Otto Lessing

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Otto Lessing,
Porträt von Julius Allgeyer um 1865
Otto Lessing

Otto Lessing (* 24. Februar 1846 in Düsseldorf; † 22. November 1912 in Berlin-Schmargendorf[1]) war ein deutscher Bildhauer des Historismus, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Erscheinungsbild Berlins prägte. Er war Sohn des Historienmalers Carl Friedrich Lessing und Urgroßneffe des Dichters Gotthold Ephraim Lessing.

Ehrengrab auf dem Friedhof Grunewald in Berlin-Halensee

Otto Lessings war der Sohn von Ida Lessing geb. Heuser. Seine künstlerische Ausbildung begann bei seinem Vater, der ihn in Malerei unterrichtete. Die Bildhauerei lernte er anschließend 1863–1865 bei Carl Steinhäuser an der Kunstschule Karlsruhe und 1865–1868 bei Albert Wolff in Berlin. Nach diesen Ausbildungsjahren ging Lessing nach Karlsruhe zurück, wo er bis 1872 bei Steinhäuser arbeitete.

Die Gründung des Deutschen Kaiserreichs mit der Wahl Berlins zur Reichshauptstadt zog Lessing mit der Hoffnung auf eine günstige Auftragslage im Herbst 1872 nach Berlin. Dort eröffnete er in einem von mehreren Künstlern genutzten Ateliergebäude in der Wartenburgstraße 14 in der Nähe des Halleschen Tores ein Atelier für dekorative Bauplastik. Der damals noch unbekannte Bildhauer profitierte bei seinem Start in die Selbstständigkeit von den Empfehlungen seines Onkels Carl Robert Lessing, Haupteigentümer der Vossischen Zeitung mit guten Kontakten zu einflussreichen Politikern und Künstlern. Im Jahr 1879 nahm er Eugen Boermel als Gesellen auf, der zehn Jahre lang in Lessings Atelier arbeitete, bevor er sich selbstständig machte.

Am 21. September 1875 heiratete Lessing Sigrid Gude, die älteste Tochter des Landschaftsmalers Hans Fredrik Gude. Der Schwiegervater Gude zog 1880 nach Berlin und kaufte sich ein repräsentatives Wohnhaus im Tiergartenviertel (Grabenstraße 50, heute Reichpietschufer). Im Gartenhaus richteten sich die beiden Künstler Ateliers ein.

Lessings Erfolg und Bekanntheitsgrad stiegen Ende des 19. Jahrhunderts kontinuierlich. Beispielsweise wurde er 1890 in den renommierten Architekten-Verein zu Berlin aufgenommen. Für die Fassaden zahlreicher repräsentativer Gebäude, wie dem Reichstagsgebäude, dem Berliner Schloss und dem Berliner Dom erhielt er Aufträge für Skulpturen oder Reliefs. Neben den großen öffentlichen Aufträgen gestaltete Lessing auch viele Geschäftshäuser und Villen des neuen Bürgertums bauplastisch aus. Er war auch für die Gestaltung der Innenausstattung des Hofzugs Kaiser Wilhelms II. verantwortlich.[2]

Ein neues Tätigkeitsfeld erschloss sich Lessing mit der Denkmalsplastik: 1886–1890 schuf er ein Denkmal für seinen Urgroßonkel Gotthold Ephraim Lessing, das an der Lennéstraße im Großen Tiergarten aufgestellt wurde. Während der Einweihung des Denkmals am 14. Oktober 1890 wurde Lessing der Titel eines Professors verliehen und kurze Zeit später nahm er auch eine Lehrtätigkeit an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin auf.

Im Jahr 1895 zog Lessing mit Familie in die neu angelegte Villenkolonie Grunewald (Wangenheimstraße 10), wo er sich durch den Architekten Heinrich Jassoy eine große Turmvilla hatte errichten lassen.[3] (1898/1899 entstand dort nach Plänen des Architekturbüros Vollmer & Jassoy ein Ateliergebäude in norwegischem Stil).[4] Nach einer kurzzeitigen Zusammenarbeit mit Ludwig Hoffmann gab Lessing die Bauplastik auf und konzentrierte sich auf die Denkmalskunst und das Kunstgewerbe.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde Lessing zum Senator der Akademie der Künste ernannt und bekam 1911 den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste verliehen. Aus finanziellen Gründen musste er 1910 seine Villa verkaufen und zog in eine Wohnung am Hohenzollerndamm 112 in Schmargendorf. Dort starb er am 22. November 1912[1] und wurde auf dem Friedhof Grunewald beigesetzt. Sein Grabmal hatte Lessing noch zu Lebzeiten geschaffen.

Lessings letztes Werk war das monumentale Lutherdenkmal, das einen Monat vor seinem Tod an der Nordseite des Turms des neu erbauten Hamburger Michel enthüllt wurde.

