leben.

Salvador Allende hob in seiner letzten Rede am 11. September 1973 die Bedeutung Schneiders für die Streitkräfte hervor:[4]

„Das Auslandskapital, der mit der Reaktion verbündete Imperialismus haben ein solches Klima geschaffen, dass die Streitkräfte mit ihren Traditionen brechen, mit den Traditionen, die ihnen von General Schneider gelehrt […] wurden.“

Juristische Bewertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach inzwischen freigegebenen Dokumenten des US-amerikanischen Geheimdienstes war Präsident Nixons Sicherheitsberater Henry Kissinger 1970 in die Entführung von General René Schneider verwickelt, die amerikanische Botschaft hat des Weiteren Waffen ohne Kennung zur Verfügung gestellt.[5][6] Die zwei Söhne Schneiders reichten in den USA 2001 eine zivile Klage wegen Mordes gegen Kissinger ein und beriefen sich dabei auch auf die freigegebenen Dokumente.[7] Die Klage wurde jedoch schlussendlich abgewiesen, da nach Ansicht des Gerichtes Kissinger als Sicherheitsberater des Präsidenten während dieser politische Immunität genießt.[8]

Der Attentäter, General Valenzuela, wurde des Landes verwiesen. Ein Mittäter, Exgeneral Roberto Viaux (1917–2005), wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt,[9] von der späteren Militärregierung jedoch aus der Haft entlassen. Nach dem Anschlag boten US-Diplomaten den Attentätern an, das auf Schneider ausgesetzte Kopfgeld von 50.000 US-Dollar auszuzahlen.[10]

Literatur und Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verwicklung der USA, insbesondere Henry Kissingers, in die Ermordung Schneiders wird in dem Buch Die Akte Kissinger und dem Dokumentarfilm Angeklagt: Henry Kissinger thematisiert. Schneiders Sohn und Alexander Haig, die für den Dokumentarfilm interviewt wurden, äußern sich zu dessen Ermordung.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: René Schneider Chereau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Asesinos del general Schneider indultados por Pinochet. 24. Juli 2010, abgerufen am 4. Mai 2022 (spanisch).
  2. Werner J. Marti: Vor fünfzig Jahren endete in Chile der Traum von einem demokratischen Weg zum Sozialismus. In: Neue Zürcher Zeitung. 9. September 2023.
  3. The CIA and Chile: Anatomy of an Assassination. In: National Security Archive. 22. Oktober 2020.
  4. Die letzten Worte Allendes. Abgerufen am 1. Mai 2022.
  5. Mord in Chile: Kissinger verklagt. die tageszeitung, 11. September 2001
  6. Why the law wants a word with Kissinger In: The Sydney Morning Herald, 30. April 2002, abgerufen am 15. März 2023.
  7. Klage gegen Kissinger. In: Der Spiegel. 21. Juli 2002, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 1. Mai 2022]).
  8. National Security Archive: Henry Kissinger: The Declassified Obituary; siehe Kommentar zur Klage beim Document 2.5: United States District Court for the District of Columbia, Civil Complaint, Rene Schneider et al, v. Henry Alfred Kissinger and the United States of America, "First Amended Complaint for Summary Execution, Torture, Cruel, Inhuman, or Degrading Treatment, Arbitrary Detention, Assault and Battery, Negligence, Intentional Infliction of Emotional Distress, Wrongful Death," November 12, 2002. In: nsarchive.gwu.edu. 29. November 2023, abgerufen am 17. März 2024 (englisch).
  9. Klaus Eßer: Durch freie Wahlen zum Sozialismus oder Chiles Weg aus der Armut. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1972, ISBN 3-499-11554-9, S. 128.
  10. 50 000 Dollar Kopfgeld. In: Der Spiegel. 30. November 1975, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. Mai 2022]).