Rotverschiebung

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Illustration der Rotverschiebung der Spektrallinien für einen weit entfernten Supergalaxienhaufen rechts im Vergleich zur Sonne links
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Die Rotverschiebung ist in der Astronomie und Kosmologie die Lageveränderung des Spektrums und insbesondere identifizierter Spektrallinien im Emissions- und Absorptionsspektrum astronomischer Objekte in Richtung der größeren Wellenlängen. Die Rotverschiebung ist definiert als Verhältnis der Wellenlängenänderung zur ursprünglichen Wellenlänge:

Der Name bezieht sich auf das rote Licht am langwelligen Ende des sichtbaren Spektrums. Bei Infrarot-Emission verschieben sich die Spektrallinien entsprechend in die Richtung der noch längerwelligen Terahertzstrahlung. Eine Verschiebung zu kürzeren Wellenlängen wird als Blauverschiebung bezeichnet.

Festgestellt wird die Rotverschiebung durch den Vergleich bekannter Atom- und Molekülspektren mit den mittels Spektroskopie gemessenen Werten, d. h. nach Analyse der Spektrallinien der Emissionen oder Absorptionen im Sternenlicht, beispielsweise des Wasserstoffs.

Ursachen der Rotverschiebung können sein:

  1. Eine Relativbewegung von Quelle und Beobachter (Doppler-Effekt)
  2. Unterschiedliche Gravitationspotentiale von Quelle und Beobachter (Relativität)
  3. Das expandierende Universum zwischen Quelle und Beobachter (Kosmologie)

Diese zunächst verschieden erscheinenden und unterschiedlich hergeleiteten Effekte können im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie auf ein gemeinsames geometrisches Konzept zurückgeführt werden.

In der Astronomie wird die Rotverschiebung durch Methoden der Spektralanalyse gemessen. Sie sind heute durch digitale statt fotografischer Erfassung wesentlich genauer geworden. Doch um Spektrallinien gut erfassen zu können, müssen die Galaxien eine gewisse Mindesthelligkeit aufweisen. Rotverschiebungen von Galaxien werden im Rahmen von Durchmusterungen wie dem Sloan Digital Sky Survey regelmäßig neu bestimmt.

Die gravitative Rotverschiebung konnte mit Hilfe des Mößbauer-Effekts in Laborexperimenten auf der Erde nachgewiesen werden (siehe Pound-Rebka-Experiment).

Rot- und Blauverschiebung durch relative Bewegung

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Bewegung einer Lichtquelle relativ zum Beobachter

Rot- und Blauverschiebung sind Begriffe aus der Spektroskopie, bei der man Spektrallinien von Atomkernen, Atomen und Molekülen untersucht. Diese können in Absorption oder Emission auftreten, je nachdem, ob Energie aufgenommen oder abgegeben wird. Die Energie wird durch elektromagnetische Strahlung in Form von Photonen ausgetauscht, ist also gequantelt. Wo sich die Spektrallinien im Spektrum befinden, hängt nicht nur von den Einzelheiten des Quantenübergangs ab, sondern auch vom Bewegungszustand der Strahlungsquelle relativ zum Beobachter (Dopplereffekt) und von der Krümmung der Raumzeit.

Befindet man sich im Ruhesystem des Emitters (Relativgeschwindigkeit null zwischen Emitter und Beobachter), so misst man die Spektrallinie bei ihrer Ruhewellenlänge. Nun kann aber auch eine Relativbewegung zwischen Strahlungsquelle und Detektor vorliegen. Wesentlich ist nur diejenige Geschwindigkeitskomponente, die in Richtung des Detektors zeigt. Diese Komponente heißt Radialgeschwindigkeit. Ihr Betrag ist die Relativgeschwindigkeit zwischen Emitter und Beobachter. Elektromagnetische Strahlung bewegt sich sowohl bei der Emission als auch bei der Absorption mit der Lichtgeschwindigkeit, gleichgültig wie schnell sich Quelle und Ziel relativ zueinander bewegen.

