Maruyamait
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Maruyamait | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer | 2013-123[1] |
IMA-Symbol | Mry[2] |
Andere Namen | Kalium-Oxy-Dravit[3] |
Chemische Formel | K(MgAl2)(Al5Mg)(Si6O18)(BO3)3(OH)3O[4] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Silikate und Germanate – Ringsilikate |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) | VIII/E.19-016[5] 9.CK.05[6] |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol | 3/m |
Raumgruppe | R3m (Nr. 160) |
Gitterparameter | a = natürlich: 15,955(1) Å; c = natürlich: 7,227(1) Å[4] |
Formeleinheiten | Z = 3[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 7[4] |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 3,081[4] |
Spaltbarkeit | keine[4] |
Farbe | blass braun bis braun[4] |
Strichfarbe | weiß bis sehr blass braun[4] |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz[4] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,634(2)[4] nε = 1,652(2)[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,018 |
Optischer Charakter | einachsig negativ[4] |
Pleochroismus | blass braun bis braun[4] |
Das Mineral Maruyamait ist ein extrem seltenes Ringsilikat aus der Turmalingruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung K(MgAl2)(Al5Mg)(Si6O18)(BO3)3(OH)3O.[4]
Anhand äußerer Kennzeichen ist Maruyamait nicht von anderen farblosen oder braunen Turmalinen wie Dravit oder Oxy-Dravit zu unterscheiden. Er kristallisiert mit trigonaler Symmetrie und bildet braune Kerne in unregelmäßig geformten Kristallen von wenigen Millimetern Größe. Im Dünnschliff erscheinen sie farblos bis sehr blass braun.[4] Wie alle Minerale der Turmalingruppe ist Maruyamait pyroelektrisch und piezoelektrisch.
Maruyamait ist ein Mineral der Ultra-Hochdruckmetamorphose und bisher (2022) nur an zwei Fundorten in Kasachstan gefunden worden.[7] Die Typlokalität ist das Kumdy-Kol-Gebiet im Kökschetau-Massiv im Bezirk Serendi, Gebiet Akmola in Kasachstan.[3][8][4]
Etymologie und Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Turmaline enthalten nur Spuren von Kalium. Bis zum Jahr 2004 waren hohe Kalium-Gehalte um 0,2 bis 0,5 Atomen pro Formaleinheit nur von bolivianischen Povondraiten bekannt.[9]
Seit Ende der 1960er Jahre sind Diamantvorkommen in Flusssedimenten des nördlichen Kasachstan bekannt. Als Quelle dieser Mikrodialmanten wurden später pelitische und karbonatische Sedimente sowie Basalte ozeanischer Kruste identifiziert, die an einem Kontinentalrand subduziert und bei extremen Drucken im thermodynamischen Stabilitätsfeld von Diamant in rund 100 km Tiefe metamorph verändert worden sind.[10] Diese Ultrahochdruckmetasedimente des Kumdy-Kol-Gebietes sind die ersten bekannten diamantführenden metamorphen Gesteine. Die darin enthaltenen Turmaline wurden lange als retrograde Bildung betrachtet, als Produkte späterer Überprägung bei niedrigen Drucken, bis Rentaro Shimizu und Yoshihide Ogasawara von der Waseda-Universität in Japan die hohen Kaliumgehalte der diamanthaltigen Kerne der Turmaline dokumentierten.[3][8] Als neues Mineral beschrieben wurde der Kalium-Oxy-Dravit im Jahr 2013. Den Namen Maruyamait erhielt er zu Ehren des Professors Shigenori Maruyama vom Tokyo Institute of Technology in Japan. Maruyama forschte zur Tektonik aktiver Kontinentalränder und leitete die Arbeitsgruppe, die die Mechanismen der Subduktion untersuchte und aufklärte, wie die Gesteine auch aus rund 120 km Tiefe wieder an die Erdoberfläche transportiert werden konnten.[4]
Synthetisiert wurde Kalium-Dravit, das OH-Analog von Maruyamait, von Mineralogen des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum und der TU Berlin. Sie konnten zeigen, dass Kalium bevorzugt bei hohen Druck und Temperaturen in Dravit eingebaut wird und die Anwesenheit von Natrium diesen Kaliumeinbau weitgehend verhindert.[11][12]
Klassifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der strukturellen Klassifikation der IMA gehört Maruyamait zusammen mit Bosiit, Oxy-Schörl, Oxy-Dravit, Povondrait, Chromo-Alumino-Povondrait, Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Vanadium-Dravit, Princivalleit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit und Vanadio-Oxy-Dravit zur Alkali-Untergruppe 3 in der Turmalinobergruppe.[13]
Da Maruyamait erst 2013 als Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.
