Tudigong

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Tudigong-Statue, Taoyuan

Tudigong oder Tu Di Gong (chinesisch 土地公, Pinyin Tǔdì gōng)[Anm. 1], gehört zur Gruppe der Tudishen (土地神, Tǔdì shén – „Erdgottheit“)[Anm. 2][1], ist eine Gottheit aus dem chinesischen Volksglauben. Er gilt als lokale „Erdgottheit“ und wird als Beschützer einer Örtlichkeit und der dort lebenden Menschen verehrt.[2][3]

Benennungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Tudigong gibt es verschiedene Benennungen:[4][5][6]

  • Fude Zhengshen (福德正神, Fúdé Zhèngshén, kurz 福神 Fú Shén, „Hauptgottheit des Glücks und der Tugend“ – eine formelle Ansprache)
  • Tuzhigong (土治公, „das Land verwaltende Gottheit“)
  • Sheshen (社神, „lokaler Erdgottheit“)[Anm. 3][7][8][9][10]
  • Shegong (社公, „lokaler Erdgottheit“)
(und andere mehr)
Tudigong und Tudipo, Neu-Taipeh
Tudigong-Altar in Hongkong

Neben den mehr formellen Titulierungen und Ansprachen sind auch vertraulichere, wie 爷爷, Yéyé – „Großvater; Größväterchen“[Anm. 4] oder 大伯公, Dà bógōng – „Großer älterer Herr; Großonkel; Großonkelchen“[Anm. 5] gebräuchlich.[11][1]

Manchmal wird Tudigong einer Frau – Tudipo (土地婆)[Anm. 6] – zur Seite gestellt.

Chinesischer Volksglaube[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im traditionellen chinesischen Volksglauben ist die Welt von einer Vielzahl von Gottheiten und Geistern angefüllt. Diese spirituellen Kräfte können dem Menschen gewogen sein oder ihm Schaden zufügen. Der Mensch ist jedoch nicht hilflos den Göttern und Geistern ausgeliefert, sondern kann diese beeinflussen, indem er sich mit ihnen verständigt und durch magische Praktiken und rituelle Handlungen die ihm feindlich gesinnten Kräfte neutralisiert. In der chinesischen Götterwelt herrscht trotz der Fülle der spirituellen Kräfte kein Chaos, sondern eine relativ strenge hierarchische Ordnung. Es gibt niedere und höhere Gottheiten. Die Einflüsse der niederen Gottheiten können durch die der höheren aufgehoben werden.[12]

Verehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tudigong ist ein den Menschen wohlgesinnter Gott. Er wird häufig als freundlich lächelnder älterer Mann mit weißem Bart dargestellt. Er ist meist in ein prachtvolles Gewand aus Rot und Gelb gekleidet und trägt eine gleichermaßen prachtvolle Kopfbedeckung. Die Farbe Gelb kennzeichnet ihn gewissermaßen als höheren Beamten in der Götterwelt.[13][14] Tudigong und Cai Shen, der Gott des Reichtums, werden oft in ein und dieselben Personifikation verehrt.[15] In stehender Position hält Tudigong häufig einen langen Stab oder eine Art Zepter und in der anderen Hand ein Goldstück, als Symbol für Reichtum und Glück.[4][6]

Auf westliche Betrachter wirkt er wie eine Bischofsfigur, eine Art Weihnachtsmann.[16] Der Schrein oder Altar für Tudigong wird meistens an einer im Sinne des Feng Shui besonders günstigen Stelle platziert. Dies können ganz verschiedene Orte sein – irgendwo im Haus, aber auch ausgewählte Plätze in freier Natur.

Seine Position in der Götterhierarchie ist eine niedrige. Er ist buchstäblich ein „erdnaher“ Gott, nahe an den Menschen und entfernt vom Götterhimmel. Tudigong ist kein „Gott der Erde“ und nicht zu vergleichen mit der Erdmutter Gaia, sondern eine Gottheit einer lokalen Örtlichkeit, also der Genius loci. Er ist dem jeweiligen Schutzgott einer Stadt (Chenghuang, 城隍 – „Stadtgott“) untergeordnet. Wenn Personen den Wohnort wechseln, verabschieden sie sich von dem örtlichen Tudigong und beginnen den Tudigong ihres neuen Wohnortes zu verehren. Tudigong ist daher eher ein Rang und Titel, als ein einziger Gott.[3][4]