Bewegt sich die Strahlungsquelle vom Beobachter weg, so wird die Spektrallinie zu größeren, roten Wellenlängen hin verschoben. Die Welle wird gewissermaßen auseinandergezogen. Dies nennt man Rotverschiebung. Bewegt sich die Strahlungsquelle auf den Beobachter zu, so wird die Spektrallinie zu kleineren Wellenlängen hin verschoben. Dies ist gerade die Blauverschiebung, weil die Linie zum blauen Teil des Spektrums verschoben wird. Anschaulich kann man sich vorstellen, dass die elektromagnetische Welle gestaucht wird.

Die ganze atomare und molekulare Welt ist aufgrund der Thermodynamik in Bewegung. Bei endlicher Temperatur bewegen sich diese Strahler geringfügig um eine Ruhelage. Spektrallinien haben deshalb eine natürliche Breite aufgrund atomarer Bewegung und Molekularbewegung, weil sie sich relativ zum Detektor immer ein wenig vor und zurück bewegen. Dieses Phänomen nennen Physiker thermische Dopplerverbreiterung. Die Ruhewellenlänge ist also nicht beliebig scharf. Das kann sie aufgrund der Heisenbergschen Unschärfe der Quantentheorie auch nicht sein.

Die spezielle Relativitätstheorie gibt für den Zusammenhang zwischen Radialgeschwindigkeit v und Dopplerverschiebung z den folgenden Zusammenhang (mit der Lichtgeschwindigkeit ):

und umgekehrt

Bei niedrigen Geschwindigkeiten () kann dieser Zusammenhang durch genähert werden.

Gravitative Rot- und Blauverschiebung

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Die gravitative Rotverschiebung oder Gravitations-Rotverschiebung im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie ist eine Wellenlängenvergrößerung für abgestrahltes Licht, also für Licht, das sich von einem Gravitationszentrum entfernt. Bei der gravitativen Blauverschiebung oder Gravitations-Blauverschiebung handelt es sich um den umgekehrten Effekt einer Wellenlängenverkürzung für einfallendes Licht, also für Licht, das sich auf ein Gravitationszentrum zubewegt.

„Photons climbing out of a gravitating object become less energetic. This loss of energy is known as a “redshifting”, as photons in the visible spectrum would appear more red. Similarly, photons falling into a gravitational field become more energetic and exhibit a blueshifting. […] Note that the magnitude of the redshifting (blueshifting) effect is not a function of the emitted angle or the received angle of the photon – it depends only on how far radially the photon had to climb out of (fall into) the potential well.“

„Photonen, die von einer gravitierenden Masse aufsteigen, werden energieärmer. Dieser Energieverlust ist als „Rotverschiebung“ bekannt, da Photonen im sichtbaren Spektrum mehr rot erscheinen würden. In ähnlicher Weise werden Photonen, die in einem Gravitationsfeld fallen, energiereicher und zeigen eine Blauverschiebung. […] Dabei ist zu beachten, dass die Größe des Effektes der Rotverschiebung (Blauverschiebung) keine Funktion des Abstrahl- oder Empfangswinkels des Photons ist – sie hängt nur davon ab, wieweit das Photon im Potentialfeld radial aufgestiegen (gefallen) ist.“

R. J. Nemiroff: Gravitational Principles and Mathematics.[1]

Die gravitative Rotverschiebung ist eine direkte Folge der gravitativen Zeitdilatation. Sie ist streng genommen kein Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie, sondern folgt bereits aus der speziellen Relativitätstheorie und dem Äquivalenzprinzip der allgemeinen Relativitätstheorie. Licht, das von einer Lichtquelle mit einer gegebenen Frequenz nach oben (also vom Gravitationszentrum weg) ausgestrahlt wird, wird dort mit einer geringeren Frequenz gemessen. Das bedeutet also insbesondere, dass bei einem Lichtsignal mit einer bestimmten Anzahl von Schwingungen der zeitliche Abstand zwischen dem Beginn und dem Ende des Signals beim Empfänger größer ist als beim Sender. Dies wird durch die gravitative Zeitdilatation verständlich.

