Ryūkyū-Völker

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Ryūkyū-Menschen in traditioneller Kleidung

Die Ryūkyū-Völker (okinawaisch 琉球民族 Ruuchuu minzuku, japanisch 琉球民族 Ryūkyū minzoku) sind mit etwa 2 Millionen Menschen die größte Minderheit Japans. Sie siedeln im Süden Japans, auf den gesamten Ryūkyū-Inseln sowie in Teilen der Präfektur Kagoshima.[1] Ihre insgesamt sechs Sprachen gehören wie das Japanische zur Sprachfamilie Japanisch-Ryūkyū.[2]

Oft wird Okinawaner als Synonym benutzt, da die Insel Okinawa die größte der Ryukyu-Inselkette ist. Außerdem befand sich dort mit der Hauptstadt Naha das politische und wirtschaftliche Zentrum des Ryūkyū-Königreichs.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Herkunft der heutigen Bevölkerung der Ryūkyū-Inseln ist nicht abschließend geklärt. Skelettfunde wie Minatogawa 1 sprechen für eine erste Besiedelung der Inseln in der Jōmon-Zeit, in der auch die japanischen Inseln mutmaßlich erstmals bevölkert wurden. Genetische Untersuchungen legen nahe, dass die Ryūkyū-Völker lange genetisch isoliert waren und es nur wenig Vermischung mit den Trägern der Yayoi-Kulturen gab, die vor etwa 2000 Jahren nach Japan einwanderten und die dortige Population nachhaltig prägten.[3]

Königreich Ryūkyū[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ryūkyū-Völker bildeten das Königreich Ryūkyū, einen unabhängigen Staat, der zwischen dem 15. Jahrhundert und dem 19. Jahrhundert den Großteil der Ryūkyū-Inseln beherrschte. Die Könige von Ryūkyū vereinigten Okinawa und eroberten die Amami-Inseln in der heutigen japanischen Präfektur Kagoshima sowie die Sakishima-Inseln in der Nähe von Taiwan.

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die indigene Religion der Ryūkyū-Menschen wird bis heute praktiziert und weist Parallelen zu und Einflüsse von anderen südost- und ostasiatischen Religionen auf, beispielsweise in der starken Betonung des Ahnenkultes, wie beim Shiimii (清明), einer Version des chinesischen Qingming-Festes. Träger der spirituellen Autorität sind im Gegensatz zum japanischen Shintō Frauen, welche als Priesterinnen (巫女 oder 祝女, nuuru) die spirituellen Zeremonien der Familien anleiten und in ihrer institutionalisierten Rolle als Hohepriesterinnen (聞得大君, Chifi-ufujin) am Hofe Shuri das höchste spirituelle Amt begleiteten.[4] Bis heute arbeiten viele Frauen als schamanistische Seherinnnen (ユタ, yuta), eine Tradition, die sich als Babaylan auch auf den Philippinen findet.[5]

Der Buddhismus etablierte sich auf den Ryūkyū-Inseln erst als Teil Japans und existiert heute neben der indigenen Religion. Shintō-Schreine finden sich nur vereinzelt.[6] So werden heute beispielsweise die Verstorbenen nach buddhistischem Ritus verbrannt, dann aber in einem der okinawischen Gräber beerdigt. Die Einordnung der bislang nicht zusammenhängend benannten Religion als eine Form des Shintō ist mehr der Herkunft und Denkschule der Forschungsgeschichte geschuldet als einer wissenschaftlich fundierten Diskussion.[7][8]

Einfluss auf die Geschichte Ost- und Südostasiens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Menschen des Königreichs Ryūkyū waren geschickte Händler und Seefahrer und hatten trotz der kleinen Größe des Königreichs einen großen Einfluss auf den Handel in Ost- und Südost-Asien. Sie trieben sowohl mit Japan, Korea und China als auch mit Vietnam, den Philippinen, Indonesien, Thailand und den Bamar-Reichen des heutigen Myanmar Handel.[2]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. James B. Minahan: Ethnic Groups of North, East, and Central Asia: An Encyclopedia. ABC-CLIO, 2014, ISBN 978-1-61069-018-8.
  2. a b Masami Ito: Between a rock and a hard place. In: The Japan Times Online. 12. Mai 2009, ISSN 0447-5763 (japantimes.co.jp [abgerufen am 27. Juli 2018]).
  3. Nasrine Bendjilali, Wen-Chi Hsueh, Qimei He, D. Craig Willcox, Caroline M. Nievergelt: Who Are the Okinawans? Ancestry, Genome Diversity, and Implications for the Genetic Study of Human Longevity From a Geographically Isolated Population. In: The Journals of Gerontology Series A: Biological Sciences and Medical Sciences. Band 69, Nr. 12, Dezember 2014, ISSN 1079-5006, S. 1474–1484, doi:10.1093/gerona/glt203, PMID 24444611, PMC 4271021 (freier Volltext).
  4. Noriko Kawahashi: Embodied Divinity and the Gift: The Case of Okinawan Kaminchu. In: Morny Joy (Hrsg.): Women, Religion, and the Gift: An Abundance of Riches. 1. Auflage. Sophia Studies in Cross-cultural Philosophy of Traditions and Cultures Book, Nr. 17. Springer, 2016, ISBN 978-3-319-43188-8, S. 87–97.
  5. Mayumi Negishi: Animistic rituals run deep in Okinawa. 17. Juli 2000, abgerufen am 19. Juni 2020 (amerikanisches Englisch).
  6. Okinawa’s “shrine problem”: Reconfigurations of Okinawa’s religious landscape, 1879–1945. Abgerufen am 19. Juni 2020 (amerikanisches Englisch).
  7. Aike P. Rots: Strangers in the Sacred Grove: The Changing Meanings of Okinawan Utaki. In: Department of Culture Studies and Oriental Languages, Faculty of Humanities, University of Oslo (Hrsg.): religions. Band 10. Oslo April 2019, S. 6–9.
  8. Patrick Beillevaire: The Ethnology of Okinawa: Between Folklore Studies and Social Anthropology. (PDF) French National Center for Scientific Research –Japan Research Center, Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales, Paris, abgerufen am 20. Juni 2020 (englisch).