Festivitäten zu Ehren der Gottheit heißen zuoya (做牙, formal bekannt als yaji 牙祭 – „ya-Opferfest“)[Anm. 7] und finden traditionell monatlich am 2. Tag und 16. Tag im chinesischen Lunisolarkalenders statt, beginnend am 2. Tag des 2. Monats (头牙, tóuyá)[Anm. 8] und enden am 16. Tag des 12. Monats (als weiya, 尾牙)[Anm. 9] und soll nicht verwechselt werden mit den monatlichen Ehrungen der Gottheiten zum 1. und 15. im chinesischen Lunisolarkalenders. Heute finden die Festivitäten zu Ehren der Gottheit meist vereinfacht typischerweise am 2. Tag des 2. Monats, am den 15. Tag des 8. Monats (oft gemeinsam zum Mittherbstfest aka Mondfest) und am 16. zum 12. Monat am Ende des chinesischen Lunisolarkalenders statt. Die Festlichkeit am Ende des chinesischen Jahres am 16. des 12. Monat im chinesischen Kalender ist als weiya bekannt und wird heute mehr Wert beigemessen. Die Tradition der weiya-Festlichkeit findet heute vereinzelt noch in Hongkong, Macau und in Taiwan statt. In Taiwan ist diese weiya-Tradition bis heute noch sehr lebendig.[4][17][18]

Nach der Machtübernahme der Kommunisten in China gerieten die Verehrung Tudigongs und ganz allgemein die alten chinesischen Gebräuche in Misskredit. Viele Tempel und Schreine wurden insbesondere während der Kulturrevolution zerstört. Nach dem Tod Mao Zedongs wurden viele wieder aufgebaut. Die Verehrung Tudigongs ist insbesondere in Südchina, wo traditionell engere Beziehungen zu den chinesischen Gemeinschaften in Taiwan, Singapur, Hongkong etc. bestanden, immer noch verbreitet. Auch in Taiwan wird er vielfach geehrt.[16][19]

Galerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obige Schriftzeichen alle als Kurzzeichen