Gravitative Rotverschiebung einer Lichtwelle

Aufgrund der gravitativen Zeitdilatation ist das Zeitintervall zwischen Anfang und Ende der Lichtwelle umso länger, je weiter nach oben man sich im Gravitationsfeld bewegt, weil die Zeit zunehmend schneller verstreicht. Das bedeutet, dass die Welle bei ihrer Bewegung nach oben immer länger gemessen wird. Daher muss auch der Abstand zwischen den einzelnen Wellenbergen immer mehr wachsen, sodass das Licht immer langwelliger, also energieärmer erscheint.

Die gravitative Rotverschiebung wurde von Einstein bereits 1911 vor Fertigstellung der allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt und kann bereits aus der Energieerhaltung hergeleitet werden, sodass ihre experimentelle Bestätigung zwar notwendige Voraussetzung für die Gültigkeit der allgemeinen Relativitätstheorie ist, aber andererseits nicht sehr große Aussagekraft hat. Von W. S. Adams wurde 1925 die Rotverschiebung am Weißen Zwerg Sirius B nachgewiesen. Die Messung der gravitativen Rotverschiebung an Weißen Zwergen ist aber schwierig von der Rotverschiebung durch die Eigenbewegung zu unterscheiden, und die Genauigkeit ist begrenzt. Robert Pound und Glen Rebka wiesen 1960 mit Hilfe des Mößbauer-Effektes die gravitative Rotverschiebung der Strahlung einer Gammaquelle im Erdgravitationsfeld bei einem Höhenunterschied von nur 25 m mit ausreichender Genauigkeit nach (Pound-Rebka-Experiment). Spätere Verbesserungen (Pound-Rebka-Snider-Experiment) erreichten eine Genauigkeit von etwa 1,5 %. Die gravitative Rotverschiebung wurde mittels Raumsonden auch für die Sonne und den Saturn nachgewiesen. Der geplante Satellit OPTIS soll, neben anderen Tests zur speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie, die gravitative Rotverschiebung mit einer Genauigkeit von 10−5 testen. 2018 wurde die gravitative Rotverschiebung beim Stern S2 bei dessen größter Annäherung an das Schwarze Loch in Sagittarius A im Zentrum der Milchstraße nachgewiesen.[2]

Die Entwicklung von Atomuhren hat es möglich gemacht, den Einfluss der Gravitation auf die Zeit auch direkt zu messen. Im Prinzip ist diese Messung eine Variation der Nachweise der gravitativen Rotverschiebung. 1971 wurde durch Josef Hafele und Richard Keating (Hafele-Keating-Experiment) mit Caesiumuhren in Flugzeugen der durch die Gravitation verursachte Gangunterschied von Uhren in verschiedenen Höhen gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie mit etwa 10 % Genauigkeit eindeutig nachgewiesen. Durch ein ähnliches Experiment von C. Alley (Maryland-Experiment) konnte die Genauigkeit 1976 auf 1 % gesteigert werden. Robert Vessot und Martin Levine publizierten 1979 Ergebnisse eines ähnlichen Experiments mit Hilfe von Raketen und gaben eine Genauigkeit von 0,02 % an. Beim heutigen satellitengestützten GPS-Navigationssystem müssen Korrekturen sowohl gemäß der speziellen als auch der allgemeinen Relativitätstheorie berücksichtigt werden, wobei Effekte durch die allgemeine Relativitätstheorie überwiegen. Umgekehrt kann dies auch als Bestätigung dieser Theorien angesehen werden.

Gravitative Rotverschiebung verschiedener Himmelsobjekte für einen Beobachter im Unendlichen
Planet/Stern Rotverschiebung Stern Rotverschiebung
Erde 7,0  10−10 Naos 6,2  10−6
Jupiter 2,0  10−80 Sirius B 2,4  10−4
Mira 6,4  10−90 BPM 37093 8,0  10−4
Beteigeuze 4,3  10−80 Neutronenstern mit 1,4 M 0,24
Pollux 4,3  10−70 Neutronenstern mit 1,8 M 0,34
Sonne 2,1  10−60 Schwarzes Loch, Ereignishorizont unendlich

Bei starken Gravitationsfeldern, wie sie beispielsweise von Neutronensternen erzeugt werden, gilt für z

mit der Gravitationskonstanten , der Masse des Objekts , der Lichtgeschwindigkeit und dem Schwarzschildradius . Das Licht wird im Abstand vom Zentrum des Objekts ausgesandt.

