Thomas Kaufmann (Kirchenhistoriker)

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Thomas Kaufmann (2015)

Thomas Kaufmann (* 29. März 1962 in Cuxhaven) ist ein deutscher evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker mit den Schwerpunkten Reformation und Frühe Neuzeit.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Kaufmann legte 1981 das Abitur in Cuxhaven ab. Von 1981 bis 1987 studierte Kaufmann Evangelische Theologie in Münster, Tübingen und Göttingen. Im Jahre 1987 legte er das erste theologische Examen in Hannover ab. Von 1988 bis 1989 war er Repetent der Landeskirche an der Evangelischen-Theologischen Fakultät Göttingen. Von 1989 bis 1993 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Bernd Moeller in Göttingen. Dort wurde er 1990 mit der Arbeit Die Abendmahlstheologie der Straßburger Reformatoren bis 1528 promoviert.[1] Kaufmann war von 1993 bis 1994 Wissenschaftlicher Assistent an der Evangelisch-Theologischen Fakultät Göttingen. Die Habilitation erfolgte 1994 für Kirchengeschichte in Göttingen.

Im Jahr 1996 wurde er Professor für Kirchengeschichte an der Universität München. Kaufmann trat 2000 die Nachfolge von Bernd Moeller an und lehrt seitdem als Professor für Kirchengeschichte an der Universität Göttingen. Im Studienjahr 2000/01 war er Directeur d’études in der religionswissenschaftlichen Sektion der École pratique des hautes études. Kaufmann war von 2003 bis 2005 Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen. Berufungen auf Professuren für Kirchengeschichte an die Universität Basel (2005) und an die Universität Erlangen (2011) lehnte er ab. Kaufmann ist ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Von 2012 bis 2016 war er deren Erster Vizepräsident und Vorsitzender der Philologisch-Historischen Klasse. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Vereins für Reformationsgeschichte. Am 5. Mai 2016 übernahm Kaufmann das Amt des Abts des Klosters Bursfelde von Joachim Ringleben, das von einem Theologieprofessor aus Göttingen versehen wird.

Er ist mit Antje Roggenkamp verheiratet und hat drei Kinder.

Forschungsschwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Kaufmann während einer Diskussion mit Studierenden bei einem buchgeschichtlichen Seminar in Oxford 2017

Seine Forschungsschwerpunkte sind die Kirchen-, Theologie- und Christentumsgeschichte in Reformation und Früher Neuzeit. Kaufmann veröffentlichte eine Biographie über Martin Luther und eine Geschichte der Reformation in Deutschland unter dem Titel Erlöste und Verdammte[2], die 2017 mehrere Wochen auf der Spiegel-Bestseller-Liste geführt wurde. Während der Reformationsdekade (2008–2017) kommentierte Kaufmann den Kurs der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kritisch und drängte auf seines Erachtens angemessene historische Einordnungen. Für die öffentlich-rechtlichen Medien und zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften ist er ein gefragter Kommentator und Interviewpartner.

