Gauheilanstalt Tiegenhof
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Die Gauheilanstalt Tiegenhof befand sich in Gnesen, heute Gniezno, rund 50 km östlich von Posen, in der Siedlung Dziekanka (deutsch Dekanat, von 1939 bis 1945 Tiegenhof genannt). Heute befindet sich dort eine Nervenklinik (Wojewódzki Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych Dziekanka).[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gnesen war im 19. und 20. Jahrhundert abwechselnd preußisch oder polnisch. Mit Südpreußen seit 1793 preußisch, gehörte es anschließend zum Herzogtum Warschau, nach dem Wiener Kongress 1815 wieder zu Preußen. Mit dem Versailler Vertrag lag es ab 1920 in Polen.
1894 wurde die Provinzial-Irrenanstalt Dziekanka (später auch Psychiatrische Heilanstalt Gnesen) des Kreises Gnesen eingerichtet.
Nach dem Überfall auf Polen wurde Gnesen am 11. September 1939 Teil des deutschen Militärbezirks Posen und am 26. Oktober 1939 in das Deutsche Reich eingegliedert. Es gehörte fortan zum Reichsgau Posen, später Wartheland und zum Regierungsbezirk Hohensalza. Die Anstalt wurde in Gauheilanstalt Tiegenhof umbenannt. Der Direktor Victor Ratka kollaborierte mit den deutschen Besatzern und blieb im Amt.
Die Anstalt wurde zu einem Tatort im Rahmen der Aktion T4. Zunächst wurden über 1.200 polnische Insassen durch das Sonderkommando Lange in Gaswagen ermordet. Nach dem Ende dieser Patientenmorde wurden ab Ende 1941 Anstaltsinsassen aus dem Deutschen Reich nach Tiegenhof verlegt und dort durch Nahrungsentzug und Gaben tödlicher Medikamentencocktails ermordet. Am 26. Juli 1941 wurden 547 Personen von Tiegenhof in die Provinzial-, Heil- und Pflegeanstalt Uchtspringe deportiert.[2]
Im Haus wurde auch eine „Kinderfachabteilung“ eingerichtet. Ihr ärztlicher Leiter war Walter Kipper.[3][4][5][6][7]
Die Gesamtzahl der Getöteten wird auf 3.586 beziffert.[8] Zu den Opfern gehörte Erna Kronshage (1922–1944).
Im Januar 1945 wurde die Stadt von der Roten Armee besetzt und kam nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs wieder zu Polen.
Die Klinik besteht auch heute noch.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Enno Schwanke: Die psychiatrische Anstalt Tiegenhof. Die nationalsozialistische „Euthanasie“ in regionaler Perspektive. Berlin 2013 (Masterarbeit FU Berlin).
- Provinzial-Irrenanstalt Dziekanka. Bericht über die Provinzial-Irrenanstalt Dziekanka bei Gnesen. Berichte: 1. Oktober 1894 bis Ende März 1895 (bis Ende März 1899). Fünf Jahresberichte in einem Band. Mit 12 teils gefalteten Plänen und Tabellen. Gnesen, 1894. Direktion: Dr. Kayser.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- https://erna-k-gedenkblog.blogspot.de/2009/12/das-ziel-vernichtungsanstalt.html
- http://www.ns-euthanasie.de/index.php/tiegenhof
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ SP ZOZ Wojewódzki Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych "Dziekanka"
- ↑ Transportlisten
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 310.
- ↑ Lutz Kaelber, Associate Professor of Sociology, University of Vermont, Kinderfachabteilungen ("Special Children's Wards"): Sites of Nazi "Children's 'Euthanasia'" Crimes and Their Commemoration in Europe
- ↑ Bericht über einen in Tiegenhof Verstorbenen
- ↑ Inventar des Bundesarchivs "Quellen zur Geschichte der Euthanasie-Verbrechen"
- ↑ Kinderfachabteilung Tiegenhof, University of Vermont, abgerufen am 10. Oktober 2015
- ↑ Marian Drogowski: HISTORIA, Okres okupacji hitlerowskiej 11.09.1939-21.01.1945 (poln., auf der Website des heutigen Spitals) ( des vom 14. August 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Koordinaten: 52° 31′ 55,7″ N, 17° 34′ 39,1″ O