Für die Beispiele von Neutronensternen mit dem jeweils gleichen Radius ergeben sich die Tabellenwerte von für den masseärmeren und für den massereicheren Neutronenstern.

Entwickelt man die Formel für die Rotverschiebung in eine Reihe

,

dann erhält man für schwache Gravitationsfelder (kleine Massen oder große Radien) die Näherungsformel:

Für das Beispiel Erde und ergibt sich der Tabellenwert von .

Ein Beobachter, der sich relativ zum Schwerpunkt einer nichtrotierenden Masse auf der radialen Koordinate befindet, erhält ein Signal, das von einem sich auf befindlichen Beobachter gesendet wird, um den Faktor

rot- bzw. blauverschoben. Die -Koordinate ist in Schwarzschild-Koordinaten gegeben, mit dem Schwarzschildradius .

Kosmologische Rotverschiebung

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Im Standardmodell der Kosmologie wird zwischen der sogenannten Pekuliargeschwindigkeit und der Bewegung der Galaxien aufgrund der Expansion des Universums unterschieden. Beide Bewegungen bestimmen die Verschiebung des Spektrums von Galaxien und auch von einzelnen Sternen, wobei immer eine Rotverschiebung weit entfernter Galaxien vorliegt und bei nahen Galaxien manchmal auch eine Blauverschiebung des Spektrums gemessen wird. Die Rotverschiebung aufgrund der Expansion des Universums wird hier deswegen auch als kosmologische Rotverschiebung bezeichnet. Die aus der Rotverschiebung abgeleiteten Fluchtgeschwindigkeiten ferner Galaxien sind demnach auf die Expansion der Raumzeit zurückzuführen. Die berechneten Geschwindigkeiten werden auch als Rezessionsgeschwindigkeit bezeichnet.

Bereits ab Entfernungen von wenigen 100 Megaparsec ist der Anteil der Verschiebung des Spektrums aufgrund von überlagerten Eigenbewegungen der Galaxien verschwindend gering. Von den uns nächstgelegenen 1000 Galaxien zeigen beispielsweise 75 Prozent ein rotverschobenes Spektrum. Nur wenige relativ nahe Galaxien zeigen aufgrund zusätzlicher „eigener“ Bewegung relativ zur Erde auf uns zu insgesamt eine Blauverschiebung. Ein Beispiel dafür ist der Andromedanebel.

Je weiter eine Galaxie entfernt ist, desto stärker ist im Mittel die Rotverschiebung. Vesto Slipher führte ab 1912 spektroskopische Beobachtungen von Galaxien durch und bestimmte deren Radialgeschwindigkeiten aus den Linienverschiebungen. Er erkannte bald, dass die meisten der von ihm beobachteten Galaxien eine Rotverschiebung aufwiesen.[3] 1929 entdeckte Edwin Hubble den Zusammenhang von Rotverschiebung und Entfernung der Galaxie. Zunächst wurde der Effekt als Dopplereffekt interpretiert, bald aber auf die Expansion des Raumes zurückgeführt. Die kosmologische Rotverschiebung nimmt mit der Galaxienentfernung gemäß der Hubble-Konstante zu, weshalb man die Entfernungen durch Messung der Rotverschiebung abschätzen kann.

Je höher die Rotverschiebung eines astronomischen Objekts, desto länger war das von ihm ausgesandte Licht unterwegs und desto weiter zurück in der Vergangenheit sehen wir es. Aus der Rotverschiebung kann auch die Entfernung des Objekts bestimmt werden. Es gibt verschiedene Entfernungsmaße, die sich aus der Rotverschiebung ableiten lassen. In der Kosmologie werden Betrachtungen und Rechnungen deshalb üblicherweise im Rotverschiebungsraum angestellt.

