Victimae paschali laudes

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Victimae paschali laudes
Allgemeines
Gebrauch: Sequenz
Liturgischer Kalender: Dominica Resurrectionis
Textherkunft: Wipo
Modus: Erster Ton
Choralbuch: Graduale Romanum, S. 242

Die Ostersequenz Victimae paschali laudes ist eine lateinische Dichtung, die unter dem Namen des Dichters und Geschichtsschreibers Wipo († nach 1046) überliefert ist.[1] Anlässlich des Osterfestes wird die Auferstehung Jesu als Sieg des Lebens über den Tod besungen.

Victimae paschali laudes gehört zu den wenigen Sequenzen, die nach der Reform des tridentinischen Konzils (1545–1563) noch beibehalten wurden. Sie wurde im römischen Ritus in den Heiligen Messen in der Osterwoche gesungen, seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils nur noch am Osterfest (in der Messe am Tage) vor dem Ruf vor dem Evangelium. Der Gesang der Sequenz ist obligatorisch.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der als Verfasser genannte Wipo dürfte um 995 im alemannischen Teil von Burgund oder bei Solothurn geboren sein. Diese Stadt gehörte zum Bistum Lausanne und dem Erzbistum Besançon. Seiner hohen Bildung verdankte Wipo freundschaftliche Beziehungen zu einigen Großen seiner Zeit. Als Freund das Kaisers Konrad II. nahm er 1027 an dessen Kaiserkrönung in Rom teil, später wirkte er als Erzieher des jungen Heinrich III. Gegen sein Lebensende zog er sich als Eremit ins bayerisch-böhmische Grenzgebiet zurück, wo er um 1050 starb. Seine Präsenz in dieser Region erklärt vermutlich die dort frühe Verbreitung des Osterliedes Christ ist erstanden.

Im Gefolge des Konzils von Trient wurde die sechste Strophe mit dem herabsetzenden Bezug auf die Juden eliminiert. Außerdem wurde in der fünften Strophe suos („den Seinen“) in vos („euch“) geändert, was allerdings 1908 wieder rückgängig gemacht wurde, sowie ein abschließendes „Alleluia. Amen“ hinzugefügt.

Text[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lateinischer Text[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. Victimae paschali laudes immolent Christiani.

2. Agnus redemit oves;
Christus innocens Patri
Reconciliavit peccatores

3. Mors et vita duello conflixere mirando;
Dux vitae mortuus
Regnat vivus.

4. Dic nobis, Maria: Quid vidisti in via?
Sepulchrum Christi viventis
Et gloriam vidi resurgentis,

5. Angelicos testes, sudarium et vestes.
Surrexit Christus spes mea;
Praecedet suos in Galilaeam.

[6. Credendum est magis soli Mariae veraci
Quam Judaeorum turbae fallaci.][2]

7. Scimus Christum surrexisse a mortuis vere.
Tu nobis, victor rex, miserere! (Amen. Alleluia.)

Übersetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. Dem österlichen Schlachttier sollen Lobgesänge weihen die Christen.

2. Das Lamm hat die Schafe erlöst.
Christus, der Schuldlose,
hat die Sünder mit dem Vater versöhnt.

3. Tod und Leben rangen in wundersamem Zweikampf.
Der Fürst des Lebens, der gestorben war,
herrscht [jetzt] lebend.

4. Sag uns, Maria, was hast du gesehen auf dem Wege?
Das Grab Christi, der lebt, hab ich gesehen
und seine Herrlichkeit, da er auferstanden ist,

5. und Engelszeugen, das Schweißtuch und die Leinentücher.
Auferstanden ist Christus, meine Hoffnung.
Vorangehen wird er den Seinen nach Galiläa.

[6. Mehr Glauben ist zu schenken Maria allein, der Wahrhaftigen,
als der Juden trügerischer Schar.][2]

7. Wir wissen, Christus ist wahrhaft auferstanden von den Toten.
Du siegreicher König, erbarme dich unser!

Analyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz zu anderen Sequenzen hat die Ostersequenz noch eine ursprüngliche Form: ohne einheitliches Versmaß, nur silbenzählend und ohne durchgängiges Reimgefüge.

