Singapore Sling

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Singapore Sling

Singapore Sling ist ein fruchtig-aromatischer Cocktail aus Gin, Kirschlikör,[1] Bénédictine und weiteren Zutaten. Trotz des Namens handelt es sich bei der heute üblichen Version streng genommen nicht um einen Sling, sondern eher um einen Punch.[2] Der Longdrink dient als Signature Drink (Aushängeschild) des Raffles Hotel in Singapur. Sein Vorläufer bzw. die ursprüngliche Version eines Singapore Sling ist heute als Straits Sling bekannt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Slings bilden eine sehr alte Gruppe von Mixgetränken und bestanden ursprünglich – nach einer Definition von 1675 – aus einer Spirituose, Zucker und Wasser,[3] sowie optional etwas Muskatnuss. Dementsprechend wurde auch 1806 das damals noch neue Wort „Cocktail“ als „bittered sling“ definiert, also als ein mit Cocktailbitter gewürzter Sling.[4] Es gab auch Sling-Varianten mit Sodawasser, Zitronenscheiben, Zitronenschale oder Zitronensaft, jedoch keine, die andere Früchte oder Fruchtsäfte enthielten.

Ein Singapore Sling, wie er im Raffles Hotel serviert wird.

Um 1900 wurden in Singapur dann Slings mit Gin und Cherry Brandy[1] gemixt, wie der Cocktail-Historiker David Wondrich 2011 anhand von alten Zeitungsberichten herausfand. Damals war Singapur eine britische Kronkolonie und Bestandteil der Straits Settlements. Von dieser zeitgenössischen Bezeichnung der Stadt stammt auch die Bezeichnung Straits Sling. Die damaligen Singapore oder Straits Slings galten zum Teil als unfein, wie ein von Wondrich zitierter Artikel des Singapore Weekly von 1913 nahelegt, dem zufolge sie an der Bar des örtlichen Singapore Cricket Club nicht serviert wurden, es sei denn, man bestellte nach einzelnen Zutaten: Gin, Cherry Brandy, Limettensaft und Bénédictine sowie Eis und Wasser. Wenig später, um 1915, soll an der Long Bar des Raffles Hotels jener Sling entstanden sein, den das Hotel als die Urform des Singapore Sling sieht. Er wird dem Barkeeper Ngiam Tong Boon zugeschrieben, die Rezeptur ist allerdings nicht überliefert. Geschmacklich dürfte es sich um einen mehr oder weniger typischen Straits Sling jener Zeit gehandelt haben, sich also vom heute servierten Singapore Sling deutlich unterscheiden.[5]

In der Fachliteratur wird ein Straits Sling erstmals 1922 erwähnt, bestehend aus Gin, Cherry Brandy, Bénédictine, Zitronensaft, Orangen- und Angosturabitter und Sodawasser.[6] Die Bezeichnung Singapore Sling verwendet erstmals Harry Craddock in seinem einflussreichen Savoy Cocktail Book aus dem Jahr 1930. Er besteht aus Gin, Cherry Brandy und Zitronensaft und wird mit Sodawasser aufgefüllt. Direkt darunter folgt das Rezept eines Straits Sling für sechs Personen, der die gleichen Zutaten enthält, jedoch zusätzlich mit Bénédictine und Cocktailbitter verfeinert wird.[7]

Die Rezeptur des heute im Raffles Hotel servierten, fruchtigen Singapore Sling mit Ananassaft, Grenadine und Orangenlikör wurde erst um 1936 notiert – zu einer Zeit, als in den Restaurants von Trader Vic und Don the Beachcomber Tiki-Cocktails mit Rum und Säften in Mode kamen.

Zubereitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Singapore Sling mit typischen Zutaten.[8]

Für einen Singapore Sling nach heutigem Raffles-Rezept werden 3 cl Gin, 1,5 cl Kirschlikör (im Raffles: Cherry Brandy),[1] 1 ½ BL Triple Sec (Orangenlikör, im Raffles: Pierre Ferrand Dry Curacao), 1 ½ BL Bénédictine, 1 cl Grenadine oder Granatapfelsirup, 1,5 cl Limettensaft,[8]Dash (Spritzer) Angosturabitter und 12 cl Ananassaft im Cocktail-Shaker auf Eis geschüttelt und in ein mit Eiswürfeln gefülltes Gästeglas abgeseiht.[9] Diese Version ist auch – mit identischer Rezeptur – einer der Offiziellen Cocktails der International Bartenders Association und wird in der Gruppe der Contemporary Classics geführt (etwa: „zeitgenössische Klassiker“).[10][8] Daneben gibt es noch zahlreiche Vereinfachungen mit weniger Zutaten sowie eine große Zahl an Varianten mit anderen Zutaten und Mischungsverhältnissen.

