Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

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Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen ist eine deutsche Landesbehörde für Verfassungsschutz mit Sitz in Düsseldorf.

Aufgaben und Befugnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verfassungsschutz dient der Bewahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) sowie dem Bestand und der Sicherheit des Bundes und der Länder. Er setzt seine Schwerpunkte beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Bereich der gewaltorientierten Bestrebungen und Tätigkeiten. Darüber hinaus informiert er die Öffentlichkeit über die von Bestrebungen und Tätigkeiten ausgehenden Gefahren für die fdGO und stärkt dadurch das gesellschaftliche Bewusstsein. (§ 1 VSG NRW)

Die Aufgaben entsprechen im Wesentlichen denen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und der anderen Landesbehörden für Verfassungsschutz. Er ist mit der Sammlung und Auswertung von Informationen, Nachrichten und Unterlagen über Bestrebungen, die

  1. gegen die fdGO, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
  2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (Spionageabwehr),
  3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden sowie
  4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind

im Geltungsbereich des Grundgesetzes, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen. (§ 3 Abs. 1 VSG NRW)

Aufgabe des Verfassungsschutzes NRW ist es auch, die Scientology-Organisation zu beobachten.

Der Verfassungsschutz NRW darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben die erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten. Er darf, soweit nicht der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung entgegensteht, zur Informationsbeschaffung nachrichtendienstliche Mittel anwenden. Diese sind in § 5 Abs. 2 VSG NRW – anders als beim Bundesverfassungsschutzgesetz – abschließend aufgezählt.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verfassungsschutz NRW ist die Abteilung 6 des Innenministeriums des Landes NRW. In acht weiteren Bundesländern ist der Verfassungsschutz ebenfalls eine Abteilung der jeweiligen Innenministerien. In sieben Ländern, darunter Bayern oder Sachsen, ist er eine eigenständige Behörde im Geschäftsbereich des Innenressorts.

Die Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium ist in drei Gruppen unterteilt:

Jede Gruppe besteht aus vier bis fünf Referaten.[1]

Im Jahr 2017 wurde der Verfassungsschutz NRW um 115 Stellen verstärkt. Die Sach- und Investitionsmittel betrugen 10,21 Millionen Euro im Jahr 2017.[2] Anfang 2019 verfügte der Dienst über insgesamt 515 Mitarbeiter.[3]

Leiter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Leitung der Abteilung für Verfassungsschutz hatten bisher inne:

Zeitraum Name Bemerkungen
01.12.1949 bis 31.12.1960 Fritz Tejessy Amtsende wegen Ruhestand
1960 bis 1961 Werner Neumann[4] (kommissarisch)
1961 bis 1977 Helmut Schütz[4] Amtsende wegen Ruhestand
12.05.1977 bis 01.09.1987 Wilfried Graf von Hardenberg[5] zuvor Polizeipräsident in Bochum, Amtsende wegen Ruhestand
04.10.1987 bis 31.08.1999 Fritz-Achim Baumann Amtsende wegen Ruhestand
01.10.1999 bis 2009 Hartwig Möller
2009 bis Juni 2012 Mathilde Koller[6] war von Dezember 1992 bis April 1996 Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachsen, wechselte zum 15. April 1996 in die Sächsische Staatskanzlei, und war von 2000 bis 2002 Staatssekretärin des Landes Berlin.[7]
Juli 2012 bis Ende Januar 2022 Burkhard Freier[8] war von 2001 bis 2006 freier Stellvertreter des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW
1. März 2022 Jürgen Kayser

Kontrolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verfassungsschutz NRW unterliegt der parlamentarischen, behördlichen und öffentlichen Kontrolle. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat ein Parlamentarisches Kontrollgremium eingerichtet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Behörde ging aus der Düsseldorfer Informationsstelle hervor, dem „Sonderdezernat I–J“, das von der SPD-geführten Regierung schon vor Gründung der Bundesrepublik aufgebaut wurde. Ziel war es, im Fall eines SPD-Wahlsiegs bei der ersten Bundestagswahl 1949 die Informationsstelle zur Keimzelle eines einzurichtenden Inlandsnachrichtendienstes zu machen, was durch den Wahlsieg der CDU/CSU verhindert wurde. Am 1. Dezember 1949 trat Fritz Tejessy, der erst im Mai 1949 aus dem amerikanischen Exil nach Deutschland zurückgekehrt war, die Leitung an.[9]

Der NPD-Funktionär Wolfgang Frenz war von 1961 bis 1995 als V-Mann für den Verfassungsschutz NRW tätig. Unter anderem sein Fall sorgte für das Scheitern des ersten NPD-Verbotsverfahrens. Im Junge-Freiheit-Urteil 2005 wurde der Behörde gerichtlich untersagt, die rechtskonservativen Zeitschrift Junge Freiheit zu beobachten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Organisationsplan des Innenministeriums NRW. (PDF) In: im.nrw. Archiviert vom Original am 30. Januar 2019; abgerufen am 29. Januar 2019.
  2. Verfassungsschutzbericht 2017. (PDF) In: im.nrw. Innenministerium NRW, abgerufen am 29. Januar 2019.
  3. Strobl: Verfassungsschutz braucht mehr Unterstützung. Heilbronner Stimme, 10. April 2019, abgerufen am 10. April 2019.
  4. a b Wolfgang Buschfort: Geheime Hüter der Verfassung. Von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947–1961). Schöningh, Paderborn, München, Wien, Zürich 2004, S. 301 f.
  5. Wilfrid [sic] Graf von Hardenberg. Zur Person. In: Landtag intern. Jg. 8, Ausgabe 14 vom 16. Mai 1977, S. 20 (PDF); Zur Person: Charles Wilp. In: Der Spiegel. Nr. 4, 1987, S. 190 (online19. Januar 1987).
  6. Geheimdienste: Unheimlich festgefahren. In: Der Spiegel. Nr. 16, 1994, S. 61–63 (online18. April 1994).
  7. Minister Jäger dankt Leiterin des NRW-Verfassungsschutzes für Arbeit – Mathilde Koller bittet aus persönlichen Gründen um Versetzung in den Ruhestand. (Memento vom 21. Februar 2015 im Internet Archive) Pressemitteilungen des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 2012, abgerufen am 9. November 2016.
  8. NRW-Verfassungsschutz bekommt mit Burkhard Freier erfahrenen Leiter / Innenminister Jäger: Unter seiner Leitung wird der Verfassungsschutz die notwendigen Reformen umsetzen. Ministerium für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen, 3. Juli 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Februar 2015; abgerufen am 9. November 2016.
  9. Wolfgang Buschfort: Fritz Tejessy (1895–1964). Verfassungsschützer aus Überzeugung. In: Armin Wagner, Dieter Krüger (Hrsg.): Konspiration als Beruf: Deutsche Geheimdienstchefs im Kalten Krieg. Ch. Links, Berlin 2003, S. 111–131, hier S. 114–117 .