  1. Tudigong (chinesisch 土地公, Pinyin Tǔdì gōng, Jyutping Tou2dei4 gung1, Pe̍h-ōe-jī Thóo-tī-kong) wird neben der formelle Bezeichnung im Alltag umgangssprachlich oft Tudi gongong (土地公公, Tǔdì gōnggōng) genannt.
  2. Tudishen (土地神, Tǔdì shén – „Erdgottheit“) ist eine Gruppe von verschiedenen Erdgottheiten in der chinesischen Volksreligion. Die Erdgottheit Tudigong (土地公) ist nur eine davon.
  3. Das Schriftzeichen she (, shè, Jyutping se5, Pe̍h-ōe-jī siā – „Gottheit der Erde“) in seiner ursprünglichen Bedeutung bedeutet schon „Erdgottheit“, „Gottheit des Landes“ oder besser „Gottheit einer Landfläche oder Flurstücks“. Nur in der modernen Nutzung hat es die Bedeutung von Gesellschaft, also als shehui (社會 / 社会, shèhuì, Jyutping se5wui6*2, Pe̍h-ōe-jī siā-huē). Viele chinesische Schriftzeichen haben oft mehrere Bedeutung und die Bedeutung des Zeichens muss immer im jeweiligen Kontext bestimmt werden. Daher nutzt das moderne Standardchinesisch oft Wortzusammensetzungen aus zwei oder mehrere Zeichen bei Begriffen, um diese exakt zu bestimmen.
  4. Yeye (爺爺 / 爷爷, Yéyé, Jyutping Je4je4, Pe̍h-ōe-jī Iâ-iâ – „Großvater; Größväterchen“), Alternativbezeichnung für Tudigong
  5. Da bogong (大伯公, Dà bógōng, Hokkien Tua Pek Kong, Jyutping Daai6 baak3gung1, Pe̍h-ōe-jī Tuā-peh-kong – „Großer älterer Herr; Großonkel; Großonkelchen“), Alternativbezeichnung für Tudigong
  6. Tudipo (土地婆, Tǔdì pó, Jyutping Tou2dei4 po4, Pe̍h-ōe-jī Thóo-tī-pô) wird im Alltag umgangssprachlich oft Tudi popo (土地婆婆, Tǔdì pópo) genannt.
  7. Zuoya (做牙, zuòyá) ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die formal und historische Festivität Yaji (牙祭, yájì – „ya-Opferfest“). Traditionell werden beim Zuoya oder das Yaji-Fest Opfergaben zu Ehren der lokalen Erdgottheit – dem Schutzgeist des Ortes (vgl. Genius loci) – von den lokalen Bewohner einer Ortschaft – insbesondere von der Gruppe der Händler und Geschäftsmann – dargebracht und verehrt.
  8. Touya (頭牙 / 头牙, tóuyá) ist traditionell eine Festivität am 2. des 2. Monats zu Beginn des chinesischen Kalenders zu Ehren des Erdgottheit. Heute wird die Festlichkeit an diesem Tag immer seltener gefeiert und stattdessen die weiya-Festivität zum Jahresende mehr Bedeutung beigemessen.
  9. Weiya (尾牙, wěiyá) ist traditionell eine Festivität am Ende des chinesischen Kalenders zu Ehren des Erdgottheit. Es hat neben der spirituelle Bedeutung auch eine soziale Komponente, insbesondere im heutigen Geschäftswelt von Händler und Geschäftsmann im traditionellen Sinne. Beim gemeinsamen festlichen weiya-Essen zwischen dem Chef und den Angestellten soll ursprünglich deren Bund gestärkt werden, da früher in kleinen Betrieben Angestellten gelegentlich auch als eine Art Familie gesehen werden. Je nach Region und Brauch kommt es vor, dass Hungbao vom Chef an den Angestellten verteilt werden.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tudigong (Tu Di Gong) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Zhaoyuan Wang, International College, Xiamen University, Xiamen, China: The dynamic process of syncretism: Datuk Gong worship in Malaysia. In: HTS Theological Studies. Band 78, Nr. 4, 2022, ISSN 2072-8050, doi:10.4102/hts.v78i4.7269 (englisch, org.za [abgerufen am 10. Dezember 2022] Print-Version ISSN 0259-9422): “4 . Tudi Shen 土地神 in Chinese Religion does not refer to a particular god, but a series of deities related to the earth including Tudi Gong 土地公 (the Earth God), Da Bo Gong 大伯公 (or Tua Pek Kong in Hokkien, Thai Pak Koong in Hakka dialect) or Fude Zhengshen 福德正神 (the God of Blessing and Virtues) in a formal manner, Houtu 后土, Dizhu 地主 (Lord of the Land), etc.”
  2. The Earth God – The Kitchen God & Other Gods of the Earthly Domain. AFE – Living In The Chinese Cosmos. In: afe.easia.columbia.edu. Asia or Educators (AFE) – Weatherhead Asian Institute – Columbia University, abgerufen am 10. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  3. a b Fude Zhengshen (Earth God of Wealth and Merit). In: culture.teldap.tw. Digital Taiwan – Culture & Nature, abgerufen am 10. Dezember 2022 (englisch).
  4. a b c d Earth God Of Wealth – Fu De Zheng Shen (福德正神). (PDF) Süd-Taiwan-Universität für Naturwissenschaften und Technik (STUST) – 南臺科技大學, abgerufen am 28. Oktober 2018 (englisch, Ursprungsquelle von STUST unauffindbar im Internet Archive).
  5. 地神 – 土地公. 真武殿傳奇聽上帝爺講古福德正神. In: nas.syps.tn.edu.tw. Abgerufen am 1. Juli 2022 (chinesisch).
  6. a b Cheng Shuiping: Earth God 福德正神. Rat für Kulturangelegenheiten des Exekutiv-Yuans, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2009; abgerufen am 28. Oktober 2018 (englisch).
  7. Schriftzeichen „she – “. In: zdic.net. Abgerufen am 1. Juli 2022 (chinesisch, englisch).
  8. Schriftzeichen „she – “. In: leo.org. Abgerufen am 1. Juli 2022 (chinesisch, deutsch).
  9. Begriff „shehui – 社會 / 社会“. In: zdic.net. Abgerufen am 1. Juli 2022 (chinesisch, englisch).
  10. Begriff „shehui – 社會 / 社会“. In: leo.org. Abgerufen am 1. Juli 2022 (chinesisch, deutsch).
  11. Jack Meng-Tat Chia, National University of Singapore: Who is Tua Pek Kong? The Cult of Grand Uncle in Malaysia and Singapore. In: Archiv Orientální. Band 85, Nr. 3. John Benjamins Publishing, Dezember 2017, S. 439–460 (englisch, researchgate.net [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 10. Dezember 2022]).
  12. Matthias Eder: Chinese Religion. In: Asian Folklore Studies – Monograph No.6. Tokio 1973 (englisch).
  13. Chinesische Farbensymbolik. In: forumchina.de. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
  14. Hui-Chih Yu: A Cross-Cultural Analysis of Symbolic Meanings of Color. In: Chang Gung Journal of Humanities and Social Sciences. Band 7, Nr. 1, April 2014, S. 49–74 (englisch, edu.tw [PDF; 412 kB]).
  15. 財神爺 (Cai Shen ye). Taiwanisches Innenministerium (Nationales Informationsnetz zu Religionen), abgerufen am 29. November 2018 (englisch, chinesisch).
  16. a b Robert Kelly: The Tao of Taiwanese Temples. BBC News, 5. Oktober 2011, abgerufen am 28. Oktober 2018 (englisch).
  17. Wei Ya Festival. In: ttf.ncfta.gov.tw. National Center for Traditional Art (NCFTA) – 國立傳統藝術中心, Ministry of Culture – 文化部, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Februar 2015; abgerufen am 10. Dezember 2022 (englisch).
  18. Jeffrey Schwab: What is 尾牙 (Wei Ya)? In: jeffreyschwab-30696.medium.com. The Clock Stops, 14. März 2022, abgerufen am 10. Dezember 2022 (englisch).
  19. Chien Hui-ju, Loa Iok-sin: Tudigong worshiped on 5km walk. Taipei Times, abgerufen am 28. Oktober 2018 (englisch).