Rudolf Margolius

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Rudolf Margolius

Rudolf Margolius (* 31. August 1913 in Prag; † 3. Dezember 1952 ebenda) war ein tschechischer Politiker jüdischer Herkunft, stellvertretender Außenhandelsminister von 1949 bis 1952 und Mitangeklagter im Slánský-Prozess im November 1952.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rudolf Margolius entstammte einer gutsituierten Familie in Prag. Seine Eltern waren jüdisch. Der Vater war Handelsvertreter. Nach seinem Gymnasiumabschluss studierte Rudolf Jura, seinen Doktortitel erlangte er 1937. Rudolf Margolius hatte seine Jugendliebe Heda Blochová geheiratet. 1938 gaben die Westmächte Frankreich und Großbritannien im Münchner Diktat die Tschechoslowakei dem Machtstreben der Nazis preis. 1939 besetzte Hitlerdeutschland die Tschechoslowakei und löste den Staat auf. Deutschland übernahm die Macht u. a. im Protektorat Böhmen und Mähren. Bei der nun einsetzenden Judenverfolgung wurde Margolius mit seiner Frau 1941 zuerst in das Ghetto von Łódź gebracht und dann in die Konzentrationslager Auschwitz und Dachau deportiert. Nach dem Krieg kam Rudolf Margolius zu der Überzeugung, dass man die Vorkriegssysteme nicht reformieren könne, und trat aus diesem Grunde 1945 der kommunistischen Partei bei.[1]

Aufgrund seiner zahlreichen Reisen wurde er zu einem Wirtschaftsexperten, insbesondere auf dem Gebiet des Außenhandels, und hatte mehrere Funktionen in der Regierung inne. Möglicherweise war es gerade seine Arbeit und seine Kontakte zu westeuropäischen Partnern, die dazu beitrugen, dass er am 10. Januar 1952 verhaftet wurde und der angeblichen Verschwörergruppe um Rudolf Slánský zugeordnet wurde. In dem bekannten Schauprozess, der vor dem neu errichteten Staatsgericht verhandelt wurde, wurde er zum Tode verurteilt und am 3. Dezember hingerichtet.

Margolius wurde 1963 rehabilitiert. Im Jahre 1968 erhielt er vom damaligen Präsident Ludvík Svoboda in memoriam den Orden der Republik, eine der höchsten Auszeichnungen der Tschechoslowakei.[2] Heda Margolius Kovály bemühte sich ihr ganzes Leben, Rudolf Margolius zu rehabilitieren. Dabei engagierte sich auch der in England wohnende Sohn Istvan der beiden, der bei der Verhaftung fünf Jahre alt gewesen war. Heda Margolius Kovály starb 2010.

Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jan Gerber: Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen, Göttingen / Bristol 2016, ISBN 978-3-525-37047-6. Rezension hier.[3]
  • Artur London: Ich gestehe. Der Prozess um Rudolf Slansky. Hoffmann und Campe, Hamburg 1982, ISBN 3-455-04500-6
  • Heda Margolius Kovaly: Eine Jüdin in Prag. Unter dem Schatten von Hitler und Stalin. Aus dem Amerikanischen von H.-H. Harbort. Rowohlt, Berlin 1992, ISBN 3-87134-035-9
  • Ivan Margolius: Reflections of Prague: Journeys through the 20th Century. Wiley, London 2006, ISBN 0-470-02219-1
  • Ivan Margolius: Praha za zrcadlem: Putování 20. stoletím. Argo, Praha 2007, ISBN 978-80-7203-947-0
  • Lucien Scherrer in Neue Zürcher Zeitung, Samstag, 24. Februar 2024, S. 48ff: Der Justizmord an Rudolf Margolius. Er hat Auschwitz und Dachau überlebt. Dann wird der jüdische Politiker Opfer einer mörderischen antisemitischen Kampagne der Sowjets. Sein Sohn Ivan kämpft bis heute um Wiedergutmachung.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Igor Lukeš, Čistý charakter ve špinavé době, in Lidové noviny, 20. November 2008, lidovky.cz/...
  2. Czech ‘Martyr’ Honoured, Executed in 1952, in The Scotsman, 16. Mai 1968
  3. Max Bloch: Rezension von: Jan Gerber: Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen. (Schriften des Simon-Dubnow-Instituts, Bd. 26), 2. durchges. Aufl., Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen 2017, in: Archiv für Sozialgeschichte (online) 58, 2018, URL: <http://www.fes.de/cgi-bin/afs.cgi?id=81870> [13.9.2018].