Toulon

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Toulon
Toulon (Frankreich)
Toulon (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Provence-Alpes-Côte d’Azur
Département (Nr.) Var (83)
Arrondissement Toulon
Kanton vier Wahlkreise
Gemeindeverband Toulon Provence Méditerranée
Koordinaten 43° 8′ N, 5° 56′ OKoordinaten: 43° 8′ N, 5° 56′ O
Höhe 0–589 m
Fläche 42,84 km²
Einwohner 180.452 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 4.212 Einw./km²
Postleitzahl 83000
INSEE-Code
Website toulon.fr

Militärhafen Toulon

Vorlage:Infobox Gemeinde in Frankreich/Wartung/abweichendes Wappen in Wikidata

Toulon [tuˈlõ] (okzitanisch Tolon, italienisch Tolone) ist eine französische Stadt mit 180.452 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Var in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Toulon ist die Hauptstadt des Départements Var und liegt an der Mittelmeerküste (Côte d’Azur) am östlichen Ende des Golfe du Lion, rund 70 Kilometer südöstlich von Marseille. Die Hafenstadt ist der Heimathafen der Französischen Marine im Mittelmeer (siehe auch Militärhafen Toulon). Mit dem Umland zusammen hat Toulon über 570.000 Einwohner.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Küstenregion um Toulon ist mindestens seit der Altsteinzeit von Menschen besiedelt, wie Funde in der Cosquer-Höhle gezeigt haben. Seit etwa dem 7. Jahrhundert v. Chr. bestanden Handelsniederlassungen an der Küste, die von griechischen Seefahrern aus Kleinasien gegründet worden waren. Ab etwa dem 4. Jahrhundert v. Chr. sind Kelten in der Gegend nachweisbar. Im 2. Jahrhundert v. Chr. besetzten römische Truppen die Küstenregion und gründeten die Hafenstadt Telo Martius, benannt möglicherweise nach einer ligurischen Göttin „Telo“ oder von lat. tolus („Fuß eines Hügels“) und dem Kriegsgott Mars, aus der später Toulon hervorging. In der Antike war Telo Martius als ein Zentrum der Herstellung von Purpur bekannt. Gegen Ende des Römischen Reichs wurden die Stadt und Region christianisiert. Im frühen Mittelalter war die Stadt wiederholt Angriffen von Sarazenen und Piraten ausgesetzt. Nach der Angliederung der Provence an Frankreich im Jahr 1486 wurde Toulon allmählich zum Militärhafen ausgebaut. Insbesondere unter dem Minister Ludwigs XIV. Jean-Baptiste Colbert wurden die Befestigungsanlagen und Hafenanlagen nach Plänen von Sébastien Le Prestre de Vauban erweitert. Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde die Stadt durch Koalitionstruppen im Jahr 1707 erfolglos belagert. Im 18. und 19. Jahrhundert war Toulon Ausgangspunkt für verschiedene französische Marineoperationen im Mittelmeer. Am 22. Februar 1744 fand die Seeschlacht bei Toulon während des Österreichischen Erbfolgekrieges statt.

Place de la liberté in Toulon

Während der Französischen Revolution war die Auslieferung Toulons im September 1793 durch Girondisten und Royalisten an die Briten Auslöser der Septemberbewegung in Paris. Am 19. Dezember 1793 eroberte nach sechswöchiger Blockade die Revolutionsarmee die Stadt und vertrieb die Briten aus dem Ort. (→ Belagerung von Toulon (1793)) Dabei spielte Napoleon Bonaparte erstmals eine wichtige militärische Rolle. Nach der Einnahme der Stadt folgte ein blutiges Strafgericht durch die Jakobiner. Am 19. Mai 1798 brach Napoleon mit seiner Armee von Toulon aus zur Ägyptischen Expedition auf.

Toulon 1855

Im August 1935, ein Jahr vor der Regierungszeit der Front populaire, kam es in Toulon zu gewaltsamen Aufständen der Werftarbeiter gegen die restriktive Sparpolitik der Regierung. Dabei kam es zu einer Vielzahl von Toten und Verletzten; der Ausnahmezustand wurde verhängt.[1]

Toulon vor und während des Zweiten Weltkriegs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luftaufnahme des Hafens von Toulon am 28. November 1942 mit den brennenden französischen Kriegsschiffen Strasbourg, Colbert, Algérie und Marseillaise (v. l. n. r.)
Hafen mit Fährschiff

Toulons Nachbarort Sanary-sur-Mer war Exilort zahlreicher deutscher Schriftsteller und Maler in der Zeit des Nationalsozialismus: Heinrich und Thomas Mann, Arnold Zweig, Lion Feuchtwanger, Franz Hessel, Anton Räderscheidt und Bertolt Brecht. Am 27. November 1942 besetzten deutsche Truppen im Rahmen des Unternehmens Lila Toulon. Um nicht in deutsche Hände zu fallen, versenkte sich daraufhin die in Toulon ankernde französische Flotte selbst (Selbstversenkung der Vichy-Flotte). Der 24. November 1943 brachte der Stadt den schwersten alliierten Bombenangriff mit rund 500 Toten.