Im Oktober 2010 haben Astronomen mit Hilfe des Very Large Telescope nachweisen können, dass das Licht der zuvor mit dem Hubble-Weltraumteleskop entdeckten Galaxie UDFy-38135539 13,1 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Mit dem damaligen Rotverschiebungsrekord von erreichte uns erstmals beobachtetes Licht, das nur 700 Millionen Jahre nach dem Urknall ausgesandt wurde; die Galaxie entstand damit in einer Zeit, in der das Universum noch nicht vollständig transparent und um den Faktor 9,6 kleiner war.[4][5]

Mit der Entdeckung der Galaxie UDFj-39546284 in der Hubble-Ultra-Deep-Field-09-Aufnahme (HUDF09) konnte eine kosmologische Rotverschiebung von ermittelt werden. Der bis dahin beobachtete Altersrekord verschob sich damit auf 480 Millionen Jahre danach. Die neu entdeckte Galaxie mit ihrem Alter von 13,2 Milliarden Jahren würde bei einer Bestätigung der Rotverschiebung einen wichtigen Beobachtungsbaustein zur Entwicklung der ersten Galaxien nach dem Urknall liefern.[6][7]

Im Juli 2022 wurde vom James-Webb-Weltraumteleskop im Rahmen des Beobachtungsprogramms Grism Lens-Amplified Survey from Space die Galaxie GLASS-z12 (auch kurz GL-z12), vormals GLASS-z13, aufgefunden.[8] Sie ist derzeit eine der ältesten jemals entdeckten Galaxien, die nur 300 bis 400 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden, also etwa 13,4 Milliarden Jahre alt, ist. Sie hat eine Rotverschiebung von etwa .[9] Sie wurde zusammen mit einer anderen Galaxie, GLASS-z11, entdeckt, die mit GN-z11 vergleichbar ist, ebenfalls eine der ältesten entdeckten Galaxien.[10] Am 25. Oktober 2022 wurden die Messergebnisse der Erstveröffentlichung korrigiert, und da sich statt ein Wert von ergab, wurde die Galaxie in GLASS-z12 umbenannt. Im Jahr 2024 wurde mit JADES-GS-z14-0 eine Galaxie mit einer Rotverschiebung von entdeckt.[11]

Gravitativ gebundene Objekte wie Galaxien oder Galaxienhaufen expandieren in ihrer Größe nicht, denn sie sind durch ihre Eigengravitation von der kosmologischen Expansionsbewegung entkoppelt. Das gilt insbesondere auch für Objekte wie Sterne und Planeten, die sich innerhalb dieser Systeme befinden, sowie auch für elektromagnetisch gebundene Systeme wie Atome und Moleküle. Einer elektromagnetischen Welle hingegen, die sich frei durch eine sich ausdehnende Raumzeit ausbreitet, wird die Expansionsbewegung direkt aufgeprägt. Expandiert die Raumzeit während der Laufzeit eines Lichtstrahles, so vergrößert sich auch entsprechend die Wellenlänge dieses Lichtstrahles.

Aufgrund der Expansion des Universums findet auch eine kosmologische Zeitdilatation statt. Physikalische Prozesse erscheinen bei rotverschobenen Objekten aus unserer Sicht verlangsamt abzulaufen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die zunehmende Streckung der Lichtkurven mit wachsender Rotverschiebung bei Supernovae vom Typ Ia, deren Ablauf gut verstanden ist.

Der Sachs-Wolfe-Effekt erklärt Fluktuationen der Rotverschiebung der Photonen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Zusammenhang mit dem Skalenfaktor

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Galaxien folgen in sehr guter Näherung den Geodäten der allgemeinen Relativitätstheorie. Diese Geodäten haben für massebehaftete Testkörper im Fall der Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metrik eine besonders einfache Gestalt.[12] Die raumartigen Koordinaten solcher Galaxien ohne Eigenbewegung bleiben demnach zeitunabhängig. Man betrachte nun zusätzlich ein Photon, emittiert von einer Galaxie mit mitbewegter Entfernung und absorbiert vom Beobachter bei . Sowohl die Galaxie als auch der Beobachter folgen, wie bereits erwähnt, der kosmischen Expansion. Die Bewegung des Photons kann nun aus dem vereinfachten Linienelement bestimmt werden:

wobei

  • die Lichtgeschwindigkeit darstellt,
  • den Skalenfaktor und
  • die mitbewegte Radialkoordinate.

