Wehrkreis

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Wehrkreise im Deutschen Reich nach dem Anschluss Österreichs

Die Wehrkreise (WK) teilten das Gebiet der Weimarer Republik und später des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Reichsverteidigungsbezirke, die jeweils für Rekrutierung und Ausbildung von Teilen des Heeres der Reichswehr bzw. der Wehrmacht verantwortlich waren.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wehrkreise entsprachen ihrer Funktion nach den früheren Korpsbezirken (mit letztem Friedensstand 24 Bezirke für die 25 Armeekorps) des Heeres im Deutschen Kaiserreich. In der Reichswehr existierten gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags (1919) anfangs sieben Wehrkreise, deren Wehrkreisbefehlshaber zugleich Kommandeur der jeweils gleich nummerierten sieben Infanterie-Divisionen waren. Übergeordnete Kommandobehörden waren die Gruppenkommandos 1 (Berlin) und 2 (Kassel). In jedem Wehrkreis gab es auch Dienststellen, die für den Ersatz und die Versorgung dieser Heeresteile zuständig waren. Die gemäß Versailler Vertrag entmilitarisierte Zone entlang des Rheins war bis 1936 von der Wehrkreiseinteilung ausgenommen (vgl.: Rheinlandbesetzung (1936)).

Im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht in der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Zahl der Infanterie-Divisionen 1934 zunächst insgeheim auf 21 verdreifacht. Die Wehrkreisbefehlshaber übernahmen somit die Funktion eines Kommandierenden Generals eines Armeekorps von je drei Divisionen. Die Enttarnung dieser neu aufgestellten Verbände erfolgte mit der Verkündung der Wehrhoheit im März 1935. Die Zahl der Wehrkreise wurde im Zuge der weiteren Aufstellung von Verbänden bis 1937 auf 13 vermehrt,[1] verbunden mit verschiedenen territorialen Neugliederungen. Bei der Luftwaffe der Wehrmacht bestand ab 1936 eine (nicht immer deckungsgleiche) territoriale Einteilung in Luftgaue. Die Nummern XIV bis XVI wurden für sogenannte motorisierte Armeekorps, die zur Führung der „Schnellen Truppen“ (motorisierte Infanterie-Divisionen, Leichte Divisionen, Panzerdivisionen) bestimmt waren, vorbehalten und fehlen somit in der Zählung.

Wehrkreise im Jahre 1944

Nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurden die Wehrkreise XVII (Wien) und XVIII (Salzburg) gebildet, zu denen ein Generalkommando für das XIX. Armeekorps (mot.) trat. Bei der Mobilmachung vor dem Überfall auf Polen 1939 bildeten die Wehrkreiskommandos die Generalkommandos von Armeekorps, zurück blieben die sogenannten Stellvertretenden Generalkommandos, denen die Ersatztruppenteile im jeweiligen Wehrkreis unterstanden. Nach der Bildung der Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland kamen die Wehrkreise XX (Danzig) und XXI (Posen) hinzu. Daneben gab es zwei Stellvertretende Generalkommandos, eines im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren und eines im Generalgouvernement; das Generalgouvernement bildete ab September 1942 einen eigenen Wehrkreis. Nach dem Westfeldzug 1940 wurden die Wehrkreise V (Stuttgart), VI (Münster) und XII (Wiesbaden) um die besetzten Gebiete Elsass, CdZ-Gebiet Lothringen, Eupen-Malmedy sowie CdZ-Gebiet Luxemburg erweitert, die als Besetzte Gebiete („CdZ“) unter deutscher Zivilverwaltung standen und zur Eingliederung in das Reich vorgesehen waren.

Mit Beginn des Krieges wurden Gauleiter der NSDAP von Hitler per Verordnung als sogenannte Reichsverteidigungskommissare in den Wehrkreisen eingesetzt, die besonders in der Endphase des Krieges weitreichende Kompetenzen gegenüber den militärischen Wehrkreisbefehlshabern erlangten. Im Dezember 1942 erlangten diese Reichsverteidigungskommissare auch die Zuständigkeit für die Parteigaue der NSDAP, so dass jeder Gauleiter in seinem Machtbereich auch Reichsverteidigungskommissar war.

Die Wehrkreise dienten seit Ende 1937 auch als Gliederung der Machtbereiche der Höheren SS- und Polizeiführer, wobei bei diesen Namen neben den Wehrkreisnummern auch die Namen der deckungsgleichen SS-Oberabschnitte benutzt wurden.