Werke (Auswahl)

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Lessing-Denkmal im Berliner Tiergarten
Rolandbrunnen auf dem Kemperplatz um 1900, Berlin
Panel in der Herrscher­halle des Berliner Zeug­hauses, aus Architekto­nisches Skizzenbuch
Otto Lessing im März 1912 in seinem Berliner Atelier mit dem vier Meter hohen Modell seiner Lutherstatue

Malerei und Plastik

1870 Figur Gladiator
1873 Dekorationsmalereien in der Kuppel des ehemaligen Völkerkundemuseums und Glasmosaik im Vestibül, Ecke Prinz-Albrecht-Straße/Königgrätzer Straße (heute Niederkirchnerstraße/Stresemann-Straße), Berlin (zerstört)
1875–1878 Beteiligung am Umbau des Reichskanzlerpalais, Wilhelmstraße 77, Berlin (zerstört)
1875–1877 Beteiligung an den Figuren der Techniker und Erfinder an der Fassade des Palais Borsig mit den Bildhauern Reinhold Begas, Erdmann Encke und Emil Hundrieser, Voßstraße 1, Berlin (zerstört)
1877 zwei Stuckreliefs mit tanzenden Mänaden, Palais Strousberg, Wilhelmstraße 70, Berlin (zerstört)
1877 Innenraumstuckaturen Café Bauer, Unter den Linden 26/Friedrichstraße 85a, Berlin (zerstört)
1877–1881 Städtewappen und figurative Friese zwischen den Geschossen des ehemaligen Kunstgewerbemuseums (heute Martin-Gropius-Bau), Niederkirchnerstraße 7, Berlin
1877–1881 Bauplastik und Bronzetüren der Ruhmeshalle beim Umbau des Zeughauses, Berlin (nicht erhalten)
1878–1880 Bauplastik am Reichsjustizamt, Voßstraße 4–5, Berlin (zerstört)
1878–1884 dekorative Bauplastik an der Technischen Hochschule zu Charlottenburg (mit Friedrich Wilhelm Gustav Dankberg), Berlin
1880–1881 Attikafiguren, Portalreliefs und Reliefs zur Apostelgeschichte im Innenraum, Deutscher Dom, Gendarmenmarkt, Berlin
1882–1884 Bauplastik Neues Gewandhaus, Leipzig (zerstört)
1884–1894 Allegorien des Ackerbaus und der Viehzucht auf dem Südwestturm, Schmuckvasen auf dem Attikagesims und beiderseitige Reliefs am Westeingang mit Wappendarstellungen der vier deutschen Königreiche Bayern, Preußen, Württemberg und Sachsen, Reichstagsgebäude, Berlin
1886–1890 Marmorstandbild Gotthold Ephraim Lessings und Sockelbronzen (unter anderem Genius der Humanität, Allegorie der Kritik) für das Lessingdenkmal, Großer Tiergarten, Berlin
1886 Gruppe Mutter und Kind
1886–1887 Bauplastik für das Haus Wallich, Bellevuestraße 18a in Berlin-Tiergarten
1887–1891 Bauplastik ehemaliges Kaiserliches Patentamt, Luisenstraße 32–34, Berlin
1888–1889 Ausstattung des Eisenbahnsalonwagens für Kaiser Wilhelm II.
1888 Große Wappenkartusche für das Hohenzollernschloss in Berlin; zunächst Stuckarbeit für die Dezenniumfeier, später in Edelmetall überarbeitet und 1903 neu über dem Eosanderportal platziert. Nach der Sprengung des Schlosses und dessen Wiederaufbau als Humboldt-Forum nach Originalvorlagen rekonstruiert und durch Fittkau Metallgestaltung neu gearbeitet sowie im April 2023 über dem neuen Eosander-Portal platziert.
1888–1895 Figurengruppen Verdammnis und Erlösung für die Treppenanlagen des Reichsgerichtsgebäudes, Leipzig (rekonstruiert nach Gipsmodellen)
1891–1895 Bauplastik und Figuren der Reformatoren Luther und Philipp Melanchthon im Chor (zerstört), Tympanonrelief Heiliger Georg über dem Kaiserportal, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Berlin
1892–1894 Reliefs zur kulturellen Bedeutung des Krieges in den Deckenvouten des neugeschaffenen Weißen Saales des Berliner Stadtschlosses, Berlin (zerstört)
1893 Marmorgruppe Bacchantin mit Amor
1894 marmorne Halbfigur Helmuth Karl Bernhard von Moltke
1894 marmorne Halbfigur Malers Ludwig Knaus
1894–1905 je szenischen Reliefs aus dem Leben Jesu an den drei Haupttüren und Zwickelreliefs mit Szenen aus der Apostelgeschichte unter der Kuppe, Berliner Dom, Berlin
1895–1896 Büstendenkmal des Dichters Wolfgang Müller von Königswinter, Königswinter
1896–1901 Bauplastik Portal Stadtbad Kreuzberg, Baerwaldstraße 64–68, Berlin
1897 Bronzereliefs Kurfürsten Friedrich II. als Erbauer der Burg und von König Friedrich I. als Bauherr des Schlosses am Eosanderportal des Berliner Stadtschlosses, Berlin (zerstört)
1897–1900 Bauplastik und zwei Wandbrunnen Prometheus mit den Okeaniden und Perseus und Andromeda an der Nordseite des Neuen Marstalls, Schloßplatz 7, Berlin
1899–1902 Bauplastik am Stadtbad Prenzlauer Berg, Oderbergerstraße 57–59, Berlin
um 19000000 Bauplastik am Geschäftshaus Firma W. Spindler, Leipziger Straße 42, Berlin (in den 1930er Jahren purifiziert)
1900 Standbild Albrecht Achilles mit den Begleitbüsten Werner von der Schulenburg und Ludwig von Eyb, Denkmalgruppe 17 der Siegesallee, Berlin
1900 Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm I., Hildesheim (eingeschmolzen)
um 1901 Bauplastik (Berliner Bär mit lesendem Kind) an der Gemeindedoppelschule in der Wiclefstraße (Moabit)[5]
1901–1903 Spindlershof, Wallstraße 9–13, Berlin
1901–1904 Bronzereliefs mit Schlussszenen aus Gotthold Ephraim Lessings Stücken Miss Sara Sampson, Emilia Galotti, Nathan der Weise und Minna von Barnhelm an den Zierpfeilern der Lessingbrücke, Berlin
1902–1903 Rolandbrunnen auf dem Kemperplatz, Berlin (zerstört)
1902–1903 Herkulesbrunnen auf dem Lützowplatz, Berlin (zerstört)
1903–1904 Denkmal für William Shakespeare, Park an der Ilm, Weimar
1903–1910 Bauplastik (mit Albert Manthe und Max Klein) an der ehemaligen Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen (heute: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie), Invalidenstraße 48–49, Berlin
1903–1914 Allegorische Darstellungen der Wissenschaften, Universitäts- und Bibliotheksstädte an der Staatsbibliothek zu Berlin, Berlin (zusammen mit Robert Schirmer und Constantin Starck)
1904–1905 Beteiligung am Umbau des Schauspielhauses, Gendarmenmarkt, Berlin
1904 Attikafiguren Nährstand und Wehrstand auf dem Preußischen Herrenhaus, Leipziger Straße, Berlin (Figuren nicht erhalten)
1907 Porträtbüste Joseph Joachims anlässlich dessen Totenfeier
1910 Kanzel, Orgelprospekt, Bronzerelief im Chorbereich und Stuckverzierungen beim Wiederaufbau der Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg
1912 Denkmal Martin Luther (Standbild vor St. Michaelis), Hamburg