Die Erforschung der Beziehungen des Christentums zu Judentum und Islam in der Frühen Neuzeit ist Kaufmann seit Jahren ein besonderes Anliegen. Zu Luthers Verhältnis zu den Juden hat er viel beachtete, in mehrere europäische Sprachen übersetzte Bücher vorgelegt.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 13. Januar 2017 wurde Kaufmann zum theologischen Ehrendoktor an der Det teologiske Menighetsfakultet, der Norwegian School of Theology, in Oslo ernannt. Er wurde von der Osloer Hochschule für seine Forschungen auf dem Gebiet der Reformationsgeschichte ausgezeichnet. Im skandinavischen Raum fand vor allem Kaufmanns Interpretationskonzept der lutherischen Konfessionskultur große Beachtung. Im September 2017 erhielt er zudem die philosophische Ehrendoktorwürde der Universität Oslo. Die von ihm als Fachberater begleitete und zum Luther-Jahr gesendete dreiteilige „Terra X“-Reihe „Der große Anfang – 500 Jahre Reformation“ wurde 2018 mit dem Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Bestes Infotainment“ ausgezeichnet. Für 2020 erhielt Kaufmann einen Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis. Im selben Jahr wurde er als Auswärtiges Mitglied in die British Academy gewählt.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Abendmahlstheologie der Straßburger Reformatoren bis 1528 (= Beiträge zur historischen Theologie. Band 81). Mohr Siebeck, Tübingen 1992, ISBN 3-16-145817-6 (zugleich: Göttingen, Universität, Dissertation, 1990).
  • Universität und lutherische Konfessionalisierung. Die Rostocker Theologieprofessoren und ihr Beitrag zur theologischen Bildung und kirchlichen Gestaltung im Herzogtum Mecklenburg zwischen 1500 und 1675 (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte. Band 66). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997, ISBN 3-579-01734-9 (zugleich: Göttingen, Universität, Habilitations-Schrift, 1994).
  • Das Ende der Reformation. Magdeburgs „Herrgotts Kanzlei“ (1548–1551/2) (= Beiträge zur historischen Theologie. Band 123). Mohr Siebeck, Tübingen 2003, ISBN 3-16-148171-2.
  • Der Anfang der Reformation. Studien zur Kontextualität der Theologie, Publizistik und Inszenierung Luthers und der reformatorischen Bewegung (= Spätmittelalter, Humanismus und Reformation. Band 67). Mohr Siebeck, Tübingen 2012, ISBN 3-16-150771-1.
  • Konfession und Kultur. Lutherischer Protestantismus in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts (= Spätmittelalter und Reformation. Texte und Untersuchungen. Band 29). Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-149017-7.
  • „Türckenbüchlein“. Zur christlichen Wahrnehmung „türkischer“ Religion in Spätmittelalter und Reformation (= Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 97). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-55222-3.
  • Thomas Müntzer, „Zwickauer Propheten“ und sächsische Radikale. Eine quellen- und traditionskritische Untersuchung zu einer komplexen Konstellation: Reinhard Schwarz zum 80. Geburtstag gewidmet (= Veröffentlichungen der Thomas-Müntzer-Gesellschaft. Band 12). Thomas-Müntzer-Gesellschaft, Mühlhausen 2010, ISBN 978-3-935547-35-2.
  • Geschichte der Reformation. 2. Auflage. Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2010, ISBN 978-3-458-71024-0 (Friedrich Wilhelm Graf: Rezension. In: Die Zeit, Nr. 1/2010).
    • Geschichte der Reformation in Deutschland. Suhrkamp, Berlin 2016, ISBN 978-3-518-42541-1 (ergänzte und um einen Epilog erweiterte Neuausgabe).
  • Martin Luther. 5. Auflage. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-50888-2.
  • Luthers „Judenschriften“. Ein Beitrag zu ihrer historischen Kontextualisierung. 2. durchgesehene Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2013, ISBN 978-3-16-150772-4.
  • Luthers Juden. 3. durchgesehene Auflage. Reclam, Stuttgart 2017, ISBN 3-15-010998-1.
  • Erlöste und Verdammte. Eine Geschichte der Reformation. 4. Auflage. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-69607-7.
  • Reformation. 100 Seiten. 2. Auflage. Reclam, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-15-020430-6.
  • Die Mitte der Reformation. Eine Studie zu Buchdruck und Publizistik im deutschen Sprachgebiet, zu ihren Akteuren und deren Strategien, Inszenierungs- und Ausdrucksformen (= Beiträge zur historischen Theologie. Band 187). Mohr Siebeck, Tübingen 2019, ISBN 978-3-16-156606-6.
  • Die Täufer. Von der radikalen Reformation zu den Baptisten (= beck wissen. Band 2897). Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-73866-1.
  • „Hier stehe ich“. Luther in Worms – Ereignis, mediale Inszenierung, Mythos. Hiersemann, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-7772-2101-4.
  • Die Druckmacher. Wie die Generation Luther die erste Medienrevolution entfesselte. Beck, München 2022, ISBN 978-3-406-78180-3.[3]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Thomas Kaufmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. dazu die Besprechung von Peter Opitz in: Zwingliana 21, 1994, S. 195–196 (online).
  2. Vgl. dazu die Besprechungen von Jürgen Laubner in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 26, 2019, S. 341–343 (online); Klaus Unterburger in: sehepunkte 17, 2017, Nr. 10 [15. Oktober 2017], (online); Luise Schorn-Schütte in: Historische Zeitschrift 307, 2018, S. 132–134; Günter Frank in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 36, 2017, S. 331–333 (online).
  3. Wolfgang Krischke: Rezension in der FAZ (faz.net 10. November 2022)