Zwei aufeinanderfolgende Maxima der Lichtwelle werden zu den kosmologischen Zeiten und ausgesandt sowie zu den Zeiten und wieder absorbiert. Die Wellenlängen des Photons zu Zeiten der Emission und Absorption sind dann:

Die mitbewegte Entfernung, die von beiden Maxima zurückgelegt wird, ist per definitionem gleich groß. Integriert man das Linienelement des Photons, so erhält man:

Durch Vertauschen der Integrationsgrenzen ergibt sich dann für infinitesimal kleine Intervalle zwischen Emission (Absorption) der beiden Maxima:

Aus den emittierten und absorbierten Wellenlängen, wie sie oben angegeben sind, kann man deren Verhältnis ableiten:

Schließlich definiert man dann folgendermaßen die kosmologische Rotverschiebung:

Da für die meisten Zwecke der Absorptionszeitpunkt mit der heutigen Zeit zusammenfällt und gilt, ergibt sich vereinfacht:

Umgekehrt ergibt sich hieraus unmittelbar der Skalenfaktor des Universums zum Emissionszeitpunkt im Vergleich zum heutigen Wert:

Beobachtet man beispielsweise eine Galaxie mit Rotverschiebung , so hatte das Universum zum Zeitpunkt der Aussendung des von uns empfangenen Lichts nur ein Viertel seiner Größe. Sämtliche physikalischen Prozesse in dieser Galaxie laufen aus der Sicht des Beobachters aufgrund der oben genannten kosmologischen Zeitdilatation um einen Faktor verlangsamt ab.

Gemeinsames geometrisches Konzept

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Obwohl die diskutierten Effekte meist unterschiedlich dargestellt werden, können sie im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie auf ein gemeinsames geometrisches Konzept zurückgeführt werden.[13], [14] Sie stellen dann lediglich Spezialfälle dar.

Voraussetzungen

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Die Diskussion der Frequenzverschiebung geht teilweise von Voraussetzungen aus, die oft nicht explizit genannt werden – hier in Kürze:

  • Man nimmt an, dass die geometrische Optik gültig ist, wobei einer elektromagnetischen Welle ein Vektorfeld zugeordnet wird, das in jedem Punkt der Welle auf deren jeweiliger Wellenfront (= Fläche konstanter Phase der Welle) senkrecht steht. Dieses Vektorfeld entspricht in jedem Punkt der Ausbreitungsrichtung eines gedachten Lichtstrahls. Die Gültigkeit der geometrischen Optik folgt aus den Maxwellschen Gleichungen in einer gekrümmten Raumzeit. Eine hier geeignetere Definition erfolgt weiter unten.
  • Man setzt voraus, dass zwischen der Frequenz und der Wellenlänge mittels umgerechnet werden kann. Die Rotverschiebung kann dann äquivalent mittels der Wellenlänge oder der Frequenz definiert werden.
  • Tatsächlich gemessen wird jedoch weder die Frequenz noch die Wellenlänge der Welle, sondern die Energie einzelner Photonen, z. B. mittels des Mößbauer-Effekts. Die Umrechnung zwischen Frequenz und Energie erfolgt vermöge .

Ein Lichtstrahl gemäß der geometrischen Optik entspricht dann der Weltlinie eines Photons. Im Folgenden wird die Frequenzverschiebung anhand der Energie von Photonen diskutiert.

Die beobachtete Frequenz als invariante Größe

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Zum Verständnis benötigt man die Unterscheidung der Abhängigkeit physikalischer Größen von Koordinaten sowie von Beobachtern. Beides wird leider häufig verwechselt.

In der speziellen Relativitätstheorie entspricht die Energie eines Photons in einem bestimmten Koordinatensystem der Null-Komponente seines Viererimpulses . Für einen Beobachter mit Vierergeschwindigkeit in diesem Koordinatensystem berechnet sich die Energie, die dieser dem Photon zuschreibt, zu ; bezeichnet dabei die Minkowski-Metrik. Diese Definition kann unmittelbar auf die allgemeine Relativitätstheorie erweitert werden:

Dabei entspricht einer allgemeinen Riemannschen Metrik zur Beschreibung der Raumzeit. Die zuletzt eingeführte Notation betont, dass als Projektion des Viererimpulses auf die Vierergeschwindigkeit eines Beobachters in einer durch die Metrik charakterisierten Raumzeit eine invariante Größe darstellt, d. h., sie hängt nur von den geometrischen Größen ab, ist jedoch unabhängig von einer speziellen Wahl des Koordinatensystems – Koordinatentransformationen , und ändern die Größe nicht.

