Top-Quark

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Top-Quark

Klassifikation
Fermion
Eigenschaften[1]
elektrische Ladung +23 e
Ruheenergie 172,76(30) GeV
SpinParität ½+
Topness 1
mittlere Lebensdauer 5·10−25 s
Zerfallsbreite 1,42 GeV
Wechselwirkungen

Das Top-Quark ist das schwerste bekannte Elementarteilchen. Es wurde 1995 mithilfe des Teilchenbeschleunigers Tevatron am Fermilab entdeckt. Wie alle Quarks ist das Top-Quark ein Fermion mit Spin 12, das an allen vier bekannten fundamentalen Wechselwirkungen teilnimmt und ein Antiteilchen besitzt.

Seine Masse ist weit höher als die der anderen Quarks (ca. 40-mal so hoch wie die des Bottom-Quarks, des zweitschwersten Quarks). Wegen seiner geringen mittleren Lebensdauer von 5e-25 s hadronisiert das Top-Quark nicht, es bildet im Gegensatz zu den leichteren Quarks also keine Bindungszustände mit anderen Quarks. Im Standardmodell der Teilchenphysik ist das Top-Quark das Partnerteilchen des Bottom-Quarks. Die zum Top-Quark zugehörige Flavour-Quantenzahl ist die Topness.

Erzeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Produktions­mechanismen des Top-Quarks (Feynman-Diagramme)
tt-Paarproduktion durch Fusion von Gluonen
t-Einzelproduktion
t-Einzelproduktion zusammen mit einem W-Boson

Wegen seiner hohen, mit einem Goldatom vergleichbaren Masse kann das Top-Quark nur bei extrem hochenergetischen Kollisionen an Teilchenbeschleunigern erzeugt werden. Dies war zuerst am Tevatron möglich, dessen Betrieb im Jahr 2011 endete. Die Untersuchung von Top-Quarks am Large Hadron Collider (LHC) begann im Jahr 2010.[2]

Der dominante Produktionsmechanismus für das Top-Quark ist die Paarproduktion. Bei dieser werden durch die starke Wechselwirkung ein Top-Quark und ein Top-Antiquark erzeugt. Die Topness des Top-Quarks beträgt +1, während das Top-Antiquark eine Topness von −1 besitzt. Die Topness bleibt daher in der Summe erhalten. Für die Paarproduktion ist mindestens die doppelte Ruheenergie des Top-Quarks (ca. 350 GeV) als Schwerpunktsenergie erforderlich.

Top-Quarks können durch die schwache Wechselwirkung auch einzeln produziert werden (englisch single-top quark production). Dies ist zusammen mit Teilchenjets oder in Assoziation mit einem W-Boson möglich. Trotz der niedrigeren erforderlichen Schwerpunktsenergie sind die zugehörigen Wirkungsquerschnitte wegen der Beteiligung der schwachen Wechselwirkung im Vergleich zur Paarproduktion kleiner und damit schwieriger zu untersuchen.

Zerfall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiel für den Zerfall eines Top-Antitop-Paares nach einer Proton-Antiproton-Kollision

Das Top-Quark ist als einziges Quark massereicher als das W-Boson. Während beim Zerfall der leichteren Quarks das W-Boson nur als virtuelles Teilchen auftritt, zerfallen Top-Quarks in ein reelles W-Boson und ein weiteres Quark, das in 96 % der Fälle[1] ein Bottom-Quark ist. Dies ist der Grund für seine extrem kurze Lebensdauer.[3] Das reelle W-Boson kann anschließend hadronisch in ein Quark und ein Antiquark zerfallen, sodass insgesamt ein Bottom-Quark, ein weiteres Quark und ein Antiquark entstehen. Die relative Zerfallsbreite beträgt hierfür[1]

  (66,5 ± 1,3) %

Die (Anti-)Quarks im Endzustand hadronisieren zu Jets von Hadronen.