Blick auf das Mémorial Mont Faron

Adolf Hitler ernannte im Januar 1944 alle wichtigen Hafenstädte im Westen, so auch Toulon, zur „Festung“ – eine vor allem symbolische Handlung. In OKW-Befehlen von Februar 1944 zur Verteidigung von Festungen wurde befohlen, „bis zum letzten Mann“ zu kämpfen und keinesfalls zu kapitulieren. Dies geschah in keiner der Hafenstädte.[2]

Am 15. August 1944 landeten die Alliierten an der Küste des Var und starteten die Operation Dragoon. Sie führte zur Kapitulation der deutschen Truppen und der Befreiung von Toulon am 27. August 1944. 1964 wurde auf dem Mont Faron (Lage) ein Denkmal zur Erinnerung an die Landung der Alliierten eingeweiht, das Mémorial Mont Faron.[3]

Toulon: Stadt der Internierungen und Deportationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Boulevard du 112e Régiment d'Infanterie (Lage) befindet sich eine größere Gedenkstätte, über deren Eingang der Schriftzug Mémorial de la Déportation et de Internement prangt.[4] Die Geschichte dieses Ortes erschließt sich fast ausschließlich aus den im Außenbereich angebrachten Gedenktafeln; eine systematische Darstellung der Internierungs- und Deportationsgeschichte fehlt.

Ein Hinweis findet sich bei Christian Eggers, der im Stadtteil La Rode rund um das heutige Lycée Dumont D'Urville (Lage) ein Lager für feindliche Ausländer verortet, in dem ab September 1939 vorwiegend deutsche und österreichische Emigranten interniert wurden. Das Lager wurde aber bereits im Oktober 1939 wieder geschlossen und die Internierten nach dem Camp des Milles verlegt.[5]

Eine Gedenktafel links über der Tür zum Inneren der Gedenkstätte widmet diese den Opfern der unter dem Vichy-Regime begangenen rassistischen und antisemitischen Verfolgungen.[6] Eine weitere Gedenktafel ehrt die, die gestorben sind, damit Frankreich am Leben bleibt: die durch die Faschisten und Nazis internierten, deportierten, getöteten, erschossenen und gefolterten Widerstandskämpfer. Diese Gedenktafel befindet sich am Fuße eines Lothringerkreuzes am linken Rand der Anlage. Die dritte Gedenktafel befindet sich rechts der Anlage am Fuße einer Skulptur, die einen gequälten und bis auf die Knochen abgemagerten KZ-Häftling symbolisiert. Die Gedenktafel beinhaltet ein Gedicht von Marcelle Dudach-Roset (1918–1948), einer französischen Widerstandskämpferin, die Im KZ Ravensbrück inhaftiert war.[7]

Die Rose Résurrection

Die Überschrift lautet La rose "Résurrection" de Ravensbrück (Die Rose der Auferstehung von Ravensbrück) und der Text: „...Ich bin "Auferstehung" // Und durch alle Jahre hindurch // Durch alle Jahreszeiten hindurch // Werde ich der Zeuge des Lebens bleiben // Der vor der Barbarei // Alle Kinder der Welt schützen wird // Selbst wenn ich zur Hagebutte geworden bin // Alle Wege erhellend...“[8] Marcelle Dudach-Roset initiierte 1973 die Züchtung dieser Rose von Ravensbrück, die nach einer zwischenzeitlichen Nachzüchtung an mehr als 600 Gedenkorten gepflanzt.wurde, darunter vielen Orten in Frankreich, wo auch die erste Anpflanzung der Rose Résurrection[9] stattfand.[10]

1984 wurden von der Gedenkstätte Yad Vashem die Familie Teillard und die beiden Ordensschwestern Marie-Thérèse Roux und Jeanne Hertel als Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet, weil sie während der Zeit der Besatzung einer jüdischen Familie geholfen hatten.[11] Am 16. Juli 2023 standen sie Mittelpunkt einer Gedenkveranstaltung am Mémorial de la Déportation et de Internement.[12]

Toulons jüngste Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1968 wurde die Universität Toulon-Var gegründet. Die Gendarmerie Maritime richtete ihr Nationales Ausbildungszentrum (C.N.I.G.M) in Toulon ein.

1995 erreichte die rechtsextreme Partei Front National bei Kommunalwahlen in Toulon erstmals in einer französischen Großstadt die Mehrheit und stellte mit Jean-Marie Le Chevallier den Bürgermeister; dieser wurde 2001 von Hubert Falco (UMP) abgelöst.

