Neustädter Friedhof (Hannover)

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Blick über den Friedhof und heutigen Park zum Conti-Hochhaus

Der Neustädter Friedhof in Hannover, 1646 bis 1876 betrieben, ist ein denkmalgeschützter öffentlicher Park am Königsworther Platz mit einigen bedeutenden Grabdenkmälern.[1]

1930er Jahre circa: Eine Grabsäule zwischen historischen Wegeführungen und Grabeinfassungen mit Gittern;
Foto von August Kageler, Bildarchiv der Region Hannover

Der erste Friedhof der Calenberger Neustadt entstand 1610, musste aber wegen Ausbaus der Stadtbefestigung wieder aufgegeben werden. 1646 konnte dann der neue Friedhof außerhalb der Stadtmauer an der Straße nach Nienburg errichtet werden. Er wurde am „Andreastag“ (30. November) als St. Andreas-Friedhof geweiht.

Der später auch Hofkirchhof an der Langen Laube genannte Bestattungsort,[2] anfangs nur für die Bürger der Neustadt vorgesehen, diente dann auch Angehörigen des Herzoglich Braunschweig-Lüneburgischen Hofes zur Beisetzung.

Mehrmals wurde der Friedhof vergrößert, jedoch 1876, nach Bau des Stadtfriedhofs Engesohde geschlossen. Nach den Luftangriffen auf Hannover im Zweiten Weltkrieg wurde die Friedhofsfläche verkleinert für den Bau der Verwaltung der Continental AG (Conti-Hochhaus, heute Universität Hannover) und die Verbreiterung der Otto-Brenner-Straße. Auch litten zahlreiche Grabsteine durch die zunehmende Luftverschmutzung.

Nach Ausbau der Stadtbahnlinien 4/5 Richtung Garbsen/Stöcken und der Neuanlage des Königsworther Platzes in seiner heutigen Form wurde auch das Umfeld des Friedhofs umgestaltet. Vor dem Friedhof, am Rand des Platzes, fanden die fünf Granitskulpturen Etude I bis V des Bildhauers Eugène Dodeigne als Teil der Skulpturenmeile Hannover ihren Platz.

Grabdenkmäler (Auswahl)