Bei einem leptonischen Zerfall des W-Bosons befinden sich ein geladenes Lepton, ein Neutrino und ein Bottom-Quark im Endzustand:[1]

  (11,1 ± 0,3) %
  (11,4 ± 0,2) %
  (11,1 ± 0,9) %

Für die Zerfälle von Top-Antitop-Paaren gibt es daher je nach Zerfall der beiden W-Bosonen drei Kanäle, die in Teilchendetektoren zu unterschiedlichen Signalen führen: Im vollhadronischen Kanal zerfallen beide W-Bosonen hadronisch, während im Lepton-plus-Jet-Kanal (siehe Abbildung) ein W-Boson und im dileptonischen Kanal beide W-Bosonen leptonisch zerfallen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1973 postulierten Makoto Kobayashi und Toshihide Masukawa die Existenz einer dritten Generation von Quarks. Ausgangspunkt war, eine Erklärung für die CP-Verletzung zu finden.[4] Beide erhielten dafür 2008 den Nobelpreis für Physik.

Mit dem Bottom-Quark wurde 1977 am Fermilab das erste Quark der dritten Generation entdeckt.[5] Die Entdeckung des Partnerteilchens Top-Quark erfolgte 1995 ebenfalls am Fermilab. Dafür wurden am Tevatron Protonen und Antiprotonen mit einer Schwerpunktsenergie von 1800 GeV zur Kollision gebracht. Durch die Experimente CDF und („D-Null“) konnte die Paarproduktion von Top-Quarks nachgewiesen werden.[6][7]

Bereits vor der Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012 konnten Präzisionsmessungen der Masse des Top-Quarks zur Bestimmung einer Obergrenze für die im Standardmodell erlaubte Masse des Higgs-Bosons benutzt werden. So konnte im Jahr 2004 eine Masse des Higgs-Bosons von mehr als 251 GeV/c2 ausgeschlossen werden.[8]

Der Nachweis der Einzelproduktion von Top-Quarks gelang 2009 ebenfalls durch CDF und DØ am Tevatron.[3] Die Einzelproduktion von Top-Quarks in Verbindung mit einem W-Boson konnte durch die Experimente ATLAS und CMS am Large Hadron Collider in den Jahren 2012 und 2013 nachgewiesen werden.[3] Im Jahr 2018 konnte am LHC die Produktion eines Higgs-Bosons zusammen mit einem Paar aus Top-Quark und Top-Antiquark beobachtet werden.[9][10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Die Angaben über die Teilcheneigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, entnommen aus: P. A. Zyla et al. (Particle Data Group): 2020 Review of Particle Physics, Quarks Summary Tables. In: Prog. Theor. Exp. Phys. 2020, 083C01 (2020). Particle Data Group, abgerufen am 24. Juni 2021 (englisch).
  2. LHC starts run at 7-TeV collisions. Physics Today, abgerufen am 4. März 2023.
  3. a b c P. A. Zyla et al. (Particle Data Group): 2020 Review of Particle Physics, Reviews: Top Quark. In: Prog. Theor. Exp. Phys. 2020, 083C01 (2020). Particle Data Group, abgerufen am 24. Juni 2021 (englisch).
  4. Kevin Kröninger: Das Top-Quark. In: WeltDerPhysik.de. 31. März 2016, abgerufen am 21. Juni 2021.
  5. Fermilab | History and Archives | Experiments & Discoveries. Abgerufen am 21. Juni 2021.
  6. CDF Collaboration, F. Abe, H. Akimoto, A. Akopian, M. G. Albrow: Observation of Top Quark Production in pp Collisions with the Collider Detector at Fermilab. In: Physical Review Letters. Band 74, Nr. 14, 3. April 1995, S. 2626–2631, doi:10.1103/PhysRevLett.74.2626 (aps.org [abgerufen am 20. Juni 2021]).
  7. DØ Collaboration, S. Abachi, B. Abbott, M. Abolins, B. S. Acharya: Observation of the Top Quark. In: Physical Review Letters. Band 74, Nr. 14, 3. April 1995, S. 2632–2637, doi:10.1103/PhysRevLett.74.2632 (aps.org [abgerufen am 20. Juni 2021]).
  8. V. M. Abazov, B. Abbott, A. Abdesselam, M. Abolins, V. Abramov: A precision measurement of the mass of the top quark. In: Nature. Band 429, Nr. 6992, Juni 2004, ISSN 1476-4687, S. 638–642, doi:10.1038/nature02589 (nature.com [abgerufen am 21. Juni 2021]).
  9. The Higgs boson reveals its affinity for the top quark. 4. Juni 2018, abgerufen am 13. Juli 2021.
  10. Robert Gast: Mikrokosmos. Das Higgs-Teilchen mag auch Top-Quarks. 11. April 2018, abgerufen am 12. Juli 2021.