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2006 2016
Einwohner 161.797 174.746 181.801 179.423 167.619 160.639 167.816 171.953
Quellen: Cassini und INSEE

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Toulon verfügt über ein großes und kleines Wappen.

Großes Wappen der Stadt Toulon
Kleines Wappen der Stadt Toulon
Wappen der Stadt Toulon
Wappen der Stadt Toulon
Blasonierung: „In Blau ein durchgehendes goldenes Kreuz.“

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bürgermeister seit 1900:

  • 1900–1904: Victor Micholet
  • 1904–1909: Marius Escartefigue (SFIO)
  • 1909–1909: Muller
  • 1909–1912: Joseph Gasquet
  • 1912–1919: Victor Micholet
  • 1919–1929: Émile Claude (SFIO)
  • 1929–1940: Marius Escartefigue
  • 1940–1944: Albert Coulon
  • 1944–1945: Franck Arnal (SFIO)
  • 1945–1947: Jean Bartolini (PCF)

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kathedrale, Innenansicht
Kathedrale, Außenansicht
Tour royale in Toulon
Oper von Toulon

Zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen:

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutendste Wirtschaftszweige sind der Schiffbau sowie der Handel, der über den Hafen abgewickelt wird. Auch das Militär ist ein bedeutender Arbeitgeber.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satellitenbild

Neben dem Hafen, von dem aus Schiffsverbindungen u. a. nach Korsika und zu den Îles d’Hyères angeboten werden, existiert ein Fernbahnhof an der Bahnstrecke Marseille–Ventimiglia mit Verbindungen nach Marseille und Nizza. Beide Städte sind auch über die Küstenautobahnen A 50 (Marseille) und A 57 (Nizza) zu erreichen, die Toulon untertunneln. Der Flughafen Toulon-Hyères liegt ca. 20 Kilometer östlich von Toulon, zu erreichen über die A 570 bzw. mit dem Airport-Bus von Sodetrav. Von dort aus gibt es Flüge unter anderem nach Paris-Orly und London-Stansted (Stand: Februar 2006). Der nächste größere Flughafen ist Marseille.

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partnerstädte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Toulon unterhält Städtepartnerschaften mit Mannheim (Deutschland) sowie mit den (Kriegs-)Hafenstädten La Spezia (Italien), Norfolk (Virginia, Vereinigte Staaten) und Kronstadt (Russland). Zudem ist Toulon Mitglied des Bundes der europäischen Napoleonstädte.[13]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenbürger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maurice Arreckx:
    • Vivre sa ville. La Table ronde, Paris 1982
    • Toulon, ma passion, 1985
  • Jean-Pierre Thiollet: Le Chevallier à découvert. Laurens, Paris 1998

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Inhalte in den
Schwesterprojekten der Wikipedia:

Commons – Medieninhalte (Kategorie)
Wiktionary – Wörterbucheinträge
Wikivoyage – Reiseführer

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Toulon disorders New York Times (Archiv) vom 9. August 1935, abgerufen am 24. November 2019.
  2. Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44. Oldenbourg Verlag, 2007, S. 484 (online bei google books)
  3. Mémorial Mont Faron
  4. Eine Vielzahl von fotos über diesen Ort finden sich bei Google Maps.
  5. Christian Eggers: Unerwünschte Ausländer. Juden aus Deutschland und Mitteleuropa in französischen Internierungslagern 1940 – 1942, Metropol Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-932482-62-X, S. 50
  6. Les monuments aux morts: Toulon. Auf dieser Webseite finden sich neben einigen Fotos die Transkriptionen dreier Gedenktafeln.
  7. Le Maitron: Dictionnaire Biographique du Mouvement Ouvrier et Mouvement Social – DUDACH Marcelle, Aimée, épouse JEANNIN puis épouse ROSET
  8. „...Je suis "Résurrection" // Et tout au long des ans // Tout au long des saisons // Je resterai le témoin de vie // Qui protégera de la barbarie // Tous les enfants du monde // Même lorsque je serai devenu églantine // Illuminant tous les chemins...“. Zitiert nach Les monuments aux morts: Toulon
  9. In der französischsprachigen Wikipedia gibt es einen eigenen Artikel über sie: fr:Résurrection (rose)
  10. Internationales Ravensbrück Komitee (IRK): Die Geschichte der Rose von Ravensbrück
  11. Einträge in der Righteous-Datenbank für Teillard, Roux und Hertel
  12. Elles ont eu le courage de ne pas se soumettre, var-matin, 17. Juli 2023
  13. Jumelages: Toulon et ses villes jumelées. Mairie d’honneur de Toulon, abgerufen am 15. Februar 2015 (französisch).
  14. Älteste Ordensfrau der Welt und zugleich älteste Europäerin wird 117. In: katholisch.de. 9. Februar 2021, abgerufen am 10. Februar 2021.