Schriften (als Herausgeber)

  • Ausgefuehrte Bauornamente der Neuzeit. Sammlung hervorragender Ornamentausfuehrungen. Wasmuth, Berlin 1880.
  • Bauornamente Berlins. 100 Tafeln. Wasmuth, Berlin um 1890.
  • Lessing, Otto. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 23: Leitenstorfer–Mander. E. A. Seemann, Leipzig 1929, S. 130 (biblos.pk.edu.pl).
  • Jörg Kuhn: Otto Lessing (1846–1912). Bildhauer, Kunstgewerbler, Maler. Leben und Werk eines Bildhauers des Späthistorismus, unter besonderer Berücksichtigung seiner Tätigkeit als Bauplastiker. Dissertation, Freie Universität Berlin 1994.
  • Jörg Kuhn: Der Herkulesbrunnen auf dem Lützowplatz in Berlin. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Oktober 1995, Heft 4, S. 441–448.
Commons: Otto Lessing – Album mit Bildern
Commons: Otto Lessing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b StA Schmargendorf, Sterbeurkunde Nr. 57/1912
  2. Bettina Vaupel: Allerhöchste Eisenbahn. Von Kaiserbahnhöfen, Fürstenzimmern und Salonwagen. In: Monumente, 23. Jahrgang 2013, Nr. 3, S. 9–17 (14).
  3. Lessing, Otto; Bildhauer, Prof. In: Berliner Adreßbuch, 1906, Teil I, S. 1301 (Atelier in Grunewald, Caspar-Theyß-Str. 12).
  4. Adolf Rosenberg: Die große Berliner Kunstausstellung. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 3, Juni 1899, S. 83 (zlb.de – Foto des Lessingschen Ateliergebäudes in der Villenkolonie Grunewald, 1895).
  5. Chronik. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 3, Juni 1902, S. 91 (zlb.de – Foto: Fassadenskulptur von Otto Lessing am Schulgebäude, Hauptfassade).