Informed consent (Pädophilie)

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Der Begriff Informed consent wurde seit dem Jahr 1979 vom amerikanischen Autor David Finkelhor als Begründung für eine generelle Ablehnung sexueller Handlungen an, vor und mit Kindern verwendet.[1][2] Monika Egli-Alge schrieb in ihrem Impulsreferat zum Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht:

„Finkelhor wies in seinen Studien zwar dramatische Schädigungen bei einem Großteil der Missbrauchsopfer nach, allerdings nicht bei allen. Er fand damit ein entwicklungspsychologisches Argument gegen sexuelle Handlungen mit Kindern, das sich nicht notwendig auf einen Schadensnachweis stützt und somit dem Opfer gegebenenfalls demütigende Untersuchungen erspart.“

Monika Egli-Alge: Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht (2017)[3]

Finkelhor formulierte, dass Kinder und teilweise Jugendliche zwar willentlich in sexuelle Handlungen einwilligen können, dabei aber nicht die Tragweite einer solchen Zustimmung überschauen. Demnach stimmten sie der Handlung nicht wissentlich (informiert) zu, unabhängig davon, wem sie zustimmen.[4][5][6]

Für die juristische Betrachtung der Sexualität mit Kindern als sexueller Missbrauch hat der Informed consent keine Bedeutung, in den meisten Staaten gilt ein Schutzalter, unter dem sexuelle Handlungen verboten sind.

Durch Finkelhors Begriffsbildung erhielt die Diskussion um Kontakte zwischen Erwachsenen und vorpubertären Kindern eine neue Grundlage und wurde richtungsweisend. Vorher wurde die Bejahung kindlicher Sexualität zum einen als Bestandteil einer antifaschistischen und antiautoritären Erziehung gesehen, Pädophilie wurde im Zusammenhang einer „Befreiung“ sexueller Minderheiten gesehen und in den Kontext der Befreiung des Sexualstrafrechts von moralischen Kategorien und deren Ersetzung durch klar definierte Rechtsgüter gestellt. Die daraus resultierenden pädophilenfreundlichen Positionen verloren erst mit der Durchsetzung des Ideals des informed consent oder „Verhandlungssexes“ zwischen gleichberechtigten Partnern an Legitimation.[7]

Einzelnachweise

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  1. Sharon Araji, David Finkelhor: Explanations of pedophilia. Review of empirical research. In: Bulletin of the American Academy of Psychiatry and the Law. Band 13, Nr. 1, 1985, S. 17–37 (englisch, unh.edu [abgerufen am 9. März 2023]).
  2. Ursula Enders (Hrsg.): Zart war ich, bitter war's. Handbuch gegen sexuellen Missbrauch. 3. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, ISBN 978-3-462-03328-1, S. 22: „Kinder […] können sexuelle Kontakte zu Männern (Frauen) nicht wissentlich ablehnen oder ihnen zustimmen […]. Folglich muss jeder sexuelle Kontakt zwischen einem (einer) Erwachsenen und einem Kind als sexueller Missbrauch bewertet werden ([…] Finkelhor 1979 […]).“
  3. Monika Egli-Alge: Stellungnahme aus fachpsychologischer Sicht zur Frage, inwieweit geistig behinderte Personen strafrechtlich vor sexuellen Übergriffen geschützt werden sollten, wenn sie zwar zum Widerstand fähig wären, aber keinen Widerstand leisten, sondern - scheinbar- einvernehmlich an der sexuellen Handlung mitwirken, S . 897-900. In: Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht. Bundesministerium für Justiz, 19. Juli 2017, abgerufen am 1. November 2023.
  4. David Finkelhor, Sherry Hamby, Heather Turner, Wendy Walsh, Ethical Issues in Surveys about Children’s Exposure to Violence and Sexual Abuse, The Wiley Handbook on the Psychology of Violence (2016), S. 24 ff.
  5. CHILD ABUSE AS AN INTERNATIONAL ISSUE, David Finkelhor, Ph.D., Jill Korbin, Ph.D., Child Abuse & Neglect. Vol. 12. PP. 3-23. 1988
  6. David Finkelhor et al. [Hrsg.]: A Sourcebook On Child Sexual Abuse. Sage, Newbury Park 1986.
  7. Jan-Henrik Friedrichs: Delinquenz, Geschlecht und die Grenzen des Sagbaren. Sexualwissenschaftliche Diskursstränge zur Pädophilie in ausgewählten Periodika, 1960-1995. In: Zeitschrift für Sexualforschung 2017; 30, S. 162, 169. Georg Thieme Verlag KG Stuttgart/New York, doi: 10.1055/s-0043-109083, ISSN 0932-8114, abgerufen am 8. März 2023.