Ein Straits Sling kommt ohne Fruchtsaft, Grenadine und Orangenlikör aus, enthält dafür aber Sodawasser, und wird zum Beispiel aus 4 cl Gin, 2 cl Zitronensaft, je 1 cl Cherry Brandy und Bénédictine und je 1–2 Dashes Orangen- und Angosturabitter zubereitet. Die Zutaten werden auf Eis geschüttelt, auf frisches Eis in ein Longdrinkglas abgeseiht und mit etwa 4 cl Sodawasser aufgefüllt.[11]

Kirschlikör, Cherry Brandy und Cherry Heering[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In vielen Rezepten für Singapore Sling wird Cherry Brandy verlangt, teilweise auch Cherry Heering. Cherry Brandy ist eine Gattungsbezeichnung für einen bestimmten Typ Kirschlikör. Ursprünglich musste seine alkoholische Basis zumindest teilweise aus Brandy bzw. einem Kirschdestillat (Kirschwasser) bestehen.[12][13] Dies ist bei der dänischen Traditionsmarke Cherry Heering nicht der Fall. Heute dürfen in der EU aber auch andere, aus Neutralalkohol hergestellte Kirschliköre die Verkehrsbezeichnung Cherry Brandy tragen.[14] Trotz der Unterschiede wurden und werden die Begriffe Cherry Brandy und Kirschlikör (engl. cherry liqueur) vor allem im angelsächsischen Raum teilweise synonym verwendet. Oft wird auch Cherry Heering als empfehlenswerter Cherry Brandy angeführt. Cherry Brandy-Kirschliköre werden heute von zahlreichen Likörherstellern produziert.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Adam, Jens Hasenbein, Bastian Heuser: Cocktailian. Das Handbuch der Bar. Tre Torri, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-941641-41-9, S. 348 f.
  • Ted Haigh: The Genealogy and Mythology of the Singapore Sling. In: Jared Brown (Hrsg.): Mixologist. The Journal of the American Cocktail. Mixellany (Jared Brown), New York 2005, ISBN 0-9760937-0-7, S. 73–82.
  • Andrew F. Smith: The Oxford Companion to American Food and Drink. Oxford University Press 2007, ISBN 978-0-19-530796-2, S. 567 (Auszug (Google) )

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikibooks: Rezept für den Singapore Sling – Lern- und Lehrmaterialien
  • David Wondrich: How the Sling was Slung (englischsprachig) In: Imbibe Magazine, Juli/August 2011, abgerufen am 21. Februar 2012.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c In diesem Artikel wird Kirschlikör als Oberbegriff sowie als Übersetzung von engl. cherry liqueur verwendet. Kommt in der Originalquelle Cherry Brandy vor oder wird die Marke Cherry Heering genannt, bleibt der jeweilige Begriff erhalten. Näheres siehe Abschnitt Kirschlikör, Cherry Brandy und Cherry Heering.
  2. Cocktailian, S. 349.
  3. Edward R. Emerson: Beverages Past & Present. P. P. Putnam’s Sons, New York 1908, zitiert nach: Ted Haigh, S. 78.
  4. Harry Croswell, Herausgeber der Wochenzeitschrift The Balance, and Columbian Repository (Hudson, New York), antwortete in der Ausgabe vom 13. Mai 1806 auf einen Leserbrief: “Cock tail, then, is a stimulating liquor, composed of spirits of any kind, sugar, water, and bitters – it is vulgarly called a bittered sling […]”. Vgl. Anistatia Miller, Jared Brown: Spirituous Journey. A History of Drink. Book one: From the Birth of Spirits to the Birth of the Cocktail. Mixellany, London 2009, ISBN 978-0-9760937-9-4, S. 191 ff.
  5. Ted Haigh, S. 81; Cocktailian, S. 349.
  6. Robert Vermeire: Cocktails and How to Mix them. Jenkins, 1922; zitiert nach: Ted Haigh, S. 79.
  7. Harry Craddock: The Savoy Cocktail Book. Nachdruck der Originalausgabe von 1930: Pavillon Books, London 2009, ISBN 978-1-86205-296-3, S. 190.
  8. a b c Im hier zitierten und anderen englischsprachigen Rezepten für den Singapore Sling bleibt unklar, ob mit lime juice frisch gepresster Limettensaft oder ein (deutlich süßerer) Lime Juice Cordial gemeint ist, da letzterer, wie in der weit verbreiteten Marke Rose’s Lime Juice oft ebenfalls verkürzt nur als lime juice geschrieben wird.
  9. Robert Hess: Singapore Sling (englischsprachig), mit Abbildung einer Rezeptkarte aus dem Raffles Hotel, abgerufen am 21. Februar 2012.
  10. IBA Official Cocktails – Contemporary Classics. In: iba-world.com. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. März 2017; abgerufen am 14. April 2016 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/iba-world.com
  11. Robert Hess, Anistatia Miller (Hrsg.): The Museum of the American Cocktail Pocket Recipe Guide. Mixellany, New York 2007, ISBN 978-0-9760937-3-2, S. 118. [Anm.: Die Mengen sind in US customary fluid ounces angegeben und wurden im Text vereinfacht mit 1 oz. = 2 cl, statt 1 oz. = 2,8413...cl umgerechnet.]
  12. Erich Kolb (Hrsg.): Spirituosen-Technologie, 6. Aufl. Behr Verlag, 2002, ISBN 978-3-86022-997-2, S. 355 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).
  13. Ned Halley: Dictionary of Drink. Wordsworth Editions, Ware (Hertfordshire, U.K.) 1996, ISBN 978-1-84022-302-6, S. 137 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).
  14. Verordnung (EG) Nr. 110/2008 vom 15. Januar 2008. Anhang II Nr. 32 d.