RD-0210
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Das RD-0210 (GRAU-Index 8D411K) ist ein Raketentriebwerk für Flüssigkeitsraketen, das in mehreren Variationen seit Mitte der 1960er Jahre eingesetzt wird. In der Literatur wird es auch RD-210[1] oder auch RD-465[2] genannt, wobei neuere Publikationen die Bezeichnung RD-0210 verwenden.[3][4] Weitere Versionen dieses Triebwerkstyps sind RD-0203, RD-0204, RD-0208, RD-0209, RD-0211, RD-0212, RD-0213 sowie RD-0214. Es existierte ein davon komplett unabhängiges – wesentlich kleineres – Triebwerk mit der Bezeichnung RD-210, das 1954 entwickelt wurde,[5] für Höhenforschungsraketen.[6]
Entwicklung und Einsatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ursprung der Triebwerksfamilie RD-0210 war die Entwicklung der Interkontinentalrakete UR-200 ab 1961. Das Konstruktionsbüro OKB-154, geleitet von Semjon Arijewitsch Kosberg, wurde mit der Entwicklung der Triebwerke für die erste Stufe der UR-200 beauftragt.[7] Das OKB-154 wird auch als KB Khimavtomatika bezeichnet,[8] Russisch: Конструкторское бюро химавтоматики, КБХА, KBKhA.[9]
Die Bezeichnungen der Triebwerke der ersten Stufe der UR-200 lauten RD-0203 und RD-0204. Aufbauend auf diesen entwickelte das Konstruktionsbüro OKB-154 in der Zeit von 1962 bis 1965 weitere Triebwerke. Bei der größeren Interkontinentalrakete UR-500 verwendete man die weiterentwickelten Triebwerke nur in der zweiten Stufe. Die Bezeichnungen der Triebwerke der zweiten Stufe der UR-500 lauten RD-0206, RD-0208 und RD-0209. Eine weitere Entwicklung waren die Triebwerke für die zweite und dritte Stufe der Proton-Rakete. Die zweistufige Variante der Proton flog erstmals 1965, die Triebwerke der zweiten Stufe waren drei RD-0210 und ein RD-0211.[10] Die dreistufige Variante der Proton verwendete ab 1967 in der dritten Stufe ein Triebwerk Typ RD-0212 (bestehend aus einem RD-0213-Triebwerk und Steuerdüsen RD-0214).[11]
Technik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Triebwerk wird mit 1,1-Dimethylhydrazin (UDMH) und flüssigem Stickstofftetroxid (N2O4) betrieben – eine hypergole Treibstoffmischung. Eine Besonderheit dieses Triebwerkes ist, dass es für die Pumpenförderung das effiziente Hauptstromverfahren (englisch Staged combustion oder Closed cycle) verwendet.[12] In der Vorbrennkammer wird ein Teil des Treibstoffgemischs mit einem Oxidationsmittel-Überschuss verbrannt um die Turbine der Treibstoffpumpe anzutreiben. Die expandierenden Gase aus der Vorbrennkammer werden komplett in die Hauptbrennkammer weitergeleitet, sodass die überschüssige Energie aus der Vorbrennkammer weiter für den Triebwerksschub genutzt werden kann. Das RD-0211 ist als Triebwerk identisch zum RD-0210. Es trägt aber einen Wärmeaustauscher, der aus einem Teil des Treibstoffs das Druckgas für die Druckbeaufschlagung der Tanks liefert.[13]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Fotos und Illustrationen vom Raketentriebwerk RD-0210 aus dem Buch Russia in Space – The Past Explained, the Future Explored von Anatoly Zak
- Fotos und Illustrationen vom Raketentriebwerk RD-0212 aus dem Buch Russia in Space – The Past Explained, the Future Explored von Anatoly Zak
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eckart Walter Schmidt: Hydrazine and Its Derivatives – Preparation, Properties, Applications. John Wiley & Sons, 2001, ISBN 978-0-471-41553-4, S. 1519 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „Three versions of the RD-210 hypergolic engine are used on Proton's second stage.“
- ↑ Steven J. Isakowitz, Joseph P. Hopkins, Joshua B. Hopkins: International Reference Guide to Space Launch Systems. Hrsg.: Steven J. Isakowitz, Joshua B. Hopkins. 4. Auflage. American Institute of Aeronautics and Astronautics, 2004, ISBN 978-1-56347-591-7, S. 316, 339.
- ↑ Wilfried Ley, Klaus Wittmann, Willi Hallmann: Handbuch der Raumfahrttechnik. Carl Hanser, 2019, ISBN 978-3-446-45723-2, S. 156 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Eugen Reichl, Stefan Schiessl: SPACE 2010 – Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2009. In: Thomas Krieger (Hrsg.): SPACE Raumfahrtjahrbücher. Band 7. Verein zur Förderung der Raumfahrt, 2010, ISBN 978-3-944819-88-4, S. 232 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Sebastian Michael Soller: Injektoren für Hauptstromtriebwerke mit oxidatorreicher Vorverbrennung. In: tum.de. Technische Universität München, 2007, abgerufen am 28. Januar 2024.
- ↑ Mark Wade: RD-210. Abgerufen am 26. Januar 2024: „Glushko Nitric acid/kerosene rocket engine. Vertical sounding rocket. Developed 1954. [...] Unfuelled mass: 81 kg.“
- ↑ Энциклопедия отечественной космонавтики. 2002, abgerufen am 26. Januar 2024 (russisch).
- ↑ USAF Phillips Laboratory, Kaman Sciences Corporation (Hrsg.): Europe and Asia in Space. USAF Phillips Laboratory, 1991, S. 17 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „[...] Kosberg Design Bureau, now the Khimavtomatika Design Bureau in Voronezh.“
- ↑ АО «Конструкторское Бюро Химавтоматики». Abgerufen am 26. Januar 2024 (russisch).
- ↑ Christian Lardier, Stefan Barensky: The Proton Launcher – History and Developments. John Wiley & Sons, 2018, ISBN 978-1-119-51050-5, S. 55 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „Between 1961 and 1963, [S. A. Kosberg] completed the RD-0202 to 0207 engines for Chelomey's UR-200. They were some of world's first integrated flow engines. The RD-0202 included four chambers with 57-ton thrust (3 x RD-0203 + 1 x RD-0204). [...] He then made the engines for the UR-500 (Proton) second stage from 1962 to 1965. Derived from the UR-200, it had four chambers with a thrust of 60 tons (3 x RD-0208 + 1 x RD-0209). For the 1967 four-stage UR-500K version, the second stage engines became RD-0210 and RD-0211, while the third stage was equipped with a RD-0212 (RD-0213 + verniers RD-0214), which also had a thrust of 60 tons. Mass production was entrusted to factory no. 154 in Voronej (VMZ).“
- ↑ Anatoly Zak: RD-0212. Abgerufen am 27. Januar 2024 (englisch).
- ↑ Anatoly Zak: RD-0210/0211 engine. Abgerufen am 27. Januar 2024 (englisch): „The RD-0210/0211 engines feature a so-called closed-cycle design, where oxidizer gas is used to drive the main turbine of the engine and then is directed to burn in the combustion chamber instead of being dropped overboard.“
- ↑ Bernd Leitenberger: Raketenlexikon – Internationale Trägerraketen. Band 2. BoD – Books on Demand, 2013, ISBN 978-3-7322-1048-0, S. 59 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).