Volksabstimmung 1919 in Vorarlberg

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Werbeplakat des Komitées "Pro Vorarlberg" des Schweizer Malers Jules Courvoisier, 1919/20

Die Volksabstimmung 1919 in Vorarlberg entschied über die Frage, ob nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg die Vorarlberger Landesregierung Beitrittsverhandlungen mit der Schweiz aufnehmen soll. Sie fand am Sonntag, dem 11. Mai 1919 statt. Die Abstimmungsfrage lautete:

„Wünscht das Vorarlberger Volk, dass der Landesrat der Schweizer Bundesregierung die Absicht des Vorarlberger Volkes, in die Schweizerische Eidgenossenschaft einzutreten, bekannt gebe und mit der Bundesregierung in Verhandlungen trete?“

Ergebnis der Abstimmung, publiziert im Vorarlberger Tagblatt am 14. Mai 1919

Es votierten 47.727 Abstimmende (81 %) für die Aufnahme von Anschlussverhandlungen mit der Schweiz, 11.378 (19 %) stimmten dagegen. Mit Ausnahme von Bludenz und Hittisau (mit Bolgenach) sprachen sich alle Gemeinden für die Vorlage aus.

Für einen Wechsel zur Eidgenossenschaft sprach die unklare Zukunft Österreichs nach dem Zusammenbruch von Österreich-Ungarn, die wirtschaftliche Not und das Gefühl der Distanz zu Wien und der Vernachlässigung durch die dortige Regierung.[1] Die Idee wurde vor allem von der einfacheren Bevölkerung getragen, während die Eliten – Großfabrikanten, Eisenbahner, Politiker und der Klerus – für einen Verbleib bei Deutschösterreich war.[2]

Auf Schweizer Seite gab es gegen das Vorhaben erhebliche Vorbehalte, weil ein Beitritt Vorarlbergs zu einer katholischen Konfessionsmehrheit geführt und das deutschsprachige Übergewicht verstärkt hätte.[3] Der Bundesrat sprach sich schließlich für den Status quo aus.[4]

Auch in Vorarlberg gab es Stimmen, die für einen Verbleib bei Österreich oder einen Anschluss an Deutschland waren. Ein überparteilicher Verein namens „Vorarlberger Schwabenkapitel“ forderte einen Anschluss an Deutschland. Seine Pläne sahen ein neues Bundesland „Schwaben“ vor, das aus Vorarlberg und den schwäbischen Landesteilen Badens, Bayerns und Württembergs bestehen sollte.[5] Im Wahlkampf entstand auch die Bezeichnung „Kanton Übrig“ für Vorarlberg. Sie stammt vom deutschnationalen Landtagsabgeordneten Anton Zumtobel, der damit in einem Flugblatt aufzeigen wollte, dass Vorarlberg in der Schweiz unerwünscht sei.[3][5]

Das Vorhaben wurde hinfällig, als im September 1919 der Vertrag von Saint-Germain unterzeichnet wurde und aus der Republik Deutschösterreich die Republik Österreich entstand.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Volksabstimmung 1919 in Vorarlberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gerald Hosp: Was vom «Kanton Übrig» blieb. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 108, 11. Mai 2019, S. 34 f.
  2. Lukas Leuzinger: Ein Flirt weckt helvetische Grossmachtphantasien. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 108, 11. Mai 2019, S. 35.
  3. a b Jörg Krummenacher: «Kanton Übrig». In: nzz.ch. 23. Oktober 2008, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  4. Karl Heinz Burmeister: Vorarlberg. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 30. Juli 2013, abgerufen am 4. Januar 2023.
  5. a b Magdalena Raos: Vor 100 Jahren wollte eine Mehrheit der Vorarlberger zur Schweiz gehören. In: vn.at. 11. Mai 2019, archiviert vom Original am 11. Mai 2019; abgerufen am 4. Januar 2023.