Der melodische Duktus des in Stanzen ausgeführten Gedichts gibt eine klare Struktur vor:

  • Die erste Doppelstrophe (Verse 2 + 3: Dramatik des Erlösungsgeschehens) benutzt die oberen Register der Dorischen Kirchentonart,
  • die zweite Doppelstrophe (Verse 4 + 5) – der einem Osterspiel ähnliche Dialog mit Maria von Magdala – bewegt sich im tieferen Register (plagales Dorisch).
  • Den Rahmen (Verse 1 + 7) bildet der einleitende Aufruf zum Osterlob (dem Osterlamm sollen Christen Lobgesänge weihen) und ein abschließendes Osterbekenntnis: „Wir wissen, Christus ist wahrhaft auferstanden.“
  • Dieses Bekenntnis entspricht dem bis heute in Griechenland üblichen Ostergruß Χριστὸς ἀνέστη – Ἀληθῶς ἀνέστη Christos anésti – Alithós anésti! „Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!“.

Die Sequenz ist in zahlreichen Handschriften des 11. und 12. Jahrhunderts erhalten. Zu den frühesten mit der Neumen-Notenschrift versehenen Manuskripten gehören die aus Benediktinerklöstern stammenden Codices Rheinau 132 aus dem 11. Jahrhundert und Einsiedeln 366 aus dem 12. Jahrhundert.

Melodie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gregorianische Melodie der Sequenz (anhörenⓘ/?)

Weitere Vertonungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Text spielt in der Kirchenmusik und in der musikalischen Gestaltung von Liturgie während der Osterzeit eine große Rolle. Mehrstimmige Vertonungen stammen von unter anderem von

Martin Luther nahm in seinem Osterlied Christ lag in Todes Banden auch ein Motiv aus der dritten Strophe der Ostersequenz auf.

Das katholische Gotteslob von 1975 enthielt den lateinischen und deutschen Text der Ostersequenz als Kontrafaktur mit der gregorianischen Melodie des 11. Jahrhunderts (Nummer 215 und 216)[3] sowie eine weitere Übertragung mit einer rhythmisierten Melodiefassung von Heinrich Rohr (Nummer 217). Das aktuelle Gotteslob hat im Stammteil nur die lateinische Fassung (Nummer 320), eine deutsche Fassung zur Choralmelodie findet sich in einigen Regionalteilen,[4] außerdem in einer verbesserten Form im zweiten Teil des altkatholischen Gesangbuches unter den Nrn. 717 und 835.[5]

Aufnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Victimae paschali laudes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Adolf Adam (Hrsg.): Te Deum laudamus. Große Gebete der Kirche Lateinisch-Deutsch. Herder, Freiburg i. Br. 1987. Neuausgabe 2001, ISBN 3-451-27359-4, S. 222.
  2. a b Diese Strophe gehört seit dem Missale Romanum von 1570 nicht mehr zum liturgisch verwendeten Text der Sequenz, vgl.: Albert Gerhards: Theologische und sozio-kultureller Konflikte mit dem Judentum. Beispiele aus der katholischen Liturgie und ihrer Wirkungsgeschichte. In: Albert Gerhards, Stephan Wahle (Hrsg.): Kontinuität und Unterbrechung. Gottesdienst und Gebet in Judentum und Christentum. Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 3-506-71338-8, S. 269–286, hier S. 278 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Markus Bautsch: Über Kontrafakturen gregorianischen Repertoires - Victimae pascali laudes, abgerufen am 8. Dezember 2014
  4. Regionalteil Ostdeutschland Nummer 758.
  5. Gebet- und Gesangbuch der Christkatholischen Kirche der Schweiz. II. Heilige Woche: Palmsonntag bis Ostern. Hrsg. von Bischof und Synodalrat der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Allschwil 2008, ISBN 3-9522331-9-6, S. 130 f., 164 f.