Sigurd Rascher

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Sigurd Manfred Rascher (* 15. Mai 1907 in Elberfeld, heute Wuppertal; † 25. Februar 2001 in Shushan, Washington County (New York)) war ein deutsch-US-amerikanischer Saxophonist in der klassischen Musik im 20. Jahrhundert.

Rascher, dem zeitgenössische Komponisten mehr als 200 Werke für Saxophon widmeten, war einer der wichtigsten Förderer des Saxophons als klassisches Konzertinstrument. Er trat u. a. als Solist mit mehr als 250 Orchestern und Bläserensembles weltweit auf, so mit dem New York Philharmonic Orchestra und dem Boston Symphony Orchestra.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rascher wurde 1907 als eines von drei Kindern des Arztes Hanns-August Rascher in Elberfeld geboren;[2] sein jüngerer Bruder war der spätere KZ-Arzt und NS-Medizinverbrecher Sigmund Rascher (1909–1945).[3][A 1] Von 1930 bis 1933 studierte er in Stuttgart Klarinette an der damaligen Württembergischen Hochschule für Musik.

Rascher lebte auch zeitweilig in Berlin, wo er 1932 das erste Mal Saxophon in einem Orchester spielte, da Edmund von Borck, zu dem Rascher zuvor den Kontakt gesucht hatte, ein Stück für diesen geschrieben hatte, das er zusammen mit den Berliner Philharmonikern zur Aufführung brachte. Nach der Machtergreifung der Nazis emigrierte Rascher 1933 nach Dänemark. 1934 verlegte er seinen Wohnsitz nach Schweden, wo er sich mit den Komponisten Svea und Waldemar Welander und Lars-Erik Larsson anfreundete und später Ann Mari Wigen heiratete, die ihm einen Sohn gebar.[2] Bis 1938 unterrichtete Rascher Saxophon sowohl am Königlich Dänischen Musikkonservatorium als auch auf der gegenüberliegenden Seite des Öresunds am Musikkonservatorium Malmö in Malmö.[4] Außerdem spielte er in mehreren europäischen Orchestern.[2]

1938 bemühte sich die Familie in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, was jedoch nicht auf Anhieb klappte, so dass Rascher sich zunächst auf Kuba als Zuckerrohrschneider verdingen musste. 1939 führte ihn schließlich eine Konzertreise nach Boston und New York City, wo er erster Solosaxophonist der New Yorker Philharmoniker wurde.[2] Diesem Engagement folgte eine erfolgreiche Karriere als Solist.[A 2] Als Dozent für Saxophon unterrichtete Rascher u. a. an der Manhattan School of Music (1940), der University of Michigan (1954), der Eastman School of Music (1959–1965) und am New Yorker Union College (1968–1972).[4] Konzertreisen und Meisterkurse führten Rascher nach dem Krieg regelmäßig auch nach Europa.

Nachdem Marcel Mule, mit dem Rascher bis dahin in Konkurrenz stand, sein bis dahin vierzig Jahre erfolgreiches Saxophonquartett aufgelöst hatte,[5] gründete Rascher 1969 zusammen mit seiner Tochter Karin („Carina“, Sopransaxophon), dem Tenorsaxophonisten Bruce Weinberger und der Baritonsaxophonistin Linda Bangs unter dem Namen Raschèr Saxophone Quartet ein seit Jahrzehnten in seiner Sparte führendes Ensemble.[6] Rascher selbst war bis 1980 Altsaxophonist der Formation; seine Position nahm 1981 John-Edward Kelly ein (gefolgt von Harry Kinross White und Elliot Riley).

Rascher war einer der profiliertesten Saxophonisten der Kunstmusik, dem u. a. Alexander Glasunow,[2] Jacques Ibert, Paul Hindemith, Erland von Koch und Darius Milhaud Kompositionen für sein Instrument schrieben.[4] Er starb am 25. Februar 2001 auf seiner Farm in Shushan, Washington County (New York) im Alter von 93 Jahren. Rascher war Vater eines Sohns und dreier Töchter.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Willy Dähnhardt; Birgit S. Nielsen (Hrsg.): Exil in Dänemark: Deutschsprachige Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller im dänischen Exil nach 1933, Heide: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens, 1993 ISBN 3-8042-0569-0
  • Rascher, Sigurd Manfred, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945. Band 2,2. München : Saur, 1983, S. 942

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ronald L. Caravan: Sigurd M. Rascher (1907-2001) – Superlative musical legacy forged by uncommon character (Memento des Originals vom 4. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dornpub.com. Auf dornpub.com, abgerufen am 15. April 2019
  2. a b c d e f Douglas Martin: Sigurd Rascher, 94, Who Showed the Sax Could Be Classy. In: The New York Times. 57. Jahrgang, Nr. 12/2008. New York City 21. März 2001 (mdickinson.com [abgerufen am 15. April 2019]).
  3. Siegfried Bär: Der Untergang des Hauses Rascher. Ein Dokumentarroman. Mit sechs Porträtzeichnungen von Frieder Wiech. LJ, Merzhausen 2006. E-Book: Verlag e-Publi, Berlin 2016, ISBN 978-3-7418-6834-4.
  4. a b c Anders Lundegård: Sigurd Rascher. In: BACKGROUND AND EMERGENCE OF THE SWEDISH SAXOPHONE CONCERTO – LARS-ERIK LARSSON, Op.14. Evanston, Illinois 1995 (classicalsaxophonist.com [abgerufen am 15. April 2019] Dissertation).
  5. Hans-Jürgen Schaal: WIE DAS KLAGENDE HEULEN DES WINDES – Über das Saxophon in der klassischen Musik – MARCEL MULE ODER DER TRAUM VOM VIERFACHEN ATEM. hjs-jazz.de, 1997, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. April 2003; abgerufen am 15. April 2019.
  6. Hans-Dieter Grünefeld: Der Saxophon-Klassiker. Das Raschèr Quartett – ein Porträt zum 40-jährigen Jubiläum. In: Neue Musikzeitung. 57. Jahrgang, Nr. 12/2008. ConBrio-Verlagsgesellschaft, Regensburg 2008 (nmz.de [abgerufen am 15. April 2019]).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Siehe dazu auch folgende Buchankündigung: Sonja Kastilan: Bücher. Am 21. Juni 2006 auf welt.de, abgerufen am 15. April 2019
  2. Als Illustration des Erfolgs kann diese Zusammenstellung verschiedener Zeitungsausschnitte mit Konzertrezensionen aus der Zeit dienen: PDF; ca. 1,01 MB. exil-archiv.de, 1997, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. November 2007; abgerufen am 23. April 2019.