Dies entspricht dem allgemeinen Relativitätsprinzip bzw. der Forderung nach allgemeiner Kovarianz, wonach nach Einstein Naturgesetze durch Gleichungen zu formulieren sind, die in allen Koordinatensysteme gleichermaßen gelten, was hier sichergestellt ist, da die Definition überhaupt kein Koordinatensystem benötigt.

Die Beobachterabhängigkeit der so definierten Energie erkennt man anhand der Einführung eines neuen Beobachters mit neuer Vierergeschwindigkeit und der daraus folgenden Energie , wobei und nicht transformiert werden. Es liegt je Beobachter eine beobachterspezifische, aber unter Koordinatentransformationen invariante Größe vor.

Die Frequenzverschiebung für ein Photon wird nun direkt mittels dieser Messgrößen definiert als

und ist damit ebenfalls eine invariante Größe, die nun von zwei Beobachtern abhängt. bezeichnet dabei die Viererimpulse an den Orten von Beobachter 1 bzw. 2. Frequenzverschiebung ist somit nie eine rein intrinsische Eigenschaft des Photons, sondern hängt immer von den gewählten Beobachtern ab, auch wenn dies nicht explizit erwähnt wird.

Die beobachteten Frequenzen entlang lichtartiger Weltlinien

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Den Zusammenhang zwischen den beiden Viererimpulsen des Photons an den beiden Orten räumlich getrennter Beobachter erhält man mittels der Geodätengleichung . bezeichnet dabei die kovariante Richtungsableitung. Die Vierergeschwindigkeit des Photons ist lichtartig, d. h. . Sie entspricht einem lichtartigen Tangentenvektor an die Weltlinie des Photons. Der Viererimpuls ist ebenfalls lichtartig und parallel zu . Man erhält ihn an jedem Ort der Geodäte mittels Paralleltransports entlang derselben, d. h.:

Löst man diese Gleichung ausgehend vom Viererimpuls am Ort 1 für einen beliebigen Ort auf der Geodäte, so folgt allgemein:

Wendet man dies speziell für den Ort des Beobachters 2 an, so gilt für die Energie:

Die oben genannten Fälle stellen wichtige Spezialfälle dar: Die optische Doppler-Verschiebung folgt für eine flache Raumzeit, d. h. für die Minkowski-Metrik. Für die gravitative Frequenzverschiebung betrachtet man die Schwarzschild-Metrik sowie zwei stationäre Beobachter bei unterschiedlichen Radien, also Höhen, im Gravitationsfeld. Bei satellitengestützten Tests der Rotverschiebung müssen die Vierergeschwindigkeiten berücksichtigt werden. Die kosmologische Rotverschiebung erhält man für mitbewegte Beobachter in einem Friedmann-Modell. Hier sind Pekuliargeschwindigkeiten zu berücksichtigen, wenn Quelle (z. B. eine Supernova, ein Quasar) oder Empfänger (die Erde, ein weltraumgestützes Messgerät) nicht mitbewegt sind.

Die Herleitungen entsprechen im Wesentlichen Lösungen des Paralleltransports in der jeweiligen Raumzeit entlang der spezieller Geodäten und für speziell gewählte Beobachter.

Rot- und Blauverschiebung durch relative Bewegung

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Der einfachste Spezialfall entspricht einer flachen Raumzeit mit Minkowski-Metrik .

Für zwei Beobachter mit Dreiergeschwindigkeiten , d. h. zeitartigen Vierergeschwindigkeiten , sowie für ein Photon mit lichtartigem Viererimpuls aufgrund der flachen Raumzeit folgt für die Energie

sowie für die Rotverschiebung

Dabei ist , und steht für den Winkel zwischen der Bewegungsrichtung von Photon und Beobachter.