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Der Friedhof im Frühling während der Scilla-Blüte
  1. Heinrich Marschner (1795 – 1861), königlicher Hofkapellmeister in Hannover, bedeutender Opern-Komponist
  2. Anna Margaretha Borcherdings (1702 – 1716): Die sogenannte Geschnürte Jungfrau verstarb der Sage nach an zu engem Schnüren der Taille[3]
  3. Christoff Münster (1632 – 1676), der Lange Christoff war herzoglicher Türhüter von 2,48 m Größe, stammte aus Varlosen bei Göttingen
  4. Johann Gerhard Helmcke (1750 – 1824), Bäckermeister und Getreidemeister, gehörte um 1800 zu den reichsten Bürgern der Stadt, kaufte 1810 die Herrenhäuser Allee für 1.336 Louis d’or und rettete sie so vor der Abholzung durch französische Truppen. Sein Standmal ist mit einer Brezel als Handwerkssymbol verziert.
  5. Hammet und Hasan († 1691), 1683 vor Wien bei Zweiten Wiener Türkenbelagerung gefangen genommen und als Lakaien für Kurfürstin Sophie eingesetzt. Die „Türkengräber“ sind die letzten Zeugen der Türkenkriege, an denen die hannoverschen Truppen im 17. Jahrhundert vor Wien teilnahmen[4]. Sie gehören zu den ältesten bekannten und erhaltenen Grabstätten sogenannter Beutetürken in Deutschland[5].
  6. Wassily Gawrilow (1785 – 1813), russischer Kosakenoffizier, 1946 wurde dem Grab eine Platte hinzugefügt, die die kyrillische Inschrift übersetzt.
  7. Ernst Brandes (1758 – 1810), Schriftsteller und Politiker, Kabinettsrat
  8. Grabmale der Familie Bahlsen, u. a. des Großvaters des Firmengründers Hermann Friedrich Bahlsen: Anton Georg Eberhard Bahlsen (1781 – 1874)
  9. Johann Stieglitz (1767 – 1840), Königlicher Leibarzt jüdischer Herkunft, Grabmal von Laves entworfen
  10. Johann Georg Zimmermann (1728 – 1795), Kurfürstlicher Leibarzt, Schriftsteller (Über die Einsamkeit), mit Goethe bekannt
  11. Georg Wilhelm Glünder (1799 – 1848), technischer Direktor der Polytechnischen Schule (gemeinsam mit Karl Karmarsch kaufmännischer Direktor). Das Standmal zeigt neben Zahnrad, Winkelmaß und Zirkel den Satz des Pythagoras als geometrische Darstellung.
  12. Friedrich August Christian Eisendecher (1784 – 1842), Leiter der General-Steuerkasse des Königreichs Hannover und erster Bewohner der Villa Rosa[6]
  13. Jean von L’Estocq (1647 – 1732), französischer Arzt, Ahnherr des deutschen Adelsgeschlechtes von Lestocq und kurfürstlich-hannoverscher Hofchirurg[7]
  14. Johann Georg Ziesenis der Jüngere (1716–1776), Hof- und Porträtmaler, und dessen Ehefrau Salome[2]
  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. 1: Regierungsbezirk Hannover. Heft 2: Stadt Hannover. Teil 1: Denkmäler des „alten“ Stadtgebietes Hannover. Hannover 1932. Neudruck: Osnabrück: Wenner 1979, S. 255 – 257, ISBN 3-87898-151-1
  • Waldemar R. Röhrbein (Red.): kulturring, Zeitschrift der Kulturvereine in Hannover, 57. Jhrg., Heft 10 (1980)
  • Waldemar R. Röhrbein: Von Hannovers alten Friedhöfen. In: Geschichten um Hannovers Kirchen. Studien, Bilder, Dokumente, hrsg. von Hans Werner Dannowski und Waldemar R. Röhrbein, Hannover: Lutherhaus-Verlag 1983, S. 97 – 102 (auch über den Neustädter Friedhof), ISBN 3-87502-145-2
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, Handbuch und Stadtführer. 3., rev. Aufl. Hannover: Schäfer 1995, S. 158–159.
  • Waldemar R. Röhrbein: Neustädter Friedhof, St.-Andreas-Friedhof. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 467f.
  • Henrike Schwarz u. a.: Der St. Nikolai-Friedhof und der Neustädter Friedhof (pdf; 2,4 MB) (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, Hannover 2003
  • Silke Beck, Nadine Köpper, Claudia Wollkopf (Red.), Angelika Weißmann (Text): Der ehemalige Neustädter Friedhof. Ein Gartendenkmal von stadtgeschichtlicher Bedeutung, Broschüre mit Erläuterungen und Faltplan, hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover - Der Oberbürgermeister, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, Hannover: Qubus media (Druck), 2021; als PDF-Dokument von der Seite hannover.de
Commons: Neustädter Friedhof (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gerd Weiß, Marianne Zehnpfennig: Die nördliche Vorstadt-Bebauung. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Bd. 10.1, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt - Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig, Wiesbaden 1983, ISBN 3-528-06203-7, S. 80; sowie Brühlstraße. In: Mitte, Anlage zu Bd. 10.2: Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege) / Stand: 1. Juli 1985 / Stadt Hannover, S. 3.
  2. a b Helmut Zimmermann: Die Malerin Elisabeth Ziesenis, in: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge Band 14 (1960), S. 143ff.; hier: S. 145, 147; Vorschau über Google-Bücher
  3. Dirk Böttcher: Geschnürte Jungfrau. In: Stadtlexikon Hannover, S. 218
  4. Broschüre zum Friedhof (pdf; 2,4 MB) (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover, 2003
  5. siehe Geschichte des Islams in Deutschland
  6. siehe diese Fotografie des Doppelgrabes sowie Einzelnachweise im Artikel zu Eisendecher
  7. L'Estocq, Jean von in der Datenbank Niedersächsische Personen (Neueingabe erforderlich) der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek in der Bearbeitung vom 16. Februar 2016, zuletzt abgerufen am 16. April 2016
  8. Bildindex Foto Marburg: Grabmal des Friedrich Ludwig Arnold Taberger (1739 – 1810) und Ehefrau (1796 – 1785?) (Memento vom 8. März 2016 im Internet Archive). Die Daten der Frau sind offensichtlich falsch.

Koordinaten: 52° 22′ 41″ N, 9° 43′ 32″ O