Wehrkreise nach 1939[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wehrkreis Gebiet Hauptquartier
Wehrkreis I (Königsberg) Provinz Ostpreußen, Bezirk Bialystok Königsberg
Wehrkreis II (Stettin) Provinz Pommern, Land Mecklenburg Stettin
Wehrkreis III (Berlin) Landespolizeibezirk Berlin, Provinz Brandenburg Berlin
Wehrkreis IV (Dresden) Land Sachsen, von der Provinz Sachsen der Regierungsbezirk Merseburg ohne die zum Wehrkreis IX gehörigen Kreise, vom Land Thüringen Kreis und kreisfreie Stadt Altenburg, nördlicher Reichsgau Sudetenland Dresden
Wehrkreis V (Stuttgart) CdZ-Gebiet Elsass, Land Baden (soweit nicht in Wehrkreis XII und XIII enthalten), Land Württemberg (soweit nicht in Wehrkreis XIII enthalten) Stuttgart
Wehrkreis VI (Münster) Provinz Westfalen (soweit nicht in Wehrkreis IX enthalten), nördliche Rheinprovinz, Eupen-Malmedy Münster
Wehrkreis VII (München) südliches Land Bayern München
Wehrkreis VIII (Breslau) Provinz Niederschlesien, Provinz Oberschlesien, östlicher Reichsgau Sudetenland Breslau
Wehrkreis IX (Kassel) vom Land Hessen die ehemalige Provinz Oberhessen und die Kreise Offenbach Stadt und Land, Dieburg und Erbach, von der Provinz Hessen-Nassau den gesamten Regierungsbezirk Kassel sowie vom Regierungsbezirk Wiesbaden die Kreise Oberlahnkreis, Biedenkopf, Dillkreis, Wetzlar, Usingen, Obertaunuskreis und die Stadt Frankfurt, das Land Thüringen mit Ausnahme von Altenburg Stadt und Kreis, von der Provinz Sachsen die Kreise Querfurt, Eckartsberga und Sangerhausen, von der Provinz Hannover der Kreis Hannoversch Münden, von der Provinz Westfalen die Kreise Siegen und Wittgenstein, von Bayern die Kreise Aschaffenburg Stadt und Land, Alzenau, Obernburg und Miltenberg Kassel
Wehrkreis X (Hamburg) Provinz Schleswig-Holstein, nördliche Provinz Hannover bis einschließlich Kreise Grafschaft Diepholz, Nienburg, Verden, Rotenburg, Soltau, Lüneburg, Land Hamburg, Land Bremen Hamburg
Wehrkreis XI (Hannover) Land Braunschweig, Land Anhalt, südliche Provinz Hannoverbis einschließlich Kreise Neustadt a. Rbge., Fallingbostel, Uelzen, Lüchow-Dannenberg, aber ohne Kreis Hannoversch Münden, von der Provinz Sachsen der Regierungsbezirk Magdeburg, Land Schaumburg-Lippe Hannover
Wehrkreis XII (Wiesbaden) südliche Rheinprovinz (Regierungsbezirke Koblenz und Trier), CdZ-Gebiet Lothringen, Pfalz, Saargebiet, CdZ-Gebiet Luxemburg, von Hessen-Nassau die Kreise Main-Taunus-Kreis, Oberwesterwaldkreis, Unterwesterwaldkreis, Limburg, Unterlahnkreis, Rheingaukreis, Untertaunuskreis, St. Goarshausen und die Stadt Wiesbaden, vom Land Hessen die ehemalige Provinz Rheinhessen und die Kreise Darmstadt Stadt und Land, Bergstraße und Groß Gerau, von Baden die Kreise Mannheim Stadt und Land, Heidelberg Stadt und Land, Mosbach und Sinsheim Wiesbaden
Wehrkreis XIII (Nürnberg) nördliches Land Bayern (soweit nicht in Wehrkreis IX enthalten), vom Land Baden die Kreise Buchen und Tauberbischofsheim, von Württemberg die Kreise Künzelsau, Crailsheim und Mergentheim, nordwestlicher Reichsgau Sudetenland Nürnberg
Wehrkreis XVII (Wien) Reichsgau Wien, Reichsgau Niederdonau, Reichsgau Oberdonau, südlicher Reichsgau Sudetenland Wien
Wehrkreis XVIII (Salzburg) Reichsgau Salzburg, Reichsgau Tirol-Vorarlberg, Reichsgau Kärnten, Reichsgau Steiermark, CdZ-Gebiet Untersteiermark, CdZ-Gebiet Kärnten und Krain Salzburg
Wehrkreis XX (Danzig) Reichsgau Danzig-Westpreußen Danzig
Wehrkreis XXI (Posen) Reichsgau Wartheland Posen
Wehrkreis Böhmen und Mähren (Prag) Reichsprotektorat Böhmen und Mähren Prag
Wehrkreis Generalgouvernement (Krakau) Generalgouvernement Krakau

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rudolf Absolon: Die Wehrmacht im Dritten Reich. 6 Bände. Boldt-Verlag, München 1969 ff.
  • Georg Tessin: Deutsche Verbände und Truppen 1918–1938. Biblio Verlag, Osnabrück 1974, ISBN 3-7648-1000-9.
  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. Gegliedert nach Wehrkreisen bzw. außerdeutschen besetzten Ländern. Mit Angabe der Friedensstandorte 1932-1939. 4 Teile. Hrsg.: Christian Zweng. Band 16: Standortverzeichnis. Biblio-Verlag, Bissendorf 1996, ISBN 3-7648-1745-3.
  • Othmar Tuider: Die Wehrkreise XVII und XVIII. 1938–1945 (= Militärhistorische Schriftenreihe. H. 30). Österreichischer Bundesverlag für Unterricht, Wissenschaft und Kunst, Wien 1975, ISBN 3-215-02103-X.
  • Günter Wegmann (Hrsg.): Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Biblioverlag Osnabrück,
    • Teil I, Band 1 Günter Wegner: Die Höheren Kommandobehörden. 1990, ISBN 3-7648-1780-1.
    • Teil IV, Abt. 1 Günter Wegmann, Christian Zweng: Die Dienststellen, Kommandobehörden und Truppenteile des Heeres 15.10.1935 – 08.05.1945.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Wehrkreis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wehrkreiskommando XIII (Nürnberg) (Bestand) – Eintrag bei archivportal-d.de, abgerufen am 14. Juni 2018.