Im zuletzt 2018 überarbeitete und aktualisierte Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, führt das Mineral unter der System- und Mineral-Nr. VIII/E.19-16. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Ringsilikate“, wo Maruyamait zusammen mit Adachiit, Bosiit, Chrom-Dravit, Chromo-Alumino-Povondrait, Darrellhenryit, Dravit, Elbait, Feruvit, Fluor-Buergerit, Fluor-Dravit, Fluor-Elbait, Fluor-Liddicoatit, Fluor-Schörl, Fluor-Tsilaisit, Fluor-Uvit, Foitit, Lucchesiit, Luinait-(OH) (diskreditiert), Magnesio-Foitit, Olenit, Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Dravit, Oxy-Foitit, Oxy-Schörl, Oxy-Vanadium-Dravit, Povondrait, Rossmanit, Schörl, Tsilaisit, Uvit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit und Vanadio-Oxy-Dravit die „Turmalingruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.19 bildet.[5]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik kennt den Maruyamait ebenso wenig, wie die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana.
Die von der Mineraldatenbank „Mindat.org“ weitergeführte Strunz-Klassifikation in der 9. Auflage ordnet den Maruyamait wie die Lapis-Systematik in die Abteilung der „Ringsilikate“ (englisch Cyclosilicates) und dort in die Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Einfachringe mit inselartigen, komplexen Anionen“ (englisch [Si6O18]12−-6-membered single rings, with insular complex anions), wo er zusammen mit Chrom-Dravit, Chromo-Alumino-Povondrait, Dravit, Elbait, Feruvit, Fluor-Buergerit, Fluor-Dravit, Fluor-Elbait, Fluor-Liddicoatit, Fluor-Tsilaisit, Fluor-Uvit, Foitit, Liddicoatit, Lucchesiit, Luinait-(OH), Magnesio-Foitit, Magnesio-Lucchesiit, Olenit, Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Dravit, Oxy-Foitit, Oxy-Rossmanit, Oxy-Schörl, Oxy-Uvit, Oxy-Vanadium-Dravit, Povondrait, Rossmanit, Schörl, Tsilaisit, Uvit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit, Vanadio-Oxy-Dravit die unbenannte Gruppe 9.CK.05 bildet (vergleiche dazu auch Unterabteilung [Si6O18]12−-Sechser-Einfachringe mit inselartigen, komplexen Anionen in der Klassifikation nach Strunz (9. Auflage)).[6]
Chemismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maruyamait ist das Kalium-Analog von Oxy-Dravit und hat die idealisierte Zusammensetzung [X]K[Y](MgAl2)[Z](Al5Mg)([T]Si6O18)(BO3)3[V](OH)3[W]O,[4] wobei [X], [Y], [Z], [T], [V] und [W] die Positionen in der Turmalinstruktur sind.
Für den Maruyamait aus der Typlokalität wurde folgende Zusammensetzung bestimmt:
- [X](K0,53Na0,19Ca0,26□0,02)[Y](Mg2+1,19Fe2+0,55Al1,07Fe3+0,05Ti4+0,14)[Z](Al5Mg) [[T]Si5,97Al0,03O18](BO3)3 [V](OH)3[W][O2-0,60(OH)0,24F0,16][4]
Kristallstruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maruyamait kristallisiert mit trigonaler Symmetrie in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160) mit 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Mischkristalls aus der Typlokalität sind: a = 15,955(1) Å, c = 7,227(1) Å.[4]
Die Kristallstruktur ist die von Turmalin. Kalium (K+) besetzt die von 9 Sauerstoffen umgebene X-Position, die oktaedrisch koordinierte [Y]-Position ist gemischt besetzt mit zwei Aluminium- (Al3+) und einem Magnesiumion (Mg2+) und die kleinere, ebenfalls oktaedrisch koordinierte [Z]-Position ist ebenfalls gemischt besetzt mit fünf Aluminium- und einem Magnesiumion. Die tetraedrisch koordinierte [T]-Position enthält Silizium (Si4+). Die [V]-Anionenposition enthält (OH)--Gruppen und die [W]-Anionenposition mit einem Sauerstoffionen (O2-).[4]
Bildung und Fundorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maruyamait ist ein Mineral der Ultrahochdruckmetamorphose und bildet sich an aktiven Kontinentalrändern bei der Subduktion ozeanischer Kruste. Während natriumreiche, dravitische Turmaline bei Anwesenheit von Coesit bei Drucken oberhalb von 4–5 GPa abgebaut werden,[15] werden Kalium-Turmaline noch bei 6 GPa durch die Reaktion von bor- und kaliumreichen Lösungen mit pelitichen Gneisen neu gebildet.[4]
Weltweit wurde Maruyamait bislang (2022) nur an zwei Fundorten nachgewiesen.[7]
Die Typlokalität sind Turmalin-Quarz-Kalifeldspat-Gesteine, die in Form dünner Lagen in diamantführenden, pelitischen Gneisen des Kumdy-Kol-Gebietes im Kökschetau-Massiv im Bezirk Serendi, Gebiet Akmola in Kasachstan auftreten. Maruyamait bildet hier die kaliumreichen Kerne der ansonsten eher Oxy-Dravitischen Turmaline. Begleitminerale sind vorwiegend Quarz und Kalifeldspat sowie geringe Mengen Goethit, Titanit, Zirkon, Phengit, Phlogopit, Apatit, Chlorit, Zoisit, Pumpellyit und Graphit. Maruyamait und Zirkon enthalten zudem Einschlüsse von Mikrodiamanten.[3][8][4]
Das zweite Vorkommen sind die metamorphen Gesteine des Barchi-Kol, ebenfalls im Kökschetau-Massiv im Bezirk Serendi, Gebiet Akmola in Kasachstan. Maruyamait tritt hier zusammen mit Garnat, Kyanit, Biotit, Muskowit, Kalifeldspat und Quarz auf.[16]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Maruyamait. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Maruyamaite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy (englisch).
