Agaricinsäure

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Strukturformel
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name Agaricinsäure
Andere Namen
  • 2-Hydroxynonadecan-1,2,3-tricarbonsäure (IUPAC)
  • α-Hexadecylcitronensäure
  • Laricin (veraltet)
  • Agaricin (veraltet)
Summenformel C22H40O7
Kurzbeschreibung

farbloses, fast geschmackloses, kristallines Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 666-99-9
EG-Nummer 211-566-5
ECHA-InfoCard 100.010.516
PubChem 12629
ChemSpider 12108
Wikidata Q27255762
Eigenschaften
Molare Masse 416,55 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Löslichkeit

löslich in heißem Wasser und Ethanol[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Agaricinsäure ist eine Tricarbonsäure, die in der Natur in Pilzen, beispielsweise im Lärchenschwamm[3] oder im Strohblassen Ritterling[4], vorkommt.

Der Stoff ist selbst kein Aromastoff, aber toxischer Bestandteil von aus Pilzen gewonnenen Aromen. Gemäß Anhang III, der Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 (EU-Aromenverordnung) ist der Zusatz von Agaricinsäure zu Lebensmitteln in der EU verboten.[5] Die Verwendung von Agaricinsäure als Antihidrotikum (schweißhemmendes Mittel) ist heute nicht mehr gebräuchlich.[1]

Eine erste Beschreibung fand die Agaricinsäure zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Johann Bartholomäus Trommsdorff. In der von ihm durchgeführten Analyse der Inhaltsstoffe des Lärchen-Schwamms konnte ein weißes, geschmack- und geruchloses Pulver extrahiert werden, welches er Pseudowachs nannte.[6]

Theodor Wilhelm Christian Martius identifizierte 1846 ein weißes, amorphes Pulver, mit bitterem Geschmack als wirksamen Hauptbestandteil des Lärchen-Schwamms und nannte es Laricin.[7] Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich bei dem isolierten Laricin noch um ein Stoffgemisch.

Agaricin nannte L. Schoonbroodt eine entsprechende Substanz, die er aus dem Strohblassen Ritterling gewinnen konnte.[4]

Nach der Isolation eines annähernd reinen Produkts, gab Fleury ihm den heute gebräuchlichen Namen Agarcinsäure.[8]

1907 gelang es H. Thomas und J. Vogelsang die exakte Zusammensetzung der Agaricinsäure mit der Summenformel C22H40O7 zu ermitteln.[8]

Ein möglicher Syntheseweg ist über die katalytische Anlagerung von Iodessigsäureethylester an die Carbonylgruppe von α-Oxalylstearinsäurediethylester. Die Ausbeute der racemischen Agarcinsäure beträgt 2,6 %.[9]

Agaricinsäure besitzt polare Hydroxylgruppen und unpolarer aliphatischer Ketten. In einer Säure-Base-Reaktion ist es durch die drei Carboxylgruppen möglich, insgesamt drei Wasserstoffionen abzuspalten.

Die Agaricinsäure ist optisch aktiv. Sie dreht die Ebene des linear polarisierten Lichts nach links.[8]

Bei der Reaktion von Agaricinsäure mit einer alkoholischen Kaliumhydroxidlösung wird unter anderem Stearinsäure abgespalten.[8]

Pharmakologische Wirkung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verdünnte alkalische Lösungen von Agaricinsäure haben eine hämolytische Wirkung. Bei oraler Einnahme größerer Dosen können Reizungen im Magen-Darm-Trakt hervorgerufen werden. Die Applikation der Säure auf geschädigte Haut kann zu Entzündungen führen. Die Agaricinsäure besitzt eine Niesen erregende Wirkung und führt bei subkutaner Injektion zu Gewebsnekrosen und Geschwürbildung.[10]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Eintrag zu Agaricinsäure. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 27. November 2017.
  2. a b Datenblatt Agaric acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 27. November 2017 (PDF).
  3. Mitizo Asano, Zisaku Ohta: Zur Kenntnis der Nor‐caperatsäure und Agaricinsäure. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft (A and B Series). Band 67, Nr. 11. Wiley, 1934, S. 1842–1845, doi:10.1002/cber.19340671115.
  4. a b C. Bohn, Th. Engelbach: Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften. In: Heinrich Will (Hrsg.): Jahresbericht über die Fortschritte der reinen pharmaceutischen und technischen Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie. J. Ricker'sche Buchhandlung, Giessen 1864, S. 613 (hathitrust.org).
  5. Aromastoffe und Aromen. In: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). 2023, abgerufen am 2. Juni 2023.
  6. Jöns Jacob Berzelius: Lehrbuch der Chemie. Aus der schwedischen Handschrift des Verfassers übersetzt. F. Wöhler. 4. Auflage. Band 7. Arnoldische Buchhandlung, Dresden / Leipzig 1838, S. 443–445 (archive.org).
  7. E. F. Anthon, Freiherr v. Bibra, L. A. Buchner jun., Alb. Frickhinger, X. Landerer, Theod. Martius, Jos. Mayer, Leo Meier, M. Pettenkofer, Fried. Scheidemandel, Adolph Steege, J. B. Trautwein, Aug. Vogel jun., F. L. Winckler, G. C. Wittstein, Zenneck: Repertorium für die Pharmacie. Hrsg.: Buchner. Band 21. Johann Leonhard Schrag, Nürnberg 1846, S. 91–93, doi:10.24355/dbbs.084-201009101452-0 (tu-braunschweig.de).
  8. a b c d H. Thoms, J. Vogelsang: Zur Kenntniss der Agaricinsäure. (I. Abhandlung.). In: Justus Liebig's Annalen der Chemie. Band 357, Nr. 2-3, 1907, S. 145–170, doi:10.1002/jlac.19073570204.
  9. E. Graf, K.-C. Liu: Versuche zur Synthese der Agaricinsäure. 3. Mitt.: Über die Anlagerung von Jodessigsäureäthylester an α-Oxalylstearinsäure-diäthylester. In: Archiv der Pharmazie. Wiley, 1073, S. 366–370, doi:10.1002/ardp.19733060509.
  10. R. Fischer, D. Toth: Über einige Wirkungen der Agaricinsäure, Abietinsäure und Lichesterinsäure. In: Pharmakognost. Institut der Universität Innsbruck (Hrsg.): Archiv für experiment. Path. u. Pharmakol. Band 190. Innsbruck 25. Juli 1938, S. 500–509, doi:10.1007/BF01878885.