Nimmt man Beobachter 1 als ruhend bzgl. der Quelle an, so wird der Zähler des Bruchs gleich 1, d. h.:

Im Falle der parallelen bzw. antiparallelen Bewegung von Beobachter 2 und Photon gilt , d. h. und somit:

Diese Frequenzänderung wird auch longitudinaler Dopplereffekt genannt.

Im Falle einer Bewegung von Beobachter 2 orthogonal zum Photon gilt , d. h. und somit:

Diese Frequenzänderung wird auch transversaler Dopplereffekt genannt.

Gravitative Rot- und Blauverschiebung

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Dieser Spezialfall wird für eine sphärisch symmetrische Raumzeit durch die Schwarzschild-Metrik beschrieben. Ferner werden zwei stationäre Beobachter bei den Radien betrachtet, die durch eine radiale, lichtartige Weltlinie verbunden sind.

Weil keine Bewegung in raumartiger Richtung vorliegt, ergeben sich die Vierergeschwindigkeiten wie folgt aus dem Linienelement

mit .

Es gilt also

.

Aufgrund der lichtartigen Vierergeschwindigkeit des Photons folgt aus dem Linienelement

der aus- bzw. einlaufende Viererimpuls zu

wobei außerdem gezeigt werden kann[12][14], dass eine Konstante ist.

Damit ist

Es folgt dann wie oben das Endergebnis:

Commons: Rotverschiebung – Album mit Bildern
Wiktionary: Rotverschiebung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. R. J. Nemiroff: II. Gravitational Principles and Mathematics. In: Distortions Paper Principles and Mathematics. Abgerufen am 29. Dezember 2020.
    Siehe auch Robert J. Nemiroff: Visual distortions near a neutron star and black hole. In: American Journal of Physics. Band 61, Nr. 7, 1. Juli 1993, S. 619–632, doi:10.1119/1.17224.
  2. Gravity Collaboration (R. Abuter u. a.): Detection of the gravitational redshift in the orbit of the star S2 near the Galactic centre massive black hole. In: Astronomy & Astrophysics. Band 615, 2018, L 15, doi:10.1051/0004-6361/201833718.
  3. V. M. Slipher: Spectrographic Observations of Nebulae. In: Popular Astronomy. In: Vol. 23. 1915, S. 21–24.
  4. Forscher schauen ans Ende des Universums. Bei: stern.de. 20. Oktober 2010.
  5. M. D. Lehnert u. a.: Spectroscopic confirmation of a galaxy at redshift z = 8.6. In: Nature.com. 467, 2010, S. 940–942.
  6. NASA’s Hubble Finds Most Distant Galaxy Candidate Ever Seen in Universe. Auf: NASA Hubble Mission Page. 26. Januar 2011.
  7. R. J. Bouwens u. a.: A candidate redshift z ≈ 10 galaxy and rapid changes in that population at an age of 500 Myr. In: Nature.com. 469, 2011, S. 504–507.
    R. J. Bouwens u. a.: Searches and limits for z ≈ 10 galaxies in the HST HUDF09 Data. In: Nature.com. Supplementary Information for Nature Letter. (PDF; 731 kB).
  8. »James Webb«-Teleskop entdeckt früheste bekannte Galaxie. In: Der Spiegel. 21. Juli 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 21. Juli 2022]).
  9. Rohan P. Naidu et al.: Two Remarkably Luminous Galaxy Candidates at z 10 – 12 Revealed by JWST. arxiv:2207.09434.
  10. Jaron Schneider: James Webb Telescope Breaks Record for Oldest Galaxy Ever Observed. 20. Juli 2022, abgerufen am 21. Juli 2022 (englisch).
  11. heise online: 290 Millionen Jahre nach dem Urknall: Am weitesten entfernte Galaxie bestätigt. In: heise.de. heise online, 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  12. a b Torsten Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. 4. Auflage. Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, 2003, ISBN 3-8274-1356-7.
  13. Brill, D.R. (1972): A simple derivation of the general redshift formula. In: Farnsworth, D., Fink, J., Porter, J., Thompson, A. (Hrsg.): Methods of Local and Global Differential Geometry in General Relativity. Lecture Notes in Physics, vol 14. Springer, Berlin/Heidelberg, doi:10.1007/3-540-05793-5_2.
  14. a b Carroll, S.M. (1997): Lecture Notes on General Relativity