- Maruyamaite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 207 kB; abgerufen am 23. Februar 2022]).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d Rentaro Shimizu, Yoshihide Ogasawara: Discovery of ‘K-tourmaline’ in diamond-bearing tourmaline-K-feldspar-quartz rock from the Kokchetav Massif, Kazakhstan. In: Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft. Band 150, 2005, S. 141 (englisch, researchgate.net [PDF; 57 kB; abgerufen am 5. Februar 2023]).
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Aaron Lussier, Neil A. Ball, Frank C. Hawthorne, Darrell J. Henry, Rentaro Shimizu, Yoshihide Ogasawara, Tsutomu Ota: Maruyamaite, K(MgAl2)(Al5Mg)Si6O18(BO3)3(OH)3O, a potassium-dominant tourmaline from the ultrahigh-pressure Kokchetav massif, northern Kazakhstan: Description and crystal structure. In: American Mineralogist. Band 101, 2016, S. 355–361 (englisch, rruff.info [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 5. Februar 2023]).
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b Classification of Maruyamaite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. Oktober 2023 (englisch, siehe auch Related Minerals - Strunz-mindat Grouping).
- ↑ a b Fundortliste für Maruyamait beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 5. Februar 2023.
- ↑ a b c Rentaro Shimizu, Yoshihide Ogasawara: Diversity of potassium-bearing tourmalines in diamondiferous Kokchetav UHP metamorphic rocks: A geochemical recorder from peak to retrograde metamorphic stages. In: Journal of Asian Earth Sciences. Band 63, 2013, S. 39–55, doi:10.1016/j.jseaes.2012.11.024 (englisch).
- ↑ Kurt Walenta, Pete J. Dunn: Ferridravite, a new mineral of the tourmaline group from Bolivia. In: American Mineralogist. Band 64, 1979, S. 945–948 (englisch, rruff.info [PDF; 385 kB; abgerufen am 5. Februar 2023]).
- ↑ V. S. Shatsky, N. V. Sobolev, M. A. Vavilov: Diamond-bearing metamorphic rocks of the Kokchetav massif (Northern Kazakhstan). In: Ultrahigh Pressure Metamorphism. 2009, S. 427–455, doi:10.1017/CBO9780511573088.013 (englisch).
- ↑ Eleanor J. Berryman, Bernd Wunder, Dieter Rhede: Synthesis of K-dominant tourmaline. In: American Mineralogiste. Band 99, 2014, S. 539–542, doi:10.2138/am.2014.4775 (englisch).
- ↑ Eleanor J. Berryman, Bernd Wunder, Richard Wirth, Dieter Rhede, Georg Schettler, Gerhard Franz, Wilhelm Heinrich: An experimental study on K and Na incorporation in dravitic tourmaline and insight into the origin of diamondiferous tourmaline from the Kokchetav Massif, Kazakhstan. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. Band 169, Nr. 3, 2015, doi:10.1007/s00410-015-1116-9 (englisch).
- ↑ Darrell J. Henry, Barbara L. Dutrow: Tourmaline studies through time: contributions to scientific advancements. In: Journal of Geosciences. Band 63, 2018, S. 77–98 (englisch, jgeosci.org [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 5. Februar 2023]).
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Tsutomu Ota, Katsura Kobayashi, Tomoo Katsura, Eizo Nakamura: Tourmaline breakdown in a pelitic system: implications for boroncycling through subduction zones. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. Band 155, 2008, S. 19–32 (englisch, researchgate.net [PDF; 543 kB; abgerufen am 5. Februar 2023]).
- ↑ K. A. Musiyachenko, A. V. Korsakov, F. A. Letnikov: A New Occurrence of Maruyamaite. In: Doklady Earth Sciences. Band 498, 2021, S. 403–408, doi:10.1134/S1028334X21050111 (englisch).